ART

48) Q. Fabius Ambustus, Tribunus militum consulari potestate 364 = 390. Von der Tribunenliste der Fasti Cap. ist nur der erste Name der zweiten Columne zum Teil erhalten: [Q.? Fabi]us M. f Q. [n. Ambustus]; der Chronogr. bietet wie gewöhnlich die ersten Namen beider Columnen: Longo et Ambusto; Livius V 36, 12 gibt Q. Sulpicius Longus, Q. Servilius IV, P. Cornelius (Servilius Hss.) Maluginensis und drei Fabier, von denen einer nach V 35, 5. 36, 7. VI 1, 6 (vgl. Plut. Cam. 17, 5; Numa 12, 8; das Praenomen Dionys. XIII 12. Appian. Celt. 2) Q. Fabius M. f. Ambustus hieß und die beiden anderen nach der ersten Stelle (vgl. Plut. Cam. 18) seine Brüder waren. Bei Diodor ist die Liste der χιλίαρχοι ἕξ zwar doppelt erhalten, bietet aber beidemale nur vier Namen und außerdem unsinnige Interpolationen (XIV 110, 1 = XV 20, 1, die Lesarten am vollständigsten CIL I2 p. 121),[1] übereinstimmend Q. Sulpicius, Q. Servilius und P. Cornelius, abweichend an zweiter Stelle Καίσων Φάβιος und Γάιος Φάβιος; der Ausfall zweier Namen bei ihm ist am einfachsten dadurch zu erklären, daß hier [1757] wie öfters ein Gentilname mehrmals in der Liste vorkam und nur einmal gesetzt worden war (vgl. CIL I2 p. 83 b);[2] es steht nichts der Annahme im Wege, daß der Name F. in der zweiten Columne einmal statt dreimal gestanden hat. Die Annalistik benutzte die an der Spitze stehenden Namen zur Ausschmückung der Tradition, die keine Namen bot; deshalb tritt in ihr Q. Sulpicius besonders hervor (Cassius Hemina bei Macrob. I 16, 23 = Verrius bei Gell. V 17, 2 = quidam bei Liv. VI 1, 12; außerdem Liv. V 47, 8. 48, 8) und neben ihm ein F. Die bekannte Erzählung von diesem, die besonders von Mommsen R. Forsch. II 303–307 und Ed. Meyer Apophoreton (Berlin 1903) 139–142 richtig behandelt worden ist, lautet bei Liv. V 34, 4–36, 12, vgl. 37, 4f. 51, 7: als Clusium im J. 363 = 391 von den Kelten bedrängt wurde, wandte es sich um Hilfe an Rom; dieses schickte die drei Söhne des M. Fabius Ambustus als Gesandte, um die Kelten zum Frieden zu ermahnen, erfuhr aber eine schnöde Ablehnung. An dem Kampfe zwischen den Clusinern und ihren Feinden nahmen darauf auch die Gesandten teil, wobei Q. Fabius einen der feindlichen Führer fällte. Empört über diese Verletzung des Völkerrechts forderten die Kelten in Rom Genugtuung durch die Auslieferung der Fabier; der Senat überließ die Entscheidung dem Volke, und dieses belohnte die Schuldigen anstatt sie zu strafen, indem es sie zu Consulartribunen wählte. Die Folge dieses Frevels war der Rachezug der Kelten gegen Rom, die Niederlage an der Allia und die Einnahme der Stadt. Abhängig von Livius oder doch übereinstimmend mit ihm berichten Flor. I 7, 6f. Oros. II 19, 5f. (bei beiden ungenau: F. consul statt trib. mil.). Auct. de vir. ill. 23, 5–7. Plut. Numa 12, 7–9; etwas anders und ausführlicher Cam. 17f. Dio frg. 24, 1f. Zonar. VII 23 (beide ohne Zahl und Namen der Gesandten); bei Appian. Celt. 2f. treten nur zwei Einzelheiten schärfer hervor, einerseits daß Clusium schon mit Rom verbündet gewesen sei, anderseits daß die schuldigen Fabier zu Magistraten gewählt worden seien, um sie der Verantwortung zu entziehen (vgl. mit dieser Entschuldigung des Rechtsbruchs auch die weitere durch das Gegenstück des F. Nr. 30 gelieferte). Das Thema: Deliberant patres conscripti, an Fabios dedant Gallis bellum minitantibus, war in den römischen Rhetorenschulen beliebt (Quintil. inst. or. III 8, 19). Dionys. XIII 12 weicht von der verbreiteten Tradition darin ab, daß er nur von Q. Fabius und einem Bruder spricht; wenn das Exzerpt genau ist, so steht demnach Dionys. zwischen Liv. und Diod., aber dem Liv. weit näher. Ganz anders lautet die Darstellung des Diod. XIV 113, 4–7: die römischen Gesandten sind an Zahl zwei und gehen als Kundschafter nach Clusium; der Senat bietet den Kelten erst eine Geldentschädigung an und beschließt dann die Auslieferung des Schuldigen; aber dessen Vater, einer der im Amt befindlichen Consulartribunen, legt Berufung an das Volk ein, und dieses erklärt den Senatsbeschluß für ungültig. Es ist ohne weiteres klar, daß bei Diodor die älteste Version vorliegt, und daß die spätere daraus entwickelt worden ist; daß dabei erst die Verschiebung der Gesandtschaft aus dem Jahr [1758] der Katastrophe in das vorhergehende erfolgt ist, dürfte mit Ed. Meyer a. O. 140 gegen Mommsen a. O. 304f., vgl. 315f. anzunehmen sein. Die Namen der zwei Gesandten waren also in den frühesten Berichten nicht genannt; nur hieß es, daß der Vater des einen in dem Unglücksjahr Consulartribun gewesen sei. Da nun damals die Hälfte der Consulartribunen dem Fabischen Geschlecht angehörte, so war, auch wenn jede bestimmte Überlieferung darüber fehlte, die Zugehörigkeit des Schuldigen zu diesem möglich. Ein weiterer Schritt in der Ausgestaltung der Erzählung war es, daß dieser F. aus dem Sohne eines Tribunen selbst zum Tribunen wurde; folgerichtig mußte dann die Gesandtschaft um ein Jahr vordatiert werden. Noch aber hatte man die Wahl zwischen drei Fabiern, und da dieses Tribunencollegium zufällig das einzige war, in welchem drei Angehörige desselben Geschlechts vorkamen (dagegen häufig zwei, vgl. z. B. die Collegien von 356. 373. 374 mit je zwei Paaren von solchen), so löste man diese Schwierigkeit einfach so, daß man von allen dreien dasselbe behauptete und nur den an der Spitze stehenden noch besonders hervorhob. Dabei wurden sie auch gleichzeitig zu Brüdern, was sie schwerlich gewesen sind. Denn der Versuch, die verschiedenen genealogischen Notizen zu vereinigen, macht Schwierigkeiten (vgl. o. S. 1750f.). Zumal Q., die Hauptperson der Tradition, ist im Grunde am wenigsten zu fassen; N. und K. waren schon Tribunen gewesen, K. sogar schon dreimal. Bei ihnen fehlen die Iterationsziffern, worüber man hinwegsehen könnte; aber gar nicht passend für sie, nur dem Charakter der älteren Erzählung angemessen, ist die Bezeichnung bei Liv. V 36, 6 als tres nobilissimi fortissimique Romanae iuventutis (vgl. Plut. Numa 12, 8: ἐνεανιεύσατο); umgekehrt wäre für sie, zumal für K., aber wieder nicht für Q., passender die Bezeichnung bei Plut. Cam. 17 als τρεῖς ἄνδρες εὐδόκιμοι καὶ τιμὰς μεγάλας ἔχοντες ἐν τῇ πόλει. Daß der Vater M. Ambustus sonst nicht nachweisbar ist, wurde o. S. 1751 bemerkt. So zeigt sich überall, daß die gewöhnliche Darstellung nicht einheitlich, sondern aus ganz verschiedenen Wurzeln erwachsen ist. Die Tradition nahm keine Rücksicht auf die Magistratstafel, und spätere gewaltsame Versuche, beide miteinander auszugleichen, mußten mißlingen. Bei diesen Erwägungen sind die Angaben der Diodor-Hss. über die Vornamen der Fabier, die 364 = 390 Consulartribunen waren, außer Rechnung geblieben. Es ist möglich, daß die Fasti Cap. neben Q. hier N. II und K. IV verzeichneten, aber sicher ist nicht einmal das, und keinesfalls war es die echte Überlieferung. Nur die zerrüttete Textüberlieferung bei Diodor läßt uns auch darüber zu keiner Entscheidung kommen, ob vielleicht in den Fasten der nächsten Jahre, die durch eine Reihe von Zusätzen gefälscht worden sind (vgl. Mommsen R. Forsch. II 227ff.), auch Fabische Magistraturen beseitigt wurden, um die besondere Stellung der drei angeblichen Brüder im J. 364 = 390 schärfer hervorzuheben (vgl. z. B. Κόϊντος Φάβιος in einem Teil der Hss. bei Diod. XV 24, 1 zum J. 367 = 387). Bei der Wertlosigkeit der ganzen Erzählung von diesen [1759] ist es kaum nötig, die konsequentere Durchführung der Erfindung in Einzelheiten zu erwähnen, außer der frevelhaft leichtsinnigen Kriegführung (Liv. V 37, 3. 38, 1. 5) besonders die nachträgliche Anklage des Q. Fabius (ohne Cognomen) durch einen Tribunen im J. 365 = 389 mit dem Schluß: Cui iudicio eum mors adeo opportuna, ut voluntariam magna pars crederet, subtraxit (Liv. VI 1, 6f.), was ganz ähnlich z. B. von dem Decemvir Ap. Claudius, und zwar doppelt berichtet wird (Liv. II 61, 8. III 58, 6 u. a., vgl. o. Bd. III S. 2698. 2701), ebenso von seinem Genossen Sp. Oppius (Liv. II 58, 9) und in historischer Zeit von Q. Pleminius (Liv. XXIX 22, 9).
[Münzer.]
Anmerkungen (Wikisource)
Corpus Inscriptionum Latinarum I, 121.
Corpus Inscriptionum Latinarum I, 83.

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