25) Cn. Domitius Ahenobarbus. a) Name. Cn. Domitius Ahenobarbus Acta Arv. CIL III 6809. X 1233 Fasti Nolani. XI 4170; [Γνα]ῖος Λομ[έτιο]ς Ἀηνόβαρβος CIA III 604; ||Cn. Domitius CIL I² p. 71 Fasti Arv. I 769. X 899. Amer. Journ. of Archaeol. 1898, 376. Vell. II 10, 2. 72, 3. Tac. ann. IV 75. VI 1. 45. 47. XIII 10; Γναῖος Δομίτιος Dio LVIII 17, 1; Cn. Ahenobarbus Tac. ann. XII 3; Gnaeus Tac. ann. XII 64; L. Domitius Suet. Galba 6. Plut. Ant. 87 (irrig); sonst Domitius Ahenobarbus oder nur Domitius.
b) Leben. D. war der Sohn des L. Domitius Ahenobarbus cos. 738 = 16 v. Chr. (Nr. 28) und der Antonia maior (Vell. II 72, 3. Suet. Nero 5), daher Enkel der Octavia und Grossneffe des Augustus (Tac. ann. IV 75: s. die Stammtafel oben S. 1315f.). Seine Geschwister waren Domitia (Nr. 91) und Domitia Lepida (Nr. 102; Tac. ann. XII 64). Das Geburtsjahr des D. ist unbekannt, als sein Geburtstag wird in den Arvalacten der 11. December angegeben (CIL VI 2039). Als ganz junger Mann begleitete er vielleicht Germanicus, als sich dieser im J. 17 n. Chr. in den Orient begab (Suet. Nero 6 nennt ihn Begleiter des C. Caesar, aber zur Zeit von dessen Reise in den Orient, im J. 753 = 1 v. Chr., war D. wohl noch nicht am Leben; daher vermutet Dessau Prosop. II 17 nr. 109, dass Sueton hier C. Caesar mit Germanicus verwechselt habe). Als er einen seiner Freigelassenen tötete, weil sich dieser geweigert hatte, ein vorgeschriebenes Mass zu leeren, entliess ihn der Prinz aus der cohors amicorum (Suet. Nero 5). Als Praetor (vorher wird er die Quaestur bekleidet haben) veranstaltete er Circusspiele, bei denen er die aurigarii um ihren Lohn betrog (Suet. a. a. O.; die Stelle ist lückenhaft). Im J. 28 vermählte ihm Tiberius seine Enkelin (durch [1332] Adoption), die jüngere Agrippina, Germanicus Tochter (Tac. ann. IV 75, vgl. Joseph. ant. XX 148. Suet. Nero 5; Galba 5. Dio LVIII 20, 1; die stadtrömische Inschrift CIL VI Add. 31735 nennt eine Manlia Gn. Domitii Ahenobarbi; ist dies D. und nicht dessen Grossvater, der Consul 722 = 32 v. Chr. [Nr. 23], so war er in erster Ehe mit Manlia vermählt, Huelsen z. Inschr.). Im J. 32 hatte D. den Jahresconsulat inne mit L. Arruntius Camillus Scribonianus (die Belegstellen s. o. zum Namen); als Verwandter des kaiserlichen Hauses blieb er das ganze Jahr hindurch im Amte (Dio LVIII 20, 1), während seinem Collegen am 1. Juli A. Vitellius folgte (CIL I² p. 71 Fasti Arv. X 1233 Fasti Nolani. Suet. Vit. 2). Vielleicht hatte er als Consul den P. Anicius Maximus zum Praefectus fabrum (vgl. Mommsen St.-R. II³ 98. 1), da dieser als praefectus Cn. Domiti Ahenobarbi bezeichnet wird (CIL III 6809, dem Anicius von den Alexandrinern in seiner Vaterstadt, dem pisidischen Antiochia, nach dem J. 43 errichtete Inschrift; die Deutung Mommsens, dass D. in Antiochia zum Duovir gewählt worden sei und den Anicius zu seinem Praefectus daselbst bestimmt habe, dürfte kaum zutreffen, da für die Alexandriner kein Anlass vorlag, dieses frühere Gemeindeamt des Anicius in seinem Cursus honorum zu erwähnen). Während des Consulates baute D. Thermen an der Sacra via (Sen. contr. IX 4, 18, s. u.). Im J. 36 wurde er neben seinen Schwägern, denen noch P. Petronius hinzugesellt wurde, zum Mitglied einer Commission gewählt, die einen grossen Brandschaden in Rom abschätzen sollte (Tac. ann. VI 45). Er gehörte dem Collegium der Arvalbrüder an; als anwesend wird er in den Protocollen der J. 27 (CIL VI 2024, vgl. 32341; zu VI 32338 vgl. Cn. Domitius Calvinus Nr. 43), 33 (VI 2025 = 32342), — vielleicht — 37 (VI 2027 = 32343), 38 (VI 2028) und 39 (VI 2029. 2033 = 32346) genannt. Zu unbestimmter Zeit führte seine Schwester Domitia (Nr. 91), deren Sache ihr Gatte C. Passienus Crispus vertrat, einen Vermögensprocess gegen Ahenobarbus, obwohl beide Geschwister sehr begütert waren (Quintil. inst. VI 1, 50). Im letzten Jahre von Tiberius Regierung (37 n. Chr.) wurde er in den Process der Albucilla (s. o. Bd. I S. 1 30) verwickelt und als Mitwisser und Buhle derselben angeklagt (nach Sueton ist ihm ausser Majestätsverletzung und Ehebruch auch Incest mit seiner Schwester Lepida zur Last gelegt worden). Die Anklage war vom Praefectus praetorio Sertorius Macro inspiriert, der auch die Untersuchung leitete. Da man jedoch von dem Kräfteverfall des Kaisers Kunde hatte, schob der Senat die Entscheidung hinaus, bis durch Tiberius Tod (16. März 37) und den Regierungsantritt des Gaius Caesar, D.s Schwager, die ganze Angelegenheit begraben wurde (Tac. ann. VI 47. 48. Suet. Nero 5. Dio LVIII 27, 2ff.). Am 15. December 37 gebar Agrippina ihrem Gatten in Antium einen Sohn, L. Domitius Ahenobarbus, den späteren Kaiser Nero (Suet. Nero 5. 6, vgl. Joseph. ant. XX 149. Ps.-Sen. Octavia 249. Tac. ann. XII 3. Plut. Ant. 87. Suet. Nero 28; Galba 6; Vit. 2. Iuven. VIII 228. Aur. Vict. Caes. 5, 1; epit. 5, 1). Als man ihm zu der Geburt des Sohnes Glück wünschte, soll D. geäussert haben [1333] ex se et Agrippina (nihil) nisi detestabile et malo publico nasci potuisse (Suet. Nero 6. Dio LXI 2, 3). Das J. 39 brachte den Sturz Agrippinas, die in der ersten Regierungszeit ihres Bruders eine hervorragende Stellung innegehabt hatte; ihre Teilnahme an der Verschwörung des M. Aemilius Lepidus, ihres Buhlen, wurde aufgedeckt, sie selbst, allerdings erst unmittelbar nach dem Tode ihres Gatten (vgl. Suet. Nero 6), nach den pontischen Inseln verbannt (s. unter Iulia Agrippina). Wohl zu Anfang des J. 40 (vgl. Suet. Nero 6; im October 39 war er noch im Arvalcolleg anwesend. CIL VI 32346) ist D. zu Pyrgi (in Etrurien) an der Wassersucht gestorben; im Testament hatte er neben seinem Sohne, der mit einem Drittel bedacht wurde, auch Gaius Caesar zum Erben eingesetzt (Suet. Nero 5. 6). Sueton fällt über ihn das Urteil, er sei omni parte vitae detestabilis gewesen, und sucht seinen gewaltthätigen Übermut, seine Habgier und Wüstheit an einzelnen Zügen zu erweisen (Nero 5). Dass Velleius, der sonst bei seinen aristokratischen Zeitgenossen mit dem Lobe nicht spart, von D. nur die nobilissima simplicitas zu rühmen weiss (II 10, 2), würde nicht gegen Sueton sprechen; immerhin mag der Hass gegen Nero auch auf die Beurteilung seines Vaters zurückgewirkt haben. Nach einem Witzwort des Iulius Sabinus über einen Domitius nobilissimus vir, das wegen der Lebenszeit des Sabinus keinem anderen als D. gelten kann, versuchte sich dieser nach seinem Consulat auch in rhetorischen Studien (Sen. contr. IX 4, 18). Von einer Statue, welche ihm die Athener, vielleicht anlässlich seiner Reise in den Orient (s. o.), setzten, ist die Inschrift erhalten (CIA III 604, doch könnte sich dieselbe vielmehr auf D.s Grossvater [Nr. 23] beziehen). Sein Wohnhaus in Rom lag an der Sacra Via (CIL VI 2037 = 32352. 2041); an derselben Strasse baute er Thermen (s. o.). Auch die Anlagen der Domitier am Monte Pincio, in denen sich das Familiengrab befand (Suet. Nero 50, vgl. Homo Mel. d’arch. XIX 1899, 121. Richter Topogr. d. St. Rom² 266), werden in seinem Besitz gewesen sein. Nero hielt das Andenken seines leiblichen Vaters in hohen Ehren (Suet. Nero 9); er liess ihm bald nach seiner Thronbesteigung (im J. 54) durch Senatsbeschluss ein Standbild errichten (Tac. ann. XIII 10) und veranlasste, dass die Arvalbrüder jährlich am Geburtstag des D. vor dessen Haus an der Sacra via ein Opfer darbrachten (CIL VI 2037 = 32352. 2039. 2041. 2042 d).
[Groag.]
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