Ecloga (ἐκλογή) heißt in der griechischen Literatur (abgesehen von der vulgären Bedeutung ‚Auswahl‘) an einer (der einzigen?) Stelle Athen. XIV 663 c so viel wie ‚Zitat‘. Bei den Römern a) ausgewähltes Stück, Charis. p. 120, 28 K.: Varro epistolicarum quaestionum libro VI ‚eclogas ex annalei descriptas‘. Daher nennt Cicero die zum Vorlesen bestimmten Glanzstellen (aus seiner Schrift de gloria) eclogarii: ad Att. XVI 2, 6; vgl. 11, 1, wo sie ἄνθη genannt werden, b) Einzelgedicht, im allgemeinen von mäßigem Umfang, brevia poematia Schol. Cruq. Hor. sat. II 1 (der im vorhergehenden verkehrte Weisheit auskramt). Die klassische Stelle dafür Plin. ep. IV 14, 9 proinde sive epigrammata sive idyllia sive eclogas sive (ut multi) poematia seu quod aliud praebere malueris licebit voces: ego tantum hendecasyllabos praesto (von diesen schickt er eine vollständige Sammlung an seinen Freund Paternus). Bereits Statius bezeichnet das fünfte Gedicht des dritten Buches seiner Silvae in der Vorrede als egloga (daher im Rhedigeranus Egloga ad uxorem), ebenso die gratulatio ad Iulium Menecratem (silv. IV 8) in der Vorrede des vierten Buches. Sueton (vit. Horat. p. 46, 12 Reiff.) nennt so Horat. epist. II 1 (ebenso Porphyrion zu epist. I 7. II 7. 8), Ausonius (griph. praef. p. 197, 24 Peip.) carm. III 19 (vgl. Sidon. Apollin. epist. IX 13 v. 12; 15, 1); auch die Epoden werden als Eclogen bezeichnet von Atilius Fortunat. p. 303, 23 K. und Porphyrion zu epod. 4. 6. 9. 11. 16. 17, so auch die Satiren (Porphyr. zu sat. II 2 [vgl. 2, 53]. 3. 5). Ausonius selbst nennt sein kleines Gedicht Cupido cruciatus eine E.; in der ed. princ. und einem Cod. Laurent, wird zu diesem bemerkt incipit aeglogarum (!) liber. Peiper hat nach den Angaben der Hss. eine Sammlung kleinerer Gedichte (S. 86–108) Eclogarum liber [1931] getauft (eclogarium Scaliger). Inschriftlich in einer Grabschrift auf einen jungen, dichterisch veranlagten Numidier CIL VIII 18864 (Thibilis) – facilis in c[omponendis ec]logis, wenn richtig ergänzt ist, vgl. A. Schulten Das römische Afrika (Leipzig 1899) 77. Besonderes Interesse beansprucht diese Bezeichnung für die Einzelgedichte der Bucolica Vergils, deren Benennung durch den Dichter nicht mehr zu ermitteln ist. Bereits Sueton (Donat. vit. Vergil, p. 65 Reiff.) scheint sie zu kennen, wenn er bemerkt prolatis bucolicis Numitorius (?) quidam rescripsit Antibucolica, duas modo eclogas ... Sie findet sich dann in den Hss. Vergils und ist, wie es scheint, auch auf die bukolischen Gedichte des Calpurnius und Nemesianus übertragen worden, worauf Spuren in den Hss. führen (Schenkl Praef. p. XLI. XLIV. XLVI). Das wirkt dann weiter bis auf die Renaissance in der karolingischen Zeit, in welcher unter anderem die sog. E. Theoduli entstanden zu sein scheint (vgl. die neueste Ausgabe von J. Osternacher Ripariae prope Lentiam [Urfahr bei Linz] 1902, 12), die auch in der allegorischen Form von dem größten Einfluß das ganze Mittelalter hindurch bis auf Dante, Petrarca, Boccaccio (Gaspary Gesch. der ital. Literatur I 295. 431. II 17) und Garcilasso de la Vega (Ticknor-Julius Gesch. der schönen Literatur in Spanien I 383ff. II 177ff.) gewesen ist. Vgl. noch Borinski Die Poetik der Renaissance 171. 231.
[Knaack.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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