169) T. Flavius Sabinus, Consul ordinarius im J. 82 n. Chr. Sein voller Name findet sich in den Consulatsangaben (CIL VI 20. 3828 = 31 692. 31 693 = Dessau 6105. CIL XIV 2011). Er war der Sohn des Stadtpraefecten Flavius Sabinus (Nr. 166), Dio ep. LXV 17, 4, und wird daher Suet. Dom. 10 alter e patruelibus Domitians (der andere ist Flavius Clemens, Nr. 62) genannt. Als der Stadtpraefect im J. 69 auf dem Kapitol eingeschlossen und von den Vitellianern hart bedrängt wurde, da befanden sich auch seine Söhne (Tac. hist. III 69) und sein Neffe, der spätere Kaiser Domitian, bei ihm. Während er selbst bei der Einnahme des Kapitols gefangen und gleich darauf getötet wurde, konnte F. geradeso wie sein Bruder und sein Vetter in der allgemeinen Verwirrung entkommen, Dio a. a. O.; vgl. Tac. a. a. O. 73 (ceteri per varios casus elapsi). 74. Suet. Dom. 1. Joseph. bell. Iud. IV 646.
Im J. 82 wurde er Consul ordinarius mit dem Kaiser Domitian, der den Consulat zum achtenmal bekleidete (s. o.). Suet. Dom. 10 erzählt, daß der Herold ihn bei der Renuntiation der Consuln infolge eines Lapsus linguae als Imperator statt als Consul ausgerufen habe, und daß Domitian deshalb den F. habe töten lassen (Philostr. v. Apoll. VII 7 erwähnt nur, daß er von Domitian getötet wurde). Doch dürfte, da P. in den Consularfasten des Jahres genannt ist, das Amt also wohl auch wirklich angetreten hat, die Hinrichtung erheblich später stattgefunden haben oder, was wahrscheinlicher ist (dies nehmen auch [2615] Gsell Domitien 248, 6 und Dessau Herm. XXXIV. 83 an), der hier berichtete Vorfall fand in einem der nächsten Jahre bei der Verkündigung zum zweiten Consulat statt, den F. nicht mehr antreten konnte (vgl. o. S. 2573).
Er war vermählt mit Iulia, der Tochter des Titus (Philostr. v. Apoll. VII 7), die von Domitian zuerst verschmäht, nach ihrer Verheiratung aber, und zwar noch unter der Regierung ihres Vaters, zu ehebrecherischem Umgang mißbraucht und nach dem Tode des F. wieder als Konkubine angenommen wurde, Suet. Dom. 22. Dio ep. LXV 18, 1 (= Zonar. XI 19 p. 58 Dind. III); den Inzest Domitians mit seiner Nichte Iulia erwähnt auch (ohne Namensnennung) Plin. ep. IV 11, 6; vgl. paneg. 52. 63. Iuven. II 29-33 (der Scholiast [Jahrb. f. Philol. Suppl. XXIII 396f.] bezieht diese Stelle irrtümlich auf Kaiser Claudius, s. Gsell a. a. O. 84f.). Auch bei Suet. Dom. 12 kann nur er unter dem gener fratris verstanden werden. Neuerdings hat v. Arnim (Leben u. Werke des Dio von Prusa, 228–231 und Herm. XXXIV 363ff. XXXV 130 [gegen Dessau ebd. 81; nur in der Datierung dürfte Dessaus Annahme das Richtige treffen, s. o.]) dargetan (vgl. auch W. Schmid o. Bd. V S. 852), daß Dio Chrysost. or. 13, 1 den F. meint, wenn er als Grund seiner eigenen Verbannung angibt die Freundschaft mit einem Manne, der damals hingerichtet worden sei διὰ τὴν ἐκείνων (sc. τῶν δὲ τότε εὐδαιμόνων τε καὶ ἀρχόντων; darunter ist mit v. Arnim der Kaiser Domitian zu verstehen) οἰκειότητα καὶ ξυγγένειαν (Mommsen Herm. III 84, 4 hatte an Iunius Arulenus Rusticus gedacht). Daß Domitian den F. übrigens nicht nur aus dem erwähnten nichtigen Grunde hinrichten ließ, deutet schon Suet. Dom. 12 an, wonach F. (nur dieser ist, wie gesagt, hier zu verstehen) bei Domitian schon vor dessen Thronbesteigung Anstoß erregte, ja, daß er ihn schon damals gewissermaßen als Rivalen in der Herrschaft ansah. Dies läßt sich auch daraus ersehen, daß Dio Chrysost. a. a. O. sagt, sein mächtiger Freund sei eben wegen seiner Verwandtschaft mit dem Herrscher getötet worden. Wahrscheinlich hat auch das Verlangen Domitians, sich dem Verkehr mit Iulia ungehindert hingeben zu können, den Tod des F. schneller herbeigeführt.
Wenn die Annahme richtig ist, daß F. seinen ersten Consulat zu Ende führte, dann ergibt sich als äußerster Zeitpunkt seines Todes das J. 89; denn spätestens zu Beginn des J. 90 ist Iulia getötet worden und Suetons Worte (Dom. 22) conceptum a se abigere setzen einen mindestens mehrmonatlichen Zwischenraum zwischen des F. und Iulias Tod voraus.
Auf ihn hat Borghesi (Oeuvres IV 155) auch CIL VI 814 bezogen: ob mit Recht, bleibt zweifelhaft.
[Stein.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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