ART

4) Eumenes von Kardia war nach Duris von Samos (Plut. Eum. 1 = Dur. frg. 7) von niedriger Herkunft; vgl. auch Aelian. v. h. XII 43. In Wahrheit stammte er wohl aus einer angesehenen Familie von Kardia, da sein Vater bereits in persönlichen Beziehungen zu König Philippos II. von Makedonien stand (vgl. Plut. a. O. – wohl nach Hieronymos von Kardia – Nep. Eum. 1). Schon am Hofe des Philippos befand er sich, sieben Jahre lang, in einer Vertrauensstellung als Sekretär des Königs. Durch seine Klugheit und Gewandtheit erwarb er sich dann in hohem Maße die Gunst Alexanders, der ihm den Posten eines Vorstehers der königlichen Kanzlei (ἀρχιγραμματεύς) übertrug. Als solcher war er auch mit der Leitung der Abfassung der königlichen Ephemeriden (s. d.) betraut. Alexander bezeugte E. auch dadurch seine Gunst, daß er ihn auf dem Hochzeitsfeste zu Susa mit einer der Töchter des Artabazos, Artonis, vermählte (Arrian. anab. VII 4, 6; falscher Name bei Plut. Eum. 1). In der letzten Zeit der Regierung Alexanders erhielt er auch das Kommando einer der Abteilungen der makedonischen Reiterei (Nep. Eum. 1, 6. Plut. Eum. 1; bestätigt durch Arrian. succ. Alex. 2). Der Bericht, daß er der Nachfolger des Perdikkas geworden sei, hängt wohl mit der falschen Auffassung zusammen, daß Perdikkas dem Hephaistion als Chiliarch gefolgt sei (Plut. a. O.; dagegen Arrian. an. VII 14, 10; succ. Alex. 3). Die Plut. Eum. 2 erhaltenen Erzählungen von Konflikten des E. mit Hephaistion, zum Teil auch mit Alexander selbst, die vielleicht auf Duris von Samos zurückgehen, tragen ein apokryphes Gepräge oder beruhen [1083] wenigstens sehr auf Ausschmückung. In den Streitigkeiten, die nach dem Tode Alexanders im makedonischen Heerlager ausbrachen, stand E. auf der Seite des makedonischen Adels, scheint aber in vermittelnder Richtung tätig gewesen zu sein und sich um das Zustandekommen einer Vereinbarung ein Verdienst erworben zu haben (Plut. Em. 3). Er schloß sich auf das entschiedenste dem neuen Reichsverweser Perdikkas an und erhielt bei der Verteilung der Provinzen die Landschaften Kappadokien und Paphlagonien mit den angrenzenden Gebieten am Pontos bis Trapezus, die noch nicht völlig der makedonischen Herrschaft unterworfen waren (Arrian. succ. Alex. 5. Dexipp. frg. 1. Plut. Eum. 3. Diod. XVIII 3, 1. Iust. XIII 4, 16. Curt. X 10, 3). Indem er sich Perdikkas anschloß, trat er zugleich für die Aufrechterhaltung der Einheit des Reiches ein. Sein eigenes Interesse verknüpfte sich mit dem Fortbestand der Integrität des Reiches, da er als Nichtmakedone für dynastische Sonderbestrebungen keine Unterstützung seitens der Makedonen zu erwarten hatte. Da in Kappadokien ein einheimischer Fürst, Ariarathes, eine eigene Herrschaft begründet hatte, erhielten die Satrapen von Großphrygien und dem hellespontischen Phrygien, Antigonos und Leonnatos, von Perdikkas den Auftrag, E. in Besitz seiner Satrapie zu setzen. Antigonos entzog sich aber diesem Auftrage (vgl. Bd. I S. 2406). Leonnatos beschloß, nach Europa überzusetzen, um dem Antipatros gegen die Hellenen Hilfe zu bringen (Bd. I S. 2505). Er versuchte vergeblich, E. für seine Pläne zu gewinnen (Plut. Eum. 3, wo indessen wohl dem persönlichen Feindschaftsverhältnis des E. zum Tyrannen Hekataios von Kardia eine zu große Bedeutung für die Entschließungen des E. beigemessen wird. Nep. Eum. 2, 4f.). E. verließ mit seinem Anhange heimlich das Lager des Leonnatos und flüchtete zu Perdikkas, der ihn bald darauf mit Heeresmacht nach Kappadokien führte und nach entscheidendem Siege über Ariarathes in die ihm bestimmte Satrapie einsetzte (Arrian. succ. Alex. 11. Diod. XVIII 16, 1ff. Plut. Eum. 3). E. befand sich nun in der nächstfolgenden Zeit als einflußreicher Ratgeber in der unmittelbaren Umgebung des Perdikkas. Er suchte diesen schon damals zu bestimmen, sich mit Kleopatra, der Schwester Alexanders, zu vermählen und arbeitete somit auf die Erwerbung der makedonischen Königswürde durch Perdikkas hin (Arrian. succ. Alex. 21). In dem Kampf gegen die große Koalition, die jetzt unter der Führung des Antipatros, Krateros, Ptolemaios, Antigonos die ehrgeizigen Pläne des Perdikkas zu vereiteln strebte, wurde E. von diesem eine hervorragende Rolle zugedacht. Während der Reichsverweser selbst den Krieg gegen Ptolemaios eröffnete, wurde E. mit dem obersten Kommando in Kleinasien betraut und sollte vor allem eine Landung des Antipatros und Krateros in Kleinasien zu hindern versuchen. Es scheint, daß ihm zugleich eine Vergrößerung seiner Statthalterschaft durch die Satrapien des Antigonos und Asandros bestimmt wurde. Der Plan, am Hellespont dem Antipatros und Krateros entgegenzutreten und ihren Übergang nach Asien zu hindern, scheiterte, da E. durch die erfolgreichen Operationen des Antigonos und der mit [1084] diesem verbundenen Satrapen von Lydien und Karien, Menandros und Asandros, nach dem Innern Kleinasiens gedrängt wurde (Diod. XVIII 29, 1ff. Plut. Eum. 5. Iust. XIII 6, 14f. Nep. Eum. 3, 2f. Arrian. succ. Alex. 26; Frg. Vat. 7ff. Reitzenstein Bresl. phil. Abt. III 3, 34ff.).

Schon damals zeigte sich die eigentümliche Schwierigkeit in der Stellung des E., die in dem Verhältnis der Makedonen zu ihm, dem Nichtmakedonen, begründet war. Die Führer des makedonischen Heeres, die nach Perdikkas Weisungen sich E. anschließen und unterordnen sollten, verhielten sich ablehnend. Der Satrap von Armenien, Neoptolemos, der, wie es scheint, schon in Verbindung mit Antipatros und Krateros getreten war (Arrian. succ. Alex. 26. Iust. XIII 8, 3), verweigerte nicht nur den Gehorsam, sondern stellte sich E. geradezu feindlich gegenüber. Es kam zum offenen Kampfe, in dem E. durch seine Überlegenheit in der Reiterei siegte. Er gewann das Gros des Heeres seines Gegners für sich. Neoptolemos selbst floh mit einer kleinen, ihm treu verbliebenen Schar, zu Antipatros und Krateros. Diese hatten, nach glücklicher Bewerkstelligung ihres Überganges nach Kleinasien, Unterhandlungen mit E. angeknüpft, durch die sie, unter sehr günstigen Anerbietungen für seine persönliche Stellung, ihn auf ihre Seite herüberzuziehen suchten. Diese Verhandlungen scheiterten an dem Mißtrauen des E. gegen Antipatros und namentlich seiner entschiedenen Absicht, seine Sache von der des Perdikkas nicht zu trennen (Arrian. succ. Alex. 26f. Plut. Eum. 5. Diod. XVIII 29). So mußte denn das Schwert entscheiden. Während Antipatros einen südlichen Weg, nach Kilikien, einschlug, übernahm Krateros die Aufgabe, dem E. entgegenzugehen. Für die unbedingte Siegeszuversicht, von der Krateros erfüllt war, spricht vor allem schon der Umstand, daß er sich von Antipatros trennte, um sich mit ihm erst nach dem Kampfe mit E. wieder zu vereinigen. Krateros konnte vornehmlich auf das außerordentlich große persönliche Ansehen, in dem er bei den Makedonen stand, seine Hoffnung setzen; wie es scheint, war er auch noch durch Vorspiegelungen des Neoptolemos betreffs des Heeres des E. sicher gemacht. Gerade diesen Faktor aber hatte E. in seine Rechnung eingestellt. Er wußte sein eigenes Heer über den Gegner, dem er es entgegenführte, zu täuschen, die Tatsache, daß Krateros selbst auf dem Anmarsche sich befand, zu verdecken (Arrian. succ. Alex. 27. Plut. Eum. 6. Nep. Eum. 3, 4ff.). So kam es (im J. 321) zur Schlacht, wahrscheinlich in Kappadokien (der Ort der Schlacht kann nicht genau bestimmt werden). Der Sieg des E. wurde durch seinen erfolgreichen Reiterangriff gegen den von Neoptolemos befehligten feindlichen Flügel und durch den Umstand, daß Krateros selbst in hitzigem Kampfe infolge des Falles seines Pferdes getötet wurde, herbeigeführt. Neoptolemos und E. gerieten in persönliches Handgemenge, in dem zuletzt Neoptolemos erlag (Arrian. a. O. Plut. Eum. 7. Diod. XVIII 30ff. Nep. Eum. 4. Iust. XIII 8, wo für Krateros irrtümlich Polyperchon gesetzt ist. Suid. s. Κρατερός, – wahrscheinlich auf Arrians Diadochengeschichte zurückgehend; die von Arrian wiedergegebene und bei Diodor [1085] erhaltene Darstellung des Hieronymos ist dem Anschein nach bei Plutarch – und wohl auch Nepos – durch eine vielleicht auf Duris zurückgehende Erzählung ergänzt, die um des größeren Effektes willen Krateros von E. noch am Leben angetroffen und wegen seines Geschickes beklagt werden ließ; Arrian scheint, wie sich aus den Worten bei Suidas a. O. schließen läßt, auf diese Tradition als ein λεγόμενον Rücksicht genommen zu haben). E. suchte das Heer des Krateros für sich zu gewinnen; dieses jedoch entfernte sich heimlich, wie es scheint, unter Bruch eines mit E. abgeschlossenen Vertrages, und vereinigte sich mit Antipatros (Diod. XVIII 32, 2ff. Arrian. succ. Alex. 27. Nep. Eum. 4, 3). Unterdessen hatte der Kriegszug des Perdikkas gegen Ägypten mit der Meuterei der Makedonen gegen ihren Führer und dessen Ermordung seinen Abschluß gefunden. Die Führer der Perdikkanischen Partei, unter ihnen vor allem auch E., wurden von den Makedonen zum Tode verurteilt. Mit der Reichsverweserschaft betraut, führte Antipatros zu Triparadeisos eine neue Verteilung der Provinzen durch und beauftragte Antigonos, den er zum Strategen des Reichsheeres in Asien ernannte, mit der Führung des Krieges gegen E. (Bd. I S. 2407. 2507). E. hatte nun zunächst den Plan, im Vertrauen auf seine überlegene Reiterei, dem Antipatros in der Ebene von Sardes den Kampf anzubieten, aber auf Zureden der Kleopatra stand er hiervon ab, zog sich nach dem inneren Kleinasien zurück und nahm in Kelainai in Phrygien die Winterquartiere (321/0). Sein Versuch, die übrigen Führer der Partei des Perdikkas, vor allem Alketas, den Bruder des Perdikkas, zu gemeinsamem Vorgehen gegen die gemeinschaftlichen Gegner zu gewinnen, scheiterte an der Eifersucht jener Führer (Arrian. succ. Alex. 39ff. Plut. Eum. 8. Iust. XIV 1). Im J. 320 kam es nun zum Kampfe zwischen E. und Antigonos. E.s Stellung zeigte sich der des Antigonos gegenüber als die schwächere wegen der Unzuverlässigkeit seines eigenen Heeres. Nachdem er den Abfall eines seiner Führer an diesem und seinen Genossen durch energisches und schnelles Vorgehen gestraft hatte, traf er in einer Ebene Kappadokiens auf das feindliche Heer unter Antigonos. Durch Verrat eines Reiterführers, der während der Schlacht zu Antigonos überging, erlitt E. eine entscheidende Niederlage, die die Auflösung des größten Teiles seines Heeres zur Folge hatte. Seine Absicht, sich nach Armenien durchzuschlagen und hier den Versuch zu machen, neue Streitkräfte zu sammeln, konnte er nicht mehr durchführen, da der Abfall seiner Truppen zu Antigonos immer allgemeiner wurde. Er suchte deshalb mit einer kleinen Schar von Anhängern Zuflucht in einer an der Grenze von Kappadokien und Lykaonien gelegenen Bergfestung namens Nora, wo ihn Antigonos belagerte (Diod. XVIII 40f. Plut. Eum. 9f. Nep. Eum. 5. 2ff. Iust. XIV 2. 1ff. Strab. XII 537). Eine Zusammenkunft zwischen Antigonos und E. führte zu keiner Verständigung und hatte keinen weiteren Erfolg, als daß E., mit Einwilligung des Antigonos, in der Person seines Vertrauten, des Geschichtschreibers Hieronymos von Kardia, einen Gesandten an Antipatros schickte, um diesem die zwischen Antigonos und E. streitigen Fragen zur [1086] Entscheidung vorzulegen. Ob Hieronymos noch vor dem Tode des Reichsverwesers am Ort seiner Bestimmung angelangt ist, vermögen wir aus unserer lückenhaften Überlieferung nicht zu erkennen. Der Tod des Antipatros und der Sieg über die übrigen Führer der Perdikkanischen Partei (vgl. Bd. I S. 1514f. Bd. II S. 2158) gewährte nun dem Antigonos die Möglichkeit, seine ehrgeizigen Herrschaftspläne sicherer und ungestörter zu verfolgen. Er suchte auch E., dessen Klugheit und Gewandtheit er schätzte, für sich zu gewinnen, und ließ ihm durch Hieronymos eine Eidesformel vorlegen, in der von der königlichen Familie nur ganz im allgemeinen die Rede war, alle wirklichen Verpflichtungen aber ausschließlich der Person des Antigonos galten. E., der die Absicht des Antigonos durchschaute und sich nicht zu einem abhängigen Werkzeuge von dessen ehrgeizigen Plänen machen lassen wollte, änderte die Formel, indem er in die Verpflichtungen gegen Antigonos zugleich die gegen das Königshaus einschob. Diese veränderte Formel legte er den ihn belagernden Makedonen zur Genehmigung vor und erreichte auf dieser Grundlage die Aufhebung der Blokade, die insgesamt ungefähr ein Jahr gedauert hatte (nach Diod. XVIII 53, 5; etwas anders Nep. Eum. 5, 7; die nach Diod. XVIII 52, 4 beabsichtigte Hilfssendung des Arrhidaios zum Entsätze des E., von der man auch in der konfusen Notiz Iustins XIV 2, 4 hat Spuren entdecken wollen, scheint auf den Gang der Ereignisse keinen entscheidenden Einfluß ausgeübt zu haben). So überlistete er Antigonos, der, im Zorn über die Eigenmächtigkeit seiner Truppen, zu spät und vergeblich die Wiederaufnahme der Belagerung gebot (Plut. Eum. 11f. Diod. XVIII 41, 4ff. 42. 50, 4f. 53, 4ff. Nep. Eum. 5). Nach der Befreiung von der Belagerung gelang es E., sich wieder in den Besitz einiger Streitkräfte zu setzen und der Verfolgung durch die Truppen des Antigonos zu entgehen. Seine allgemeine Stellung gewann jetzt eine neue Grundlage dadurch, daß der neue Reichsverweser Polyperchon und Olympias, die Mutter Alexanders, ihre Augen auf ihn wandten und ihn für die Vertretung der Sache des Königshauses in Asien erkoren. Er erhielt den Auftrag, als Reichsfeldherr den Krieg gegen Antigonos zu führen. Der Königsschatz von Kyinda in Kilikien wurde ihm zur Vermehrung der Mittel für die Kriegführung zur Verfügung gestellt, und die Führer der Argyraspiden, Antigenes und Teutamos, erhielten die Anweisung, sich mit ihm zu vereinigen und seinen Befehlen unterzuordnen (Diod. XVIII 57. 58; das an der letzten Stelle bezeichnete Schreiben an E. ist dem Anschein nach ein späteres als das c. 57, 3f. erwähnte; vgl. auch Schubert Jahrb. f. Philol. Suppltbd. IX 819, der aber mit Unrecht das frühere Schreiben als ein von E. gefälschtes ansehen möchte, und s. auch noch Plut. Eum. 13 Anf. Nep. Eum. 6). In der Einsicht, daß er eine selbständige und bedeutende Stellung nur im Anschluß an das Königshaus und als Vertreter einer einheitlichen, das Erbe Alexanders wahrenden Reichsgewalt behaupten könne, suchte E. vor allem den Sonderbestrebungen im Heere und den partikularistisch-dynastischen Herrschaftstendenzen im Reiche entgegenzuwirken und fand in der göttlichen [1087] Verehrung Alexanders ein sehr wirksames Symbol der Einheit. Er ließ dem dahingeschiedenen König ein Zelt errichten und einen goldenen Thron verfertigen und machte dieses Zelt nicht bloß zur Stätte des dem Alexander dargebrachten Kultes, sondern zugleich zum Beratungsort für die Führer, zum eigentlichen Mittelpunkt des gesamten Heerlagers. Er selbst erschien so gewissermaßen als der Geschäftsträger für die durch den göttlichen Alexander repräsentierte Einheit des Heeres (Diod. XVIII 60f. Plut. Eum. 13. Polyaen. IV 8, 2. Nep. Eum. 7; die drei letztgenannten Autoren geben wohl eine gewisse Verschiebung der ursprünglichen, bei Diodor erhaltenen Erzählung). So gewann E. durch sein kluges Verhalten eine festere Grundlage für seinen leitenden Einfluß und verhinderte es, daß die Versuche des Ptolemaios und Antigonos, die Treue der Argyraspiden gegen ihn zu erschüttern, Erfolg hatten (Diod. XVIII 62). Er verfolgte nun zunächst den Plan, sich in den phoinikischen Küstengebieten, in denen unterdessen Ptolemaios seine Macht ansgebreitet hatte, festzusetzen und von hier aus eine auch zur See mächtige Position zu gewinnen, zugleich mit der Absicht, dem Reichsverweser Polyperchon eine leichtere Überführung seiner Streitkräfte nach Asien zu ermöglichen. Aber der Seesieg, den Antigonos bei Byzantion über die gegnerische Flotte unter Kleitos errang, veränderte die Situation zu seinen Ungunsten. Antigonos, im Rücken durch seine überlegene maritime Stellung gedeckt, zog jetzt gegen E. heran, um diesen noch vor einem weiteren Anwachsen seiner Macht zu vernichten. So entwich E., von der Verbindung mit dem Reichsverweser durch die energische und erfolgreiche Kriegführung des Antigonos abgedrängt, nach Osten, um mit den Satrapen und Strategen der östlichen Landschaften Fühlung zu gewinnen (Diod. XVIII 63, 6 [vgl. 57, 4]. 73, 1f.). In Babylonien überwinterte er 318/7 an einem Καρῶν κῶμαι genannten Orte (Diod. XIX 12, 1; vgl. XVII 110, 3. Droysen II 1, 258, 2). Er versuchte vergeblich, die Statthalter von Babylonien und Medien, Seleukos und Peithon, zum Anschluß an ihn zu bewegen; ebenso waren allerdings andrerseits die Bemühungen dieser Satrapen, seine eigenen Truppen gegen ihn aufzuwiegeln, fruchtlos. Seleukos und Peithon versuchten dann, durch Herbeiführung einer Überschwemmung die Streitmacht des E. zu vernichten, aber dieser entging durch geschickte Gegenmaßregeln der Gefahr und erlangte zuletzt von seinen Gegnern ungehinderten Durchzug durch das von ihnen beherrschte Gebiet (Diod. XIX 12f., kürzer erwähnt schon XVIII 73, 3f; die Wiederholung ist wohl auf Rechnung Diodors selbst zu setzen, nicht mit Unger S.-Ber. Akad. Münch. 1878 I 427 auf die Benutzung verschiedener Quellen zurückzuführen; derselbe Forscher [‌Philol. XXXVII 533, 5] will die Erwähnung des Peithon bei Diodor XIX 12, 5 als Glossem entfernen, mit Unrecht, wie c. 14, 3 zeigt). In Susiana vollzog E. seine Vereinigung mit den Satrapen der östlichen Provinzen, an die er vorher im Namen der königlichen Regierung die Aufforderung gesandt hatte, ihre Streitkräfte mit den seinigen zu verbinden (Diod. XIX 13, 7). Sie führten ihm insgesamt 18700 Mann Fußtruppen, 4600 Reiterei und 120 Elefanten zu (vorausgesetzt, [1088] daß diese Gesamtzahl bei Diod. c. 14, 8, die mit den von ihm angegebenen Einzelzahlen nicht übereinstimmt, richtig ist). Den Rivalitätsansprüchen der einzelnen Führer, namentlich des Peukestes, des Satrapen von Persis, und des Antigenes, des Befehlshabers der Argyraspiden, wußte E. wieder in wirksamer Weise dadurch zu begegnen, daß alle Verhandlungen gemeinsam in dem Zelte des göttlichen Alexander geführt wurden (Diod. XIX 15, 1ff.; der Bericht bei Plut. Eum. 13 geht anscheinend auf eine andere sekundäre Quelle zurück, wohl auf einen antidemokratischen Schriftsteller, wie Duris; vgl. die Bemerkung: δημαγωγούμενον ... ὄχλον, ὥσπερ ἐν ταῖς δημοκρατίαις und dagegen Diod. XIX 15, 4).

Unterdessen war Antigonos von Mesopotamien, wo er die Winterquartiere zugebracht hatte, nach Babylonien gezogen, hatte Seleukos und Peithon für sich gewonnen, und marschierte nun gegen das Heer des E. heran. Sein Versuch im Hochsommer 317 (Diod. XIX 18, 2), den Übergang über den Kopratas (Dizful) zu erzwingen, wurde von E. abgewehrt. Unter beträchtlichen Verlusten mußte Antigonos von seinem Vorhaben abstehen und schlug den Weg nordwärts nach Medien ein (Bd. I S. 2408), um von hier aus der östlichen Landschaften Herr zu werden. Was Antigonos durch seinen Marsch nach Norden beabsichtigt haben mochte, traf ein. Während E. und Antigenes im Rate der Heerführer vorschlugen, sich westwärts nach den Küsten des Mittelmeeres zu wenden, und so Antigonos von seiner westlichen Operationsbasis abzudrängen und zugleich wieder Fühlung mit der königlichen Zentralregierung in Makedonien zu gewinnen, waren die Satrapen der östlichen Gebiete vor allem auf Sicherung ihrer eigenen Herrschaft bedacht. E. stellte sich, um es nicht zu offenem Zwiste kommen zu lassen, auf ihre Seite, und es wurde so der Marsch in östlicher Richtung, nach Persis, angetreten. In dieser Landschaft wurden die Truppen von Peukestas auf das freigebigste bewirtet. Dem ehrgeizigen Streben des Peukestas, durch Gewährung von allerlei Genüssen und sonstiges Entgegenkommen das Heer seinen eigenen Zwecken dienstbar zu machen, wirkte E. in erfolgreicher Weise entgegen (Diod. XIX 17–23, 3. Plut. Eum. 14).

Als darauf Antigonos von Norden, wahrscheinlich auf der Straße, die von Ekbatana über Aspadana (Isfahan) nach Persis führte, heranmarschierte, zog ihm E. mit seinen Truppen entgegen. Sein Heer war dem feindlichen an Zahl etwas überlegen, aber der große Vorzug des Antigonos bestand in der Einheitlichkeit der obersten Leitung (vgl. Diod. XIX 31, 4), während E. jede kluge und kühne Maßregel, die er ergriff, erst dem Widerstande seiner rivalisierenden Mitführer abringen mußte. In Paraitakene kam es (317) zu einer unentschiedenen Schlacht, nach der Antigonos sich nach Gadamarta in Medien, E. nach der Landschaft Gabiene (vgl. Strab. XV 744f. oben Bd. I S. 2408) in die Winterquartiere (317/6) begab (Diod. XIX 24, 4–32. Nep. Eum. 8, 1. Polyaen. IV 6, 10f.).

Antigonos suchte nun um die Wintersonnenwende 317 einen Überfall des feindlichen Heeres in den Winterquartieren auszuführen. Aber der Plan mißlang; E. gelang es, seine Truppen zusammenzuziehen, [1089] und so stießen die beiden Heere zur Entscheidungsschlacht in Gabiene zusammen. Plutarch (Eum. 16) erzählt, daß schon vorher die Führer der Argyraspiden, Antigenes und Teutamos, eine Verschwörung gegen das Leben des E. angezettelt hätten, in der Absicht, erst noch in der Schlacht die Feldherrnkunst des E. zu verwerten, dann aber ihn aus dem Wege zu räumen. Indessen ist diese Darstellung kaum mit derjenigen Diodors in Einklang zu bringen; namentlich, was Plutarch von der Unschlüssigkeit des E., als dieser von der Verschwörung erfahren, zu berichten weiß, scheint mit dem von Diodor geschilderten Verhalten des E. (vgl. namentlich c. 42, 5) wenig zu harmonieren. Die Schlacht an sich hatte einen unentschiedenen Ausgang; Antigonos war im Reiterkampf, namentlich infolge des zweideutigen Verhaltens des Peukestas, erfolgreich gewesen, dagegen hatten im Kampfe der Fußtruppen die Argyraspiden die unbedingte Oberhand behalten. Aber es war dem Antigonos gelungen, das feindliche Lager mit allen seinen Vorräten zu nehmen. Dies machte auf die Argyraspiden einen solchen Eindruck, daß sie beschlossen, ihren Feldherrn dem Gegner zu übergeben. So wurde E. von seinen eigenen Truppen dem Antigonos ausgeliefert. Dieser ließ ihn – wie er es selbst dargestellt zu haben scheint, dem Drängen seines Heeres nachgebend – töten, trotzdem sich sein eigener Sohn Demetrios für E. verwandte (Hauptbericht Diod. XIX 37–44; ferner Polyaen. IV 6, 13; vgl. auch IV 8, 4. Nep. Eum. 9ff. Plut. Eum. 16ff. Iust. XIV 3f.; die Darstellung bei Plutarch und Iustin läßt – den übrigen Berichten gegenüber – auf eine besondere, wohl sekundäre Quelle schließen, die die ursprüngliche, wahrscheinlich auf Hieronymos zurückgehende Erzählung in rhetorisierender Schilderung umbildete).

Mit dem Untergange des E. war zugleich die Sache des Königshauses im Osten verloren. Antigonos gewann zunächst eine unbedingt herrschende Stellung in Asien.

Literatur: Droysen Gesch. d. Hellenism. II 1. Niese Gesch. d. makedon. u. griech. Staaten I. Kallenberg Philologus XXXVI. XXXVII. Schubert Jahrb. f. class. Philol. Suppltbd. IX. Unger S.-Ber. Akad. München 1878 I. Niebuhr Vortr. üb. alte Gesch. III 68ff. Holm Griech. Gesch. IV.
[Kaerst.]

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