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Fons, der römische Quellengott. Arnob. III 29 p. 131, 18 Reiff. hat die sonst nicht belegte Namensform Fontus. Fontanus findet sich auf einer Inschrift aus Formiae (CIL X 6071) sowie [2839] auf einer Weihinschrift auf einem Altar bei Villavicosa (CIL II 150), wo neben dem Fontanus die Fontana genannt wird (vgl. Liber-Libera, Faunus-Fauna u. dergl.). F. gehört, wie die Anführung seines Festes im römischen Festkalender zeigt (CIL I² p. 332), zu den ältesten und einheimischen Göttern des römischen Staates. Da die älteste römische Religion Göttergenealogien nicht kennt (vgl. Wissowa Rel. d. Röm. 23), ist die Angabe bei Arnob. a. a. O., Fontus sei der Sohn des Ianus, des Gatten der Iuturna, als spätere Kombination anzusehen. Bestimmend für die Verbindung mit Ianus war vielleicht die Lage der ara Fontis (s. u.) in der Nähe des Ianiculums (s. Wissowa a. a. O. 95, 2). Die Zusammenstellung Fons-Iuturna weist auf die Verpflanzung des Kultus der latinischen Quellgöttin nach Rom und dessen Verbindung mit dem Kulte des römischen Quellengottes hin. Die älteste Kultstätte des F. in Rom war vielleicht die von Cic. de leg. II 56 erwähnte ara Fontis. Diese befand sich, wie schon bemerkt, in der Nähe des angeblichen Numagrabmales auf dem rechten Tiberufer, östlich vom Ianiculum (s. Jordan-Hülsen Topogr. I 3, 624). Einen Tempel des F. stiftete der Consul C. Papirius Maso aus der Beute seines korsischen Sieges im J. 231 v. Chr. (Cic. de nat. deor. III 52). Wo dies delubrum des Maso gelegen war, steht nicht fest; möglicherweise ersetzte es ein altes sacellum, von dem bereits die Porta Fontinalis der Serviusmauer ihren Namen hatte. In ihrer Nähe, etwa auf der Nordseite des Capitols und auf dem südlichen Marsfelde wäre dann die Lage des Tempels anzunehmen (vgl. Jordan-Hülsen Topogr. I 3, 483. Hülsen Rh. Mus. XLIX 411). Auf einem 1894 auf dem Esquilin gefundenen Kalenderbruchstück (CIL VI 32 493) wird zum 13. Oktober bemerkt: Fonti extra p… Ergänzt man hier mit Marucchi p[ortam] (sc. Fontinalem), so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit der Annahme, daß der Tempel des F. in der Nähe der Porta Fontinalis gelegen war. Ein Zusammenhang zwischen dem Fest des F. und der Porta Fontinalis findet sich auch bei Paulus p. 85, 3 M.: Fontinalia fontium sacra. Unde et Romae fontinalis porta. Einen Tempel des F. gab es nach CIL VIII 2656 auch in der civitas Lambaesis in Afrika (heute Aïn-Drinn), erbaut im J. 148 n. Chr. Das hier erwähnte Fest des F. als Vertreters aller fontes fand statt am 13. Oktober (CIL I p. 332). Die einzige Stelle, die über dieses Fest Näheres aussagt, ist Varro de l. l. VI 22: Fontanalia (dies die Namensform bei Varro) a Fonte, quod is dies feriae eius; ab eo tum et in fontes coronas iaciunt et puteos coronant (statt ab eo tum ist vielleicht zu schreiben: ideo tum, vgl. Varro ebd. VI 25: Compitalia dies attributus Laribus compitalibus; ideo ubi viae competunt, tum in compitis sacrificatur). Das Fest bestand also abgesehen von dem hier nicht besonders erwähnten Opfer darin, daß Kränze in die Quellen geworfen und die Brunnen bekränzt wurden (über genau entsprechende Gebräuche bei Quell- und Brunnenfesten in Deutschland vgl. K. Weinhold Die Verehrung der Quellen in Deutschland, Abhdl. Akad. Berl. 1898. H. E. Meyer [2840] Badisches Volksleben im 19. Jhdt. 157. 220; auch bei den in die Quellen des Eurotas bezw. Alpheios geworfenen Kränzen [Strab. VI 275] handelt es sich wohl um eine religiöse Weihung). Daß das Fest der Fontanalia dem F. als Vertreter aller Quellen, nicht einer bestimmten, in der Nähe der Porta Fontinalis gelegenen galt, wie Scaliger Coni. in Varronem p. 77 meint, geht sowohl aus dem von Varro angeführten Brauch der allgemeinen Quellen- und Brunnenausschmückung als auch aus den Worten des Paulus fontium sacra hervor. Welche Tiere etwa bei diesem Fest und bei sonstigen dem F. dargebrachten Opfern in Frage kamen, lehren die Acta fratrum Arvalium, in denen an drei Stellen je zwei Hämmel als piacula für F. genannt werden (Henzen p. 146). Als andere Opferspenden, die bei privaten Quellenopfern gewählt wurden, werden außer Blumen (Hor. carm. III 13, 2) genannt: Wein, ein Böckchen, dessen Blut man in die Quelle laufen ließ (Hor. a. a. O.), ein weibliches Ferkel (Mart. VI 47), ein Schaf (Ov. Fast. III 300). Von der Verehrung des F. gibt auch Kunde eine größere Anzahl von Inschriften, so die in Rom gefundenen Weihinschriften CIL VI 149. 150. 152–165, ferner V 5766 (Mailand). II 2005 (Spanien). III 1566 (Dacien), vgl. auch die oben erwähnte Weihung aus Formiae mit der Namensform Fontanus, CIL X 6071. Die Inschriften VI 154–165, deren älteste aus dem J. 69 n. Chr., die jüngste aus dem J. 166 n. Chr. stammt, sind ziemlich gleichmäßig abgefaßt. Sie enthalten nach Angabe der Consuln des Jahres, in dem die Weihung stattgefunden, die Namen von magistri und ministri fontis, außerdem zum Teil das Tagesdatum der Weihung. Den Namen wird öfters ein Zahlzeichen beigefügt, um zu bemerken, zum wievielten Male der Genannte sein Amt als minister oder magister Fontis bekleidet. Die Bedeutung dieser Inschriften ist aufgedeckt worden von Rudorff Ztschr. f. geschichtl. Rechtswissensch. XV (1850) 203ff. Es handelt sich um Dedikationen von collegia aquatorum, d. i. Innungen oder Genossenschaften, denen die Sorge für die Brunnen der Stadt oblag. Diese collegia müssen ziemlich früh sich gebildet haben, zu einer Zeit, wo die Wasserversorgung der Stadt wenigstens zum Teil noch aus den Quellen des Stadtbezirkes, nicht ausschließlich durch Wasserleitungen erfolgte. Dank der Wertschätzung, die das Wasser der römischen Stadtquellen auch nach Bau der Wasserleitungen genoß (vgl. Frontin. d. aqu. 4), und ihrer religiösen Bedeutung, hielten sich diese Kollegien, wie die Inschriften lehren, bis tief in die Kaiserzeit (auch in der Inschrift von Formiae, CIL X 6071, weiht ein magister quinqueannalis auf Beschluß des Kollegiums dem Fontanus einen Altar). Sehr passend verweist Rudorff a. a. O. auf entsprechende spätmittelalterliche Zünfte von Brunnenmeistern und Brunnenknechten. Ihnen war in manchen Orten Deutschlands die Sorge für die Stadtbrunnen anvertraut, deren Ursprung zum Teil an heiliger Stätte lag und nur ihnen bekannt war. In einigen der auf die Verehrung des F. bezüglichen Inschriften ist dem Namen F. ein spezialisierender Beiname zugefügt (162: Lollianus, 164–165: [2841] Scaurianus, 157 [und nach Mommsen auch 158–160] : Pal(atinus?)). Diese Weihungen galten also dem F. nicht sowohl als dem Vertreter aller Quellen, als den ihn der offizielle Kult verehrt, sondern als dem Spender der Quelle, an der ein Altar oder dergl. geweiht wurde. Diese Auffassung dürfte überhaupt wohl für die meisten der erhaltenen Quellinschriften gelten. Bisweilen nennen die Weihinschriften auch eine Mehrheit von fontes (so CIL II 466. III 1566. VI 166. 404. VII 171), eine Verallgemeinerung, die vielleicht in Analogie der Mehrzahl der nymphae entstanden ist, mit denen zusammen die fontes bisweilen genannt werden (VI 166. VII 171). Ganz allgemein von dem Genius numinis fontis spricht die Inschrift CIL VI 151.
Die Form des Namens Fontus ist nach Walde Lat. Etym. Wörterb. 235 die ursprüngliche, zurückgehend auf *dhontos, vgl. ai. dhanáte ,fließt, rennt‘, dhanuš ,Wasser, Flut‘, ndd. Düne, gr. θίς, auch Donau, Don. Dagegen leitet Vanicek Etym. Wört. 59 fons ab von der Wurzel ghu, die auch dem Verbum fundo zu Grunde liegt. Vgl. Paul. p. 84, 16: fons a fundendo dictus. Literatur: Steuding in Roschers Lexikon I 1496f. Wissowa Relig. d. Röm. 182. Preller Röm. Myth. II 125f.
[Boehm.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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