4) Bischof von Ticinum (Pavia) 466–496. Aus vornehmer Familie, schon als Knabe von acht Jahren dem Priesterstand gewidmet – er wurde 446 Lector – war er bald in den Augen des Bischofs Crispinus der selbstverständliche Erbe seiner geistlichen Würde. Gegen die Kanones, die ein Mindestalter von 30 Jahren vorschreiben, ordinierte man ihn 466 zum Bischof, und um seine Dioecese wie um ganz Oberitalien hat er sich nun in den unruhigen Jahren des Verfalls des weströmischen Reichs durch Unterstützung der Hülflosen große Verdienste erworben. Eine Reihe Gesandtschaftsreisen, die er gemacht hat, beweisen, welches Vertrauen ihm die letzten [195] römischen Imperatoren, aber auch Odoaker und Theoderich schenkten; Freigabe von Gefangenen, Steuernachlässe, Unterdrückung der Gewalttaten plündernder Barbaren hat er oft durchgesetzt. Literarisch ist er nicht tätig gewesen. Wir wissen Näheres über ihn fast nur durch die Vita B. Epiphani, die sein zweiter Nachfolger in Pavia, Ennodius, natürlich mit den für solch einen Panegyricus üblichen Phrasen, aber im Tatsächlichen glaubwürdig, aufgesetzt hat, Ennodii opera ed. Hartel 1882, 331–383.
[Jülicher.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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