Fidepromissio ist eine ältere zivilrechtliche Form der Bürgschaft, in die Worte gekleidet: idem fide tua promittis ? Sie war nur bei einer verborum obligatio anzuwenden, ebenso wie die sponsio, mit der sie wichtige Rechtsgrundsätze gemeinsam hatte, die sie von der späteren fideiussio (s. d.) unterschieden, die nicht bloß bei verborum obligationes anwendbar war und schließlich die älteren Formen verdrängte; vgl. hierzu die mehr tiefsinnigen als anschaulichen Ausführungen von Huschke Verfassung des Servius Tullius (Heidelberg 1838) 603, 36 u. 37. Beide ältere Bürgschaftsformen waren nicht so unbedingt akzessorisch. d. h. von dem Vorhandensein einer gültigen Hauptschuld abhängig, wie die spätere fideiussio. Gai. III 93. 115ff. Es erklärt sich dies vielleicht als ein Überrest eines älteren Rechtszustandes, in dem die Formel idem spondes? spondeo keine Bürgschaftsschuld, d. h. keine von der Hauptschuld abhängige Nebenschuld begründete, sondern [2280] eine Korrealschuld (s. Conreus), bei der neben dem bisherigen Schuldner ein anderer auf dieselbe Leistung als unabhängiger Hauptschuldner auftrat. Das geschah, si post omnium interrogationem promissor respondeat, spondeo, Inst. III 16 pr., während bei der sponsio, die zum Zwecke der Bürgschaft erklärt wurde, nicht beide Teile zuerst gefragt wurden, um hierauf zu antworten, sondern zuerst der Hauptschuldner auf die Frage dari spondes ? seine Antwort gab, worauf dann an den Bürgen die Frage erging: idem dari spondes? mit der Antwort: spondeo, Gai. III 116. Dieser subtile Unterschied in der Reihenfolge der Fragen und Antworten, der übrigens nicht einmal nach Gai. III 116 völlig zweifellos ist, ist wahrscheinlich erst von der Formularjurisprudenz entwickelt worden, um den Unterschied zwischen Korrealschulden und Bürgschaften festzustellen. Wir dürfen aber vermuten, daß diese Unterscheidung in älterer Zeit noch nicht entwickelt war (vgl. Girtanner Die Bürgschaft nach gemeinem Civilrechte, Jena 1850, I 6) und daher die der Korrealschuld fremde Abhängigkeit der Haftung des einen Schuldners von der Haftung des andern auch bei der Bürgschaft durch sponsio zunächst fehlte und ebenso bei derjenigen durch F., die ihr ähnlich war, Gai. II 118. Fraglich bleibt aber, weshalb diese zweite ähnliche Form der F. neben der Bürgschaftssponsion aufkam. Man hat dies auf den Umstand zurückgeführt (vgl. z. B. Sohm Institutionen11 380, 3. Cuq Institut. jurid. 682), daß die sponsio ursprünglich nur unter römischen Bürgern möglich war (Gai. II 93. Huschke a. a. O. 603, 36), was vielfach auf religiöse Eigentümlichkeiten dieser Form zurückgeführt wird, vgl. Festus s. v. spondere. Pernice S.-Ber. Akad. Berl. 1885, 1191. Hieraus würde die Frage unbeantwortet bleiben, warum man sich bei der Peregrinenbürgschaft nicht mit den ebenfalls bei Gai. II 116 erwähnten Formen: idem dabis? idem promittis? idem facies? begnügte und statt dessen das Wort fide in die Formel eingefügt hat. Dieses letztere deutet aber, wie bei der fideiussio, darauf hin, daß der Bürge nicht in eigener Angelegenheit ein Versprechen abgibt, sondern, ut diligentius cautum sit (Gai. III 117), d. h. zur Unterstützung fremden Kredits einen Vertrauensakt vornimmt; vgl. über die religiöse Bedeutung der fides Danz Gesch. d. röm. Rechts II 2, 36 § 148, 3. 150 I c. Girard Manuel élémentaire du droit Romain3 481, 3. Es liegt also nahe, anzunehmen, daß die Formel idem fide promittis? aufkam, um die Bürgschaft in noch klarerer Weise von der Korrealschuld zu unterscheiden, als dies bei der Formel idem spondes geschah, die sich trotzdem durch ihre altertümliche Ehrwürdigkeit namentlich für cives erhielt (nach Puchta-Krüger Institutionen II 322 § 264 Nota p bestand der Unterschied zwischen sponsio und F. darin, daß nur bei der ersteren auch für die Hauptstipulation die Formel spondesne? spondeo verlangt wurde). Die den sponsores und fidepromissores bestimmten Gesetze sind nach Gaius III 121ff. die Lex Furia, die Lex Appuleia und die Lex Cicereia. Sie beruhen auf dem Gedanken, daß bei der großen Menge gegenseitiger Bürgschaften es hart erschien, den einen von mehreren Bürgen allein den vollen [2281] Schaden aus der Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners tragen zu lassen. Darum sollte sich bei Bürgschaften, die in Italia durch sponsio oder F. übernommen wurden, die Haftung mehrerer Bürgen spalten. Für andere Bürgschaften gab die Lex Appuleia dem zahlenden Mitbürgen gegen die andern Mitbürgen einen Rückgriff (quandam societatem introduxit, Gai. III 122). Dabei lag die Gefahr vor, daß ein Gläubiger einem Bürgen, der zu andern Bürgen hinzukam, die erwähnten Vorteile entzog, indem er ihm vorspiegelte, daß andere Mitbürgen nicht vorhanden wären. Dem beugte die Lex Cicereia vor, Gai. III 123.
Die bei Gaius III 124 erwähnte Lex Cornelia, die den Bürgschaften die Schranke eines bestimmten Höchstbetrages setzte, damit nicht die Bereitwilligkeit der Bürgen von den Hauptschuldnern mißbraucht werde, bezog sich auch auf fideiussores (s. Fideiussio).
Literatur: Schröter Specimen de sponsoribus fidepromissoribus et fideiussoribus, Jena 1822. Girtanner Die Bürgschaft nach gemeinem Civilrechte, Jena 1850; vgl. daselbst S. 7, 8 über eine eigentümliche Ansicht von Bachofen Das Nexum 98. 99. Cuq Les institutions juridiques (Paris 1891) 650, welcher meint, daß man in der F. weniger eine Bürgschaft als eine Vollmacht gesehen habe, die (682) zu einer andern Klageformel berechtigte, vgl. ebd. 695 über die Ünvererblichkeit. 703. 710. Girard Manuel élémentaire du droit Romain 481, 3. 482, 3 (über die Frage, ob die F. bloß religiösen Ursprungs, oder ein wirklicher Eid war). v. Jhering Geist des römischen Rechts III3 115, 146. Puchta-Krüger Inst.10 II 322 § 26 Note. v. Czyhlarz Institutionen5.6 179. Sohm Institut.11 380, 3. R. Leonhard Institutionen 412. Jörs in Birkmeyers Encyklop.1 134. F. Leonhard ebd.2 160. Pernice S.-Ber. Akad. Berl. 1885, 1191.
[R. Leonhard.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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