13) Sohn des Thukles (Thuc. III 80, 2. 91, 4. 115, 5. VII 16, 1), aus Kephale oder Hekale (Busolt a. gl. anzuf. Stelle), attischer Feldherr im peloponnesischen Kriege. Er erscheint zum erstenmal als Strateg im J. 427/6. Belochs Ansicht (Attische Politik seit Perikles 291. 301), daß er bereits im J. 428/7 Strateg gewesen sei, [1336] beruht auf einer unhaltbaren Chronologie seiner Anwesenheit in Korkyra (vgl. auch Strack De rerum prima belli Peloponnesiaci parte gestarum temporibus 40, 2). E. dürfte; wie sein Verhalten bei den Zwistigkeiten in Korkyra beweist, Anhänger Kleons gewesen sein (Beloch a. O. 35. Gilbert Beiträge zur innern Geschichte Athens im Zeitalter des peloponnesischen Krieges 156ff. Busolt Griech. Gesch. III 2, 1019, 2); die Art, wie er dort auftrat, wirft ein sehr nachteiliges Licht auf seinen Charakter, er hielt die Heiligkeit des gegebenen Wortes nicht hoch. E. wurde mit 60 Schiffen nach Korkyra gesandt (Thuc. III 80, 2), da dort ein Bürgerkrieg ausgebrochen war und bei dem Umstande, daß eine peloponnesische Flotte unter Alkidas und Brasidas die Korkyraeer besiegt hatte, der Verlust der Insel für Athen zu befürchten war. Die Zeit seiner Abfahrt bestimmt Busolt (Herm. XXV 1890, 570ff.) nach seiner überzeugenden Ergänzung der Schatzurkunde IG I Suppl. 179 B, 3ff. ungefähr auf 2. September 427, seine Anwesenheit in Korkyra auf 8.-15. September. Die Peloponnesier waren auf die Nachricht von E.s Kommen abgefahren; seine Anwesenheit gab den korkyraeischen Demokraten das Übergewicht, während der Woche, da E. vor Korkyra lag, mordeten sie ihre Gegner in der scheußlichsten Weise hin, ohne daß E. sie zurückhielt (Thuc. III 81). Nach acht Tagen fuhr er nach Athen zurück (Thuc. III 85, 1); der Zweck seiner Sendung, die Sicherung Korkyras für Athen, war erreicht. Im nächsten Frühjahre 426 (Busolt Herm. XXV 325. 326) unternahmen die Besatzungstruppen Athens unter E.s und Hipponikos Befehl einen Einfall in das Gebiet von Tanagra (Thuc. III 91, 4). Vgl. Ed. Meyer Gesch. d. Altert. IV 351ff.
E. wurde für 426/5 zum Strategen wiedergewählt (Beloch a. O. 35. 291. 302. Gilbert a. O. 155. Strack a. O. 40). Im Winter beschlossen die Athener, eine Flotte von 40 Schiffen unter E., Pythodoros und Sophokles nach Sicilien zu schicken, um den dort geführten Krieg zu Ende zu bringen (Thuc. III 115, 4ff. Diod. XII 54, 6.). Pythodoros wurde zu Ende des Winters voraufgesandt , E. und Sophokles folgten im Frühjahr (Anfang Mai, vgl. Busolt Gesch, III 2, 1086) 425 mit den Schiffen nach. Da eine ansehnliche peloponnesische Flotte wieder nach Korkyra gegangen war, erhielten sie den Befehl, bei der Insel anzuhalten und die herrschende Partei zu stützen (Thuc. IV 2, 2ff.); Awdrys Annahme (Journ. Hell. Stud. XX 1900, 14ff.), das wichtigste Ziel E.s sei gewesen, die peloponnesische Flotte zu zerstören, wo immer er sie finden mochte, ist mit Thukydides Worten nicht zu vereinbaren. Den Feldherren ward Demosthenes beigegeben und ihm die Vollmacht erteilt, die Flotte bei der Fahrt um die Peloponnes nach seinem Ermessen zu verwenden (Thuc. IV 2, 4), vgl. Bd. V S. 163. E. und Sophokles beeilten sich, nach Korkyra zu kommen, verhielten sich daher zu der Absicht des Demosthenes, Sphakteria zu befestigen, unfreundlich (vgl. auch Ed. Meyer Forsch. z. alten Gesch. II 336) und gaben erst nach, als sie durch einen Sturm zum Aufenthalt gezwungen wurden; sie fuhren dann weiter und ließen Demosthenes mit sechs Schiffen zurück (Thuc. IV 3ff.). In [1337] Zakynthos ereilte sie dessen Botschaft, daß die peloponnesische Flotte, ohne daß sie es gemerkt hatten, nach Pylos gefahren sei, und seine Bitte um Hülfe, worauf sie, nachdem sie sich noch verstärkt hatten (Thuc. IV 13, 2), rasch zurückfuhren (Thuc. IV 8, 1ff.). Zuerst ankerte E. bei der Insel Prote (Thuc. IV 13, 3), dann drang die attische Flotte in den Hafen von Pylos ein und besiegte die Peloponnesier in einem Treffen (Thuc. IV 13, 3ff.), womit die spartanische Besatzung auf Sphakteria abgeschnitten war. Der darauf folgende Waffenstillstand wurde mit den attischen Strategen vereinbart, welche durch ihn die Auslieferung der peloponnesischen Schiffe erlangten (Thuc. IV 16); die Verhandlungen in Athen während der Waffenruhe hatten kein Ergebnis. Nach Ablauf derselben gaben die Athener die peloponnesischen Schiffe nicht heraus und begannen, nachdem sie ihre Flotte auf 70 Schiffe gebracht hatten, eine strenge Blockade der Insel (Thuc. IV 23). Die weitere Entwicklung der Dinge, welche zum Eingreifen Kleons und zur Einnahme der Insel durch die Athener führte, ist bekannt.
E. war für 425/4 wieder zum Strategen bestellt worden (vgl. Beloch a. O. 37. 291. 303. Gilbert a. O. 176. Strack a. O. 41); an dem Angriff auf Sphakteria war er nicht beteiligt. Vgl. Ed. Meyer Gesch. d. Alt. IV 381ff. Nach Sphakterias Einnahme (Ende August 425) setzten E. und Sophokles die Fahrt fort, zunächst nach Korkyra; sie brachten die Oligarchen, welche sich in einem Kastell festgesetzt hatten, zur Kapitulation gegen die Zusicherung, daß der Demos von Athen über ihr Schicksal entscheiden solle, und verwahrten sie auf der Insel Ptychia (Thuc. IV 46, 1ff.). Allein diese Übereinkunft war von seiten der attischen Strategen, welche nach Sizilien mußten und niemand anderem die Ehre überlassen wollten, die Gefangenen nach Athen zu bringen, nicht ehrlich gemeint (vgl. auch B. Schmidt Korkyraeische Studien 83, 56) und wurde im Einverständnis mit ihnen von den korkyraeischen Demokraten zu nichte gemacht (Thuc. IV 46, 5ff.); die Oligarchen wurden von E. ausgeliefert und hingemordet. Vgl. Ed. Meyer a. O. IV 390ff. E. fuhr nach Sizilien weiter (Thuc. IV 48, 6). Allein die Erwartung, welche die Athener an diese Sendung knüpften, wurde getäuscht; nicht bloß richteten die Feldherren (E. wurde auch im Frühjahr 424 für 424/3 wiedergewählt, Busolt a. O. III 2, 1125, 1) nichts aus (Thukydides bringt nichts Näheres über ihre Tätigkeit), sondern die Sikelioten schloßen in Gela im Sommer 424 einen allgemeinen Frieden (Thuc. IV 58ff. Tim. frg. 97 bei Polyb. XII 25 k), so daß jede weitere Aussicht für die Athener, in die Geschicke Siziliens einzugreifen, damit schwand. Den attischen Strategen blieb nichts anderes übrig, als dem Frieden zuzustimmen und nach Hause zu fahren; sie wurden bei der Rechenschaftsablage bestraft, weil sie sich nach der Ansicht der Athener hatten bestechen lassen. Doch kam E. im Verhältnis zu seinen Kollegen glimpflich mit einer Geldbuße davon (Thuc. IV 65, 2ff., vgl. Holm Gesch. Siziliens 7ff. Freeman History of Sicily III 45ff. 65ff. Ed. Meyer a. O. IV 396ff. 404ff.). Immerhin war damit seine Laufbahn vorläufig abgeschlossen. Erst für das J. 414/3 [1338] wurde er wieder zum Strategen bestellt (Gilbert a. O. 278. Beloch a. O. 293. 309). Als Nikias dringende Bitte um Verstärkungen in Athen eintraf, wurden er und Demosthenes als Mitfeldherren des Nikias bestimmt; E. wurde um die Winterwende 414 mit 10 Schiffen und 120 Talenten nach Sizilien vorausgeschickt, um mitzuteilen, daß eine große Ausrüstung nachfolgen werde (Thuc. VII 16, 1ff. Diod. XIII 8, 7. Plut. Nic. 20). Für 413/2 ward er zum Strategen wiedergewählt (Beloch a. O. 293. 309). Er fuhr Demosthenes bis Akarnanien entgegen (Thuc. VII 31, 3); sie trafen zunächst weitere Vorbereitungen für die Expedition, E. zog in Korkyra Schiffe und Hopliten an sich (Thuc. VII 31, 5). Von da setzten sie nach Iapygien über, schloßen ein Bündnis mit Artas und gewannen Metapont und Thurioi, dagegen verhielt sich Kroton abwehrend (Thuc. VII 33, 3ff. 35). Anfangs August 413 langten sie endlich mit bedeutender Macht in Syrakus an (Thuc. VII 42, 1. Diod. XIII 11). E. war dann mit Demosthenes und Menander Befehlshaber der attischen Truppen bei dem mißglückten Angriff auf Epipolai (Thuc. VII 43, 2); nach dessen Misslingen stimmte E. mit Demosthenes darin überein, so rasch als möglich abzufahren (Thuc. VII 49, 3). In der dritten Seeschlacht mit den Syrakusanern (am 4. September? Freeman a. O. III 327) kommandierte E. den rechten Flügel der attischen Flotte und wollte den Feind umgehen, wurde aber von den Syrakusanern, nachdem sie das attische Zentrum besiegt hatten, abgefaßt und getötet (Thuc. VII 52, 2. Diod. XIII 13, 2ff. Plut. Nic. 24). Damit war die Schlacht zu Ungunsten der Athener entschieden. Vgl. Freeman a. O. III 278. 304ff. 328. Holm a. O. II 43ff. Ed. Meyer a. O. IV 532ff. 538; sonst noch Grote History of Greece VI² 54f. 92f. 136f. 404ff. VII² 119ff. Müller-Strübing Jahrb. f. Philol. CXXXIII 1886, 615ff. (phantastisch). Kirchner Prosopogr. Att. I 391 n. 5973.
[Swoboda.]
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