Domesticus. 1) Ein Officiale, der zuerst im J. 355 erwähnt wird (Ammian. XV 6, 1). Doch ist es auffallend, dass er in einem Gesetz des J. 365, wo man seine Nennung neben der des Assessor erwarten müsste, noch nicht erscheint (Cod. Theod. VIII 15, 5), sondern erst in einem zweiten Gesetz ganz ähnlichen Inhalts aus dem J. 380 (Cod. Theod. III 6. VIII 15, 6). Vielleicht darf man daraus schliessen, dass er noch unter Constantius II. ein privater Begleiter war, den nur einzelne Beamte sich zugesellten, und erst unter Valentinian I. seine feste amtliche Stellung erhielt. Denn in dessen Zeit kommt er schon mehrmals vor (Ammian. XXVIII 6, 21. XXX 2, 11). Seitdem findet er sich bei folgenden Ämtern:
Bei dem Kaiser selbst erscheint er erst gegen Ende des 5. Jhdts. (Malch. frg. 18, FHG IV 126), ebenso bei dem ostgothischen Könige. Hier heisst er in der Überschrift des an ihn gerichteten Briefes (Cassiod. var. X 11) einfach domesticus, sein Amt aber wird primiceriatus, qui et domesticatus nominatur, genannt (Cassiod. var. X 11, 3. 12, 2). Da der Titel primicerius immer den Vorsteher eines Officium bezeichnet, wird man ihn als das Haupt der kaiserlichen bezw. königlichen Officialen zu betrachten haben. Er führt den Titel vir inlustris, steht also dem Magister officiorum an Rang gleich. In Ravenna ist derjenige, dem das Amt übertragen wird, mit dem König verschwägert, in Constantinopel steht er der Kaiserin persönlich nahe, und sein Amt wird als ein sehr einflussreiches bezeichnet (τὴν [1297] τῶν λεγομένων δομεστίκων ἀρχὴν ἄρχοντος, μεγάλην τινὰ οὖσαν τῶν περὶ βασιλέα Malch. a. Ο.).
Ferner besitzen nachweislich einen D.:
die Praefecti praetorio, Cod. Theod. VIII 1, 17. Isidor. Pelus, epist. I 300 = Migne G. 78, 357;
die Praefecti urbis, Symmach. epist. III 67;
die Magistri militum, Ammian. XV 6, 1. Procop. bell. Vand. I 4. 11 p. 185. 204 Bonn. Olympiod. frg 17, FHG IV 61. Oros. VII 42, 11; der
Magister officiorum, Ammian. XXX 2, 11;
die Comites scholarum, Nov. Theod. 21;
die Comites und Duces in den Provinzen, Ammian. XXVIII 6, 21. Cod. Theod. VIII 1, 16. IX 27, 3;
die Comites Gothorum, Cassiod. V 14, 8. IX 13, 1;
die Statthalter der Provinzen, Cod. Theod. I 35, 3. Cod. Iust. I 51, 3. 4. 9. Symmach. epist. II 71; 2
die Principes der Officia, soweit sie aus den Agentes in rebus hervorgegangen sind, Cod. Theod. VI 28, 8.
Hiernach scheint der D. keinem civilen oder militärischen Beamten von einiger Bedeutung gefehlt zu haben. Um so auffälliger ist es, dass weder in der Notitia dignitatum, noch in den Verzeichnissen, welche Cod. Iust. I 27 von den Subalternen der africanischen Praefectur giebt, seiner Erwähnung geschieht. Denn dass er Officiale war, ist ausdrücklich überliefert (Cod. Iust. I 51, 6), und dem entspricht es, wenn seine Stellung als militia bezeichnet wird (Symmach. epist. III 67. Cod. Theod. VIII 1, 17. Nov. Theod. 21, 3). Vielleicht fiel er in einigen Officien mit dem Cancellarius zusammen, dem ihn Cod. Theod. I 35, 3 gleichzustellen scheint, in andern mit dem Primicerius, dessen Titel er ja auch am Hofe des Theodorich führte (Cassiod. var. X 11, 3. 12, 2); in andern bekleidete einer der Numerarii zugleich das Amt des D., bis dies im J. 433 für den Orient verboten wurde (Cod. Theod. VIII 1, 17). In der Notitia des Dux von Libya Pentapolis aus der Zeit des Anastasius bei Zachariae v. Lingenthal M.-Ber. Akad. Berl. 1879, 142 kommt der D. vor, doch fehlt dafür der Primicerius. In den Scholae palatinae nimmt der D. des Comes scholae die vornehmste Stellung ein (Nov. Theod. 21), und so war es jedenfalls auch in allen übrigen Officien, nur dass hier der Princeps ihm noch voranging. Doch dieser wurde in der Regel vom Hofe geschickt, war also nicht aus dem Officium selbst hervorgegangen und darf kaum als ihm zugehörig betrachtet werden. Bei den Comites Gothorum erhielt der D. neben zehn Annonae in Naturalien ein Gehalt von 200 Solidi (= 2532 Mark), das König Athalarich noch um 50 Solidi erhöhte (Cassiod. var. IX 13, 2), bei dem Dux von Libya Pentapolis von 126 Solidi (Zachariae v. Lingenthal a. O.). Nach Ablauf seines Dienstes erhielt der D. des Praefectus urbi den Rang eines Protector (Symmach. epist. III 67); ein Mann, der bei dem Magister officiorum diese Stellung bekleidet hat, wird später unter die kaiserlichen Notarii aufgenommen (Ammian. XXX 2, 11).
Der D. ist Vertrauensmann seines vorgesetzten Beamten (Procop. bell. Vand. I 4 p. 185 Bonn.: ὁ δὲ τῶν ἀπορρήτων Ἄσπαρι ἔφη κοινωνὸς εἶναι· δομέστικον [1298] δὲ τοῦτον τῇ σφετέρᾳ γλώσσῃ καλοῦσι Ῥωμαῖοι). Er ist daher, wenn dieser des Hochverrats verdächtig wird, in erster Linie der Folterung ausgesetzt, weil man von ihm die tiefsten Geheimnisse erpressen zu können glaubt (Ammian. XV 6, 1. XXX 2, 11. Cod. Theod. I 35, 3), und wirklich finden wir ihn mitunter in Geschäften seines Vorgesetzten thätig, die das Licht scheuen (Ammian. XXVIII 6, 21). Der Magister militum Sarus war mit seinem D. so eng befreundet, dass er vom Kaiser Honorius abfiel, als dieser die Ermordung desselben ungerächt liess (Olymp. frg. 17, FHG IV 61). Heraclianus verheiratete seine Tochter mit seinem D. (Oros. VII 42, 11; vgl. Cassiod. var. X 11. 12), und auch in Gesetzen wird dieser in der engsten Verbindung mit der Verwandtschaft des Beamten erwähnt (Cod. Theod. III 6, 1. VIII 15, 6 § 1). Ein so nahes persönliches Verhältnis kann natürlich nur auf freier Wahl beruhen, wie sie den Principes ex agentibus in rebus noch 435 gestattet wird (Cod. Theod. VI 28, 8). Dies ist auch der Grund, warum der D. immer mit dem Adsessor und dem Cancellarius zusammengestellt wird (Cod. Theod. I 35 Überschrift. VIII 15, 6 § 1. Cod. Iust. I 51 Überschrift. 3. 5. Ammian. XXVIII 6, 21), ja zeitweilig mit dem letzteren vielleicht die gleiche Person war (Cod. Theod. I 35, 3). Denn auch diese beide waren Untergebene, die dem Beamten nicht durch den Kaiser oder den Praefecten bestellt, sondern nach Belieben von ihm gewählt wurden (s. Bd. I S. 424, 47. III S. 1457, 46).
Die Gunst ihrer Vorgesetzten missbrauchten die D. oft zu Erpressungen (Cod. Theod. IX 27, 3. Cod. Iust. I 51, 3. 9. Cassiod. var. V 14, 8. IX 13, 1). Deshalb wurde auch ihnen verboten, innerhalb ihres Amtsbezirks Schenkungen anzunehmen oder eine Verlobung zu schliessen (Cod. Theod. III 6. VIII 15, 6). Nach Ablauf ihrer Dienstzeit sollten sie noch mindestens 50 Tage in der Provinz bleiben, um jedem Gelegenheit zu Anklagen zu bieten (Cod. Iust. I 51, 3. Cod. Theod. I 35, 3), und erfolgte eine solche, so wurde dem früheren Vorgesetzten die Pflicht auferlegt, den D. zur Stelle zu schaffen (Cod. Iust. I 51, 9). Im J. 404 machte man sogar den Versuch, sie bei den Statthaltern von jeder amtlichen Thätigkeit auszuschliessen und nur zu Gesellschaftern ihrer Vorgesetzten zu machen. Dass man diese Bestimmung theoretisch über ein Jahrhundert aufrecht erhielt, geht aus ihrer Aufnahme in den Codex Iustinianus hervor (I 51, 4); wie weit sie durchführbar war, ist eine andere Frage. Bei den Magistri militum versehen sie die wichtigen Geschäfte der Intendantur (Malch. frg. 16, FHG IV 123. Cod. Iust. XII 37, 19 pr. § 4. Procop. bell. Vand. I 11 p. 204 Bonn.) und werden manchmal auch mit dem Commando einzelner Truppenteile betraut (Procop. a. O.). Auch bei den Praefecti praetorio scheinen sie mit der Erhebung und Verwaltung des einlaufenden Kornes betraut gewesen zu sein (Isid. Pelus, epist. I 300 = Migne G. 78, 357).
Der Neid der übrigen Officialen auf den fremden Eindringling und der Wunsch, möglichst vielen die ansehnliche Stellung eines D. zugänglich zu machen, führten dazu, die freie Wahl desselben durch seinen Vorgesetzten sehr zu beschränken. [1299] Nach dreijähriger Amtszeit (Cod. Theod. I 35, 3) sollte er zufolge eines Gesetzes vom J. 415 bei den Statthaltern abdanken müssen und nicht zum zweitenmal wählbar sein (Cod. Iust. I 51, 5); die gleiche Bestimmung wurde 417 auch auf die Domestici der Duces ausgedehnt (Cod. Theod. VIII 1, 16 = Cod. Iust. I 51, 6). Nach einem Gesetz von 423 musste der D. seine drei Jahre im Amt bleiben, auch wenn unterdessen der Statthalter wechselte, und wurde später nicht durch diesen, sondern von den Officialen der obersten Bangstufen, wahrscheinlich aus ihrer eigenen Mitte, gewählt (Cod. Theod. I 35, 3). Die Comites scholarum durften ihre Auswahl nur unter den Soldaten der höchsten Rangstufe treffen (Nov. Theod. 21). So blieb die unbeschränkte Wahlfreiheit nur für die Principes ex agentibus in rebus (Cod. Theod. VI 28, 8) und wahrscheinlich auch für die allerhöchsten Reichsbeamten bestehen, wodurch das Amt des D. in den mittleren Stufen seinen ganzen Charakter verändert haben muss. Bei den Inschriften, die einen D. nennen (CIL III 2656. V 8738. 8743. VIII 2272), lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, ob dieser Officiale oder der protector d. gemeint ist. Valesius zu Ammian. Marc. XV 6, 1. Gothofredus zum Cod. Theod. I 12, 3. Mommsen Neues Archiv, der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde XIV 504.
[Seeck.]Domesticus. 1) Ein Officiale, der zuerst im J. 355 erwähnt wird (Ammian. XV 6, 1). Doch ist es auffallend, dass er in einem Gesetz des J. 365, wo man seine Nennung neben der des Assessor erwarten müsste, noch nicht erscheint (Cod. Theod. VIII 15, 5), sondern erst in einem zweiten Gesetz ganz ähnlichen Inhalts aus dem J. 380 (Cod. Theod. III 6. VIII 15, 6). Vielleicht darf man daraus schliessen, dass er noch unter Constantius II. ein privater Begleiter war, den nur einzelne Beamte sich zugesellten, und erst unter Valentinian I. seine feste amtliche Stellung erhielt. Denn in dessen Zeit kommt er schon mehrmals vor (Ammian. XXVIII 6, 21. XXX 2, 11). Seitdem findet er sich bei folgenden Ämtern:
Bei dem Kaiser selbst erscheint er erst gegen Ende des 5. Jhdts. (Malch. frg. 18, FHG IV 126), ebenso bei dem ostgothischen Könige. Hier heisst er in der Überschrift des an ihn gerichteten Briefes (Cassiod. var. X 11) einfach domesticus, sein Amt aber wird primiceriatus, qui et domesticatus nominatur, genannt (Cassiod. var. X 11, 3. 12, 2). Da der Titel primicerius immer den Vorsteher eines Officium bezeichnet, wird man ihn als das Haupt der kaiserlichen bezw. königlichen Officialen zu betrachten haben. Er führt den Titel vir inlustris, steht also dem Magister officiorum an Rang gleich. In Ravenna ist derjenige, dem das Amt übertragen wird, mit dem König verschwägert, in Constantinopel steht er der Kaiserin persönlich nahe, und sein Amt wird als ein sehr einflussreiches bezeichnet (τὴν [1297] τῶν λεγομένων δομεστίκων ἀρχὴν ἄρχοντος, μεγάλην τινὰ οὖσαν τῶν περὶ βασιλέα Malch. a. Ο.).
Ferner besitzen nachweislich einen D.:
die Praefecti praetorio, Cod. Theod. VIII 1, 17. Isidor. Pelus, epist. I 300 = Migne G. 78, 357;
die Praefecti urbis, Symmach. epist. III 67;
die Magistri militum, Ammian. XV 6, 1. Procop. bell. Vand. I 4. 11 p. 185. 204 Bonn. Olympiod. frg 17, FHG IV 61. Oros. VII 42, 11; der
Magister officiorum, Ammian. XXX 2, 11;
die Comites scholarum, Nov. Theod. 21;
die Comites und Duces in den Provinzen, Ammian. XXVIII 6, 21. Cod. Theod. VIII 1, 16. IX 27, 3;
die Comites Gothorum, Cassiod. V 14, 8. IX 13, 1;
die Statthalter der Provinzen, Cod. Theod. I 35, 3. Cod. Iust. I 51, 3. 4. 9. Symmach. epist. II 71; 2
die Principes der Officia, soweit sie aus den Agentes in rebus hervorgegangen sind, Cod. Theod. VI 28, 8.
Hiernach scheint der D. keinem civilen oder militärischen Beamten von einiger Bedeutung gefehlt zu haben. Um so auffälliger ist es, dass weder in der Notitia dignitatum, noch in den Verzeichnissen, welche Cod. Iust. I 27 von den Subalternen der africanischen Praefectur giebt, seiner Erwähnung geschieht. Denn dass er Officiale war, ist ausdrücklich überliefert (Cod. Iust. I 51, 6), und dem entspricht es, wenn seine Stellung als militia bezeichnet wird (Symmach. epist. III 67. Cod. Theod. VIII 1, 17. Nov. Theod. 21, 3). Vielleicht fiel er in einigen Officien mit dem Cancellarius zusammen, dem ihn Cod. Theod. I 35, 3 gleichzustellen scheint, in andern mit dem Primicerius, dessen Titel er ja auch am Hofe des Theodorich führte (Cassiod. var. X 11, 3. 12, 2); in andern bekleidete einer der Numerarii zugleich das Amt des D., bis dies im J. 433 für den Orient verboten wurde (Cod. Theod. VIII 1, 17). In der Notitia des Dux von Libya Pentapolis aus der Zeit des Anastasius bei Zachariae v. Lingenthal M.-Ber. Akad. Berl. 1879, 142 kommt der D. vor, doch fehlt dafür der Primicerius. In den Scholae palatinae nimmt der D. des Comes scholae die vornehmste Stellung ein (Nov. Theod. 21), und so war es jedenfalls auch in allen übrigen Officien, nur dass hier der Princeps ihm noch voranging. Doch dieser wurde in der Regel vom Hofe geschickt, war also nicht aus dem Officium selbst hervorgegangen und darf kaum als ihm zugehörig betrachtet werden. Bei den Comites Gothorum erhielt der D. neben zehn Annonae in Naturalien ein Gehalt von 200 Solidi (= 2532 Mark), das König Athalarich noch um 50 Solidi erhöhte (Cassiod. var. IX 13, 2), bei dem Dux von Libya Pentapolis von 126 Solidi (Zachariae v. Lingenthal a. O.). Nach Ablauf seines Dienstes erhielt der D. des Praefectus urbi den Rang eines Protector (Symmach. epist. III 67); ein Mann, der bei dem Magister officiorum diese Stellung bekleidet hat, wird später unter die kaiserlichen Notarii aufgenommen (Ammian. XXX 2, 11).
Der D. ist Vertrauensmann seines vorgesetzten Beamten (Procop. bell. Vand. I 4 p. 185 Bonn.: ὁ δὲ τῶν ἀπορρήτων Ἄσπαρι ἔφη κοινωνὸς εἶναι· δομέστικον [1298] δὲ τοῦτον τῇ σφετέρᾳ γλώσσῃ καλοῦσι Ῥωμαῖοι). Er ist daher, wenn dieser des Hochverrats verdächtig wird, in erster Linie der Folterung ausgesetzt, weil man von ihm die tiefsten Geheimnisse erpressen zu können glaubt (Ammian. XV 6, 1. XXX 2, 11. Cod. Theod. I 35, 3), und wirklich finden wir ihn mitunter in Geschäften seines Vorgesetzten thätig, die das Licht scheuen (Ammian. XXVIII 6, 21). Der Magister militum Sarus war mit seinem D. so eng befreundet, dass er vom Kaiser Honorius abfiel, als dieser die Ermordung desselben ungerächt liess (Olymp. frg. 17, FHG IV 61). Heraclianus verheiratete seine Tochter mit seinem D. (Oros. VII 42, 11; vgl. Cassiod. var. X 11. 12), und auch in Gesetzen wird dieser in der engsten Verbindung mit der Verwandtschaft des Beamten erwähnt (Cod. Theod. III 6, 1. VIII 15, 6 § 1). Ein so nahes persönliches Verhältnis kann natürlich nur auf freier Wahl beruhen, wie sie den Principes ex agentibus in rebus noch 435 gestattet wird (Cod. Theod. VI 28, 8). Dies ist auch der Grund, warum der D. immer mit dem Adsessor und dem Cancellarius zusammengestellt wird (Cod. Theod. I 35 Überschrift. VIII 15, 6 § 1. Cod. Iust. I 51 Überschrift. 3. 5. Ammian. XXVIII 6, 21), ja zeitweilig mit dem letzteren vielleicht die gleiche Person war (Cod. Theod. I 35, 3). Denn auch diese beide waren Untergebene, die dem Beamten nicht durch den Kaiser oder den Praefecten bestellt, sondern nach Belieben von ihm gewählt wurden (s. Bd. I S. 424, 47. III S. 1457, 46).
Die Gunst ihrer Vorgesetzten missbrauchten die D. oft zu Erpressungen (Cod. Theod. IX 27, 3. Cod. Iust. I 51, 3. 9. Cassiod. var. V 14, 8. IX 13, 1). Deshalb wurde auch ihnen verboten, innerhalb ihres Amtsbezirks Schenkungen anzunehmen oder eine Verlobung zu schliessen (Cod. Theod. III 6. VIII 15, 6). Nach Ablauf ihrer Dienstzeit sollten sie noch mindestens 50 Tage in der Provinz bleiben, um jedem Gelegenheit zu Anklagen zu bieten (Cod. Iust. I 51, 3. Cod. Theod. I 35, 3), und erfolgte eine solche, so wurde dem früheren Vorgesetzten die Pflicht auferlegt, den D. zur Stelle zu schaffen (Cod. Iust. I 51, 9). Im J. 404 machte man sogar den Versuch, sie bei den Statthaltern von jeder amtlichen Thätigkeit auszuschliessen und nur zu Gesellschaftern ihrer Vorgesetzten zu machen. Dass man diese Bestimmung theoretisch über ein Jahrhundert aufrecht erhielt, geht aus ihrer Aufnahme in den Codex Iustinianus hervor (I 51, 4); wie weit sie durchführbar war, ist eine andere Frage. Bei den Magistri militum versehen sie die wichtigen Geschäfte der Intendantur (Malch. frg. 16, FHG IV 123. Cod. Iust. XII 37, 19 pr. § 4. Procop. bell. Vand. I 11 p. 204 Bonn.) und werden manchmal auch mit dem Commando einzelner Truppenteile betraut (Procop. a. O.). Auch bei den Praefecti praetorio scheinen sie mit der Erhebung und Verwaltung des einlaufenden Kornes betraut gewesen zu sein (Isid. Pelus, epist. I 300 = Migne G. 78, 357).
Der Neid der übrigen Officialen auf den fremden Eindringling und der Wunsch, möglichst vielen die ansehnliche Stellung eines D. zugänglich zu machen, führten dazu, die freie Wahl desselben durch seinen Vorgesetzten sehr zu beschränken. [1299] Nach dreijähriger Amtszeit (Cod. Theod. I 35, 3) sollte er zufolge eines Gesetzes vom J. 415 bei den Statthaltern abdanken müssen und nicht zum zweitenmal wählbar sein (Cod. Iust. I 51, 5); die gleiche Bestimmung wurde 417 auch auf die Domestici der Duces ausgedehnt (Cod. Theod. VIII 1, 16 = Cod. Iust. I 51, 6). Nach einem Gesetz von 423 musste der D. seine drei Jahre im Amt bleiben, auch wenn unterdessen der Statthalter wechselte, und wurde später nicht durch diesen, sondern von den Officialen der obersten Bangstufen, wahrscheinlich aus ihrer eigenen Mitte, gewählt (Cod. Theod. I 35, 3). Die Comites scholarum durften ihre Auswahl nur unter den Soldaten der höchsten Rangstufe treffen (Nov. Theod. 21). So blieb die unbeschränkte Wahlfreiheit nur für die Principes ex agentibus in rebus (Cod. Theod. VI 28, 8) und wahrscheinlich auch für die allerhöchsten Reichsbeamten bestehen, wodurch das Amt des D. in den mittleren Stufen seinen ganzen Charakter verändert haben muss. Bei den Inschriften, die einen D. nennen (CIL III 2656. V 8738. 8743. VIII 2272), lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, ob dieser Officiale oder der protector d. gemeint ist. Valesius zu Ammian. Marc. XV 6, 1. Gothofredus zum Cod. Theod. I 12, 3. Mommsen Neues Archiv, der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde XIV 504.
[Seeck.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
Antikes Griechenland
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