9) Athener (Σουνιεύς, sein Sohn Diphilos erscheint als Trierarch 325/4 und 323/2, CIA II 809 d 53. 811 b 105). Er führte (wahrscheinlich 343/2, Philoch. frg. 134 M. [so auch Westermann in Paulys Realencycl.], Schäfer Demosth.² II 451. III 442 setzt seine Sendung zu früh an) als Strateg eine neue Sendung von Kleruchen nach der thrakischen Cherrones (Argum. Demosth. VIII. Demosth. IX 15); obwohl die Athener die Unabhängigkeit von Kardia bereits früher (357) und dann wieder im Frieden des Philokrates aus¬drücklich anerkannt hatten und diese Stadt mit Philipp von Makedonien im Bündnis stand, versuchte D. auch deren Gebiet in die Besiedlung einzubeziehen und sich damit dieser für die Behauptung der Cherrones wichtigen Position zu bemächtigen. In den durch Kardias Widerstand sich entspinnenden Zwist griff Philipp mit dem an die Athener gerichteten Vorschlag ein, die Streitfrage durch ein Schiedsgericht entscheiden zu lassen (Ps.-Demosth. VII 41ff.), er wurde aber mit diesem sowie mit seinen übrigen Anträgen auf Hegesippos Betreiben hin (in der Rede über die Halonnes) abgewiesen (342). Darauf schickte er den Kardianern Truppen zu Hülfe (Demosth. VIII 58. 64. IX 35. Ps.-Demosth. XII 11); D., der unterdes ein Corps von Söldnern angeworben hatte, zu dessen Unterhalt er die den Hellespont passierenden Handelsschiffe eine Abgabe zu zahlen zwang, und der auch sonst Ausschreitungen beging (Demosth. VIII 9. 10. 24ff.j, fiel dafür in das angrenzende makedonische Gebiet ein und verheerte es, zog sich aber beim Herannahen [1048] Philipps, der unterdessen mit einem Feldzug gegen Thrakien beschäftigt gewesen war, in die Cherrones zurück (Argum. Demosth. VIII. Ps.-Demosth. XII 3). Damit war der seit 346 mit Makedonien bestehende Friede gebrochen; es ist durchaus wahrscheinlich – das Verhalten gegen Kardia spricht dafür –, dass man es bei D.s Vorgehen von Anfang an mit einem planmässigen Anschlag der antimakedonischen Partei in Athen zu thun hat, welcher darauf abzielte, den Krieg zu provocieren (Beloch Attische Politik seit Perikles 276ff.; Griech. Gesch. II 547). Die Beschwerden, welche Philipp deshalb gegen D. in Athen erhob, wurden durch die Redner der ihm geneigten Partei unterstützt, welche die Entlassung von D.s Söldnern, die Abberufung des Strategen (D. muss auch 342/1 Strateg gewesen sein) und dessen strenge Bestrafung nach den bestehenden Gesetzen forderten (Argum. Demosth. VIII 5. Demosth. VIII 27ff.). Demgegenüber trat Demosthenes als Wortführer der Kriegspartei mit seiner Rede über die Cherrones auf (März 341, Blass Att. Beredsamkeit² III 1, 368), in welcher er, ohne D.s Verhalten selbst rechtfertigen zu können, die Discussion auf das Gebiet der allgemeinen Politik hinüberspielte; er erreichte damit, dass D. nicht blos in seinem Commando belassen ward, sondern auch Verstärkung erhielt (Demosth. IX 15. 73. Ps.-Demosth. XII 3). Vgl. Schäfer Demosth.² II 450ff. D. suchte noch weiter Philipp möglichst Abbruch zu thun, nahm dessen Gesandten Amphilochos gefangen (Ps.-Demosth. XII 3) und eiferte die Byzantier, gegen welche Philipp vorzugehen beabsichtigte, zum Widerstand an (ebd. 16). Er blieb in seiner Stellung während Philipps Krieg gegen Byzanz; als die makedonische Flotte nach Aufhebung der Belagerung durch den Hellespont zurückfuhr (339), hat ihr D. wahrscheinlich ein Seegefecht geliefert Sauppe Orat. Attici II 310. Schäfer a. a. O.² II 516). Nach Schäfers Vermutung (a. a. O.) ist er um diese Zeit umgekommen. Ob er, wie J. G. Droysen (Kleine Schriften zur alten Geschichte 1232) und Schäfer a. a. O.² II 484 glauben, derselbe D. ist, dem nach Aristot. Rhetor. 1386 a 13 der Perserkönig ein Geschenk sandte, das erst nach seinem Tode eintraf, ist unsicher.
[Swoboda.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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