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Essedum (essědum, Nebenform essěda, -ae) ist die aus dem Keltischen herübergenommene römische Bezeichnung eines Wagens, als dessen Ursprungsland von den Alten selbst Belgien angegeben wird, Verg. Georg. III 204 Belgica esseda; dazu Servius Gallicana vehicula; nam Belgae civitas est Galliae, in qua huius modi vehiculi repertus est usus. Die Gallier benutzten ihn vornehmlich als Streitwagen. Philargyrius z. d. St.: E. vehiculi vel currus genus, quo soliti sunt pugnare Galli. Vgl. auch den sog. Commentat. Cruquian. zu Hor. epist. II 1, 192. Als gallischer Streitwagen tritt uns das E. zum ersten Male 295 v. Chr. in der Schlacht bei Sentinum entgegen, Liv. X 28 essedis carrisque superstans armatus hostis (die mit den Samniten verbündeten Gallier) ingenti sonitu equorum rotarumque advenit et insolitus eius tumultus Romanorum conterruit equos. Im Laufe der nächsten Jahrhunderte müssen aber die Gallier von der Verwendung des E. als Streitwagen allmählich abgekommen sein. Das Präsens χρῶνται bei Diodor. V 29, wo von den gallischen Wagenkämpfern die Rede ist, ist wohl auf Rechnung der von ihm benutzten Quelle zu setzen. Denn tatsächlich erwähnt Caesar in seinem Bellum Gallicum nicht ein einziges Mal ein gallisches E., was er sicherlich getan haben würde, wenn er diese Kampfart noch bei ihnen vorgefunden hätte. Berichtet er uns doch über die kriegsmäßige Verwendung des E. bei den Britanniern, die es vermutlich von den Belgern übernommen haben, mit einer Ausführlichkeit, aus der wir schließen müssen, daß ihm hier diese Waffengattung zum ersten Male entgegengetreten ist (IV 33). Dagegen unterläßt er es, seinen Landsleuten die Bauart und Bespannung dieses Gefährtes zu beschreiben, einfach, weil es sich bei diesen selbst schon von Gallien her eingebürgert hatte. Es gibt, allerdings kein Zeugnis dafür, das vor Caesars erste Expedition nach Britannien zurückreichte; Cic. ad Att. VI I, 25 fällt fünf Jahre danach. Wenn auch die Gallier, wie wir sahen, das E. damals nicht mehr zu Kriegszwecken verwendeten (Pers. VI 47 erscheint es unter den germanischen Siegestrophaeen des Caligula), so ist ihnen doch sein Gebrauch als friedliches Verkehrsmittel erhalten geblieben. Ausschließlich als solches benutzten es auch die Römer, denen es vornehmlich als kleiner leichter Reise- und eleganter Spazierwagen auch der vornehmen Welt diente. Cic. ad fam. VII 7, 1 (54 v. Chr., hier allerdings mit Anspielung auf das britannische E.). Martial. X 104, 7. Ovid. ex Ponto II 10. 34; amor. II 16, 49 parva esseda. Prop. II 30, 5 (auch hier als eleganter Spazierwagen einer jungen Dame). 1, 76 esseda Britanna des Maecenas. Während es Cicero (Philipp. II 24) noch unerhört findet, daß ein Volkstribun in seiner Eigenschaft als römischer Beamter auf einem E. fährt, wird diese Gattung Wagen in der Kaiserzeit geradezu das Lieblingsgeschirr der Imperatoren selbst, Suet. Aug. 76 (speist im E.); Calig. 19. 26. 51; Claud. 33 (liegt im E. dem Brettspiel ob); Galba 6 (essedum imperatoris). 18. Wenn wir dagegen das [688] E. auch zur Fortschaffung von Lasten verwendet finden (Auson. epist. XXI 32. Sidon. Apoll. epist. II 10, 24, also allerdings erst im 4. und 5. Jhdt. n. Chr.), so dürfen wir vermuten, daß es nicht immer und überall dieselbe Bauart aufgewiesen haben kann, daß diese vielmehr je nach dem Zwecke der Verwendung bald leichter, bald schwerer gewesen sein mag. Auch spielt ja die Mode beim Wagenbau eine große Rolle. Es ist von vornherein wahrscheinlich, daß sich die von den Essedarii (s. d.) bei ihren Kämpfen auf der Arena benutzten E. wenigstens ursprünglich als strenge Nachahmung des britannischen Typs dargestellt haben, wo sie nicht gar aus Britannien bezogene Originale waren, weil man ja die Barbaren in ihrer Kampfweise möglichst treu kopieren wollte. Welches aber das eigentlich unterscheidende Kennzeichen des E. gewesen ist, darüber bleiben wir bei dem völligen Mangel an Beschreibungen und unzweideutigen Abbildungen allerdings auf Vermutungen und Schlüsse angewiesen. Denn aus den drei bei Daremberg-Saglio Fig. 2767ff. abgebildeten Münzen ist so gut wie nichts zu ersehen, sintemal es zweifelhaft ist. ob hier wirklich E. dargestellt sind. Zunächst fehlt uns überhaupt jedes Zeugnis über die Anzahl der Räder. Man nimmt aber meines Erachten mit Recht fast allgemein an, daß das E. zweirädrig war. Dies erhellt schon aus seiner ursprünglichen Verwendung als Streitwagen. Diodor. V 21, 5 zieht ausdrücklich die Kriegswagen der hellenischen Helden vor Troia zum Vergleiche mit den britannischen heran; von denen wissen wir aber bestimmt, daß sie zweirädrig waren. Und wenn derselbe V 29, 1 von den Galliern sagt: ἐν ταῖς ὁδοπορίαις καὶ ταῖς μάχαις χρῶνται συνωρίσιν, so geht aus dieser Bezeichnung zugleich hervor, daß es Zweispänner waren; denn unter Συνωρίς (s. d.) versteht man einen zweirädrigen Zweispänner. Einiges Licht bringt in diese Frage auch die bekannte Beschreibung Caesars von der Kampfweise der britannischen Essedarii, bell. Gall. IV 33; erstlich mußte der Wagenkasten so geräumig sein, daß er zwei Personen, nämlich den Krieger und den Lenker, fassen konnte, und zweitens mußte er nach vorn offen sein, weil es dem Fechter nur so möglich war per temonem percurrere et se inde in currus citissime recipere. Die auffällige Bemerkung des Mela III 52, daß die britannischen E. mit Sicheln ausgerüstet gewesen seien (fast wörtlich von Iordanes Getica II 15 wiederholt), beruht wohl auf einem Irrtume, obwohl freilich bereits Sil. Ital. XVII 117 vom britanischen Sichelwagen spricht (s. darüber den Art. Covinnus). Daß das römische E. bisweilen als wahrer Luxuswagen gebaut wurde, beweisen Stellen wie Prop. II 1, 76 (das E. des Maecenas mit caelatis iugis). Plin. n. h. XXXIV 163. Suet. Claud. 16 c. argenteum sumptuose fabricatum. Senec. frg. 48 Haase esseda deaurata für Matronen. In einem merkwürdigen Gegensatze zu dieser Eleganz steht das auffällige Gerassel, das die E. hervorbringen, nicht bloß als Kriegswagen, wo es beabsichtigt war (Liv. X 28 ingenti sonitu rotarum. Caes. b. G. IV 33 strepitu rotarum; vgl. Tac. Agr. 35), sondern auch als Kutschierwagen. Senec. epist. 56, 4 essedae transcurrentes circumstrepunt [689] Mart. IV 64, 20 essedo tacente, ne rota sit molesta somno. Sidon. Apoll. epist. II 10, 24 stridentum moderator essedorum. Claudian. epigr. I 18 esseda multisonora, von einer Menge E. gesagt. Die Bespannung bestand zumeist aus Pferden; so immer am Kriegswagen, Liv. und Caes. a. a. O. Bei Ovid. amor. II 16, 49 erscheinen gallische Ponys (manni) vor dem zierlichen E. der Geliebten, die selbst die Rosselenkerin spielt, als passende Zugtiere; vgl. Mart. XII 24, 8. Auch die kleinen asturischen Zelter (Asturcones Plin. n. h. VIII 42) waren nicht nur wegen ihres niedrigen Baues, sondern vor allem wegen ihres Paßganges hervorragend dazu geeignet; denn dieser gab dem Gefährte wegen der geringen Auf- und Niederbewegung des Joches einen sanften Gang, Sil. Ital. III 337 molli collo (vgl. Verg. a. a. O., wo derselbe Ausdruck wohl auf dieselbe Eigenschaft hindeuten soll). Bei Claudian a. a. O. sind gut abgerichtete, kluge gallische Mäuler die Zugtiere. Turpes bisontes werden als Kuriosität bei einer Schaustellung von Martial I 103, 8 genannt. Oft wird von den Schriftstellern die Bezeichnung covinnus (s. d.) geradezu identisch mit E. gebraucht. Mögen diese beiden Wagenarten einander sehr ähnlich gewesen sein, jedenfalls macht Martial XII 24 einen deutlichen Unterschied zwischen beiden, der darin besteht, daß das E.. ebenso wie die Carruca, einen besonderen Kutschersitz, wohl vor dem Insassen, hatte, während der Covinnus, obwohl auch für zwei, jedoch vermutlich nebeneinander sitzende Personen Platz bietend, von dem Herrn selbst gelenkt wurde, so daß der Kutscher als unwillkommener Ohrenzeuge der Unterhaltung wegfiel. Corp. gloss, lat. VI 400 wird E. merkwürdigerweise mit basterna (s. d.) glossiert. S. den Artikel Essedarius. Literatur: Scheffer De re vehiculari vet. 1671 1. II c. 23. Ginzrot Die Wagen u. Fahrwerke d. Gr. u. R. 1817, I c. 42. U. J. H. Becker bei Ersch und Gruber Encycl. XX 65 s. Covinnus. W. A. Becker Gallus III 10–12. Marquardt Privatleb. 712. Daremberg et Saglio Dict. d. ant. II 815ff.
[Pollack.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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