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Eulaios. 1) Εὐλαῖος oder Εὔλαιος, assyrisch und hebräisch (Dan. 8, 2. 16) Ulai (LXX Οὐλάβ, Vulg. Ulaï), Fluß in Elam. In den Angaben der Griechen und Römer finden sich zahlreiche Widersprüche und Unklarheiten, die sich teils durch ungenaue und mißverstandene Nachrichten, teils aber auch durch die mannigfaltigen hydrographischen Veränderungen, die das Landschaftsbild Elams seit dem Altertum erlitten hat, erklären lassen. Die in Betracht kommenden größten Flüsse sind von Westen nach Osten: Kerḫah, Dizful-Rūd (Āb-i-Diz) und Kārūn. Kerḫah und Kārūn münden jetzt in den Šațț-el-Ἁrab. Der Dizful-Rūd vereinigt sich bei Band-i-Kir mit dem Kārūn. Beide sind dort ungefähr gleich stark und gleich wasserreich, so daß es sich leicht erklären läßt, wenn zuweilen der Dizful-Rūd als Hauptstrom angesehen wurde. Dizful-Rūd und Kerḫah stehen ferner durch ein dichtes Netz von Wasserläufen, zum Teil vielleicht künstlichen Ursprungs, in Verbindung. Noch unterhalb der Vereinigungsstelle von Kārūn und Dizful-Rūd wird die Ebene von einem langen Wasserarm, Nahr el-Dab, durchschnitten, der Kerḫah und Kārūn verbindet. Der größte Teil des Flußgebietes ist flach und infolgedessen Überschwemmungen im hohen Maße ausgesetzt, die noch jetzt das Landschaftsbild verändern können und in der Tat auch gelegentlich umgestalten. Der ganze Unterlauf des Kerḫah ist von Sümpfen umgeben, die unter dem Namen Ḫōr-el-Azem zusammengefaßt werden. Schließlich ist noch hervorzuheben, daß der Persische Meerbusen im Altertum sich viel weiter in das Festland hinein erstreckte, so daß nicht nur der Kārūn, sondern auch der Kerḫah, wie Euphrat und Tigris, einst selbständig ins Meer mündeten. Behalten wir diese Tatsachen vor Augen, so kann es uns nicht schwer fallen, die Angaben der Alten über die hydrographischen Verhältnisse des in Betracht kommenden Gebietes zu erklären.
Zum erstenmal erwähnt wird der Fluß Ulai in einer Inschrift des babylonischen Königs Nebukadnezar I. (etwa 11. Jhdt. v. Chr.), der an seinem Ufer einen Angriff Elams zurückschlug. Offenbar ist hier der untere Kerḫah zu verstehen. Der assyrische König Tiglatpileser III. (745– 727) unterscheidet dagegen zwischen dem Uknu (dem eigentlichen Kerḫah) und dem Ulai, und [1062] ebenso dürfte Sanherib, der um 694 über das Meer fuhr, um an dem Ufer des Ulai den Elamiten eine Schlacht zu liefern, den Kārūn meinen. Bei Asurbanipal (668–626) und im Buche Daniel ist der Ulai der Fluß Susas. Dies könnte nun sowohl Kerḫah als Dizful-Rūd sein, die sich hier bis auf wenige Kilometer nähern, vielleicht aber auch ein Wasserarm zwischen beiden, wie der Šāvūr (s. Andreas Art. Aduna).
Herodot kennt den E. nicht. Nach ihm liegt Susa am Choaspes (Kerḫah). Den Griechen scheint der E. überhaupt erst durch Alexanders Zug bekannt geworden zu sein. Im J. 324 segelte Alexander von Susa aus den E. hinab in das Meer, dann auf dem Tigris stromaufwärts nach Opis (Arrian. anab. VII 7). Ein Teil der Schiffe fuhr jedoch durch einen Kanal, der E. und Tigris verband. Die Schiffe, deren sich Alexander damals bediente, hatten die Flotte des Nearchos gebildet, der kurz zuvor seine Fahrt vom Indus zum Euphrat vollendet hatte. Von der Euphratmündung war Nearchos die susianische Küste entlang 2000 Stadien zur Mündung des Pasitigris gefahren und von dort stromaufwärts nach Susa (Arrian. Ind. 42). Nach Lage der Sache kann auch hier nur der Kārūn gemeint sein, dem also Arrianos beide Namen, E. und Pasitigris, beilegt. Dies läßt sich nur so erklären, daß der Pasitigris (s. d.) den heutigen Kārūn in seinem ganzen Laufe, der E. aber den Dizful-Rūd und eventuell den Unterlauf des Kārūn, von der Vereinigung beider Ströme an gerechnet, darstellt. Bei der Fahrt vom Euphrat nach dem Pasitigris war Nearchos an einem See vorbeigesegelt, den der Tigris durchströmt. Die Entfernung von diesem See bis zum Flusse (Tigris) gibt Arrianos auf 600 Stadien an. An dem See lag ein susisches Dorf, Aginis (s. d.), von Susa 500 Stadien entfernt (vgl. auch Strab. XV 728). Nach Strabon lag Susa am Choaspes, und zwar jenseits (ostwärts) des Flußüberganges, was vollkommen zutrifft, da der Choaspes dem Kerḫah entspricht. Er erwähnt ferner die Nachricht des Polykleitos, wonach Choaspes, E. und Tigris ihre Wasser in einen See vereinigen, um sich dann ins Meer zu ergießen. Wieder andere behaupteten, daß alle Flüsse Susianas sich in den Tigris ergößen, weshalb dieser in der Nähe seiner Mündung Pasitigris heiße (Strab. a. a. O.). Plinius (n. h. VI 99f.) läßt E. und Tigris in der Nähe von Charax (s. d. Nr. 10) einen See bilden und Nearchos auf dem Tigris nach Susa gelangen. Der Tigris teile sich diesseits Seleucias in zwei Arme, die sich oberhalb der Mündung des Choaspes wieder vereinigten und dann den Namen erhielten (a. a. O. 129f.). An der Stelle, wo Alexanders Flotte auf dem Pasitigris zur Küste herabfuhr, am chaldaeischen See, liege ein Dorf Aple, von wo aus Susa 621/2 Milien zu Schiffe entfernt sei (a. a. O. 134). Der See, von dem an den letztgenannten Stellen die Rede war, ist das Sumpfgebiet am Unterlauf des Kerḫah, das Ḫōr el-Āzem. In diesen mündet auch der Nahr el-Dab, der vom E. ausgeht und wahrscheinlich jenen Kanal darstellt, durch den Alexander einen Teil seiner Schiffe direkt nach dem Tigris fahren ließ. Die Übertragung des Namens Pasitigris auf den Unterlauf des Tigris beruht auf einer mißverstandenen [1063] Etymologie (gewissermaßen ,All-Tigris‘), was dann weiter auch die umgekehrte Übertragung des Namens Tigris auf den Pasitigris (Plin. n. h. VI 100. Diod. XVII 67. 110) verschuldet hat.
Der E., sagt Plinius (a. a. O. 135f.) weiter, entspringt in Medien, fließt dann eine Strecke weit unterirdisch, durchströmt, wieder zum Vorschein gekommen, die Provinz Massabatene und umfließt die Burg von Susa und den Tempel der Diana. Nebenflüsse sind Hedyphon, der beim ,Asyl der Perser‘ vorbeikommt, und Aduna, aus dem Gebiete der Susianer zuströmend. In seiner Nähe, 15 Milien von Charax entfernt, liegt die Stadt Magoa. Er bildet die Grenze zwischen Susiana (westlich) und Elymais (östlich). Eine andere Stadt am E., und zwar wohl oberhalb Susas, war Badake, in deren Nähe Antigonos im J. 317, vor dem Entscheidungskampfe mit Eumenes, lagerte (Diod. XIX 19, 1).
Ptolemaios (VI 3, 2) nennt weder Choaspes noch Pasitigris; den E. läßt er aus zwei Quellflüssen entstehen, von denen der kürzere, westliche, in dessen Nähe Susa lag, in Susiana, der längere, östliche, in Medien entspringt. Hiermit ist deutlich auf Dizful-Rūd und Kārūn hingewiesen. Zwischen Tigris und E. kennen Ptolemaios und Marc. Herakl. I 21 noch einen kleinen Fluß, Mosaios bzw. Mogaios, der ins Meer mündet, für den aber in der heutigen Hydrographie der Gegend nirgends Platz ist. Auffällig ist die Ähnlichkeit des Namens mit dem der Stadt Magoa bei Plinius. Ammian. Marc. XXIII 6, 26 nennt als die bedeutendsten Flüsse Susianas: Oroates, Harax und Mosaeus. Fast sieht es so aus, als ob hier auch der zweite Name einer Verwechslung von Fluß und Stadt (Charax) sein Dasein verdankte.
Das Wasser des E. wurde sehr geschätzt. Die Könige der Perser tranken kein anderes und führten es deshalb weithin mit sich (Strab. XV 735. Plin. n. h. VI 135. Solin. 33, 4). Bekanntlich berichten andere Ähnliches vom Choaspes, und Plinius selbst nennt XXXI 35, wo er auf die Geschichte zurückkommt, beide Flüsse.
Literatur: Außer den schon hervorgehobenen Artikeln Pasitigris usw. vgl. namentlich Elymais, Susa und Susiana und die dort aufgeführten Arbeiten, außerdem Menke Jahrb. f. Philol. LXXXV 1862, 545ff. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien CXXI 1890 nr. VIII 80ff.
[Weissbach.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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