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Fiducia (vgl. fido, fides). Die gewöhnliche Bedeutung dieses Wortes (= Vertrauen, Zuversicht, Zuverlässigkeit, Sicherheit) spiegelt sich auch in der juristisch-technischen Bedeutung wieder. Hier ist F. vornehmlich das einem anderen auf Zeit anvertraute Eigentum bezw. das hierzu dienende Rechtsgeschäft: fiducia als res fiduciaria und als negotium (sub pacto fiduciae).

I. Die direkten Quellen, die von der F. handeln, sind nicht zahlreich, da das Rechtsinstitut allmählich seine praktische Bedeutung einbüßte. Das alte Institut wird noch erwähnt und behandelt bei Gai. I 114. 115. 140. 166. 172. 195a. Hier heißt es regelmäßig ea lege rem mancipio dare, ut remancipetur. II 59. 60. 220. III 201. IV 33. 62. 182. Paul. sent. I 9, 8. II 4 (Titel). 13, 1ff. 6ff. 17, 15. III 6, 16 u. 69. V 1, 1. 26, 4. Frg. Vat. 18. 37. 94. 252a. 334. Von nichtjuristischen Schriftstellern erwähnt die F. öfters Cicero und zwar besonders de off. III 61. 65. 70. Boeth. ad Cic. Top. 10, 41 p. 340 Or.: fiduciam accepit, cuicunque res aliqua mancipatur, ut eam mancipanti remancipet; velut si quis tempus dubium timens amico potentiori fundum mancipet, ut ei, cum tempus quod suspectum est praeterierit, reddat. Haec mancipatio fiduciaria nominatur idcirco, quod restituendi fides interponitur. Bei Livius II 24. XXXII 38, Curtius Ruf. V 9. Hirtius bell. Alex. 23. Caes. bell. civ. II 17, 2 wird fiduciarius in untechnischem Sinne gebraucht (= anvertraut). In diesem Sinne auch Dig. I 2, 2. 47. 49 (fiduciam doctrinae, f. studiorum). XL 12, 41, 1. 43 (f. libertatis). III 5, 30, 6 (f. pietatis). XXII 3, 14 (f. ingenuitatis). Technisch noch bei Isid. orig. V 25, 23 (Bruns Font. II6 85). [2288] Von großer Bedeutung für die Erforschung der F. sind die pompeianische und die baetische Urkunde (Bruns Font. nr. 109. 110), Gradenwitz in Grünhuts Ztschr. XVIII 349. Eck Savigny-Ztschr. IX 60ff. Soweit die erstere erhalten ist, spricht sie zwar nicht von der F., kann aber nur auf sie bezogen werden. Karlowa Röm. Rechtsgesch. II 573, 3 widerspricht der Begründung Ecks zu Unrecht. Gegen jenen auch Gradenwitz Savigny-Ztschr. XIV 126ff. Vgl. auch Oertmann Die Fiducia 1890, 17ff. Manigk Geschichte der römischen Hypothek I (1904) 51, 3.

Im Corp. iur. Iust. kommt F. vor: Inst. I 19. III 2, 8. Dig. XXXVI 1, 48. 49 pr. XII 1, 9, 1. Sonstige Reste sind durch Interpolation getilgt. Lenel Sav.-Ztschr. III 104ff. geht bei seinen Interpolationsforschungen davon aus, daß Ulp. ad ed. lib. 30, Paul. ad ed. lib. 31 und Iulian dig. lib. 13 außer dem depositam ursprünglich von der F. gehandelt hätten. Siehe die Zusammenstellung interpolierter Stellen bei Oertmann a. O. 21ff. 31ff. und ergänzend Heyrovski in Grünhuts Ztschr. XVIII 354f. Heck Savigny-Ztschr. X 102ff. In den Digesten ist der Ausdruck F. durch die Termini derjenigen Rechtsinstitute ersetzt, durch die die F. allmählich ersetzt und verdrängt worden ist: pignus (pigneraticius), hypotheca, aber auch depositum, mandatum, XLVI 2, 12. XVII 1, 13, 30. 14 pr. 30. In die ursprünglich von der F. handelnden Stellen der Digesten konnten, ohne daß regelmäßig im übrigen eine Änderung des Textes erforderlich war, die neuen Termini eingesetzt werden, oder aber das Wort F. wurde bei Aufzählungen einfach gestrichen. Die Verbindung pignus fiduciare, die in nicht verdorbenen Quellen öfters zu treffen ist, fehlt daher in den Digesten. Vgl. über einen solchen Fall Gradenwitz in Grünhuts Ztschr. XVIII 347f. zu Dig. XL 2, 16, 1, wo vor vel donationis causa zu ergänzen sei: aut fiduciae. Über die Interpolation actio mandati s. Pernice Labeo III 128f. Vgl. im übrigen auch Gradenwitz Interpolationen 120. 196 Anm.

Bei der Annahme von Interpolationen kann man aber auch hier nicht vorsichtig genug sein. So wird z. B. die Wendung pignoris causa tradere (accipere) Dig. XIII 7, 8 pr. XXIII 50, 1. XLIV 7. 16 und XLI 2, 36 stets für interpoliert angesehen, statt fiduciae causa mancipio dare (Gradenwitz Savigny-Ztschr. VII 46ff.; s. auch Lenel ebd. III 104ff. 119). Man wird gewiß eine Fortentwicklung der Terminologie entsprechend der dogmatischen Entwicklung der F. annehmen müssen, ein Standpunkt, der auch unten vertreten wird; und doch wäre bei der Interpolationsfrage zu beachten, daß die Wendung pignoris causa tradere als schleppend und ungewöhnlich und daher verdächtig nicht angesehen werden kann, denn in Digesten und Codex finden sich nicht weniger wie sechzig verschiedene Ausdrücke für den Akt der Pfandbestellung, die auch in den späteren Jahrhunderten zum Teil an Schwülstigkeit nichts zu wünschen übrig lassen, auch nur ganz vereinzelt vorkommen und ähnlich lauten, Manigk a. O. 17, 2. Gaius scheint nach Dig. X 2, 28, die sicher von der F. handelte (vgl. hiermit den Text von Gai. II 220), auch [2289] schon die dativische Verbindung fiduciae dare zu gebrauchen. Auch im übrigen besteht nicht die von Gradenwitz angezogene Konsequenz der Terminologie, s. Manigk a. O. 120, 1. Die pfandrechtliche F. wird auch in einer Verordnung von Arcadius und Honorius (395 n. Chr.) erwähnt mit den Worten: pignoris atque fiduciae obligatio perseveret Cod. Theod. XV 14, 9; vgl. auch ebd. III 5, 1. Die Erwähnungen der F. in longobardischen und fränkischen Gesetzen des Mittelalters zeigen das Institut in völlig verblaßter Gestalt. Bei Spangenberg Iuris Rom. Tab. Neg. 13 ist auf einer Urkunde aus dem 5. Jhdt. noch von einem fundus, quem fiduciae nexu obligaverat die Rede. Hier kann die F. nur technisch gemeint sein. So mit Recht Oertmann 72 gegen Voigt Ius naturale II 941. Vgl. hierzu ferner Conradi Scripta minora II 250. Voigt XII Tafeln II 169. Dernburg Pfandrecht I 94. Oertmann 4.

II. Geschichte der Fiducia.

Das älteste römische Zivilrecht mußte, um den Verkehrsbedürfnissen nachzugeben, die Institute, die der Zeit vor den XII Tafeln bekannt waren, für dieselben zurecht machen. Nach ältestem Recht konnte jemand sein Kapital oder sonstiges Vermögen nur im Wege der streng formellen Geschäfte der mancipatio oder des nexum, fremden Interessen dienstbar machen. Daß letztere beiden ein einziges Geschäft gebildet hätten, ist unerwiesen, Kübler Sav.-Ztschr. XXV 267ff. Wollte man einem anderen ein Recht an der Sache gewähren, so mußte man ihm die Sache zu eigen geben. Nur die Übertragung des quiritarischen Volleigentums war möglich. Die Folge der mancipatio war der endgültige Übergang des Eigentums an der mancipierten Sache an den Empfänger, und der dadurch bewirkte Verlust desselben beim Geber. Begreiflicherweise verlangte das Verkehrsbedürfnis auch in Rom sehr bald nach der rechtlichen Möglichkeit, die eigene Sache einem anderen so übertragen zu können, daß nicht alles Recht an ihr für alle Zeit verloren ging, daß die Sache vielmehr nur zu einem vorübergehenden Zweck auf den Gegner übertragen wurde und dann, wenn dieser Zweck erreicht war, ins Vermögen des Gebers irgendwie zurückgelangte. Das nexum war von vornherein auf diesen Endzweck abgestellt, und es war für seine Durchführung durch eine energisch wirkende Haftung des Schuldners gesorgt. Die Idee, dies auch bei der Mancipatio zu ermöglichen, war also keineswegs unerhört. Schwierig aber war die Verwirklichung im Rahmen des formellen und engherzigen Manzipationskaufes. Wollte man die Sache einem anderen nur in Verwahrung, zur Erledigung eines Auftrags, zur Leihe oder zum Pfande geben und sie also seiner Zeit zurückerhalten, so hätte ein formloses pactum nach Zivilrecht nicht genügt. Der Empfänger hätte nur die faktische Innehabung der Sache gehabt, ohne irgend eine klagbare Verpflichtung hinsichtlich derselben zu übernehmen, und auch der Geber hätte sie jederzeit mit der Eigentumsklage zurückverlangen können, bevor etwa weder der Leihzweck erfüllt war noch die Pfandsicherung ihre Schuldigkeit getan hatte. Das nexum verfolgte den ganz speziellen, nicht weiter dehnbaren Zweck des Darlehns. Eine Anknüpfung war also [2290] nur bei der mancipatio möglich, die in ihrer nuncupatio die Möglichkeit zur Hineinziehung einer Klausel bot. Die nuncupatio konnte schon nach den XII Tafeln Nebenabreden obligatorischer Natur aufnehmen. Tab. VI 2 (Cic. de off. III 65) setzt solche besonders übernommenen Verpflichtungen voraus, s. auch Schulin Röm. Rechtsgesch. 366. Auch der vorhergehende Grundsatz derselben Tafel (VI 1) cum nexum faciet mancipiumque, uti lingua nuncupassit, ita ius esto deutet offenbar die Möglichkeit solcher Nebenabreden an. Wäre der Inhalt dieser Geschäfte starr und unzugänglich für eine Modifizierung nach dem konkreten Parteizweck, so wäre das generalisierende uti–ita nicht verständlich. Vgl. auch Frg. Vat. 50 fin., wo die nach XII-Tafelrecht gegebene Zulässigkeit einer gewissen Nebenabrede bei mancipatio und in iure cessio festgestellt wird.

Sicher ist die fiduziarische Abrede den Licinischen Gesetzen (366 v. Chr.) bekannt, da diese von der emancipatio sprechen, die ursprünglich mit einem pactum fiduciae verbunden war. Umsomehr ist anzunehmen, daß Plautus Trin. 117. 142 mit fide et fiduciae an die juristische Formel der F. denkt; vgl. auch Plaut. Bacch. 413.

Die baetische wie die pompeianische Urkunde lehren, daß die F. an eine mancipatio nummo uno angeschlossen wurde, d. h. an eine Eigentumsübertragung, bei der der Kaufpreis vom Empfänger förmlich nicht gezahlt wurde. Dies war sicher auch schon die ursprüngliche Struktur der F.; denn die Eigentumsübertragung auf den Fiduziar ist nur provisorisch. Ein wirklich kaufweiser Erwerb hätte den Zweck des Geschäfts völlig aufgehoben, denn eventuell sollte das Eigentum dem creditor fiduciarius für die zu sichernde, vom Fiduzianten nicht erfüllte Forderung als Entgelt definitiv zufallen. Die Gegenleistung an den Fiduzianten war hier also ökonomisch bereits erfolgt.

Die F. konnte der mancipatio also erst in der Epoche angeschlossen werden, in der diese den strengen Charakter eines wahren Kaufs schon abgestreift hatte und zu einer venditio imaginaria geworden war. Dies war aber auch zur Zeit der XII Tafelgesetzgebung schon der Fall, Karlowa a. O. II 366ff.

Bei dem Bestreben, die Entstehung der F. später zu datieren, wird auch vergessen, daß die Schöpfung der F. den Römern in der Zeit der XII Tafeln nicht schwerer gefallen sein kann, als all den viel älteren und weniger bedeutenden Rechten, die auch das Eigentumspfand kennen. Die Rechtsvergleichung zeigt, daß es sich hier nicht um eine so unerhörte Tat römischer Rechtsschöpfung handelt, wie es bisweilen hingestellt wird. Umsomehr ist dieselbe schon dem alten Zivilrecht zuzutrauen.

Die F. konnte wie mit der mancipatio auch mit der in iure cessio verbunden werden, Gai. II 59. III 201. Isid. orig. V 25, 23. Dies geschah jedoch seltener. Meist wurde die mancipatio verwendet, Gai. II 25.

Es ist streitig, in welcher Weise die fiduziarische Nebenabrede mit dem formellen Hauptakt verbunden wurde, Stas De contractu fiduciae, Leodii 1824, 16. Mommsen Sav.-Ztschr. VI 274. [2291] Geib Savigny-Ztschr. VIII 113. Oertmann a. O. 72ff.

Die baetische Urkunde bezeichnet die fiduziarische Abrede, die sich dort an das Mancipationsgeschäft anschließt, als pactum conventum. Danach dürfte diese Abrede formlos gewesen sein. Sie war also auch nicht Bestandteil der mancipatio selbst, was bei deren solennen Charakter auch nicht möglich war. Dieselbe Urkunde zeigt aber andererseits, daß der fiduziarische Zweck der mancipatio in deren Wortlaut durch den Zusatz fidi fiduciae causa zum Ausdruck gelangte. Die causa mancipationis wurde ja auch sonst in deren formellem Wortlaut nicht unterdrückt. Vgl. hierzu die Texte der negotia bei Bruns Font. 287ff. emit mancipioque accepit, donationis causa mancipio accepit, donationis mancipationisque causa mancipio dedit. Die weiteren Abreden, die sich auf diese causa bezogen, hatten im Formalgeschäft keinen Raum; ihren Inhalt machte sich das letztere nur durch die kurze eingefügte Phrase donationis causa, fidi fiduciae causa zu eigen und verlieh dadurch auch der Nebenabrede Klagbarkeit. Auch in dem pompeianischen Diptychon schloß sich höchst wahrscheinlich an den zunächst gegebenen Bericht der Formel (emit ob sestertios ... mancipio accepit) die weitere Konkretisierung des Übertragungszweckes (vgl. die Ergänzungen der Textlücken bei Eck Sav.-Ztschr. IX 96f.). Dem fidi fiduciae causa beim negotium entspricht das von Cicero öfters zitierte ut inter bonos bene agier oportet et sine fraudatione, das in der Formel der actio fiduciae gebraucht wurde, Cic. de off. III 61. 70; top. 66. Das negotium war seinem Inhalt und seiner Wirkung nach auf die bona fides des Empfängers abgestellt. Diese Geschäftstreue sollte ihn an der konsequenten Ausübung des formell übertragenen Eigentums hindern und dem übertragenen Recht das durch die causa gegebene Maß und Ziel setzen. Die causa mancipationis war also in der nuncupatio hier nicht nur wie in den oben angeführten Fällen eine Enthüllung des Motivs, sondern der Zusatz fidi fiduciae causa enthielt eine inhaltliche Beschränkung des übertragenen dominium ex iure Quiritium, die durch den konkreten Verwahrungs-, Mandats- oder Pfandzweck geboten war, und zu deren Einhaltung sich der Empfänger mit seiner fides verpflichtete. So liegt die Quelle der negotia und actiones bonae fidei gerade in diesem negotium strictum ius, um im gegebenen Fall den strikten Charakter der mancipatio grade zu brechen. Die Verpflichtung des Fiduziars, die Sache an den Geber zurückzuübertragen, konnte dieser mit der persönlichen actio fiduciae geltend machen.

Es liegt kein Grund vor zu der Annahme, daß das pactum fiduciae sich der solennen mancipatio stets erst anschloß. War es unmöglich, die konkrete Nebenabrede in die nuncupatio hineinzunehmen, so war es auch unnötig, das pactum noch uno actu dem Manzipationsakt anzuschließen. Die baetische und pompeianische Urkunde, die Oertmann 111f. für die entgegengesetzte Meinung anzieht, sprechen nicht gegen diese Annahme, da jene keine Formalurkunden sind, sondern lediglich über das Geschäft berichten. Geschäft und Abreden sind bereits vollzogen. Ebenso wie der formlose, [2292] gegen Münzgeld abgeschlossene Kauf, der in seinen zivilen Wirkungen durch die mancipatio nummo uno gedeckt werden sollte, regelmäßig mit allen Abreden bereits vorher abgeschlossen wurde, so wurde auch der konkrete Zweck der mancipatio sicherlich schon vorher festgelegt. Dies brauchte nicht einmal ausdrücklich zu geschehen; sondern in einfachen Fällen genügte wohl der Vollzug des Kausalgeschäfts, z. B. des Darlehens, um dessen Sicherung es sich handelte. Wie in solchem Fall inter bonos bene agier oportet et sine fraudatione, das ergab sich für den Fiduziar von selbst, auch ohne ausdrückliches pactum f. Auch der Richter wird im iudicium fiduciae hierüber nicht im Zweifel gewesen sein. Die Spruchformel bemächtigte sich der form- und klaglosen Abrede mit ihrem fidi fiduciae causa. Jene Geschäftsurkunden bringen den Inhalt speziellerer Nebenabreden mit besonderer Ausführlichkeit, was nicht auffallend ist; das Nichtformelmäßige, das aus dem Kausalgeschäfte nicht ohne weiteres folgt, konnte am leichtesten zum Rechtsstreit führen. Jene Nebenabreden haben dort noch einen weiteren Inhalt. Bemerkenswert ist in der baetischen Urkunde der Zusatz: fiduciae essent donec ea omnis pecunia fidesve persoluta L. Titi soluta liberataque esset. Der Zusatz einer solchen Resolutivbedingung ist formelmäßig, ebenso das Hineinziehen der Bürgschaft, Cato de agr. cult. 146, 2. 149, 2. 150, 2. Dig. XX 4, 9 pr. Vgl. hierüber Manigk a. a. O. 29f. Dennoch darf deswegen nicht angenommen werden, daß es sich hier um Essentialia handelt, und daß das pactum fiduciae diesen Zusatz stets enthalten mußte. Der Annahme, daß in ganz einfachen Fällen das pactum fiduciae formlos und privatim zu stande kam, steht der Umstand, daß in den Schrifturkunden im pactum fiduciae gewisse formelmäßige Abreden vorkamen, offenbar nicht entgegen. So lösen sich auch gewisse Bedenken, die Oertmann a. a. O. 93 erörtert. Nimmt man an, daß die römische Praxis diesen Weg geschritten, so verbietet sich die Frage, was dann geschah, wenn nach vollzogener mancipatio der Fiduziar sich weigerte, das noch erforderliche pactum fiduciae einzugehen, von selbst. Oertmann läßt den Beklagten ja auch ohne dies noch ausstehende pactum adiectum bloß auf Grund des Zusatzes fidi fiduciae causa zur Herausgabe der Sache verurteilt werden, weil der Zweck in dem vorangegangenen pactum bereits konkretisiert und eine Wiederholung desselben im Anschluß an die mancipatio jedenfalls entbehrlich war. Vgl. auch dagegen Karlowa a. a. O. II 564. Czyhlarz Inst. § 68 II A.

Bei der in iure cessio, die den XII Tafeln auch bereits bekannt ist, konnte, entsprechend der vorangegangenen privaten Abrede ein fiduziarischer Zusatz jedenfalls in die Klagebehauptung des Erwerbers hineingezogen werden: hanc ego rem ex iure Quiritium fidi fiduciae causa meam esse aio. Würde der Zusatz fortbleiben, so würde das Eigentum unwiederbringlich auf den Empfänger übergehen. Die Ausführungen Jherings (Geist III) und Karlowas a. a. O. II 383 liefern keinen Gegenbeweis. Die mit der in iure cessio verknüpfte F. teilte natürlich deren Eigenarten gegenüber der bequemeren mancipatio. [2293]

Die mit der in iure cessio verknüpfte, dadurch aber noch unbequemere F. war auch bei res nec mancipi möglich (Ulp. reg. 19, 3. 9). Es können nicht nur res, sondern auch servitutes fiduziert werden. Die in iure cessio wurde von der traditio des ius gentium völlig verdrängt, während die mancipatio erst von Iustinian 531 n. Chr. aufgehoben wird (Cod. VII 31, 5. VII 25). In letzterer Aufhebung sowie der Ausmerzung des Terminus F. liegt auch erst die eigentliche Außerkraftsetzung der F. In den ersten Jahrhunderten der Kaiserzeit ist die F. noch durchaus praktisches Institut des Verkehrs. Die baetische Tafel weist noch ein Formular der F. auf, das also für zukünftige Fälle dienen soll. Auch ins edictum perpetuum ist die F. eingereiht, Lenel Ed. perp. 232ff. Nach Aufdeckung der Interpolationen in den Digesten zeigt sich, daß die F. von allen klassischen Juristen behandelt wurde, auch noch von Modestinus. Daß die F. schon mit Constantins Verbot der lex commissoria formell aufgehoben sei, wie Cuiacius Op. omnia I 389f. (ad Pauli rec. sent. II 13) ausführt, ist unrichtig. S. o. S. 2289 die noch späteren Erwähnungen der F. als praktisches Institut.

Auch im späteren Recht konnte die F. niemals mit der formlosen traditio verknüpft werden. Hierzu Bechmann Kauf I 292ff. Lenel Sav.-Ztschr. III 114ff., der jenes auch aus Dig. XLI 1, 31 pr. folgert, wogegen Oertmann a. O. 77ff., der hier zu dieser Frage ausführlich Stellung nimmt.

Daß die F. im ius gentium keinerlei Entwicklung erfahren hätte, daß sie dasselbe altehrwürdige Institut bis zu ihrer Aufhebung geblieben sei, ist nicht zutreffend. Wenn auch angenommen werden muß, daß die F. neben dem ausgebildeten pignus und der hypotheca in der nachklassischen Zeit faktisch in Vergessenheit geriet, und daß ihre Altehrwürdigkeit wie bei manchem anderen Institut schließlich der einzige Grund war, weshalb sie bis auf Iustinian noch theoretisch fortlebte, auch wohl hie und da noch erwähnt wurde, so hat sich doch besonders an der entwicklungsfähigen Pfand-F. eine Reihe von so wichtigen Veränderungen vollzogen, daß auf deren Grund die F. sich bis in die klassische Zeit gegenüber dem vollentwickelten pignus und der hypotheca sehr wohl behaupten konnte. Hierin liegt gerade der Grund, weshalb wir die F. noch in der späteren Zeit des klassischen Rechts als ein Institut voll Leben und praktischer Bedeutung antreffen. Mit Rücksicht auf die res mancipi, insbesondere praedia und servi, war auch Veranlassung vorhanden, die Pfand-F. auf die Höhe des anderweit entwickelten Pfandrechts zu erheben. Vgl. im übrigen hierzu Geib Sav.-Ztschr. VIII 126ff. 147ff. Bei dieser Auffassung ergibt sich, im Gegensatz zu der herrschenden Meinung, daß die F. die Entwicklung des Pfandrechts weniger anregt oder anbahnt, als vielmehr widerspiegelt. Wichtige Bestandteile des entwickelten Pfandrechts, insbesondere das spätere ius distrahendi, sind nicht an der F., sondern am pignus entwickelt und von dieser auf jene übertragen worden. Die herrschende Meinung hat sich daran gewöhnt, die Geschichte des römischen Pfandrechts durch drei aufeinander folgende [2294] Epochen zu bezeichnen: fiducia, pignus, hypotheca; sie verfällt daher auch, ohne quellenmäßigen Grund, auf die Ansicht, daß die innere Fortentwicklung des Pfandrechts in der Hauptsache vom ältesten Institut ihren Ausgang genommen habe, so Dernburg Pfandrecht I 21 A. 41. So hat sich offenbar auch die Meinung herausgebildet, das pactum vendendi sei zunächst bei der F. entstanden, zumal es hier schon von selbst gegeben war. Gegen diesen Grundirrtum im allgemeinen schon Bachofen Röm. Pfandrecht I (1847) 628f., s. auch Geib a. O. 112ff. Unbegründet Oertmann a. O. 190 mit Scheurl und Dernburg.

Zunächst sei auf Paul. sent. II 13, 3 hingewiesen. Wie soll man sich hier das delitor creditori vendere fiduciam non potest erklären? Betrachtet man diesen Satz für sich allein, so sagt er das allzu Selbstverständliche, daß derjenige, der bereits fiduziert hat, dieselbe Sache nicht noch einmal, am allerwenigsten an denselben Empfänger, verkaufen kann! Wozu erst diese Lehre? Sie erhält allein dadurch Sinn, daß sie die Lehre vom pignus widerspiegelt, die bei letzterem Institut allein ihren Ursprung haben konnte, Manigk a. a. O. 85, 1. Papinian bewirkte nämlich nach Dig. XX 5, 12 pr. ein kaiserliches Reskript des Inhalts: creditorem a debitore pignus emere posse, quia in dominio manet debitoris (vgl. denselben Rechtssatz Frg. Vat. 9 [Papin.]). Es war demgegenüber gerechtfertigt, wenn Paulus sent. II 13, 3 (quia in dominio non manet debitoris) für die F. die Unmöglichkeit des Verkaufes an den Pfandgläubiger feststellte. Aus diesem Grunde ist es übrigens trotz des eam unrichtig, Dig. XIII 7, 34 auf die F. zu beziehen. Denn hier verkauft der Verpfänder an den Pfandgläubiger, es kann also nur pignus vorliegen, s. u. Ebenso ist es mit der Fortsetzung der Stelle von Paulus: Sed alii si velit vendere potest, ita ut ex pretio eiusdem pecuniam offerat creditori, atque ita remancipatam sibi rem emptori praestet. Von Hause aus wäre eine secunda emptio hinsichtlich der Sache, die bereits manzipiert worden war, undenkbar und jener Rechtssatz ein krasser Bruch mit den bereits eingetretenen Wirkungen der Manzipation gewesen. Erklärlich wird er nur, wenn man ihn als vom pignus her lediglich rezipiert anspricht. Die in dieser Zeit voll entwickelten Institute des pignus und der hypotheca lassen dem Pfandschuldner die Proprietät und übertragen nur ein ius in re aliena auf den Gläubiger. Wenn auch diese Konstruktion juristisch auf die F. niemals formell übertragen werden konnte, so brach man doch, um die Härten der alten F. gegenüber dem anderweit entwickelten Pfandrecht zu mildern, mit der Auffassung, daß der Fiduziant auch materiell alles Eigentum fortgegeben hätte. Gai. III 201: item debitor rem, quam fiduciae causa creditori mancipaverit aut in iure cesserit, ... sine furto possidere ... potest. Diese Entwicklung der F. spiegelt sich übrigens auch in der Terminologie wieder. An Stelle des ursprünglichen fiduciae causa mancipio dare und accipere oder mancipare, das sich noch bei Gaius in der eben zitierten Stelle wie II 59 und II 220 findet (oder I 140 und 172 wie Boethius a. O.), [2295] heißt es bei Paulus fiduciae dare (sent. II 13, 6. III 6, 69. V 1, 1). Vgl. frg. Vat. 18. 252 a. Tertull. de idol. 23 gebraucht fiduciare. Der Zusammenhang mit der Eigentumsübertragung tritt in den Hintergrund und die spezifisch pfandrechtliche Terminologie (pignori dare) ist für die F. vorbildlich. Der Pfandzweck ist jetzt die Hauptsache, das Mittel der mancipatio wird vergessen; vgl. Geib Sav.-Ztschr. VIII 126. Erst bei Paulus (sent. I 9, 8) findet sich auch die vom Pfandrecht entlehnte Phrase fiduciam obligare, Ulp. Dig. XIII 7, 24 pr. (Lenel Sav.-Ztschr. III 104ff.), obligatio fiduciae (statt pignoris). Ebenso Cod. Theod. XV 14, 9 (v. J. 395). Schon Gaius II 60 f. contrahitur cum creditore pignoris iure.

Die Idee, daß der Fiduziar nur beschränktes Eigentum zu beschränkten Zwecken erhielt, mußte angesichts des pignus und der hypotheca zu dem Korrelat führen, daß gewisse Proprietätsrechte, die dem Interesse des Fiduziars nicht widersprechen, trotz formeller mancipatio beim Fiduzianten zurückblieben. Konnte der Fiduziar erst bei Verzug des Schuldners zur Verwertung der Sache schreiten, so mußte dem Schuldner bis dahin und unbeschadet des ersteren die Verwertung der Sache dann offen bleiben, wenn sie den bei Paul. II 13, 3 angegebenen Zweck der Befriedigung des Gläubigers selbst verfolgte. Die Reform ist nur als Spiegelbild vom pignus erklärlich. Hier wurde das Verkaufsrecht als Verwertungsrecht im Interesse des Gläubigers neu geschaffen. Die Übertragung der Idee auf die F. ist verständlich; der Bruch mit der formalen Grundidee der Mancipatio wäre ohne dies aber unerklärlich. Das ius distractionis kann überhaupt aus einem einfachen Grunde bei der F. gar nicht entstanden, sondern muß vom pignus auf sie übertragen worden sein. Fiduziarisch war nämlich der creditor nur dazu verpflichtet, die Sache lediglich dann zu remanzipieren, wenn ihn der Schuldner rechtzeitig befriedigte. Gai. II 220. Leistete dieser hingegen bei Fälligkeit nicht, so lag nun die Verkaufsbefugnis des Gläubigers wie alle anderen Proprietätsrechte ipso iure in seinem quiritarischen Eigentum, und er handelte nicht mehr contra fidem fiduciamve, wenn er verkaufte. Er brauchte dies aber gar nicht. Von Hause aus erfüllte also die F. gerade für den allein wesentlichen Fall, daß der Gläubiger vom Schuldner nicht persönlich befriedigt wurde, ihren Zweck für den Gläubiger vollständig. Das pactum fiduciae sollte den Fiduziar nur für die Zeit des Schwebens der Forderung binden. Zur Entbindung von der fiduziarischen Beschränkung brauchten die Römer also das pactum vendendi bei der F. niemals einzuführen. Da das pactum vendendi überhaupt immer nur im Interesse des Gläubigers entstand, ist es auch nicht denkbar, daß es etwa einer gerechteren Verteilung des Erlöses wegen in Anbetracht einer hyperocha im Interesse des Schuldners gerade bei der F. eingeführt worden ist; denn dazu hätte sich, ehe das ius distractionis nicht beim pignus usuell geworden, kein fiduziarischer Pfandgläubiger verstanden. Das ius vendendi kann, da es seiner Natur nach in der Person des Gläubigers eine wichtige Befugnis (keine Beschränkung) hinsichtlich des Pfands erzeugen [2296] sollte, offenbar nur dort entstanden sein, wo es sonst als Befugnis gefehlt hätte, also beim pignus. Das pactum vendendi sollte dem Gläubiger ursprünglich Befugnisse verleihen, nicht nehmen. Das letztere war erst ein sekundärer Effekt der Rezeption des pactum vendendi auf die F. Mit dem Moment, wo infolge Ausbildung des Pfandrechts, wie oben ausgeführt worden, auch der Pfandgedanke bei der F. in den Vordergrund trat, und wo das auf den Fiduziar übergegangene Recht nach Vorbild des pignus materiell mehr als ein Recht an einer fremden Sache erschien, mußte die Verkaufsbefugnis mit einem dieser Auffassung entsprechenden, moderneren Titel versehen werden. Und deswegen übertrug man das bei dem pignus übliche pactum vendendi auch auf die F. Hier ist das ius pignoris, das Gaius II 60 dann auch zur Definition der F. terminologisch verwerten konnte, auf das Recht der F. übertragen worden. Diesen Zustand spiegelt auch bereits die baetische Tafel wider, die ein ausdrückliches pactum de vendenda enthält, dabei aber besonders das ubi und quo die des Verkaufs regelt.

Der alte Rechtszustand, nach dem das Recht des Fiduziars die Verkaufsbefugnis in sich trug, wirkt übrigens noch im späteren Recht nach, gemäß dem der Fiduziar vor der Vornahme des gesetzlich gewährten Verkaufs der res fiduciaria eine Denunziation an den Schuldner, im Gegensatz zum pignus, nicht vorzunehmen brauchte, Arg. Paul. II 5, 1. Vgl. Keller Ztschr. f. gesch. R.-Wiss. XII 400ff. Bachofen a. O. 178. 629f. Der Widerspruch Oertmanns a. O. 197f. ermangelt des Grundes. Geib a. O. 145ff. führt die Loslösung der F. von der mancipatio sehr kühn materiell wie prozessual konsequent durch und gibt die F. auch für Peregrine und Provinzialgrundstücke frei. Dagegen Oertmann a. O. 115. Karlowa a. O. II 575, letzterer mit nichtigem Grunde. Geib ist insofern Recht zu geben, als die obligatorischen Wirkungen der F. allmählich von der Voraussetzung der dinglichen Wirksamkeit der mancipatio losgelöst wurden. Das war eine Wirkung des Hervortretens der pfandrechtlichen Idee. Aber es kann nicht quellenmäßig belegt werden, daß das pactum f. von der datio rei gänzlich losgelöst und zu einem contractus umgestaltet wurde. Wie beim pignus die verpflichtenden Wirkungen des Realkontrakts auch dann eintreten, wenn ein dingliches Pfandrecht aus irgend einem Grunde gar nicht entstanden war, so wurde es später auch mit der F. gehalten. Das reale Moment war aber auch bei der F. stets die Voraussetzung.

Ebenso muß betont werden, daß die F. ursprünglich ein Verfallpfand war; also genau so wie das ursprüngliche Pfand in anderen Rechten, insbesondere im germanischen Recht, wo die Pfandsatzung juristisch eine Wette war. Der Einsatz verfiel. Jene Ansicht darf nur nicht wie bei Cuiacius (s. o.) zu dem Schluß führen, daß die F. zusammen mit der lex commissoria schon von Constantin aufgehoben sei. Von da ab verlor die F. nur die ihr bis dahin anhaftende Eigentümlichkeit, im Fall des Verzuges zum Verfall des Eigentums zu führen.

Zunächst war es aber nicht erforderlich, bei [2297] Gelegenheit des pactum fiduciae eine ausdrückliche lex commissoria vorzunehmen. Daher trifft die Bemerkung von Pernice Labeo III 139, 3 nicht zu, daß es sonderbar wäre, wenn die Römer im pactum fiduciae jemals den Fall der Nichtzahlung ungeregelt gelassen hätten. Auch die Ausführungen ebd. 138, 1 sind nicht zutreffend. Nach der oben dargelegten Auffassung war eine lex commissoria bei der F. ursprünglich ebenso überflüssig, wie ein pactum, vendendi. Beide Rechte steckten in dem übertragenen Eigentum, und überflüssige Nebenabreden wurden bei den Formalakten des alten Zivilrechts nicht getroffen. Die entgegengesetzte Meinung geht von der irrigen Auffassung aus, daß die Römer von vornherein in der F. ein spezifisches Pfandinstitut vor sich hatten und es danach behandelten. Der Oberbegriff des ius pignoris, dem sich nachher die F. wie pignus und hypotheca unterordneten, wurde erst später geschaffen. Die F. war ursprünglich nichts als eine sehr verschiedenen besonderen Zwecken dienende Eigentumsübertragung. Noch Cicero stellt in keiner der zahlreichen einschlägigen Stellen, wo er negotia aufzählt, die F. mit dem pignus, wohl aber mit allen möglichen anderen Geschäften zusammen. Die Verbindung pignus fiduciave oder Ähnliches entsteht erst dann, als man die F. als wahrhaft pfandrechtliches Institut in Anspruch nahm und als man sie entsprechend dem pignus modernisierte und ins Pfandrecht rezipiert hatte, Paul. sent. II 13, 1. Ferner V 1, 1. V 26, 4. Consultatio VI 8 (Paul. sent. II). Sidon. Apoll. epist. IV 24. Wir dürfen diese Tatsache historisch nicht mit rückwirkender Kraft versehen, sondern haben uns die F. zunächst abseits stehend zu denken, auch schon, weil sie als sog. f. cum amico noch den verschiedensten anderen Zwecken eines depositum, mandatum, commodatum usw. diente.

Ehe sich das ius distractionis beim pignus herausgebildet hatte und auf die F. übertragen war, war die letztere ein Verfallpfand. Man dachte zunächst, wie auch beim pignus, noch nicht an eine Verwertung des Pfandes durch Verkauf. Sicher war der Schuldner dementsprechend bei der Fiduzierung regelmäßig auf die Gefahr des Verfalls bedacht und wählte in dieser Epoche keine erheblich wertvollere Sache. Beim ältesten noch klaglosen pignus bedeutete dessen Retentionsbefugnis der Sache nach eventuell auch Verfall.

Wir haben uns die Geschichte des Pfandrechts von einem rein faktischen Faustpfand ausgehend zu denken: keine Befriedigung des Gläubigers, nur Sicherung durch Retention. Zunächst wurde die Klaglosigkeit dieses Verhältnisses durch Einführung der F. gehoben. Das früher faktische Faustpfand wird damit auf rechtliche Basis gestellt. An ein besonderes Verwertungsrecht des Gläubigers dachte man aber zunächst auch bei der F. nicht. Auch für die F. gilt zunächst noch der Satz Herzens Origine de l’hypothèque romaine (Paris 1899) 69: ,Le débiteur a commencé par obliger sa volonté en donnant un gage au créancier; le gage répondait pour le débiteur ... et devenait la propriété du créancier non payé‘. Herzen betont p. 72 mit Recht, daß das Bedürfnis zur Einführung des fiduziarischen Pfandes mit dem Moment entstand, wo die rei vindicatio [2298] eingeführt und die Lage des bloßen Besitzpfandgläubigers dadurch umso schlechter gestaltet wurde.

Von diesem Standpunkt aus wäre es erklärlich, wenn Paul. sent. Titel II 13 in Wahrheit de lege commissoria überschrieben war (vgl. Collectio ed. Krüger, Mommsen, Studemund II p. 65f.), denn die F. hatte von Hause aus kommissorische Natur, die zu demjenigen Ergebnis führte, welches später nur durch eine ausdrückliche lex commissoria vermittelt werden konnte.

Beim pignus mußte hingegen, wenn dem Gläubiger bei Nichtbefriedigung das Eigentum des Pfandes zufallen sollte, eine besondere Abrede dahin getroffen werden, die man als lex commissoria bezeichnete. In der ältesten Urkunde einer Hypothek bei Cato de agricultura 146, 5 (Bruns Font. II 51) findet sich auffallenderweise auch gerade ein Verfallpfand: Quae in fundo inlata erunt, pigneri sunto ... si quid deportaverit domini esto. Auch das übrige Pfandrecht tritt uns also zunächst in dieser Gestalt entgegen. Das pignus konnte in allerfrühester Zeit seinen Druck auf den Schuldner und dadurch Sicherheit für den Gläubiger lediglich dadurch bewirken, daß dem letzteren eine Sache in Besitz gegeben wurde und von diesem bis zur Zahlung auch nur zurückgehalten werden konnte. Der älteste Modus der Befriedigung war hingegen, wie Cato lehrt, die lex commissoria; erklärlich genug, denn zur rechtlichen Zulassung des ius distractionis mußte man erst mit dem fundamentalen Satz: Nemo plus iuris transferre potest, quam ipse habet brechen. Auch Pernice Sav.-Ztschr. V 134 neigt dieser Auffassung zu. Bechmann Kauf I 289. Bachofen Pfandrecht 3. 629. Oertmann a. O. 202ff. beweist nichts dagegen und zieht Puchta zu Unrecht für seine Meinung an. Dieser spricht Cursus II 247 von der klassischen Zeit und beruft sich auch nur auf Stellen aus dieser. Die Ausführungen von Dernburg Pfandrecht I 19 ebenso wie S. 87 über das ius distractionis treffen nicht das Richtige. Westphal Pfandrecht § 260 und Glück Pand. XIV 88 Anm. gegen Cuiacius und A. Faber De error. pragm. decad. XXI err. 1–5.

Das leitende Prinzip, das Herzen a. a. O. 61 seiner Darstellung der F. voranschickt (,La fiducie est restée étrangère à la formation de l’hypothèque et du droit de gage‘), erweist sich nach obigen Ausführungen ebenfalls als unrichtig, s. auch unten. Es zeigt sich vielmehr eine starke gegenseitige Beeinflussung dieser Institute.

Die ursprüngliche Verpflichtung des Fiduziars darf also nicht willkürlich ausgedehnt werden. Dernburg a. O. 87 meint, auch bei der F. muß von jeher ein ausdrücklicher Verkaufsvertrag zugefügt werden, ,nicht um dem Gläubigereigentümer die Eigentumsübertragung zu ermöglichen, sondern um die Verantwortlichkeit im iudicium fiduciae abzuwehren‘. Dabei wird übersehen, daß die fides ursprünglich sich lediglich auf die im Falle der Befriedigung erforderliche Remanzipation bezog und auf nichts anderes. Keine der älteren Quellen spricht von anderen Verpflichtungen als dieser; Boethius sagt zu Cic. a. O.: Haec mancipatio fiduciaria nominabatur idcirco, quod restituendi fides interponitur [2299] – und nichts weiter. Wenn der Schuldner die Obligation nicht erfüllte, so hatte er damit die einzige Bedingung, von der die Gegenpflicht des Gläubigers zur fides abhing, hinfällig gemacht. Letzterer war auf Grund des pactum f. nun zu nichts mehr verpflichtet. Diese Konsequenz, diese Einfachheit des Rechtsinstituts stand dem Zivilrecht wohl an. Für die Unbilligkeit, die der gänzliche Verlust der wertvolleren Sache dem Schuldner eventuell bereitete, hatte man zunächst keinen Sinn. Er hatte zu erfüllen oder die mißlichen Folgen, die er sich selbst bereitet, zu tragen. Das zeigt auch die Beliebtheit der Verfallklausel in der Catonischen Formel beim pignus. Das Verkaufsrecht zeigt sich auch beim pignus erst später. Umsomehr ist dies von der F. anzunehmen. Falls der Schuldner nicht leistete, haben die Römer dem Gläubiger nicht zugemutet, daß er das Pfandeigentum ruhig in den Händen hielt und so lange wartete, bis dem Schuldner einfiel zu zahlen. Das würde den Grundsätzen des primitivsten Verkehrsrechts widersprechen. Zu diesem Resultat würde aber die herrschende Meinung führen. Die fiducia commissa findet sich bei Cic. pro Flacc. 51. Hierzu Herzen Origine de l’hypothèque romaine, Paris 1899, 165. Hierüber unten. So unrecht Cuiacius also hatte, wenn er mit dem Verbot Constantins die ganze F. verschwinden ließ, so richtig war seine Erklärung a. a. O.: Est autem fiducia pignus; quod creditori mancipatur aut in iure ceditur, ea lege, ut soluta ad diem pecunia remancipetur, non soluta creditori pleno iure committatur, id est lege commissoria. Seit Constantin blieb für die F. nur das Verkaufsrecht, das sich aber inzwischen bei pignus und hypotheca schon zu einem gesetzlichen Bestandteil erhoben hatte und als solcher auch schon bei F. betrachtet wurde. Über die Entwicklung des Verkaufsrechts zum gesetzlichen Recht des Pfandgläubigers vgl. Manigk Gesch. d. röm. Hypothek I 77. Gradenwitz (Grünhuts Ztschr. XVIII 349ff.) geht bei seinen Darlegungen über die lex commissoria bei der F. von nicht begründeten Voraussetzungen aus. Er meint, die ,älteste Pfand-commissoria‘ (S. 353) hätte nicht zum Verfall des Eigentums an den Gläubiger geführt, sondern zum Rückfall desselben an den Schuldner, falls dieser nämlich gezahlt hatte. Der Zusatz hätte also gelautet: Si pecunia (ob quam emisti) ad diem soluta erit, ut fundus inemptus sit. Wozu diese Identifizierung der pfandrechtlichen lex commissoria mit der bei der emptio üblichen, nur weil in der pompeianischen Urkunde der Ausdruck emptio auch von dem Pfandgeschäft gebraucht ist? Jener Autor sagt selbst mit Recht, daß man unter lex commissoria in beiden Fällen etwas ganz Verschiedenes zu verstehen habe. Hinzuzufügen wäre noch, daß auch aus Ulp. Dig. XVIII 3, 3 nicht etwa zu folgern wäre, daß die lex commissoria in beiden Fällen analog ist. Im 30. Buch ad ed. spricht Ulpian von der F., er zieht in jenem Fragment eine Parallele, aber offenbar gerade des Gegensatzes wegen. Die Verwertung der lex commissoria beim Kauf hängt vom Willen des Verkäufers ab, während es bei der F. umgekehrt ist. Die lex commissoria ist uns aus der späteren Anwendung beim pignus als Vertrag bekannt, [2300] auf Grund dessen das Eigentum bei Nichtbefriedigung an den Gläubiger fallen sollte. Gradenwitz sagt (S. 353), bei der F. hätte es daher einer lex commissoria nicht bedurft, weil der Gläubiger das Eigentum schon hätte. Darauf ist zu sagen, daß die alte F. einer ausdrücklichen lex commissoria auch nicht bedurfte, und daß die lex commissoria ebenso wie das pactum vendendi erst in einer späteren Epoche vom pignus her mit demselben, wenn auch auf die F. formell nicht passenden Inhalt rezipiert wurde (Cic. pro Flacc. 51). Sinn lag in dieser Rezeption insofern, als die F. auch mit einem pactum vendendi verbunden werden konnte und das Verkaufsrecht schließlich auch hier gesetzlich wurde. Die lex commissoria setzte dann eine vertragsmäßige Ausnahme von dieser Regel. Und schließlich erscheint auch die lex commissoria von Gradenwitz' Stil etwas Unnötiges zu bewirken. Denn schon nach dem pactum fiduciae war der Gläubiger nach Befriedigung zur Remanzipation verpflichtet. Gibt der Gläubiger trotz solutio nicht freiwillig zurück, so setzt Gradenwitz an die Stelle der actio fiduciae lediglich die Eigentumsklage, wodurch nichts gewonnen, im Gegenteil die großen Vorzüge der actio fiduciae eingebüßt würden. Gestehen wir hiegegen auch in diesem Falle die actio fiduciae zu, so bleibt immer das Haupthindernis, daß nach altem Zivilrecht das manzipierte dominium ex iure Quiritium auf Grund eines pactum nicht an den Autor zurückfallen konnte. Die F. basiert stets auf der remancipatio, und das pactum fiduciae hatte nicht die geringste dingliche Wirkung. Die lex commissoria können wir uns aber nur als Bestandteil des pactum fiduciae denken. Daß die F. sich nie von der mancipatio und in iure cessio losgelöst habe und daher mit beiden untergegangen sei, betont auch Pernice Labeo III 142.

III. Anwendungsfälle.

Die Verpflichtung des Fiduziars zur remancipatio war weder abstrakt, noch an eine ganz bestimmte causa gebunden. Letztere konnte verschiedener Art sein, je nach dem Zweck der Hingabe. So waren eine Reihe von Anwendungsfälle der F. ermöglicht. Man darf den Kreis derselben aber nicht über Gebühr ausdehnen. Jedes beliebige Abkommen konnte nicht durch F. geschlossen werden. Einige Fälle gehören trotz gewisser Ähnlichkeit mit der F. nicht hierher. So lag in dem testamentum per aes et libram (Gai. II 102), keine F. An keiner Stelle wird hier der Ausdruck F. gebraucht, wenn der Erblasser mit dem familiae emptor auch eine mancipatio vollzog und ihn verpflichtete, den Nachlaß an einen Dritten herauszugeben. Die nuncupatio hatte hier nach Gai. II 104 nicht den Zusatz fidi fiduciae causa, sondern lautete anders. Eine actio fiduciae kann zu Gunsten des Dritten nicht konstruiert werden, denn dieser hatte keinen Vertrag mit dem Erblasser abgeschlossen; dieser selbst lebte aber nicht mehr.

Eine f. enthielt auch nicht das Universalfideikommiß, obgleich das Rechtsverhältnis auch hier ähnlich liegt, und obgleich Dig. XXXVI 1, 46. 49 pr., auch Dig. XII 1, 9, 1 hier von heres fiduciarius und hereditas fiduciaria sprechen. Hier findet eine mancipatio an den Fiduziar nicht statt, und eine actio fiduciae bleibt auch aus. [2301]

Ebenso unbegründet ist es, sich die ursprüngliche praediatura, als mancipatio fiduciae causa zu denken (wie Savigny und Stinzing, auch noch Schulin Röm. Rechtsgesch. 1889, 428). Dazu darf auch nicht der Umstand verleiten, daß der Käufer fiskalischer Grundstücke, der ein Pfand zu stellen hatte, hie und da manceps genannt wird (Lex Thoria, vgl. Festus s. v.). Eine mancipatio fand hier überhaupt nicht statt. Daß sich bei Gai. II 61 die Erörterung der praediatura an die der f. anschließt, beweist nichts. Der einheitliche obere Gesichtspunkt für den ganzen Abschnitt Gai. II 40–65 ist die Ersitzung in den verschiedenen Rechtsverhältnissen, u. a. als usureceptio bei der f. und der praediatura.

Aus Gai. II 60 folgt die Existenz der f. cum amico contracta: Sed fiducia contrahitur aut cum creditore pignoris iure, aut cum amico, quo tutius nostrae res apud eum sint. Auch wenn man hier im letzten Satz die andere Lesart: quod ... essent wählt, zeigt sich eine scharfe Gegenüberstellung der pfandrechtlichen F. und der Freundschafts-F. Unrichtig Heck a. a. O. 84ff., insofern er in allen Fällen der F. den Pfandzweck erblickt. Auch die f. cum amico bezwecke Pfandsicherung, nur daß hier eine gemeinsame Vertrauensperson, ein Salmann, zum Eigentümer des Pfandes gemacht werde. Hierzu Karlowa Gesch. d. röm. Rechts II 567. Oertmann a. a. O. 146ff. Pernice Labeo III 135, 2. Gradenwitz Grünhuts Ztschr. XVIII 349, 24. Niemeyer Sav.-Ztschr. XII 297ff. Göppert ebd. XIII 317ff. Wenn man auch annimmt, daß Boethius in der oben S. 2287 zitierten Stelle die Äußerung des Gaius vor Augen hatte, so liefert sie doch weiteren Beweis. Von diesem Standpunkt aus sind die interpolierten Digestenstellen zu beurteilen. So auch Pernice a. a. O. Nach Gaius und Boethius diente die f. also unter anderem (velut bei Boethius) dem Zweck der Verwahrung; sie war insofern der Vorläufer des depositum. Die XII Tafeln kennen weder eine actio depositi noch ein depositum. Die von den Gegnern geltend gemachte Stelle Collatio X 7, 11 (Paul. sent.) beweist nur, daß die XII Tafeln im Sinne von Paulus eine causa depositi, d. h. den Zweck und Titel der Verwahrung, kannten und daß bei diesem Verhältnis dem Verwahrer eine actio in duplum gegeben wurde. Letztere ist aber offenbar eine Strafklage ex furto gewesen, zumal dieser Satz auf tab. VIII stand. Daß eine actio depositi damals in duplum ging, während sie später nur in simplum gerichtet war, ist undenkbar. So schon Jhering Schuldmoment im röm. Privatr. 32. Vgl. ferner Eisele Exceptionen 141. Ubbelohde Gesch. d. ben. Realkontr. 61ff. Oertmann 141ff.; s. auch Niemeyer a. a. O. Daß das depositum oder gar die actio depositi den XII Tafeln bekannt gewesen, kann daraus nicht geschlossen werden. Deponiert wurde zur Zeit der XII Tafeln entweder durch f. cum amico, oder wo eine mancipatio wegen einer Notlage oder sonst unausführbar war, formlos im Wege der Besitzübertragung. An letzteren Fall des später sog. depositum miserabile, wo eine Kontraktsklage also fehlte, scheint Paulus oben gemäß Collatio gerade zu denken. Sogar Cicero scheint die actio depositi noch nicht zu kennen; [2302] denn de off. III 70, wo er sich auf Q. Mucius Scaevola beruft, wird unter den actiones bonae fidei diese Klage nicht erwähnt; ebenso muß man hier die actio commodati vermissen; und doch wird offenbar vollzählig aufgezählt (omnibus iis arbitriis, in quibus adderetur ,ex fide bona‘; vgl. auch Cic. de nat. deor. III 74; pro Rosc. com. 16; pro Caec. 7). Dementsprechend fehlt das depositum und commodatum auch im Fragm. Atestinum und in der Lex Iulia munic. 112 (Bruns Font. 110). Regelmäßig erscheinen hier f., societas, mandatum und tutela, während doch Verwahrung und Leihe in dieser Zeit sicher ebenso praktisch waren. So ist die Annahme gerechtfertigt, daß die f. das spätere depositum und commodatum vorbereitet hat. Die actio fiduciae war hier auch die Rückforderungsklage nach Ablauf der Zeit, anderer Meinung Niemeyer a. O. Konnte also die f. cum creditore auch in spätester Zeit nicht mit einer formlosen traditio verknüpft werden, weshalb die F. sich auch nicht weiter entwicklungsfähig erwies, so war dies bei der f. cum amico möglich, sobald sie die Gestalt des depositum annahm.

Die f. post mortem dokumentieren Dig. XXXV 2, 84. XVII 1, 27, 1. XXI 2, 7 Lenel Ed. perp. 232, 6. Ein Sklave wird fiduciae causa manzipiert, mit der Verpflichtung des Empfängers, ihn nach dem Tode des Gebers freizulassen. Die actio fiduciae wurde in diesen Fällen, wo die Verpflichtung des Fiduziars post mortem mancipio dantis fällig wurde, offenbar seitens des Erben des letzteren geltend gemacht. Vgl. Pernice Labeo III 128f.

Ein prozessual besonders behandelter Fall war die f. cum servo contracta. Die Formel der actio fiduciae erhielt hier einen Zusatz Dig. XV 1. 36; ,et si quid dolo malo domini captus fraudatusque actor est‘. Lenel Ed. perp. 234 erklärt auch die von Cic. de off. III 70 erwähnte Klausel: ,uti ne propter te fidemve tuam captus fraudatusve sim‘ durch die Beziehung zu diesem Fall. Es sollte auf diese Weise derjenige, der eine Sache einem Sklaven fiduciae causa manzipiert und also dessen dominus zum Eigentümer gemacht hatte, gegen jeden dolus des letzteren geschützt sein, da die adjektizischen Klagen diesen Schutz erst später gewährten. Vgl. hierzu jedoch Rudorff Ztschr. f. R.-Gesch. XI 61. 86 und Geib Sav.-Ztschr. VIII 128, 2.

In Dig. XXXIX 6, 42 pr. schließt sich das pactum fiduciae an eine donationis causa vorgenommene mancipatio an: convenit, ut, si Titius ante ipsam vita decessisset, proprietas ad eam rediret. Am Anfange ist statt traditionibus zu lesen mancipationibus, und im dritten Satz statt bonae fidei autem iudicio: fiduciae autem iudicio. Für diese Interpolation schon Keller Ztschr. f. gesch. Rechtswiss. XII 400ff. Bachofen a. a. O. 1, 1. Lenel Paling. I 939. Oertmann 145.

Von größerer Bedeutung ist die F. in ihrer Anwendung im Familienrecht. Dafür, daß die familienrechtliche f. die ältere ist (Karlowa), haben wir keinen Anhalt. Eher ist das Gegenteil anzunehmen. So auch Pernice Labeo III 127f. Die familienrechtlichen Verhältnisse vertrugen bei den Römern offenbar ursprünglich viel [2303] weniger derartige Komplikationen als die verkehrsrechtlichen. Hier ist daher eher der Ursprung zu suchen. Die coemptio fiduciae causa nach Gai. I 114: Potest autem coemptionem facere mulier non solum cum marito suo, sed etiam cum extraneo; scilicet aut matrimonii causa facta coemptio dicitur aut fiduciae ... quae vero alterius rei causa facit coemptionem aut cum viro suo aut cum extraneo, veluti tutelae evitandae causa, dicitur fiduciae causa fecisse coemptionem. Vgl. Cic. pro Mur. 27. Hiernach kann eine Frau von ihrem tutor legitimus einem anderen Manne scheinbar durch coemptio manzipiert werden, um von diesem, der nicht ihr maritus wurde, an jenen remanzipiert und dadurch nach weiterer Manumissio von der Agnatentutel frei zu werden. Vgl. auch Gai. I 115 b. Die Remanzipation konnte hier auch an einen Dritten erfolgen, der ihr tutor fiduciarius wird (Gai. I 115). Diese coemptio mulierum war nach Gai. I 115 a auch dann nötig, wenn die Frau die testamenti factio erwerben sollte. Mit der Aufhebung der Agnatentutel durch Hadrian verloren diese Hilfsmittel ihre Bedeutung, was Gaius auch hervorhebt. Vgl. über den tutor fiduciarius auch Gai. I 195 a.

Bei Gai. I 140 ist von einer F. eines Hauskindes seitens des paterfamilias die Rede, ohne daß hier ein weiterer Zweck der provisorischen Eigentumsübertragung hervorgehoben ist: quem pater ea lege mancipio dedit, ut sibi remancipetur. Während dieses Stadiums war die manumissio censu ausgeschlossen.

Pernice Labeo III 127 erblickt in Dig. I 7, 34 einen Beweis dafür, daß die F. auch bei der Adoption eines Haussohnes in der Weise vorkam, daß derselbe nach einer gewissen Zeit zurückadoptiert werden mußte.

Eine wichtige Anwendung erfuhr die F. bei der emancipatio Gai. I 132: (tertia) mancipatione desinit in potestate patris esse, etiamsi nondum manumissus sit sed adhuc in causa mancipii. Bei der letzten mancipatio diente ein pactum fiduciae dazu, damit der Scheinkäufer das Kind nun seinerseits freiließ oder es an den Vater remanzipierte, damit dieser die Manumissio vornahm. Auch hier findet der Ausdruck tutor fiduciarius auf den manumissor extraneus Anwendung. Gai. I 166a. 172. 194. Ulp. frg. 11, 5. Der parens manumissor heißt nach Gai. I 175 hiergegen tutor legitimus. Von den Kindern desselben heißt es dort: huius liberi fiduciarii tutoris loco numerantur. Die tutela fiduciaria wird auch von Ulp. Dig. XXXVIII 17, 1, 15 behandelt. Diese Terminologie zeigt sich in der späteren Kaiserzeit nicht mehr. Der westgotische Gaius (I 175) nennt den extraneus: pater fiduciarius. Der Cod. Theod. V 1, 3 bezeichnet auch die tutela legitima als fiduziarisch. Iustinian bezeichnet Inst. I 18 die Söhne des verstorbenen parens manumissor als tutores fiduciarii, hält im Satz 1 aber an der Terminologie von Gai. I 175 fest. S. auch Inst. III 2, 8. 9, 4.

Die F. wurde schließlich auch bei der noxae deditio eines Sklaven und Hauskindes verwertet. Der Gewalthaber sicherte sich per pactum fiduciae die Wiedererlangung der letzteren, sobald der Schaden abgearbeitet war. Wir haben aus [2304] der klassischen Zeit eine Quelle, die diesen Rechtszustand im Sinne der Aufbesserung der Position der Hauskinder schon korrigiert widerspiegelt, aber auch einen sicheren Rückschluß auf das frühere Recht gestattet, Collat. II 3, 1 (Papin.): Per hominem liberum, noxae deditum si tantum adquisitum sit, quantum damni dedit, manumittere cogendus est a praetore qui noxae deditum accepit: sed fiduciae iudicio non tenetur. Wenn eine F. bei der noxae datio gar nicht vorgelegen hätte (so Heyrovsky in Grünhuts Zeitschrift XVIII 361), so wäre der Schlußsatz sinnlos. Man muß daher annehmen, daß nach wie vor auch Hauskinder zur F. gegeben werden konnten (Gai. I 140); aber der parens verlor, wenn er diesen Weg des Schadensersatzes wählte, den Vorteil der actio fiduciae, der ihm danach bei Sklaven offenbar blieb. Er verlor, wenn er sich dazu entschlossen hatte, sein Kind noxae causa fortzugeben, das Kind also definitiv (hierzu die kriminelle Folge der Deportation, Paul. sent. V 1, 1); das letztere erwirbt die Freiheit, und zwar durch Hilfe des Praetors. Ganz ebenso zu Gunsten der Sklaven später Inst. IV 8, 3; auxilio praetoris invito domino manumittetur. Jene Regelung wurde also von Iustinian auch auf die Sklaven ausgedehnt. Daß in diesem Anwendungsfall der F. eine Ausdehnung des Pfandbegriffe auf die noxae deditio liege (Bachofen a. a. O. 433f. 630, 9; auch Heck a. a. O. 106), läßt sich nicht rechtfertigen. Der Schuldner verliert ja in diesen Fällen auch die hyperocha, wenn man so sagen darf. Es handelt sich um etwas anderes.

Vgl. zu den Interpolationen für f. cum amico Lenel Savigny-Ztschr. III 177ff. Heck a. a. O. 115ff. Gradenwitz Savigny-Ztschr. IX 402. Die von Heck a. a. O. unter Billigung von Gradenwitz (Grünhuts Ztschr. XVIII 349, 24, hier 1. 35 wohl verdruckt statt 34) auf die f. cum amico bezogene Stelle Dig. XIII 7, 34 handelt überhaupt nicht von der F. Lenel Paling. I 634 nimmt wegen des eam auch eine F. an. Ebenso Oertmann 148f. Der Inhalt der Stelle, wie sie überliefert ist, ist frei von innerem Widerspruch. Von ,offenbarem Widersinn‘ kann nichts entdeckt werden. Auch die Emendation Mommsens (ab eo debitor für a creditore) ist unbegründet. Der Verpfänder einespignus macht nämlich, wozu er gemäß Dig. XX 5, 12 pr. berechtigt ist, dem Pfandgläubiger, der zum Verkaufe schreiten will, den Vorschlag (petit a creditore), weil dieser nicht hierzu verpflichtet ist), ihm, dem Schuldner, die Pfandsache gegen einen zu bestimmenden Preis abzukaufen (das bloße iure empti dominium retinere war als Lex commissoria untersagt, Fragm. Vat. 9 [Papin.]). Der Vorschlag kann aus verschiedenen Gründen im Interesse des Schuldners liegen. Mit dem certum pretium, konnte der letztere hier etwa so viel erhalten, als ihm bei normalem Pfandverkauf (seitens des Gläubigers an einen Dritten) als hyperocha restituiert werden müßte. Nach Paul. sent. II 13, 3 konnte ein solcher Verkauf aber bei der F. gar nicht abgeschlossen werden, denn die Sache war ja bereits verkauft. Die Stelle kann daher nicht von F., am allerwenigsten von der f. cum amico handeln. Das eam, das auch [2305] Dig. XIII 7, 8, 3 zu finden ist, ist hier kein Zeichen der Nachlässigkeit der Compilatoren. Wir werden uns mit Haloanders Ergänzung von rem zufrieden geben müssen, so verlockend es wäre, das eam auf eine ursprüngliche f. zu beziehen. Auch hier wird man dem Sinn der Stelle so, wie sie überliefert ist, zunächst gerecht werden müssen. Vgl. auch die Basiliken.

IV. Dogmatisches.

Ebensowenig wie die mancipatio zum Besitzerwerb zu führen brauchte, war es erforderlich, daß der Fiduziar den Besitz der Sache erhielt. Gai. II 59. 60. III 201. Iul. Dig. XLIV 7, 16. XLIII 26, 18. Lenel Savigny-Ztschr. III 119. Es war hiernach möglich, daß nach vollzogener mancipatio fiduciae causa dem Schuldner der Besitz als precarium oder auf Grund einer locatio conductio belassen wurde. Auf diese Weise wurde der Effekt der späteren Hypothek erreicht: der Schuldner brauchte Haus, Hof und Inventar nicht aus Nutzung und Gewahrsam fortzugeben (Isid. orig. V 25, 17).

Vom besitzrechtlichen Standpunkt ist es bei der F. höchst eigentümlich, daß nach Gai. III 201 der Fiduziant die Sache dem Gläubiger auch vor der Schuldtilgung (II 60 nondum soluta) eigenmächtig fortnehmen darf, ohne damit ein furtum zu begehen; vielmehr eröffnet sich dem Schuldner dann sogar die Möglichkeit einer Rückersitzung (Gai. II 59 quae species usucapionis dicitur usureceptio, quia id quod aliquando habuimus, recepimus per usucapionem) der Sache: item debitor rem, quam fiduciae causa creditori mancipaverit aut in iure cesserit, secundum ea, quae in superiore commentario rettulimus, sine furto possidere et usucapere potest. Freilich ist an diese Lehre sofort die Bemerkung aus Gai. II 60 anzuknüpfen: siquidem cum amico contracta sit fiducia, sane omni modo conpetit ususreccptio; si vero cum creditore, soluta quidem pecunia omni modo conpetit, nondum vero soluta ita demum conpetit. si neque conduxerit eam rem a creditore debitor neque precario rogaverit, ut eam rem possidere liceret: quo casu lucrativa ususcapio conpetit. Diese usucapio lucrativa des Schuldners, die die fiduziarische Befugnis des Gläubigers aufhebt, findet also begreiflicherweise dann nicht statt, wenn der Besitz des Schuldners auf precarium oder locatio beruht, es müßte denn die Schuld bereits getilgt sein. Schwebt die Forderung noch, so findet die usureceptio in allen anderen Fällen, die dem Schuldner den Besitz der res fiduciaria verschafft haben, hingegen ungehindert statt. Die Furtivität liegt nach III 201 nicht vor. Nach der bona fides scheint man hier nicht gefragt zu haben. Und auch für Grundstücke war die Ersitzungszeit nach II 59 nur ein Jahr. Der Fiduziant nimmt hiernach eine privilegierte Stellung ein, die er wohl erst später erhielt, als man überhaupt bestrebt war, über dem Inhalt und Zweck des Geschäfts die formale Wirkung der mancipatio zu vergessen. Für diese oben schon bezeichnete F. der späteren Zeit wäre es verständlich, wenn der Fiduziant im Wiedergewinn seiner Sache möglichst geschützt wurde, wenn er sie, ohne ein furtum zu begehen, sogar eigenmächtig an sich nehmen durfte, so, als ob er in Wahrheit Eigentümer geblieben wäre, der Fiduziar hingegen nur ein Recht an fremder Sache [2306] hätte, eine Vorstellung, durch die die entwickelte F., wie sich zeigte, gerade charakterisiert wird. Ähnlich Pernice Labeo III 140. Bei diesem Stande der Quellen kann auch Cuiacius (Op. IV 1467) mit seinem ihm von Oertmann a. O. 173 verdachten etiam dominium nur gemeint haben, daß bei der F. im Gegensatz zum pignus auch das Eigentum übergegangen sei. Der Widerspruch Geibs (Savigny-Ztschr. VIII 116, 7) gegen die hier vertretene herrschende Ansicht ist unbegründet. Auch wenn Dig. XIII 7, 22 pr. ursprünglich von der F. handelte, ist sie mit Gai. III 201 sehr wohl vereinbar, denn nach letzterer Stelle sollen die Grundsätze für die Beurteilung der Furtivität dieselben sein wie für die usureceptio. Diese Grundsätze, auf die Gaius hier ausdrücklich Bezug nimmt, sind aus II 59. 60 zu ergänzen. Wo die usureceptio hiernach nicht eintritt, würden auch die Diebstahlsklagen gegen den eigenmächtigen Fiduzianten gegeben sein. Dies setzt jene 1. 22 voraus. Lenel Savigny-Ztschr. III 108, 9. Anderer Meinung Oertmann a. O. 252 und Heyrovski Grünhuts Ztschr. XVIII 365.

Die usureceptio sollte ferner offenbar entsprechend der usucapio ein privilegierter neuer Titel zum Rückerwerb des Fiduzianten dort sein, wo man die umständliche remancipatio vermieden und eine quiritarische Wirkung zunächst nicht erreicht hatte.

Vgl. über die Besitzverhältnisse entsprechend beim pignus Dig. XLI 2, 36.

Trotzdem der Verpfänder den Besitz durch die Fiduzierung einer Sache nicht zu verlieren brauchte, war es doch niemals möglich, dieselbe Sache nochmals hintereinander zur F. zu geben. Sie konnte uno actu wohl mehreren Fiduziaren zugleich übereignet werden, aber eine Rangordnung war nicht denkbar, auch in der späteren Zeit; denn einmal hatte der Fiduziant formell das Eigentum aufgegeben, konnte es also einem secundus creditor nicht mehr fiduzieren, und dann erfaßte auch das Recht des Fiduziars die Sache von vornherein ganz, und ein condominium plurium in solidum war unmöglich. Darin lag ein Mangel, aber gerade später auch ein Vorzug der F.; denn pignus und hypotheca litten praktisch unter den mit der Mehrheit von Pfandrechten für die nachstehenden Gläubiger verbundenen Gefahren außerordentlich. Der Gläubiger war bei der F. hiergegen gesichert. Auch hierdurch erklärt sich der spätere nicht seltene Gebrauch der F. zu Pfandzwecken.

Es war hingegen möglich, daß an derselben Sache eine F. und ein pignus bestellt wurden. Hiervon geht aus Paul. sent. II 13, 8, eine Stelle, die an diesem Ort auf die F. bezogen werden könnte.

Der Fiduziar, der nicht den Besitz der Sache hat, genießt nach Paul. sent. V 26, 4 noch besonderen außergerichtlichen Schutz: fiduciam ... persequi et sine auctoritate iudicis vindicare non prohibetur. Lenel meint Sav.-Ztschr. III 110, daß auch die dominii impetratio nach Dig. XIII 7, 24 pr. vom pignus auf die F. übertragen worden sei. Hiergegen Karlowa a. O. II 563ff. Aus jener Stelle allein dürfen wir jedenfalls keinen sichern Schluß ziehen, da wir von einer solchen Übertragung sonst keine Spur finden; hiezu s. u. [2307]

Die Pfand-F. konnte niemals die volle akzessorische Natnr des entwickelten pignus annehmen. Auch wenn der Fiduziar persönlich befriedigt war, erlosch seine Berechtigung an der Sache nicht von selbst. Eine solche resolutive condicio vertrug die mancipatio als actus legitimus (Dig. L 17, 77) bis in die letzte Zeit nicht. Es war also stets remancipatio erforderlich.

Es ist sicher, daß die obligatorische Wirkung der F. ursprünglich von der Wirksamkeit des Hauptgeschäfts abhing; denn das pactum fiduciae beruhte auf der nuncupatio. Wo das Eigentum gar nicht übergegangen war, konnte auch keine fiduziarische Verpflichtung zur Rückübertragung entstehen. Ein nudum pactum erzeugte überdies keinen Anspruch.

Die spätere Zeit zeigt uns die F. auch hier durch den Einfluß des pignus verändert. Nach Dig. XIII 7, 22, 2 (vgl. Lenel Sav.-Ztschr. III 109, auch Pernice Labeo III 125 bei Anm. 5) kann auch eine res aliena mit giltiger obligatorischer Wirkung fiduziert werden. Diese Lehre kann ihrer heterogenen Natur wegen nur vom pignus her (Dig. XIII 7, 9 pr. u. § 4 u. 1. 32) übernommen sein. In diesem Satz tritt die vom pignus entliehene realkontraktliche Natur der F. hervor. Aus dieser entsprangen auch die actio fiduciae contraria, die Grundsätze über die Gefahrtragung, über die Haftung des Fiduziars. Letzterer haftet für dolus und culpa, Dig. XIII 7, 24, 3. Coll. X 2, 2. Die Gefahr des Zufalls trägt gemäß Dig. XIII 7, 22 pr. (Lenel a. a. O.) regelmäßig nicht der dominus, sondern der Verpfänder.

Daß der Erlös bezw. die hyperocha als Surrogat der Pfandsache behandelt werden, ist auch rezipiertes Recht, Paul. sent. II 13, 1. Dig. XIII 7, 6, 1. Ebensolches ist von der Eviktionspflicht des verkaufenden Fiduziars zu sagen. Wenn er sie nicht ausdrücklich übernommen hat, trifft sie ihn nicht, Dig. XIII 7, 22, 4 (Lenel a. a. O. 110). Auch Aufwendungen und Verbesserungen kann der Fiduziar wie der Pfandgläubiger mit der actio fiduciae contraria, entsprechend der pigneraticia contraria, ersetzt verlangen, Dig. XIII 7, 8 pr. L 17, 25. Paul. sent. II 13, 7.

Nicht in allen Punkten konnte die F. die Sätze des pignus in sich aufnehmen, soweit überhaupt eine Rezeption sich mit der F. vertrug. Paul. sent. II 13, 5 lehrt, daß auch bei der F. ein pactum de non vendendo rezipiert wurde. Dieses ist wie beim pignus, so auch bei der F. nur als Ausnahme von der bereits gesetzlich gewordenen Verkaufsbefugnis denkbar. Es wirkte bei der F. aber schwächer wie beim pignus. Bei letzterem mußte der Gläubiger nach Paul. sent. II 5, 1 und Dig. XIII 7. 4 dreimalige Denunziation vor dem dennoch gesetzlich zulässigen Verkauf vornehmen, bei der F. genügte die einmalige. Damit war die actio fiduciae des Schuldners aufgehoben. Es zeigt sich hier entschieden eine Nachwirkung des älteren Rechts, gemäß dem der Fiduziar das Verkaufsrecht ipso iure hatte. Er sollte sich daher schon durch einseitige einmalige Denunziation von der vertragsmäßig übernommenen Verpflichtung entbinden können, da diese dem fiduziarischen Grundrecht zuwider lief. [2308]

Der Verkauf erfolgt bei der F. nach der bätischen Urkunde (pecunia praesenti) gegen bar. Es ist dies im pactum de vendendo verabredet. Gesetzlich wurde die Barzahlung, wie sie auch der heutige Pfandverkauf kennt, nicht essentiell, weder bei der F., noch beim pignus.

Die geschilderte Entwicklung, die die F. nahm, ermöglichte den Kompilatoren umso mehr eine leichte Interpolation durch einfache Vertauschung der Worte; war doch die F., die bei Iustinian ihrer formellen Mängel wegen verschwinden sollte, materiell ganz zum Pfandrechtsinstitut gleich dem pignus herangereift. Wenn Iustinian F. überall gegen pignus u. a. vertauschen ließ, so darf deswegen aber nicht gesagt werden, daß die F. für das pignus überhaupt vorbildlich gewesen wäre, und daß dies die Sätze jener aufgenommen hätte. Das wäre ein Schluß aus einer bloßen Äußerlichkeit der Interpolationstechnik.

V. Prozessuales.

Wann die F. klagbar geworden ist, ist mangels direkter Quellenzeugnisse streitig. Lenel Sav.-Ztschr. III 111f. wendet sich gegen die Annahme, daß die actio fiduciae in die Zwölftafelzeit hinaufreiche. Hingegen spricht er später in Ed. perp. 234 von einer legis actio fiduciae, scheint also jene Meinung aufgegeben zu haben. Herzen a. O. 64: ,L’actio f. était étrangère à l’ancien droit. Elle ne peut pas en effet être antérieure à la loi Aebutia; cela parce qu’elle avait une formule in factum à côté de la formule in ius comme l’a démontré Lenel.‘ Er verlegt S. 87 die Entstehung der actio fiduciae in die erste Hälfte des 7. Jhdts. d. St. Geib Sav.-Ztschr. VIII 126ff. kommt nach ausführlicher Begründung zu dem Schluß, daß eine alte zivile in ius konzipierte actio f. existierte (131), zu der sich dann eine solche in factum gesellte. Oertmann 214ff. 225. 229 teilt diese Auffassung im Resultat. Karlowa Röm. R.-Gesch. II 561ff. 570ff. nimmt nur eine altzivile actio in ius an. Vgl. bei Oertmann 222ff. über weitere Ansichten.

Es ist höchst wahrscheinlich, daß eine actio in ius schon im alten Zivilrecht existierte (Pernice Labeo III 124), und entsprechend der ganzen inneren Fortentwicklung der F. in der späteren Zeit noch eine solche in factum sich zugesellte. Die Meinung, daß die actio fiduciae nur oder doch anfänglich in factum konzipiert gewesen sei, beruht auf nichts anderem als auf der Beobachtung, daß der Klageschutz regelmäßig zunächst mangels zivilen Titels faktisch einsetzt, ehe das ius nachhinkt. Diese Regel findet aber auch bei der F. keine Anwendung. Die gegnerische Meinung erblickt auch darin, daß die F. gerade auf die fides des Empfängers abgestellt war, einen Anhaltepunkt dafür, daß ihr zunächst die Klagbarkeit fehle. Hier wird ein Verhältnis von fides und ius vorausgesetzt, das umso unrichtiger erscheint, als gerade dieser Charakter der F. ihr bis in die letzte Zeit erhalten blieb. Das Ciceronische ut inter bonos bene agier oportet et sine fraudatione ist nicht jenen prähistorischen Zuständen an die Seite zu stellen, die durch den Zwang der Sitte, durch Treue und Gewissenspflicht des Volkes den Mangel der Rechtsbasis ergänzen müssen; vgl. Karlowa a. O. II 571. Geben wir außerdem zu, daß jenes inter bonos bene agier für die ganze Kategorie [2309] der späteren negotia bonae fidei des ius gentium gerade vorbildlich gewesen ist, so dürfen wir umso weniger annehmen, daß der Grundcharakter der F. in einer Zeit wurzele, die die Klagbarkeit des Hauptanspruchs noch nicht kannte. Die F. ist ferner aus einem dringenden Verkehrsbedürfnis herausgeschaffen, und es ist nicht anzunehmen, daß ihr bis in die Zeit des ius gentium der wesentliche Faktor der Klagbarkeit gefehlt hätte. Die rechtliche Verfolgbarkeit der Ansprüche sollte ja gerade der Fortschritt gegenüber dem uralten faktischen pignus sein. Hierzu kommen noch spezielle Gründe. Die nuncupatio der mancipatio fiduciae causa enthielt die Worte fidi fiduciae causa (baetische Urkunde). Nahmen letztere also an der Solennität des Formalakts teil, so kann nicht gesagt werden, daß die Rückgabepflicht des Fiduziars nur auf einem form- und daher klaglosen pactum beruhte. Cicero berichtet uns ferner den Wortlaut der Klageformel immer wieder in so altertümlicher Fassung (bene agier: de off. III 61. 70; top. 66; ad fam. VII 12), daß der Schluß geradezu zwingend ist, daß jene von ihm sog. illa aurea Worte der alten legis actio waren. Warum Lenel nur jenes andere Formelstück bei Cic. de off. III 70 uti ne propter te fidemve tuam captus fraudatusve siem auf eine legis actio fiduciae bezieht, und nicht auch das sofort angeschlossene, oben zitierte, ist nicht einzusehen. Durch die Bezeichnung als illa aurea scheinen letztere noch mehr Anspruch auf das Altersprädikat zu haben. Ebenso Pernice Labeo III 122 bei Anm. 2, der sich jene Sätze nur als Bestandteil einer legis actio denken kann, s. auch S. 124 bei Anm. 3. A. a. O. berichtet Cicero über eine Äußerung des Pontifex maximus Q. Mucius Scaevola über die iudicia bonae fidei, insbesondere die F. Gai. IV 33 verrät uns offenbar sogar die Art des Legisaktionenprozesses für die actio fiduciae; es war hiernach höchstwahrscheinlich die legis actio per condictionem, s. a. Geib a. O. 131, 7. Diese Stelle zählt die actio fiduciae zu den actiones, quae sua vi ac potestate valent. Das deutet auf eine formula in ius, da die in factum konzipierte ex praetoris iurisdictione oder auxilio entspringt. Wir erfahren aus dieser Stelle auch, daß die actio fiduciae zu den Klagen gerechnet wurde, quibus pecuniam aut rem aliquam (certam) dare oportere intendimus. Dieses oportere war aber nicht nur faktisch, sondern durchs ius dahin bestimmt: ut inter bonos bene agier oportet, wenn es auch nach Cic. de off. III 70 magna quaestio war, quid sit bene agi. Letzteres war für den konkreten Fall nach dem besonderen Inhalt des pactum fiduciae allein Tatfrage. Ferner Gai. IV 45: sed eas quidem formulas, in quibus de iure quaeritur, in ius conceptas vocamus, quales sunt, quibus intendimus: Nostrum esse aliquid ex iure Quiritium aut nobis dari oportere ..., in quibus iuris civilis intentio est; s. a. Lenel Ed. perp. 31.

Die Verpflichtung des Fiduziars hatte ihren Ursprung im ius civile, sie hatte eine certa res zum Gegenstand, und die actio richtete sich nach Gai. IV 33 auf dare oportere, war daher in ius formuliert. S. a. Oertmann a. O. 217ff., der auch auf das sua vi ac potestate valere der Stelle bei Gaius den Ton legt, und hervorhebt, daß wenn die actio [2310] fiduciae vom Praetor eingeführt worden wäre, sie auf die konkreten Abmachungen der Parteien, nicht auf allgemein abstrakte Gesichtspunkte abgestellt gewesen wäre. Letzteres ist nach Gai. IV 45. 46 in der Tat entscheidend. Auffallend ist auch, daß Cicero die actio fiduciae immer unter den iudicia bonae fidei aufführt, was für eine formula in ius spricht. So weist auch Bekker Aktionen I 73 diese Klage dem Legisaktionenprozeß zu. Daß dieser Prozeß aber formulae in factum kannte (ebd. II 130ff.), läßt sich nicht rechtfertigen; s. auch ebd. 144. 145. 154 zu Gai. IV 33. Daß gewisse Klagen ausnahmsweise sowohl in factum wie in ius konzipiert werden können, lehrt Gai. IV 47. Er nennt als Klagen dieser Art hier beispielsweise die actio depositi und commodati. Daß auch die actio fiduciae hierher gehörte, ist nach den Darlegungen Lenels Ed. perp. 201f. sehr wahrscheinlich (s. auch Geib a. O. 154); denn auch die actio fiduciae hatte eine contraria, woraus aber übrigens nicht geschlossen werden kann, daß sie erst nach der Lex Aebutia entstanden sei (Herzen a. O.). Jenen beiden Klagen stand die actio fiduciae sehr nahe. Im Edikt war ihr Platz hinter der actio depositi. Und auch bei der actio depositi und commodati zeigte sich die Möglichkeit, daß die Rechtsgedanken, die zu einer actio in factum führten, aus dem ius civile stammen konnten (Keller Civ.-Pr. 160).

Lenel erblickt Dig. XIII 7, 24, 1 in den die Kondemnationsbedingung enthaltenden Worten quasi soluta pecunia einen deutlichen Hinweis darauf, daß die actio fiduciae eine oder doch auch eine formula in factum concepta gehabt habe (Sav.-Ztschr. III 111f.). Dies zugegeben, folgt daraus aber noch nicht, daß die XII Tafelzeit eine actio fiduciae noch nicht gekannt hätte, denn über die Zeit der Geltung sagt obige Stelle nichts, und jene actio in factum kann ja die moderne sein, ohne daß daraus folgt, daß es keine zivile gegeben. Lenel Ed. perp. 234 widerspricht auch seiner eigenen Auffassung. Gegen Lenel auch Pernice Labeo III 124, 4. Dann ist es aber gewagt, jedes pignus des 30. Buchs Ulp. ad ed. in F. umzuwandeln. Es kann an einer oder der anderen Stelle hier auch ursprünglich einmal vom pignus die Rede gewesen sein, zum Vergleich oder zur Gegenüberstellung. Finden wir es z. B. bei Paul. sent. II 13, wo in der Hauptsache die F. behandelt wird, nicht auch so? Wohin würde es z. B. hier führen, wenn wir uns diese Stelle in den Digesten interpoliert stehend denken und nun einfach jedes pignus gegen F. vertauschen! Die Paragraphen, die von der F. und vom pignus handeln, wechseln hier in demselben Titel unvermittelt ab. Diese erheblichen Bedenken stehen allen nur auf diese Fragmente gegründeten Folgerungen Lenels für die actio fiduciae entgegen; vgl. Karlowa a. O. II 562f. und Herzen a. O. 73.

Es ist anzunehmen, daß der Praetor die formula in factum in der Zeit schuf, in der sich der innere Charakter der materiellen F., wie oben geschildert, veränderte; denn die in ius konzipierte formula erwies sich den vom Pfandrecht her rezipierten neuen Grundsätzen der F. gegenüber als untauglich. Vgl. Geib a. a. O., der sich [2311] bei der Durchführung des gleichen Gedankens aber von der quellenmäßigen F. zu weit entfernt. Lenel Ed. p. 233 konzipiert folgende formula in factum: S. p. A. A. N. N. fundum q. d. a. ob pecuniam debitam fiduciae causa mancipio dedisse [eamque pecuniam solutam eove nomine satisfactum esse aut per N. N. stetisse quominus solveretur] eumque fundum redditum non esse negotiumve ita actum non esse, ut inter bonos bene agier oportet et sine fraudatione, quanti ea res erit, tantam pecuniam ... Bei der f. cum creditore blieben die eingeklammerten Worte fort. Bedenken könnte man nur gegen die Aufnahme des Ciceronischen Zusatzes in die formula in factum haben. Daneben läßt auch Lenel mit Rücksicht auf die actio contraria für beide Arten der F. noch eine zweite formula in ins nach dem gewöhnlichen Schema der actiones bonae fidei zu: Quod A. A. N. N. ... mancipio dedit, quidquid ...

Die actio fiduciae war eine actio bonae fidei. Gai. IV 62. Cic. de off. III 70; de nat. deor. III 74; pro Roscio com. 16. Die actio directa war famosa, Gai. IV 182. Cic. top. 42; pro Caecina 7. Lex Iulia mun. 111ff. Die actio directa war vererblich, Arg. Gai. II 220; vgl. hierzu Pernice Labeo III 121f. Das Vorhandensein einer actio contraria ist bezeugt durch Paul. sent. II 13, 7. Dig. XIII 7, 8 pr. (Ersatz von Aufwendungen und Auslagen). XIII 7, 22. 3 Herausgabe der vom Schuldner bitt- oder mietweise besessenen Sache, nachdem sie der Gläubiger verkauft. Wenn der Fiduziar die Sache einem andern vermacht, so haften alle Erben auf Schadensersatz, Paul. II 13, 6. Der Fiduziar zieht als Eigentümer zwar die Fruchte, als creditor muß er sich deren Wert aber auf seine Forderung anrechnen, Paul. II 13, 2 (vgl. pignus Cod. IV 24, 1ff.), als amicus muß er sie herausgeben.

VI. Die Frage griechischen Einflusses.

Die geschichtliche Tatsache der Beeinflussung des römischen Rechts durch das griechische erspart im konkreten Fall und ganz besonders bei einem Institut des römischen Zivilrechts nicht die Prüfung, ob es sich um ein autochthones oder ein rezipiertes Produkt handelt. Die römische F. wird, ähnlich wie hypotheca, gern mit griechischen Instituten in Parallele gestellt, oder sogar als dem griechischen Recht entnommen angesehen. Noch neuerdings soll wieder ein Quellenzeugnis für die Richtigkeit dieser Auffassung entdeckt sein (Gerhard und Gradenwitz Philologus LXIII 498ff. zum Heidelberger Papyrus nr. 1278). Demgegenüber ist zu betonen, daß wir bis jetzt allen Grund haben, die F. als römischnational anzusehen. Die Tatsache, daß in vielen ursprünglichen Rechten ein Eigentumspfand bekannt war, ohne daß an eine gegenseitige Beeinflussung dieser Rechte zu denken ist, muß in erster Linie betont werden. Es ist natürlich, daß jedes Volk das Institut des Eigentums, ehe andere Rechte geschaffen sind, zu allen möglichen Zwecken benützt. Das altgermanische Recht kennt – ganz entsprechend dem Ur-pignus Roms – ein Pfand, durch dessen Hingabe der Schuldner lediglich seinen Willen band, ohne dem Gläubiger ein Befriedigungsrecht, insbesondere Verkaufsrecht, zu gewähren. Die Säumigkeit des Schuldners [2312] führte hingegen zum Verfall dieses ,Wetteinsatzes‘ (vgl. Schröder Deutsche Rechtsgesch.1 1889, 54. Meibom Deutsches Pfandrecht 256). Im fränkischen Recht zeigt das Immobiliarpfand ganz die Struktur der römischen F. Die mit der Bestellung der Satzung verbundene Auflassung führte zu einer provisorischen Eigentumsübertragung (bedingte Investitur), die nur zu treuer Hand erfolgte, Schröder a. O. 674f. Brunner Grundzüge der deutsch. R.-Gesch. 1903, 196f. Heusler Institutionen d. deutsch. Privatrechts II 134ff. Die Rechtsmacht des germanischen Treuhänders ist aber im Gegensatz zu der des römischen Fiduziars stets auf das für den gesetzten Zweck nötige Maß herabgesetzt. Der Salmann hat auflösend bedingtes Eigentum, Schultze Treuhänder im gelt. bürg. Recht 1901, 9ff. Auch im islamitischen Recht, das dem römischen Recht manches entnommen hat, war das Pfand nur Besitz- und Aufbewahrungspfand ohne Verkaufsbefugnis des Gläubigers. Letztere kann aber besonders gestattet werden. Während die Hypothek dem Islam überhaupt fremd ist, ist dem schiitischen Recht, ein Pfand durch Verkauf der Sache an den Gläubiger mit Einlösungsrecht des Schuldners bekannt, Kohler Ztschr. f. vergleich. Rechtswiss. VI 208. 226ff. Auch schon im vorislamitischen Recht der Araber kannte man ein ähnliches Institut. Kohler a. O. VIII 261. Vgl. auch Kohler und Peiser Aus dem babyl. Rechtsleben 24ff.

Aus dem griechischen Recht ist uns als analoges Institut nur die πρᾶσις (ὠνὴ) ἐπὶ λύσει, der Kauf auf Lösung, bekannt. Der Zusatz ἐπὶ λύσει findet sich konsequent auf den bei Dareste, Haussoulier, Reinach Recueil des inscriptions juridiques grecques I (1895) p. 112ff. gesammelten ὄροι nr. 25ff., größtenteils aus IG II 1103ff. Man würde jedoch irren, wenn man dieses Institut als Vorbild der römischen F. ansprechen würde, denn die πρᾶσις ἐπὶ λύσει ist juristisch nichts anderes als ein Kauf auf Wiederkauf. Eine persönliche Forderung, die (wie beim echten Pfandrecht) nebenher gesichert werden soll, fehlt. Daher fehlt auf den ὄροι, die eine πρᾶσις ἐπὶ λύσει bekunden, regelmäßig auch jede Angabe einer Forderung. Der Geldsuchende verkauft lediglich eine Sache, erhält dafür vom Gegner das gewünschte Geld als Kaufpreis, und hat das Recht, für denselben Preis seine Sache wieder einzulösen. Die römische F. dient hingegen der Sicherung einer aus anderem Rechtsgrunde entstandenen Forderung; nur sie ist insofern ein Pfand, während die πρᾶσις ἐπὶ λύσει diese Bezeichnung juristisch nicht verdient, so wenig wir all diese und noch andere ähnliche Rechtsinstitute, die im modernen Recht nebeneinander bestehen, verwechseln dürfen. Der römische Fiduziar ist creditor im juristischen Sinne (Gai. II 60. Paul. II 13). Jene Natur des griechischen Kaufs auf Lösung folgt z. B. aus Demosthenes XXXVII 4. 5. 31. Meyer-Schömann-Lipsius Der attische Prozeß 693f. Hitzig Griechisches Pfandrecht 2. S. auch das Verkaufsregister von Tenos § 46 (Dareste a. O. p. 86): Φῶκος ... παρ' Ἀθηνάδου ... ἐπρίατο τὴν οἰκίαν καὶ τὸ χωρίον ... δραχμῶν ἀργυρίου χιλίων τετρακοσίων ἅ ἀπέδωκε Φώκος Ἀθηνάδει δανειζόμενος παρ' Ἀθηνάδου χιλίας καὶ τετρακοσίας δραχμὰς ... Hier [2313] hatte Athenades dem Phokos 1400 Drachmen in der Weise verschafft, daß dieser ihm ein Grundstück um diesen Preis ἐπὶ λύσει verkaufte (ἀπέδωκε δανειζόμενος). Die Urkunde registriert nur den Wiederkauf desselben Grundstücks durch Phokos für denselben Betrag (ἐπρίατο). Der Geldgeber hat, da er lediglich Käufer ist, bei der πρᾶσις ἐπὶ λύσει keine Forderung gegen den Empfänger. Letzterer hat hingegen nur das Recht, die verkaufte Sache wiederzukaufen. Die Griechen vergaßen über dieser rechtlichen Gestaltung nicht den wirtschaftlichen Zweck der Kreditgewährung und bezeichnen den Verkäufer daher als Schuldner, δανεισάμενος. Sie sehen also den verkauften Gegenstand als Nebensache an und haben nur den Weg, den die Geldsumme nimmt, im Auge (vgl. Register von Tenos §§ 30. 46).

Was oben für die ursprüngliche F. in Anspruch genommen wurde, findet sich auch bei der πρᾶσις ἐπὶ λύσει. Auch diese ist ein Verfallpfand. Bisweilen ist eine Lösungsfrist ausdrücklich festgesetzt. So bei Demosth. XXXVII 5. Verstreicht diese, so verliert der frühere Eigentümer sein Wiederverkaufsrecht, Dareste Nouv. Rev. hist. 1877. 171ff. Hitzig a. O. 77f. Hier schweigen die Quellen auch ganz über die Frage, was der Gläubiger bei Nichtbefriedigung mit dem Pfand tun darf; genau so wie in Rom bei der alten F.: keine ausdrücklich verabredete Lex commissoria, kein pactum vendendi. Das Pfand ist auch im germanischen Recht zunächst Verfallspfand. Hierdurch wird dieselbe Annahme, die oben vertreten wurde, für das römische Recht nahe gelegt, ohne daß wir deswegen sofort an eine positive Rezeption aus Griechenland zu glauben hätten. Die Einlösung konnte natürlich in allen Rechten auch zeitlich unbeschränkt gestattet sein. Eine solche Regelung liegt dort, wo der Geldgeber Kapital dauernd anlegen will, nahe. Der Schuldner konnte sich die verkaufte Sache auch im griechischen Recht pachtweise zurückübertragen lassen. So findet in dem Fall bei Demosthenes XXXVII eine μίσθωσις an den Verpfänder statt. Der Pachtzins scheint in solchen Fällen zugleich als Darlehnszins angesehen worden zu sein, da die Ausdrücke μίσθωσις und τόκος wechseln, Demosth. XXXVII 5. 7. 29. Hitzig a. O. 74 nimmt auch eine Überlassung precario an. Die πρᾶσις ἐπὶ λύσει konnte ebenfalls gleichzeitig zu Gunsten mehrerer Gläubiger vorgenommen werden; so bei Demosth. a. a. O. 4. 5. Wie F. nächst Hypothek bestellt werden konnte oder umgekehrt, so auch entsprechend im griechischen Recht. ὄρος 50 bei Dareste a. O. p. 114 und dortiger Text p. 131. Die Ähnlichkeiten beider Institute liegen danach auf der Hand. Sie hatten vor allem eine ähnliche wirtschaftliche Aufgabe, und doch war ihr juristischer Kern grundverschieden. Hiernach ist es schon aus diesem Grunde sehr bedenklich, wenn einige Autoren annehmen, Cicero pro Flacco 51 handele von der griechischen πρᾶσις ἐπὶ λύσει, und Cicero habe hier nur den römischen Ausdruck F. substituiert, um die Angelegenheit den Richtern näher zu bringen. So Oertmann a. O. 117. Herzen a. O. 165. Pernice Labeo III 144. S. auch Pernice Sav.-Ztschr. V 134 bei Anm. 4. [2314] Dagegen mit Recht Dernburg a. O. I 19 bei Anm. 35. Geib a. O. 149ff. In jenem Fall hatte der Römer Decianus dem Griechen Lysanias ein wahres Darlehn gegeben, wogegen dieser ihm seinen väterlichen Grundbesitz fiduzierte. Juristisch kann es sich also um πρᾶσις ἐπὶ λύσει nicht handeln.

Es wäre nun eine höchst auffallende Entdeckung, wenn der von Gerhard-Gradenwitz a. a. O. publizierte Heidelberger Papyrus als ὠνὴ ἐν πίστει ein mit der römischen F. identisches Institut behandelte. Als solches nimmt es Gradenwitz 577ff. in Anspruch. Der Papyrus lautet in den hier interessierenden Hauptworten: Ἐπελύσατο Πανοβχοῦνις ὠνὴν ψιλοῦ τόπου ὃν ὑπέθετο Πατοῦτι καὶ Βοκενούπει κατὰ συνγραφὴν ὠνῆς ἐν πίστει κξ χαλκοῦ ταλάντου ᾱ δραχμῶν ὃς καὶ παρὼν Πατοῦς καὶ Βοκενούπις ἀνωμολογήσατο ἀπέχειν καὶ μὴ ἐπικαλεῖν περὶ τῶν διὰ τῆς ὠνῆς γεγραμμένων πάντων τρόπῳ μηδενί – verso: ἐπίλυσις Πανοβχούνιος. Gradenwitz sagt, daß die Worte ἐν πίστει diesen Papyrus zu einem rechtshistorisch wichtigen Bindegliede zwischen Kauf und Pfand, ja zwischen griechischem und römischem Rechte machten. Es liege hier wie bei der römischen F. ein Kauf zu treuer Hand vor, aus dem sich das römische Pfand entwickelt habe; ἐν πίστει bedeute dasselbe wie bei der mancipatio die Worte: fidi fiduciae causa. Dieser bestechenden Annahme steht aber zunächst gerade die Tatsache hinderlich gegenüber, die für sie angeführt wird, daß nämlich in der Urkunde ὠνὴ ἐν πίστει und ὑπέθηκεν auf dasselbe Rechtsgeschäft bezogen werden. Die Griechen gebrauchen gerade die Termini ὠνή (πρᾶσις) und ὑποθήκη niemals promiscue. Unzutreffend die Bemerkung von Thalheim Griechische Rechtsaltertümer 147 Anm. Das ὑποτιθέναι und ὑποτίθεσθαι (ὑποκεῖσθαι) wird nur von der Hypothek gebraucht. Daher kann die ὠνή hier nicht eine andere Pfandart bedeuten. Es liegt vielmehr eine Hypothek vor. Überhaupt würde das Auftauchen eines zweiten Eigentumspfandes neben der auch über die Grenzen des attischen Rechts hinaus verbreiteten πρᾶσις ἐπὶ λύσει sehr fremdartig sein. Letztere zeigt wohl die Konturen der römischen F., entbehrt aber formell wie inhaltlich ganz des gerade charakteristischen Treuverhältnisses. Und was müssen wir alles für das griechische Recht voraussetzen, wenn wir das Wort πίστις dort schon in derselben großen Bedeutung ansprechen wollen, die die Römer der fides verliehen und die sich auch schon in der mancipatio fiduciae causa ankündigte! Ehe wir nicht noch anderen Anhalt gewinnen, scheint diese Annahme durchaus unbegründet. Hierzu kommen spezielle Bedenken. Die von Gerhard 575 angeführten Parallelstellen zum Terminus πίστις sprechen lediglich gegen die Annahme dieser Autoren; denn durch keine Stelle wird die in Anspruch genommene Identität der Terminologie ὠνὴ ἐν πίστει = ὑποκεῖσθαι bewiesen; es handelt sich auch im Pap. Oxyrh. III 486, 7, auf den auch Gradenwitz 578 Bezug nimmt, um zweierlei Geschäfte. Und überall bedeutet hier πίστις wie πιστεύω soviel wie ,anvertrauen‘, mag dies bei Gelegenheit einer Verwahrung (Pap. Tebt. 14, 8–10 bei Gerhard), eines Darlehns (Pap. Oxyrh. III 508) oder eines [2315] Kaufs geschehen. Siehe auch vom Depositum Plat. defin. 415: παρακαταθήκη δόμα μετὰ πίστεως. In dem Heidelberger Papyrus ist ὠνὴ ἐν πίστει also ein Kreditkauf, bei dem der Kaufpreis dem Käufer gestundet wird; diese Kaufpreisschuld wurde schon im griechischen Recht ebenso pfandrechtlich gesichert, wie heute, vgl. § 34 des Verkaufsregisters von Tenos. Auch IG VII 3376, die von Hitzig a. O. 37 richtig gedeutet wird, hat der Verkäufer eines Hauses, dem der Preis nicht bar gezahlt wird, eine Forderung auf dem Hause: δάνειον ἐπὶ τῆ οἰκίᾳ. An dieser Stelle findet sich auch gerade der Terminus πιστεύειν von der Preiskreditierung. Zu letzterem vgl. auch Demosth. L 17, besonders klar bei der Kaufpreiskreditierung am Ende des Fragments des Theophrast (etwa bei Hofmann a. O. 79, 59; s. auch Hermann Griech. Privataltertümer § 65). In dem Papyrus ist von einem Darlehn, das Gradenwitz als Hauptgeschäft annimmt, nicht die Rede. Die ersten Worte ἐπελύσατο ὠνήν deuten vielmehr von vornherein auf eine Kaufgelderschuld des Panobchunis. Schon nach den von Gerhard selbst 564f. angezogenen Stellen erhellt, daß ἐπιλύεσθαι der stehende Ausdruck auf Quittungen von Obligationen ist, z. B. die Darlehnsquittung ἐπελύσατο δάνειον (113 Pap. Grenf. I 26 und 102 Pap. Grenf. II 30). Im Sinne von Gradenwitz müßten die Worte hingegen bedeuten: er hob den Kauf durch Wiederkauf auf. Diese dingliche Bedeutung ist unbekannt. Es heißt hier also: Panobchunis erfüllte seine Kaufverpflichtung durch Preiszahlung. Wir erfahren aus dem folgenden ferner, daß Käufer diese Schuld bis dahin dem Verkäufer (Patus) durch Hypothek auf dem gekauften Grundstück gesichert hatte, und zwar gemäß der συνγραφὴ ὠνῆς ἐν πίστει, d. h. dem den Kreditkauf beurkundenden Schuldschein. Fremdartig wäre es auch, wenn die συγγραφή nach dem nebensächlichen Pfandgeschäft betitelt wäre. Vor allem wurde die Hauptschuld beurkundet und nach dieser die Urkunde auch benannt, z. B. κατὰ συγγραφὴν δανείου χαλκοῦ τάλ... (Pap. 8 des Louvre). Vgl. ferner die Urkunden bei Mitteis, der sich Reichsrecht und Volksrecht 459ff. ausführlich und zutreffend über die juristische Bedeutung der συγγραφή äußert. Nach den weiteren Worten des Textes erklärt sich Verkäufer für völlig befriedigt. Es muß auch auffallen, daß die vorliegende Schuld nicht weniger wie dreimal als ὠνή, und niemals als δάνειον, δάνεισμα oder ähnlich bezeichnet wird, was sie nach Gradenwitz sein soll. Die Urkunde ist nach Z. 11 aufgesetzt διὰ τῆς ὠνῆς, d. h. wegen der Kaufschuld. Nach Gradenwitz würde aus dem Nebengeschäft, welches die fiduziarische Sicherung im Verhältnis zu dem angenommenen Darlehn nur wäre, das Hauptgeschäft, von dem die ganze Urkunde allein spricht. Auch die Saldierungsklausel am Schluß erweist sich mit keinem Wort als Darlehnsquittung, sondern als Quittung über das Kaufgeld.

Wir kennen also als Parallelinstitut des griechischen Rechts nur die πρᾶσις ἐπὶ λύσει. Siehe hierzu auch die Urkunden bei Dareste a. a. O. II p. 256. 304f.

VII. Auch das heutige Recht kennt fiduziarische Geschäfte. Bei diesen überträgt jemand [2316] einem andern nach außen hin eine Rechtsstellung (z. B. Eigentum oder ein Forderungsrecht), die er nach innen hin nicht hat, weil er hier etwa lediglich Beauftrager des dominus negotii ist. Der Zweck liegt darin, daß der Fiduziar oder Treuhänder umso selbständiger und wirksamer das betreffende Recht Dritten gegenüber geltend machen kann. So wird z. B. vom Wechselgläubiger statt eines Prokura-Indossaments ein Voll-Indossament erteilt, oder es wird nach wie vor zu Pfandzwecken Eigentum übertragen, Dreyer in Gruchots Ztschr. XL 233ff. 449ff. Schultze a. a. O. Riedel Das B.G.B. § 79 mit Literaturangaben. Eck-Leonhard Vorträge I 136f.

Literatur (außer der schon Angeführten). Stas De contractu fiduciae (Leodii 1824). F. C. Conradi Scripta minora ed. Lud. Pernice vol. I. Musschenbroeck De lege commiss. in pign., Lugd. 1752 und in Oelrichs Thesaur. nov. diss. Brem. 1771 I 677ff. H. A. Zachariae De fiducia, Gott. 1830. Büchel De Fiducia, 1828. v. Bassewitz Commentatio de fiducia, 1858. Bechmann Kauf I 285ff. R. Leonhard Institutionen 272. 296. 393, 1. M. des Chesnez Realisation du gage hypothécaire 11ff. Herzen Origine de l’hypothèque romaine, 1899, 61ff. Ascoli Origini I. Girard Manuel 506. 742. Jacquelin Fiducie 18. Duchêne Origines de l'hypothèque, 1893, 26f. Bekker Aktionen I 124f. Ubbelohde Zur Gesch. d. benannten Realkontrakte. Vgl. auch die Literatur bei Heck Sav.-Ztschr. X 83. Puchta Institutionen II 246ff. Ausführlich auch Bertolini Appunti didattici di diritto romano 1905.
[Manigk.]

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