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Eleusinion (ἐν ἄστει), das große Heiligtum der eleusinischen Göttinnen (τὸ ἱερὸν τοῖν θεοῖν, Andοc. I 33) in Athen: τὸ Ἀθήνῃσιν ἱερόν, καλούμενον δὲ Ἐλευσίνιον, wie Paus. I 14, 3 sagt (τὸ παρ` Ἀθηναίοις Ἐλευσίνιον nennt es Hierokles Hippiatr.). Da man – offenbar zur Zeit des Zusammenschlusses mit Eleusis (s. Wachsmuth St. Athen I 492) – das Bedürfnis empfand, in der Kapitale am Burgabhang (s. u.) ein Parallelheiligtum für den Dienst der eleusinischen Göttinnen zu gründen, war es sachgemäß, dies eben als Filiale offiziell Ἐλευσίνιον zu nennen: und mit diesem Namen wird es schon auf der ältesten attischen Urkunde (IG I 1 mit Nachtr. Suppl. p. 4, Kol. C 36) und ganz ähnlich bei Ps.-Lys. VI 4 dem ἱερόν in Eleusis gegenübergestellt; und derselbe Gebrauch zeigt sich IG III 5 Z. 43 noch im 3. Jhdt. der Kaiserzeit. Dagegen ist es schwer glaublich und sicher unerweislich, daß in amtlichen Urkunden oder auch nur bei guten attischen Autoren die nämliche Bezeichnung auch das Heiligtum in Eleusis selbst geführt habe; und jedenfalls genügt hiefür nicht der Hinweis auf den späten mysischen Rhetor Aelius Aristides, der sich allerdings wiederholt (XIII p. 191 Jebb. XIX p. 259) gestattete, das Heiligtum der Göttinnen in Eleusis kurzerhand Ἐλευσίνιον zu nennen. Die scheinbare Bezeugung in IG I Suppl. nr. 27 b Z. 29 ἔν τε τῷ Ἐλευσινίῳ Ἐλευσῖνι καὶ ἐν τῷ βουλευτηρίῳ (die Groh Listy filol. XXVII 219 verteidigt) hat durch Umstellung von καὶ vor Ἐλευσῖνι Dittenberger Syll.² p. 35 beseitigt, und IG II 5 nr. 1054 b 1 können unmöglich wie sonst ἐπιστάται Ἐλευσινόθεν genannten Beamten ἐπιστάται Ἐλευσινίου heißen, so daß unter Ἐλευσίνιον das Mysterienheiligtum in Eleusis zu verstehen wäre, wie mit Köhler Aug. Mommsen Feste Athens 240, 6 annimmt (in dieser noch in die erste Hälfte des 4. Jhdts. gehörigen Urkunde könnte vor Ἐλευσινίου der Artikel nicht fehlen, auch ist das υ am Ende unsicher; wahrscheinlich stand ἐπιστάται Ἐλευσῖνι und es folgte der Anfang des ersten Namens).

Immerhin ist es schon früh üblich geworden, um jedes Mißverständnis auszuschließen, das Heiligtum ausdrücklich als in Athen gelegenes zu kennzeichnen. So heißt es τὸ Ἐλευσίνιον τὸ ἐν ἄστει in der großen Urkunde IG II 834 b und dem zugehörigen Stück IG II 5 p. 202. 204 nicht weniger als zehnmal; so auch Ἐφημ. ἀρχ. 1894 π. 164 nr. 8, 5. IG II 5 nr. 104 a, 6. Später tritt die Bezeichnung τὸ Ἐλευσίνιον τὸ ὑπὸ τῇ πόλει ein, IG III 5 Z. 11. 39; oder auch τὸ ὑπὸ τῇ ἀκροπόλει bei Clem. Alex. protrept. p. 13 Sylb. (= quod civitati subiectum est bei Arnob. VI 6).

Das E. gehörte mit Parthenon und Theseion zu den gefeiertsten Heiligtümern Athens (Plut. de exil. 17). Auch äußerlich trat seine Bedeutung durch die große Ausdehnung seines Temenos hervor, das rings mit Mauern umgeben auch in der Wohnungsnot des Peloponnesischen Kriegs unbesetzt blieb (Thuk. II 17, 1). Pausanias, der seiner bei der Beschreibung der mystischen Stätten in Agrai gedenkt, verzichtet (I 14, 3) leider, von einem Traumbild geschreckt, darauf, von ihm eine genauere Schilderung zu geben. So entgeht uns genauere Kenntnis seiner Anlage; nur weniges erfahren wir zufällig.

[2334] In seinem Bezirk befand sich das Grab des Immarados, des Sohnes des Eumolpos und der Daeira (Clem. Alex. a. a. O. = Arnob. a. a. O.): eine gottesdienstliche Sanktion der zwischen Athen und Eleusis hergestellten Eintracht. Seine Parität mit den ursprünglichen Kultstätten in Eleusis wurde sorgfältig gewahrt. Der Basileus brachte hier wie dort Opfer und Gebete für den Staat dar (Lys. VI 4); Einweihungen nahm man an beiden Stätten vor (IG I 1 Kol. C 36); bei der Feier der Eleusinien wurden die ἱερά von Eleusis nach dem E. und dann von dort wieder zurückgebracht, und noch bei der Restauration der Feier unter Marc Aurel wird den Epheben die Beteiligung an diesen Prozessionen auferlegt (IG III 5 Z. 11ff.). An beiden Orten wurden Verzeichnisse der Getreidespenden für die Göttinnen (IG I Suppl. nr. 27 b Z. 29) und alle auf die Mysterienfeier bezüglichen Ordnungen (IG III 5 Z. 39) aufgestellt; und nach Schluß der Eleusinien hielt nach Soloninischem Gesetz der Rat eine Sitzung im E. ab (Andoc. I 111. IG II 372, 4).

Der Mysteriendienst brachte auch ihm den andern Kultstätten gegenüber noch ein erhöhtes Ansehen; als besonders heilig erscheint sein Weihwasserbecken (Lys. VI 52); und mit schwersten Strafen wurde bedacht, wer es wagte, während der Mysterienfeier an seinem Altar den Zweig der Hülfeflehenden niederzulegen (Andoc. I 110. 116).

Eine hervorragende Rolle spielt das E. auch bei den Prozessionen, besonders denen des Panathenaienfestes. Bis zu ihm wurde der Peplos der Göttin vom Marktplatz auf dem heiligen Schiff heraufgefahren (Schol. Aristoph. Ritt. 566 = Suid. s. πέπλος); und der Reiterei empfiehlt der Sportsmann Xenophon (Hipparch. III 2), vom Markt schwadronenweise nach dem E. heraufzugalloppieren. Weil die Reiterei überhaupt bei diesen Paraden besonders beim E. sich zu zeigen Gelegenheit hatte, stellte schon in Perikleischer Zeit der Reitkünstler Simon hier als Weihgeschenk ein Erzroß auf, an dessen Postament die von ihm gepflegten Dressurstücke abgebildet waren. (Xenoph. de re equestr. I 1. Hierokl. Hippiatr. Vorw.). Im oder beim E. fand auch der Apobatenagon statt, der unter den hippischen Agonen der Panathenaien sich hervortat (s. o. Bd. I S. 2815, 34. 2816, 3): das können wir aus IG II 969, 2. 968, 17 entnehmen. Offenbar pflegten die Prozessionen das E. zu umkreisen, so daß es einen Wendepunkt bildete, von dem aus man vorbei am Pelasgikon um die Nordwestecke des Bergabhangs und dann hinauf auf die Akropolis selbst zog; denn der Weg, den Philostratos vit. soph. II 1, 5 für die Panathenaien von 134 n. Chr. als von dem Schiff (des Herodes) über das Pelasgikon hinaus zurückgelegt schildert, war zwar vom E. an für dieses eine Extraleistung, aber nur für dieses, nicht für die übrige Prozession.

IG II 431 Z. 30 versammelt sich die Bule in Sachen der Belobigung der Ratsbeamten wegen wackerer Erfüllung ihrer weltlichen und geistlichen Pflichten erst im Buleuterion, dann im E.; so mag sein Versammlungsraum bei allen Angelegenheiten, die in das heilige Recht hinüberspielten, von der Bule benützt sein. In Hadrianischer Zeit faßt die βουλὴ ἱερά hier sogar Beschluß [2335] über eine Ehrenstatue des früh verstorbenen Eliers Antonius Oxylus (IG III 2, 3). Von den im Hain aufgestellten Ehrendekreten wird IG II 315 Z. 32 eines der ἐπιμεληταὶ τῶν μυστηρίων erwähnt, die die Opfer an den kleinen Mysterien gebracht hatten.

Über die Lage des Heiligtums ergeben die obigen Erwähnungen, daß es an einem freien Platze, und zwar am Fuße, aber doch noch an den Abhängen des Burghügels gelegen haben muß; letzteres verlangt der Ausdruck ὑπὸ πόλιν (s. Wachsmuth Ber. d. Sächs. Ges. d. Wiss. 1887, 383, 1). Also ist die Ansetzung Böttichers (Philol. Suppl. III 289) in der Niederung östlich der Burg ebenso unmöglich, wie die jüngste Hypothese von Sworonos der Ἐφ. τ. νομισμ. ἀρχαιολ. IV 440 es mit der großen Felsanlage auf dem Pnyxhügel identifiziert. Wo aber genauer am Burgabhang zu suchen, ist noch nicht entschieden. Nur der ganz aufgeräumte Südabhang scheidet definitiv aus; auch am Westabhang, für den Löschcke Enneakrunosepisode, Dorpat 1883, 15. Milchhöfer in Baumeisters Denkm. I 198. Lolling Handb. der A.-W. III 530, 3. Dörpfeld Athen. Mitt. XVII 440 u. a. eintraten, hat sich keine Spur gefunden. Für den Ostabhang entschieden sich Leake Topogr. 214. Gerhard Rh. Mus. XVIII 300. A. Mommsen Heortol. 249. Curtius Stadtg. 50; für den Nordostfuß plädierte Wachsmuth St. Athen I 301. Es ließe sich für mehr nach Westen gelegene Partien des Nordfußes des Burghügels manches geltend machen. Bestimmtes können auch hier nur weitere Aufräumungen zu Tage fördern. Die Fundorte der Poletenurkunden können für die Fixierung keinesfalls verwertet werden, vgl. Köhler Herm. XXIII 399.

Fälschlich hat man ins E. versetzt: 1) die bronzene Bildsäule des Isokrates, die vielmehr in Eleusis vor der Vorhalle (προστώιον, was der offizielle Name ist, IG II 5 nr. 1054 e) des großen Tempels stand, wie Ps.-Plutarch vit. X orat. 838 D ausdrücklich bezeugt, wo nur Korais Ἐλευσινίῳ für Ἐλευσῖνι änderte; 2) den Plutondienst der Inschriften IG II 948. 949. 950 (so ohne Anhalt Foucart Bull. hell. VII 392. A. Mommsen Jahresb. f. A.-W. LII 1887, 388); 3) die Stelen mit den Namen derer, deren Güter wegen Frevels gegen die Göttinnen durch die Poleten versteigert waren; denn bei Pollux X 96 mit Bergk Ἐλευσῖνι in Ἐλευσινίῳ zu ändern, ist überflüssig (vgl. Köhler Herm. XXIII 399, nur wäre an dem Fehlen des Artikels bei Pollux kein Anstoß zu nehmen, vgl. z. B. IG III 2 Z. 3). Auch darf man nicht mit Curtius Stadtgesch. 50 die Verse aus der Medea des Ennius (in Milchhöfers Schriftqu. XXV 83) auf das ,weit sichtbare‘ E. beziehen; sie gehen auf das Heiligtum in Eleusis, das, vom Meere aus betrachtet, links von Athen liegt.
[Wachsmuth.

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