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Erymanthischer Eber. Das Ungetüm, vielleicht von Artemis gesandt, haust am arkadischen Erymanthos, weidet in den Schluchten des Lampeiagebirges (Apoll. Rhod. I 127), verheert Psophis (Hekat. frg. 344 = Steph. Byz. s. Ψωφίς. Apollod.). Als Mutter wird die Krommyonische Sau genannt. Favorin frg. 45 = Steph. Byz. s. Κρεμμυών, vgl. Strab. VIII 380. Die bildliche Überlieferung beginnt etwa um die Mitte des 6. Jhdts., die literarische mit Hekataios und Sophokles (Trach. 1097, bei Euripides fehlt das Abenteuer), und ist dürftig. Eurystheus verlangt von Herakles, daß er ihm den Eber lebend nach Tiryns bringe. Unterwegs besteht Herakles das Kentaurenabenteuer, das mit der Eberjagd mehrfach eng verbunden erscheint. Herakles scheucht das Tier mit Lärm aus seinem Schlupfwinkel und auf ein Schneefeld, wo es stecken bleibt und von dem Helden mit Stricken gebunden wird. Er trägt es hierauf nach Tiryns, wo er es beim Tore auf die Erde setzt (Schol. Apoll. Rhod.), oder Eurystheus verkriecht sich, wie er das Ungeheuer sieht, voller Schrecken in einem Fasse. Herodor. frg. 14 = Schol. Apoll. Rhod. I 127. Apollod. II 83. 87. Pediasimos 10f. Apoll. Rhod. a. O. Diod. IV 12, 1f. Quint. Smyrn. VI 220f. Anth. Plan. 93. Stat. Theb. VIII 749f. [Claudian] laus Herc. 103ff. Paus. I 27, 9. Oder Herakles tötet das Tier, Anth. Plan. 92 = Soph. Trach. Hyp. 2 = Auson. XXXIII. Galen zu Philons Antidot. 20. Eustath. Dionys. perieg. 414. Als tot ist das Tier mehrfach auf Kunstwerken dargestellt. Die Zähne des Ebers als Weihgeschenk im Apollontempel von Cumae. Paus. VIII 24, 5, vgl. die apulischen und lukanischen Münzen. Weitere Erwähnungen: Lucrez V 25. Anth. Plan. 91. Eustath. Od. 1554, 13. Mart. IX 101, 6. Nonn. Dion. XXV 194. Ovid. met. IX 192; her. VIII 37. 87. Sen. Herc. fur. 228; Ag. 832. Serv. Aen. VIII 300. Sil. Ital. III 38. Stat. silv. IV 6, 101; Theb. IV 398. Wildschweine auf dem Erymanthos, Od. VI 103. Die Erymanthier σύαγροι, Athen. IV 130 A.
Der Erymanthische scheint in Beziehungen zu dem Kalydonischen Eber zu stehen. Des letztern Haut als Weihgeschenk im Tempel der Athena Alea in Tegea (Paus. VIII 47, 2. Kall. Dian. 220). Die Kalydonische Jagd im Ostgiebel des tegeatischen Tempels, Kabbadias Γλυπτὰ τοῦ Ἐθνικοῦ Μουσείου nr. 178–180 p. 154f. Collignon-Baumgarten Gesch. d. griech. Plast. II 251f. Herakles erlegt den Aitolischen Eber, [567] Plaut. Pers. 3. Der Eber wird in Kalydon gejagt, Antiphon frg. 2 und Schol. Aristot. rhet. II 23 p. 1399 B. Herakles kommt mit dem Eber nach Delphoi, Suidas s. Δρύοπες. Hager (die gesch. Entw. d. Herakles Myth. 18) sieht in der Kalydonischen Jagd das Urbild des erymanthischen Abenteuers. Nach v. Wilamowitz (Eur. Her. I 301f.) ist die Sage vom E. E. peloponnesisch, aber nicht Herakles der ursprüngliche Bezwinger, sondern Atalante. Vgl. o. Bd. II S. 1892. Bd. IV S. 2380. Gruppe Griech. Myth. 198. 201. 371. 465. Auf irgend welchem Mißverständnis beruht Auson. epist. IV 40: die attische Jugend staunt über das erymanthische Monstrum. Münzen: Psophis, 4. Jhdt., Herakles auf Avers und Eber auf Revers (Head-Svoronos Ἱστορία τῶν νομισμάτων I 571). Ähnlich Münze von Venusia in Apulien, 3. Jhdt. (I 63). Herakles den Eber tragend, lykische Münze des 5. Jhdts. (II 239). Kaisermünzen von Alexandreia und Perinth (II 467. Pick Arch. Jahrb. XIII 1898, 141), von Kallatis in Moesia inferior (Imhoof-Blumer und Pick Die ant. Münzen Nordgriechenlands I 1, 118 nr. 331). Vielleicht ist auch die eine und andere Münze, die einfach einen Eber (ganze Figur, Protome, Kopf) zeigt, auf das Heraklesabenteuer zu beziehen: Arpi, Asculum, Salapia in Apulien, 3. Jhdt. (Head]]-Svoronos a. O. I 58. 59. 65), unbekannte Stadt Lukaniens, ca. 500 (I 109), Abakainon auf Sicilien, 5. Jhdt. und Panormos, 4. Jhdt. (Ι 158. 220), makedonische Münze, um 400, aitolische Münzen, Münzen von Thronion und Amphissa in Lokris, 3. und 2. Jhdt. (I 288. 420f. 424), phokische Münzen, um 500 (I 425. 430), Münze von Korinth, 4. Jhdt. (I 503), Lyttos auf Kreta, 5.–3. Jhdt. (I 597), von den Kykladen, 3. Jhdt.? (I 611). Meist dem 5. Jhdt. gehören eine Reihe kleinasiatischer Münzen mit dem Eber an: Kyzikos (II 48ff.), Lesbos (II 93ff.), Klazomenai (II 115ff.), Samos (II 145), Ialysos (II 179), Lykien (II 236ff.), Pamphylien (II 254), Tarsos (II 307).
Das Heraklesabenteuer erscheint etwa von der Mitte des 6. Jhdts. an auf sf. Vasen und zwar von Anfang an in einem festen Typus: Herakles schreckt den Eurystheus, der sich in ein Faß verkrochen hat, mit dem drohend über ihn gehaltenen Eber, indem er den linken Fuß auf den Rand des Pithos setzt. Diese komische Situation ist offenbar nicht die ursprüngliche und wesentliche, von einer früheren Fassung der Sage ist aber auf den Kunstwerken nichts zu bemerken. Zusammenstellung der Vasen bei Klein Euphronios2 87f.. vgl. Furtwängler Roschers Lex. d. Myth. I 2199. 2224. Hauser Arch. Jahrb. XI 1896. 180. Besonders schön und lebendig ist der Vorgang auf der Euphroniosvase (Wiener Vorlegebl. V 5) dargestellt, außer dieser nur noch auf einer rf. Schale (Mus. Camp. 10, 134). Auf späteren attischen Gefässen beugt sich Herakles über das Tier, um es aufzuheben. Das Faß fehlt entweder, oder es ist nach dem Vorbilde des früheren Typus beigefügt. Klein a. O. Herakles den Eber zwischen die Beine klemmend und mit der Keule auf ihn losschlagend, Karneol in St. Petersburg (Furtwängler a. O. 2234). Herakles scheucht den Eber mit Steinwürfen aus der Höhle auf, Lampe in Dresden (Arch. Anz. 1889, 167). [568] Kampanisches Wandgemälde, gewöhnlicher Typus, Helbig 1125. Herakles allein mit dem Eber, attisches Relief vom Beginn des 5. Jhdts., Kabbadias a. O. nr. 43 p. 86. Die Metopen von Olympia und vom sog. Theseion in Athen (Sauer Das sog. Theseion und sein plast. Schmuck 172f.) zeigen den alten Typus. Im Zyklus der 12 Taten nimmt die Eberjagd die dritte oder die vierte Stelle ein. Bei Soph. Trach. 1092ff. nimmt das Kentaurenabenteuer die dritte, der Eber die vierte Stelle ein. An dritter Stelle steht das Eber-Abenteuer, außer bei Diod. Hyg. fab. 30. Soph. Trach. Hyp. 2. Quint. Smyrn. Martial. auf den meisten Heraklessarkophagen und einigen verwandten Monumenten (Robert Ant. Sark.-Rel. III 1 S. 115ff.). Hervorzuheben ist eine große Bronzemünze des Gordianus Pius aus Adrianopel (Pick a. O. Schwabe Progr. Tübingen 1896, 40), und als ältestes Beispiel eines bildlichen Zyklus der Homerische Becher, Robert Hom. Becher 86–89. Außerdem erscheint das Eberabenteuer als zweite Tat (Lukrez), als vierte (Apollod. Dio Chrys. LXIII, II 205 Teubn. Plaut. Anth. Plan. 93. Theseion), als fünfte (Mosaik von Cartama, Ann. d. Inst. 1862 Taf. Q und Sil. Ital.), als siebente (Anth. Plan. 91. Olympia. Albanum vas, Zoega Bass. II Taf. 61–63. Praenestin. Fries, Museo Pio-Clem. IV Taf. 40f. Metallschüssel, Archaeologia XV Taf. 30 S. 393). Der Typus dieser Darstellungen ist der übliche des ebertragenden Herakles. Das Faß und Eurystheus sind bald mit dargestellt, bald fehlen sie.
[Escher.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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