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Ἐρυθρὰ θάλασσα[1] (Erythraeum mare). Die älteste Vorstellung von einem Südostmeere der Erde war in dem Begriffe des Okeanos enthalten. Im Gedankenkreise der Griechen war dieser alte Name (vgl. Pictet Origine Indo-Européenne I 116. J. v. Firlinger in Kuhns Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung XXVII 1884, 474f.) zu einem Weltmeere (Herm. Hahn Die geographischen Kenntnisse d. älteren griech. Epiker, Programm Beuthen 1878, 3. 19), darnach, als man die Meerenge von Gibraltar und den westlichen Ozean entdeckt (Herod. IV 152) und nach der Erkundung und Besiedelung des Pontus Euxinus (Raoul Rochette Hist. crit. de l’établissement des col. Gr. III 169f. L. Bürchner Die Besiedelung der Küsten des Pont. Eux. durch die Milesier, Programm Kempten 1885) die Geschlossenheit des inneren, befahrenen Meeres erkannt hatte, zu einem äußeren Meere geworden, das die nach der Erscheinung des Horizontes kreisförmig gedachte Erde abschloß. Von dieser Vorstellung ausgehend haben die Griechen seit den ersten Anfängen der Entwicklung einer geographischen Wissenschaft nach historischer Kunde von den einzelnen Teilen dieses äußeren Meeres geforscht. Im Verkehr mit Kaukasusvölkern mag ihnen Kunde zugekommen sein vom Kaspischen See, der zeitweilig [593] als Teil eines Ostmeeres aufgefaßt werden konnte (Berger Gesch. der wissensch. Erdkunde der Griechen² 75f.). Zu gleicher Zeit lernten sie eine alte Handelsstraße kennen, die vom Schwarzen Meere über den Ural weit in das Innere Asiens führte (Karl Ernst v. Baer Reden und Aufsätze vermischten Inhalts, III Petersburg 1873, 62f.). Von daher kamen dunkle Nachrichten über eine östlich oder nördlich verlaufende Völkerreihe. Am Ende dieser Reihe war ein gepriesenes Volk genannt, das auch bis an ein äußeres Meer reichen sollte (Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien CXVI 1888, 15). Beide Lichtpunkte, die nach Osten und Norden zu weisen schienen, verschwanden vor der hereinbrechenden Kenntnis Ägyptens und Persiens.

In Ägypten lernte man den Arabischen Meerbusen zunächst unter dem Namen des Roten Meeres kennen (Aischyl. bei Strab. I 33. Pind. Pyth. IV 251). Man hat in späterer Zeit den unverständlichen Namen zu erklären versucht. Ktesias (Strab. XVI 779) hatte von einer Quelle gehört, die rotfärbendes Wasser in die See führe, nach andern sollte das der Regen tun, der die Berglehnen bespüle. Nach der Geogr. compend. Geogr. gr. min. ed. C. Mueller II 503 sollte die im Zenith stehende Sonne, durchsichtige Wolken durchbrechend, ein der Morgenröte vergleichbares Licht auf das ruhige Wasser fallen lassen. Agatharchides (Geogr. gr. min. I 111f.) wußte verschiedene Erklärungen. Man meinte, die von der Sonne bestrahlten Berge im Westen würfen, wie andererseits ausgedehnte Sanddünen im Osten, ein rötliches Licht auf den Wasserspiegel, eine Erklärung, die noch im vorigen Jahrhundert wiederholt worden ist (Gossellin Recherches sur la géogr. systémat. et posit. des anciens; vgl. G. G. Bredow Untersuch. usw., Altona 1802 [II], 122ff.); andere sagten, die aufgehende Sonne strahle hier im Südosten nicht wie bei uns ein glänzendes, sondern ein blutfarbiges Licht aus: der argivische Historiker Deinon hatte erzählt, Perseus sei nach Osten gekommen und habe unter den nach ihm benannten Persern einen Sohn Erythras hinterlassen (Steph. Byz. s. Ἐρυθρὰ, ἡ θάλασσα), von dem das Meer den Namen erhielt; ein in Athen lebender Perser, Boxos (vgl. Sprenger Alte Geogr. Arabiens 101) gab an, ein Perser Erythras, an der Meeresküste wohnhaft, habe die benachbarten Inseln in Besitz genommen und damit dem Meere seinen Namen gegeben. Vom Grabmal des Erythras sprach Nearchos (Arrian. Ind. 37, 3), andere Angaben über ihn brachte Philostratus (vit. Apollon. Tyanens. III 35 p. 58, 26f. Kayser).

In unserer Zeit wollte Welcker Aischyl. Trilogie 37 (vgl. Reinganum Jahns Jahrb. 1828 II 341f.) in der griechischen Benennung ein Seitenstück zu der altbekannten Insel Erytheia im Westen finden, neuerdings aber haben Brugsch (Geogr. des alt. Ägypt. II 17; Gesch. Ägyptens 14. 486. 716 u. ö.), Ebers (Durch Gosen zum Sinai 518), Wiedemann (Herodots zweites Buch 71), Ed. Meyer (Gesch. des Altert. I 50) den Namen von dem roten Lande hergeleitet, wie die Ägypter Libyen und Arabien im Gegensatz zu dem schwarzen Lande des Nils nannten, und somit eine ägyptische Bezeichnung des Meeres erkannt, die also den Griechen durch Dolmetscher zugekommen [594] war. Den Umwohnern war das Meer von alters her bekannt. Die Phönizier erzählten, sie seien von dem Erythraeischen Meere her in ihre Wohnsitze am Mittelmeere gelangt (Herod. I 1. VII 89; vgl. Meltzer Gesch. der Karth. I 4. 418, 3. Bunbury Hist. of ancient geogr. I 5). Von der Nordostspitze aus fuhren sie mit den Schiffern Salomos (I Kön. 9, 26f.) nach Ophir. Dieses Goldland suchte man sonst meistens in Indien (v. Humboldt Krit. Untersuch. I 314. 317; Kosmos II 167. 414f. Lassen Ind. Altertumskunde II 557f. 594f. C. Ritter Gesch. der Erdkunde und der Entd., herausgegeben von A. Daniel, Berlin 1861, 18f. K. E. v. Baer a. a. O. III 112f., nach S. 340f. in Malakka, der goldenen Chersonnes). Wie früher Huet (Hist. du commerce et de la navigat. des anciens, Paris 1727 cap. 8, 29f.) und Schlözer (Vers. einer Gesch. des Handels und der Seefahrt in den ältesten Zeiten, übersetzt von Gadebusch, Rostock 1760, 123) ist man aber heute mehr und mehr geneigt, Ophir in Ostarabien (Ed. Glaser Skizze der Geschichte u. Geogr. Arabiens, Berlin 1890 II 347ff. 357ff.; vgl. 382), oder in Südarabien (Keil Über die Hiram-Salomonische Schiffahrt nach Ophir u. Tarsis, Dorpat 1834. Sprenger 56. 58f. Ed. Meyer Gesch. d. Alt. I 345) oder im Somalilande oder noch südlicher in Ostafrika zu suchen, besonders seit der Entdeckung der merkwürdigen Ruinen von Zimbabye, 40 Meilen westwärts von Sofala, dem alten Goldhafen der Araber im 15. Jhdt., durch L. Mauch (Petermanns Mitt. XVIII 1872, 121f. Ergänzungsheft 1874, 44f.) und Th. Bent (The ruined cities of Mashonaland etc., London 1892, vgl. A. Dillmann S.-Ber. Akad. Berl. 1894 I). In diese Gegend verlegt auch Kosmas Indikopleustes das Goldland, II nov. coll. patr. 139 A f. Die Kunde von Fahrten alter Zeit nach dieser auf ca. 20° südlicher Breite gelegenen Gegend könnte am ehesten wirksam gewesen sein für die Entstehung der nur von Herodot (IV 42) berichteten Sage der Umsegelung Afrikas durch Phoinikier unter Necho von Ägypten (Literat. s. Berger Gesch.² 62ff., vgl. die Verteidigung der Fahrt durch W. Müller Die Umsegelung Afrikas durch phoinikische Schiffer usw., Rathenow 1891).

Die Ägypter fuhren nach Punt, d. i. Südarabien mit der anschließenden Somaliküste (Brugsch Geogr. II 14; Gesch. 109. Ed. Meyer Gesch. d. Alt. I 86. 115. 118. Erman Ägypt. u. ägypt. Leben im Alt. 668–679). Nach Brugsch Gesch. 109f. und Wiedemann Ägypt. Gesch. I 221f. 247. 332. 500 geschah das schon zur Zeit der XII. Dynastie. Auch indische Produkte, wie der Zimt, waren in alter Zeit hier zu haben, ob sich aber, wie später, schon damals ägyptische und indische Schiffer dort trafen, ob die Araber die Vermittler waren, ist schwer festzustellen (Mannert Geogr. d. Griech. u. Röm. VI 1, 16f. Ed. Meyer Gesch. I 225f.). Alt sind auch die Versuche, das Rote Meer mit dem Mittelmeer durch Kanäle zu verbinden (Herod. II 158. IV 42. Arist. met. I 14, 27 ed. Ideler. Strab. I 38. XVII 804. Diod. I 33. Plin. VI 165). Rhamses II. (Sesostris) soll das Werk begonnen, Necho soll es wieder aufgenommen haben, der Perser Dareios führte es weiter (Lepsius Chronologie d. Ägypt. 547f. Wiedemann Gesch. 626. 680. [595] Brugsch Gesch. 755); man fürchtete aber in der älteren Zeit Störungen durch Einbrüche des äußeren Meeres oder von seiten der Feinde. In den Angaben über die Fahrten nach Punt ist vom Kanal keine Rede. Seit ihn Ptolemaios II. vom östlichen Nilarme nach den Bitterseen und von da ins Meer geführt (Schleiden Die Landenge von Sues 72f. Letronne L’Istme de Suez, Revue des deux Mondes, Juillet 1841. Berger Die geogr. Fragm. des Eratosth. 287) und verschließbar gemacht hatte (Diod. a. a. O.), bestand er noch zur Zeit Lukians (Alexand. 44) und dann bis ins Mittelalter (Peschel-Ruge Gesch. d. Erdk. 95). Zur Zeit des Strabon (XVII 815) und des Plinius (VI 102f.) zogen es die Indienfahrer aber doch vor, erst auf dem Nil Koptos zu erreichen und dann zu Lande die Häfen von Myoshormos oder Berenike.

Die ersten Vorstellungen, die sich die Griechen aus den Angaben über diesen Meerbusen bildeten, finden wir bei Herodot. Ein nach Maßgabe der nördlichsten Zipfel durchgängig schmaler, aber langer, flußähnlicher Meeresarm ging nach ihm bis in den Ozean, der hier eben den Namen des Roten Meeres führte (Herod. II 11. 159). Daß Herodot dreimal den Meerbusen selbst das Rote Meer nennt (II 158. IV 41. 42), kann nicht wundernehmen. Von einem Persischen Meerbusen, den alle Herodotkarten fälschlich andeuten, verrät der Halikarnassier aber keine Spur. Das hat schon vor hundert Jahren Mannert richtig behauptet (Geogr. d. Gr. u. Röm. V 2, 541) und in unserer Zeit Bunbury 220. Der Euphrat muß sich nach Herodot. I 180 in den Teil des Ozeans ergossen haben, der das Rote Meer hieß. Gleichwohl scheint in der nämlichen Zeit schon eine Sonderansicht vorgelegen zu haben, die einesteils den Zusammenhang des Ozeans leugnete, andernteils ein Binnenmeer als Ziel des Euphrats annahm, denn es wird berichtet (Arrian. anab. VI 1, 2. Strab. XV 696. Berger Gesch.² 75f.), Alexander d. Gr. sei einmal auf den Gedanken gekommen, der Indus sei der Oberlauf des Nils, da an beiden Strömen Krokodile und ägyptische Bohnen zu finden wären. Der Indus, so meinte er in Gedanken an die verbrannte Zone, laufe von Indien her durch unbewohntes Land und erhalte erst in Ägypten angekommen den neuen Namen. Ähnlich spricht Aischylos Prom. 809f. von einem Fluße Aithiops, der von den Quellen der Sonne nach Ägypten führe, wo er als Nil verehrt werde und das Delta bilde. Die ionische Kreiskarte, Unkenntnis des Euphrats und des Arabischen Meerbusens oder Geschlossenheit desselben würde für diese Vorstellung genügen, aber Ktesias (ed. Bähr 248) spricht von einem Meere bei Indien, das an Größe dem hellenischen vergleichbar sei, also doch wohl geschlossen gedacht war, und der sog. Periplus des Skylax, demselben Jahrhunderte angehörig, sagt am Schlusse (Geogr. gr. min. I 95), einige wären der Ansicht, daß das westliche äußere Meer mit dem östlichen zusammenhänge, Afrika also eine Halbinsel sei. Soll man sich ganz nach den Worten des Periplus richten, so müßte man annehmen, die durch Eratosthenes bekannter gewordene Ansicht vom Zusammenhange des Weltmeeres sei im 4. Jhdt. die weniger verbreitete gewesen. Allerdings [596] hatte sich im Anschluß an die von den Pythagoreern eingeführte Lehre von der Kugelgestalt der Erde eine neue Geographie der Erdkugel gebildet, etwa in der Zeit Herodots, der freilich, wie Anaxagoras und Demokrit (Arist. de cael. II 13, 10), nichts von ihr wissen wollte. Bei der schwierigen Arbeit der Übertragung der Länder- und Meereskunde von der Erdscheibe auf die Kugeloberfläche schieden sich bald zwei Parteien. Die eine verteidigte den Zusammenhang der Meere, die andere stützte sich auf die ionische Lehre von der Verzehrung der Erdgewässer durch die Sonne und vertrat die Trennung der Meere durch Festland (Berger Die Grundlagen des marinisch-ptolemaeischen Erdbildes, Ber. Sächs. Gesellsch. der Wiss. 1898), und diese Annahme, die namentlich von Platon und Aristoteles bezeugt ist und der wir wieder begegnen werden, kann dem wohl unterrichteten Alexander vorgeschwebt haben.

Man kann weiter aus der Vermutung des Königs ersehen, daß die zweite Geschichte, auf die Herodot. IV 44 seine Annahme der südlichen Küsten der Erdscheibe gründet, die Fahrt des Skylax von Karyanda, der auf Befehl des Dareios auf dem Indus nach Osten und von der Mündung des Stromes durch das Meer in den Arabischen Meerbusen gefahren sein sollte, im Altertum ebenso wenig historische Geltung genoß, wie die von der Nechofahrt. Gleichwohl ist es nicht unmöglich, daß die Erzählung nicht ganz grundlos gewesen ist. Ihre inneren Unwahrscheinlichkeiten (Berger Gesch.² 73) treffen zunächst nur die Auffassung und Darstellung Herodots. Ein entschiedener Nachweis wird aber mit den gegenwärtigen Hülfsmitteln ebenso wenig möglich sein, wie für die alte Annahme, das Kap der guten Hoffnung sei schon im höchsten Alter oft umfahren worden (Huet a. O. 31. Schlözer 184. 300f.). Man darf nicht ohne weiteres die Zustände des erythraeischen Handels, wie sie der aus der Zeit des Plinius stammende Periplus des Erythraeischen Meeres schildert, oder wie sie Vasco da Gama vorfand, für die voralexandrinische Zeit voraussetzen. Die Kenntnis der Griechen vom Indischen Ozean und ihre Teilnahme am indischen Seehandel sind an die Maßnahmen Alexanders gebunden (Droysen Gesch. Alex. II 201f. Kaerst Grundlegung des Hellenismus 370). Er hatte seinen Irrtum bald eingesehen, baute eine Flotte am Hydaspes, fuhr mit aller Vorsicht durch den Akesines in den Indus und, nachdem er den Schrecken einer Ebbe und folgenden stauenden Flut erfahren hatte, eine Strecke in das ersehnte Weltmeer hinaus (Arrian. anab. VI 19, 1. 5; Ind. 19, 6. Plut. Alex. 66). Von da sollte der Kreter Nearchos versuchen, nach Westen hin die Küsten bis nach Babylonien zu verfolgen. Klar war der Blick noch nicht; noch fürchtete man, auf eine die Fahrt sperrende Küste zu stoßen, auch machte die zur Zeit noch nicht beseitigte Zonenlehre des Parmenides Sorge, der Gedanke, die Küste könne in eine vor Hitze unnahbare Breite führen (Arrian. Ind. 20. 32, 12. 43, 6). Über die Fahrt vgl. Will. Vincent The voyage of Nearchus from the Indus to the Euphrates usw., London 1797. 1807. Schmieder Arrian. Ind. Hal. 1798. C. Mueller Geogr. gr. min. I [597] 306f. Droysen Alex. II 206f. Weitere Literatur bei Forbiger Handb. d. alt. Geogr. I 140, 52. Schmieder VIIf. 233f. (Dodwell). Nearch sollte das feste Eintreten des winterlichen Nordostmonsuns abwarten, sah sich aber, wenn wir Droysens Berichtigungen (a. a. O. 350) nachgehen, durch die drohende Haltung der Inder gezwungen, schon am 21. September 325 abzufahren, was Verzögerungen durch Stürme nach sich zog. Nach bitterem Mangel an den armseligen Küsten Gedrosiens, nach manchen durch Stürme und große Walfische (Ind. 30. Strab. XV 725) verursachten Schrecken erreichte er endlich die nordwestlich abbiegende, fruchtbarere Küste Karmaniens und sah weit im Meere ein Vorgebirge Arabiens. Den Rat des Onesikritos, dort hinüber zu fahren und einen besseren Weg zu suchen (Ind. 32, 9), wies er im Hinblick auf des Königs Befehl ab. Bald darauf erfuhr er durch Zufall von einem verirrten Griechen (Ind. 33f.) die Nähe des Königs mit dem Heere und erreichte ihn in fünftägiger Landreise, kehrte dann zurück und vollendete durch Erreichung des Tigris seine Fahrt, die etwa fünf Monate gedauert hatte. Nachdem er vorher nur elende Fischerkähne gesehen (Ind. 26, 9. 27, 5), traf er erst an der persischen Küste Seeschiffe (Ind. 38, 5). Als Lotsen dienten Küstenbewohner (Ind. 27, 1. 30, 3), von einer karmanischen Insel an aber ein Perser (Ind. 37, 2. Strab. XVI 767).

Alexanders Interesse für die Seeverbindung mit Indien und die Seefahrt auf dem äußeren Meere überhaupt war durch das Gelingen dieser Fahrt auf das höchste gesteigert. In Babylon sorgte er für die Verstärkung und Bemannung der Flotte und ließ sofort die Untersuchungen über die Küsten des Persischen Golfes an der arabischen Seite fortsetzen (Droysen Alex. II 256. 325f.). Die Umsegelung der Halbinsel gelang aber zur Zeit noch nicht (Arrian. Ind. 43, 8f.; anab. VII 20, 7f.). Man blieb noch im Zweifel über die Natur des südlichen Arabiens, und Euemeros, der Günstling Kassanders, soll den Arabischen Golf für einen See erklärt haben (Strab. I 42. Berger Erat. 42. 45). Dagegen hatte man schon von der großen, südlich gelegenen Insel Taprobane gehört (Onesikr. b. Strab. XV 691). Des Königs Tod und die nachfolgenden Wirren unterbrachen diese Tätigkeit, doch nicht auf lange Zeit. Bald nahmen sie die Ptolemaeer im Arabischen Meerbusen wieder auf. Außer den Schätzen Arabiens und der sog. Zimtküste, deren Kenntnis zur Zeit des Eratosthenes mit dem Vorgebirge, das von den Portugiesen später den Namen Guardafui erhielt, bei den Alten aber Aromata hieß, endete (Strab. XVI 770f.), lockten sie die erst damals auftauchenden Nachrichten über die Elefantenherden Aithiopiens (Berger Gesch.² 230), die nun die unentbehrlichen Kriegselefanten liefern und die darum schon damals geschont werden sollten (Agatharch. de mar. Erythr. 56. Geogr. gr. min. I 147, 16f.). Schon Ptolemaios II. sandte den Satyros zur Untersuchung dieses neuen Elefantenlandes, und Eumedes, zu gleichem Zwecke von ihm gesandt, gründete Ptolemais Epitheras, das von der Jagd seinen Namen erhielt. Artemidor bei Strab. XVI 769f. nennt noch zehn solcher Entdecker mit Namen, und die ausgedehnten Fragmente seiner Quelle, des Agatharchides (s. [598] d.), bieten eine ausführliche Beschreibung der durch solche Fahrten bekannt gewordenen Länder und Völker (Geogr. gr. min. I 129f. 135f. u. ö.). Schon hundert Jahre vor ihm aber hatte Eratosthenes auf Grund der Entdeckungen Alexanders und der ersten Ptolemaeer seiner großen Karte der Oikumene eine damals abschließende Zeichnung des Erythraeischen Meeres einverleibt. Der Arabische Meerbusen, über dessen Ostküste schon Theophrast unterrichtet war (hist. plant. IX 4, 3f.), vielleicht schon durch die bei Eratosthenes genannten Alexander und Anaxikrates (Strab. XVI 768. Berger Erat. 290, 4. 296), bekam die gehörige Breite und richtige Zeichnung. Seine Westküste ging bis Ptolemais Epitheras südwärts, wenig östlich geneigt, wandte sich dann nach Südosten, näherte sich dann an der Meerenge der arabischen Küste und lief nachher, noch weiter östlich geneigt, unter dem Namen der Zimtküste in das unbekannte Verbindungsmeer, das Eratosthenes durch eine imaginäre Linie im Norden begrenzte (Berger Gesch.² 401). Eine ähnliche Linie, etwas nordöstlich abgebogen, führte mit einem einzigen Vorsprunge an die Mündung des Persischen Golfes (Strab. XVI 765), der rund, an Größe dem Pontos Euxinus vergleichbar und südlicher als die nördlichen Teile des Arabischen Meerbusens gelegen, vorgestellt war. Die äußeren Küsten Gedrosiens und Indiens gingen erst rein östlich, nur die äußerste Spitze Indiens sprang nach Südosten vor, wo Taprobane in der Breite der Zimtküste lag, und trennte das Erythraeische Meer von dem östlichen Mittelmeere (Berger Gesch.² 403f.).

Lange verlautet nichts vom Erythraeischen Meere und dem indisch-arabischen Handel, aber noch zu den Zeiten des Ptolemaios Euergetes II. (146–117) wurde nach einer Erzählung des Posidonios (Strab. II 98f. Vivien de St. Martin Hist. de la géogr. 151f. Dubois Exam. de la géogr. de Strabon 345f. Berger Gesch.² 269f.) ein Inder als einziger Überlebender von einem verschlagenen indischen Schiffe nach Alexandreia gebracht. Dieser führte nun griechisch-ägyptische Seeleute nach Indien, und ein gerade in Alexandreia anwesender vornehmer Kyzikener, Eudoxos, unternahm zweimal diese Fahrt und brachte Reichtümer von da mit, welche die Habsucht des Hofes erregten. Auf seiner zweiten Fahrt wurde er an der afrikanischen Küste weit nach Süden verschlagen. Er sammelte unter den Küstenbewohnern Angaben, aus denen er auf die Richtigkeit der durch Polybios und Hipparch (Polyb. III 38. Berger Gesch.² 461f.) wieder ins Schwanken gekommenen Lehre des Eratosthenes vom Zusammenhang des Weltmeeres schloß. Er setzte sein Vermögen und Leben an die Umsegelung Afrikas von Westen her und ist dabei verschollen. Auf Poseidonios aber, der die Lehre des Eratosthenes eifrig verteidigte (Berger Gesch.² 551f.), so daß sie bis in die Zeit des Plinius herrschend blieb (Peripl. mar. Erythr. 18), hatte die Unternehmung des Eudoxos großen Eindruck gemacht.

Ob nun schon vor der Ankunft jenes Inders, wie der Periplus mar. Erythr. 26 sagt, indische und ägyptische Kaufleute an der Südküste Arabiens zusammen gekommen sind, ist nicht zu ersehen. Der Verfasser der Geschichte vom Kaufmann Iambulos, der von einem Küstenvolke Ostafrikas dem Meere [599] preisgegeben eine südliche Wunderinsel erreichte und von da nach Indien kam, läßt seinen Helden von da zu Lande zurückkehren (Diod. II 55f. Lucian. ver. hist. I 3. Lassen Ind. Alt. III 253f.). Man kann jedoch darauf hinweisen, daß schon Onesikritos das Bestehen einer noch ungeschickten Schiffahrt zwischen dem indischen Festlande und Taprobane erwähnte (Strab. XV 691), daß nach Alexanders Rückzuge die mächtigen Könige Tschandragupta, Vindusara und Açoka nach einander in Indien regierten und daß Verbindungen des letzteren mit Seleukiden und Ptolemaeern, mit Antigonos Gonatas, Alexander von Epeiros u. a. inschriftlich erwiesen werden (Dunker Gesch. d. Altertums III⁵ 405. Droysen Hellen. III 77). Daß aber von da an der schon bedeutende Orienthandel Alexandreias einen noch höheren Aufschwung genommen habe, versteht sich von selbst. Strabon erzählt XVII 798 nach Cicero von den ungeheuren Einnahmen des Vaters der berühmten Kleopatra und erfuhr im Gefolge des Aelius Gallus 25 v. Chr., daß 120 Schiffe von Myoshormos nach Indien segelten, während zur Zeit der Ptolemaeer nur wenige diese Fahrt wagten (II 118 vgl. XVII 798. 815), daß einzelne Schiffer schon den Ganges erreichten, und berichtet, daß eine indische Gesandtschaft nach Rom zu Augustus gesandt worden sei (XV 686. 719). Unter dem Kaiser Claudius kam ein römischer Freigelassener vom Nordwinde verschlagen nach Taprobane, und darauf schickte der König der Insel auch eine Gesandtschaft nach Rom (Plin. VI 81). Araber sollen mit dem römischen Hofe in häufigem Gesandtschaftsverkehr gewesen sein (Peripl. mar. Erythr. 23).

Das wertvollste Zeugnis für den südöstlichen Handel ist der Periplus maris Erythraei eines unbekannten Kaufmanns. Die jüngste Ausgabe des Buches von Fabricius, Leipzig 1883, ist mit großer Sorgfalt hergestellt, berichtet in der Einleitung über alle älteren Ausgaben und Bearbeitungen und zeichnet sich durch eine Fülle trefflicher Erläuterungen aus, deren der Text dringend bedarf, denn für jeden der genannten Handelsplätze gibt der Verfasser alle Waren an, die eingeführt und ausgeführt werden, bis auf die verschiedenen Arten eines und desselben Produktes. Glas, Geräte, Zeuge und Kleider, Wein sind besonders häufig wiederkehrende Einfuhrartikel, Ausfuhrartikel namentlich Getreide, Gewürze, Elfenbein, Schildkrot, Weihrauch, Edelsteine, Metalle, Baumwolle, Seide. Neben der Entfernung in Stadien oder Tagefahrten berichtet er über die Beschaffenheit der Häfen, des Ankergrunds und der Flutbewegungen, über die Bewohner, die politische Zugehörigkeit und die Regierungsform der Orte, wie über die rechte Zeit der Abfahrt nach ihnen. Die Schrift stammt aus der Zeit des Plinius (s. Fabricius 23f. 137, vgl. Dillmann M.-Ber. Akad. Berl. 1879, 427f.). Sie beschreibt erst die afrikanische Küste von Myoshormos an weit über die Zimtküste hinaus bis zu der Barbaria und Azania genannten Küste, die schließlich westwärts abbiegt (§ 18), und erwähnt die große Insel Menuthias, die Ptolemaios (Geogr. IV 8, 2) auf 12° 30′ südlicher Breite und 5° (d. i. hier mehr als 2400 St.) von der Küste entfernt ansetzt. Man hat sie teils für Zanzebar, teils für Pomba, teils für Madagaskar [600] gehalten (Fabricius 134). Von § 19 an wendet sich die Beschreibung nach Osten, bespricht die arabischen Küsten bis in den Persischen Meerbusen hinein, weiter die östlich gerichteten Küsten Gedrosiens, Indoskythiens am Ausflusse des Indus (Sinthos), dann von Berygaza (§ 50) an die Küsten von Ariake und Limyrike (Malabar), deren südliche Richtung bis Kap Komorin (Κομαρεί) richtig festgehalten ist. Schon vorher (§ 57) ist bemerkt, daß man seit der Zeit des Steuermanns Hippalos, die vor Plinius (VI 100f.) fällt, aber nach oben hin nicht abzugrenzen ist, mit dem Südwestmonsun, der von jenem den Namen erhielt, von Arabien oder von Aromata (Guardafai) aus, mehr oder weniger lavierend, gerade über das Meer nach Indien fahre. Vom Kap Komorin an kommen die Angaben ins Schwanken. Richtig ist noch bemerkt die Wendung nach Osten und teilweise nach Norden, die kurze Entfernung vom Festlande nach Taprobane (§ 61). Dann kommen zum Schluß aber nur noch wenig zusammenhängende Bemerkungen über den Ganges, die am äußersten Ende der Erde gelegene Insel Chryse (vgl. Pomp. Mel. III 70), die Stadt Thinae im Binnenlande, die Serer im hohen Norden und ihren Landhandel mit Indien. Ob der Verfasser einen Zusammenhang des Südmeeres mit dem Ost- und Nordmeere, wie früher (§ 18) mit dem Westmeere annehme, bleibt dunkel.

Neue Kunde und eine neue Zeichnung des Meeres stammt von Marinus von Tyrus aus dem Anfange des 2. Jhdts. n. Chr. Ptolemaios hat die Angaben dieses seines unmittelbaren Vorgängers in Längen- und Breitenzahlen umgesetzt und in Tabellen, die zur Einzeichnung in die Karte dienen sollen, vorgelegt (Ptol. geogr. I 6, 1f. 17, 1f. 18. 19. Berger Gesch.² 640f.). Trotz der richtigen Angabe des Peripl. m. E. (s. o.) über die Richtung der Küste Malabar ist es doch auch hier nicht zur Zeichnung einer Halbinsel von Vorderindien gekommen (Ptol. geogr. VII 1f.; vgl. die Karten bei Forbiger I 418. Gossellin Géogr. des Gr. analysée Nr. VIII. Vivien de St. Martin Atlas zur Hist. de la géogr. pl. II Karte VII); aber Chryse ist keine Insel mehr (Ptol. geogr. VII 2, 5. 25), auch nicht mehr das äußerste Land. Es ist eine Halbinsel jenseits des Ganges, und weitere Nachrichten über die scheinbar endlos nach Süden führende Küste von Malakka (Berger Gesch.² 626f.) müssen im Verein mit der Bemerkung einer östlichen Beugung der äußersten Küste von Afrika (Ptol. geogr. IV 8, 1f.) den Marinus in das Lager der schon erwähnten geographischen Partei getrieben haben, welche die Meere durch Land abgrenzte. Er schloß das Erythräische Meer im Süden durch ein unbekanntes Land ab, das sich, den Äquator überschreitend, von Ostasien nach Ostafrika erstreckte (Ptol. geogr. VII 5, 2; vgl. Marc. Heracl. Geogr. gr. min. I 536f.). Die alte Zonenlehre mit dem Glauben an die Unbewohnbarkeit der Tropenzone war schon lange eingeschränkt und wenigstens seit Polybios (Gemin. isag. ed. Manitius 176, 20f.) endgültig gefallen. Ptolemaios behielt diese Zeichnung, obgleich er mehr erfahren hatte als sein Vorgänger. Er zeichnet ganz Hinterindien (ἡ ἐκτὸς Γάγγου) in drei Halbinseln gegliedert recht ähnlich (Geogr. VII 2, vgl. die oben [601] angegebenen Karten), gewinnt aber merkwürdigerweise die in den unbekannten Süden führende, abschließende Küste seiner Vorlage mit der südlichsten Stadt Kattigara (Singapore wohl richtig bei Vivien de St. Martin Hist. 206. 343) erst wieder, nachdem er eine Ostküste Hinterindiens weit nach Norden geführt hat (Geogr. VII 3, 1f., vgl. Berger Gesch.² a. a. O.).

Spätere Schriftsteller bringen nichts Neues, nur die in kartographischer Hinsicht freilich unbrauchbare christliche Weltbeschreibung des Kosmas Indikopleustes aus dem 6. Jhdt. (Mannert Einl. 188f. Vivien de St. Martin Hist. 236) bringt besonders im II. und XI. Buche so viele interessante Notizen über den Handelsverkehr mit den Völkern der angrenzenden Länder, über die Bewohner, die Tiere, die Pflanzen und andere Produkte, daß man sich ein lebendiges Bild von der stetigen Entwicklung der Handelsbeziehungen machen kann, die das schon im Peripl. m. E. 4 genannte axumitische Reich in Abyssinien besonders gefördert haben mag (Forbiger Handb. II 809. Paul de Lagarde Die Inschrift von Aduli, Nachr. Gött. Gesellsch. d. Wiss. 1890, 418f.).
[Berger.]
Anmerkungen

transkribiert Erythra thalassa

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