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Dioecesis (διοίκησις) ist ein aus den Gebieten des hellenistischen Ostens in das römische Staatsrecht der Kaiserzeit eingedrungener Terminus zur Bezeichnung eines geschlossenen Bezirks, der einer einheitlichen Verwaltung unterstellt ist. v. Wilamowitz hat die Vermutung ausgesprochen (bei Schulten De conventibus civium Romanorum 12. 2, dazu Schulten ebd. 126ff.), dass im pergamenischen Reich der Ursprung von Sache und Wort zu suchen sei. Die Richtigkeit dieser Vermutung scheint mir die, allerdings nicht technische, sondern abusive Verwendung von D. für die von den Römern neugeschaffenen (Strab. XIII 629) Conventus iuridici (s. oben Bd. IV S. 1175, wo ich diese Anwendung von D. allerdings noch als technische aufgefasst habe) zu bestätigen. Ausser den griechischen Schriftstellern der Kaiserzeit (Strab. a. a. O. und 631. Dio Chrysost. II 205. 208 R.) gebraucht nämlich schon Cicero den griechischen Ausdruck für conventus, bezw. für das bei ihm in gleicher Bedeutung vorkommende Wort forum; vgl. ad Att. VI 2, 4 omnium dioecesium praeter Ciliciae mit ebd. V 21, 9; in dem letzteren Brief § 7 mirifica exspectatio Asiae nostrarum dioecesium; ad fam. III 8, 4 cum ego Laodicea usque ad Iconium iter ita fecerim, ut me omnium illarum dioecesium quae cis Taurum sunt, [717] worauf in § 5 als Mittelpunkt dieser dioeceses genannt werden: Laodicea, Apamea, Synnada, Philomelium, Iconium und dementsprechend an der schon angeführten Stelle ad Att. V 21, 9 forum institueram agere Laodiceae Cibyraticum et Apamense, … ibidem Synnadense, Pamphylium, Lycaonium (d. i. das forum von Philomelium), Isauricum (Iconium). Besonders hervorhebenswert aber ist die Stelle ad fam. XIII 67, 1: ex provincia mea Ciliciensi, cui scis τρεῖς διοικήσεις Asiaticas attributas fuisse, nullo sum familiarius usus quam Androne, Artemonis filio, Laodicensi. Es handelt sich, wie das letzte Wort zeigt, um die drei Convente von Laodicea, Synnada und Apamea. Hier ist, worauf die Anwendung der griechischen Schreibung der Worte schon hinweist, D. nicht als einfache Übersetung von conventus zu betrachten, vielmehr scheint es sich hier um drei Bezirke administrativer Art aus vorrömischer, d. h. pergamenischer Zeit zu handeln, die von den Römern als Conventus iuridici dann benutzt worden sind. Um diese Vermutung weiter zu stützen, diene noch folgendes: der Conventus von Laodicea heisst nicht, wie man erwarten sollte, nach Analogie aller übrigen nach dem Vorort conventus Laodicensis bezw. forum Laodicense, sondern conventus Cibyraticus oder forum Cibyraticum. Es muss hier einmal ein Bezirk mit Cibyra als Hauptstadt bestanden haben, und das war wohl die διοίκησις Κιβυρατική oder abgekürzt ἡ Κιβυρατική (vgl.-Strab. XIII 631: οὐδὲν δ’ ἧττον ἐν ταῖς μεγίσταις ἐξετάζεται διοικήσεσι τῆς Ἀσίας ἡ Κιβυρατική), ursprünglich ein pergamenischer Verwaltungssprengel, in dem die Römer bei der Umwandlung in einen Conventus Laodicea (Plin. n. h. V 105; vgl. Art. Conventus) zur Hauptstadt gemacht haben. Weil bei diesen drei Sprengeln vorrömische διοικήσεις und römische Conventus sich deckten, ist dann offenbar Cicero dazu gekommen, stellenweise die Convente oder, wie er sie meist nennt, die Fora alle als Dioecesen zu bezeichnen, und derselbe Umstand hat dann den griechischen Schriftstellern die Übersetzung διοίκησις für das lateinische Wort conventus an die Hand gegeben, während sie forum wörtlich durch ἀγορά (Dio Chrysost. II 69 R.) oder ὁ ἀγόραιος sc. διοίκησις (Strab. XIII 620. Herod. VI 2. Joseph. ant. XIV 10. 21. Acta apost. 19), conventus durch σύνοδος (Dio Chrysost. II 69 R.)! wiedergeben. Die so mit einiger Wahrscheinlichkeit für das pergamenische Reich erschlossenen Dioecesen waren aber in diesem Staat nicht nur Gerichtsbezirke (die conventus iuridici sind, wie gesagt, eine ureigene Schöpfung der Römer, Strab. XIII 629), sondern wahrscheinlich Sprengel allgemein administrativer Art. Dafür spricht der Umstand, dass auch die Römer später die Teilbezirke ihrer grösseren Provinzen technisch dioeceses genannt haben, offenbar in Anlehnung an das Vorbild eines griechischen Staates. Ursprünglich waren aber die pergamenischen Dioecesen wohl weiter nichts als städtische Bezirke: die dioecesis Κιβυρατική oder die Κιβυρᾶτις war das Stadtterritorium von Cibyra. D. war nämlich offenbar auch schon in vorrömischer Zeit der Terminus technicus einer Stadtmark; denn an der Stelle, wo Cicero das Wort in diesem Sinne gebraucht, [718] bedient er sich wieder der griechischen Schreibung, ad fam. XIII 53, 2 ut in illam διοίκησιν reicias, was gesagt ist mit Bezug auf die kurz vorher erwähnte civitas Pariana.

Dementsprechend lässt sich auch in römischer Zeit eine doppelte Anwendung von D. verfolgen, 1. zur Bezeichnung des städtischen Verwaltungsgebietes, des Stadtterritoriums, statt der lateinischen Ausdrücke ager und territorium; 2. zur Bezeichnung der innerhalb der grössern Provinzen geschaffenen Teilbezirke administrativer Art, die von einzelnen, dem Provincialstatthalter unterstellten Legaten verwaltet wurden.

1. Als Stadtterritorium begegnet D., abgesehen von der schon angeführten Cicerostelle (ad fam. XIII 53, 2), in der Inschrift CIG 3902 b ἐν ταῖς τῶν διοικήσεων ἀφηγουμέναις πόλεσι (so Brandis Art. Asia in Bd. II S. 1545, wonach meine Ausführung im Art. Conventus Bd. IV S. 1179 zu berichtigen ist). In späterer Zeit (etwa seit dem 2. Jhdt. n. Chr.) concurriert mit D. in dieser Beziehung ausser territorium auch das lateinische Wort regio (s. d.), das ursprünglich nur einen geographischen Begriff und keine administrative Einheit bedeutete, Jung Mitteilungen des Inst. für österreich. Geschichtsforsch. Erg.-Bd. V S. 11. Mommsen Kiepert-Festschrift 102 mit Anm. 4. Jedoch im Osten ist D. immer bevorzugt geblieben und ist schliesslich zuerst wohl hier aus der staatlichen in die kirchliche Terminologie übergegangen, als die autonome Stadtgemeinde Sitz eines Bischofs geworden war.

Wo D. zur Bezeichnung des Sprengels eines kaiserlichen Procurators in der Domanialverwaltung auftritt, lässt es sich leicht als Bezirk dieser oder der gleich zu besprechenden Art erweisen. Der hadrianische Procurator ad dioecesim Alexandriae, CIL III 431, griechisch: ἐπὶ διοικήσεως [Ἀλεξανδρείας] Bull. hell. 1879, 259, vgl. Acta martyr. ed. Ruinart p. 311. Euseb. hist. eccl. VIII 9 ist Verwalter des Patrimoniums im Gebiet Alexandrias, Rostowzew Philol. LVII 1898, 576f. Ist also hier in Ägypten D. ein städtischer oder dem gleich zu erachtender Bezirk, so vermute ich in dem einzigen Fall, in dem in der africanischen Domanialverwaltung D. auftritt, nämlich in d. Hadrumetina zur Bezeichnung des procuratorischen Domänenbezirkes um Hadrumetum (CIL VIII 11 341. 7039), dass hier derselbe zusammenfällt mit dem Verwaltungssprengel eines Legaten des Proconsuls, worüber weiter unten gehandelt wird. Die technische Bezeichnung des Domänensprengels ist tractus (s. d.) oder regio (s. d.), Hirschfeld Verwaltungsgeschichte I 45. Schulten Die römischen Grundherrschaften 62ff.

2. Am umfangreichsten ist die Verwendung des Wortes zur Bezeichnung des provincialen Teilbezirks in der Kaiserzeit. Nicht alle Provinzen haben aber die Einteilung in Dioecesen, sondern offenbar nur die, deren Statthalter mehrere Legaten zur Verfügung hatten; das sind von den senatorischen Provinzen Africa und Asia, deren Proconsuln, weil sie consularischen Ranges waren, je drei Legaten zur Seite standen (Cass. Dio LIII 14 ex.), von den kaiserlichen Provinzen die unter Propraetoren consularischen Ranges stehenden und mit mehreren Legionen belegten (Cass. Dio LIII 15 in. und dazu Boissevain II 424 s. Ausgabe). [719] Zu den letzteren gehört unter Augustus Hispania citerior, wo wir die erste Einrichtung der Provinz sowohl wie die spätere Entwicklung deutlich übersehen. Es sind vier Stadien der Entwicklung hier zu unterscheiden.

Nach Strab. III 166f. zerfiel die Provinz ursprünglich in drei Dioecesen:

a) die d. Callaecia, Strab. a. a. O. CIL II 2422, die Nordwestecke der iberischen Halbinsel vom Duero nordwärts umfassend, etwa das Gebiet der zwei Convente Lucensis und Bracaraugustanus (s. Art. Conventus), an der Spitze ein Legatus Augusti praetorischen Ranges, aber in der Regel ohne den Zusatz pro praetore, dem zugleich zwei Legionen (die VI Victrix und X Gemina) mit unbekanntem Standquartier unterstellt waren. Ausser dem Legaten begegnet für die D. ein besonderer Procurator, Strab. III 167. CIL II 2477 = 5616.

b) Die d. Asturia et Cantabriae, umfassend nach Strabon τὴν δ’ ἑξῆς παρόρειον μέχρι Πυρήνης, welche Worte ihre nähere Erklärung finden durch die kurz vorhergehenden: συνάπτει δὲ τούτοις (sc. τοῖς Καλλαϊκοῖς) d. i. der Dioecese Callaecia) τὰ προσάρκτια μέρη μετὰ τῶν Ἀστύρων καὶ τῶν Καντάβρων, das alte Asturer- und Cantabrerland an der Nordküste der Halbinsel bis zum Westfuss der Pyrenaeen, ebenfalls unter einem Legatus Augusti, dem eine Legion unterstand, die IV Macedonica mit dem Standquartier in der Nähe von Retortillo, so dass das territorium legionis angrenzte an die Gemeinde Iuliobriga.

c) Das übrige, bereits romanisierte Gebiet von Hispania citerior, Strabon: ἡ δὲ τρίτος τὴν μεσόγαιαν, συνέχει δὲ τὰ τῶν [τογάτων] ἤδη λεγομένων ὡς ἂν εἰρηνικῶν καὶ εἰς τὸ ἥμερον καὶ τὸν Ἰταλικὸν τύπον μετακειμένων ἐν τῇ τηβεννικῇ ἐσθῆτι. οὗτοι δ’ εἰσὶν οἱ Κελτίβηρες καὶ οἱ τοῦ Ἴβηρος πλησίον ἑκατέρωθεν οἰκοῦντες μέχρι τῶν πρὸς θαλάττῃ μερῶν; an der Spitze auch hier ein Legatus Augusti, aber ohne militärisches Commando, sondern nur für die Rechtsprechung, legatus iuridicus, der im Winter in Karthago nova oder Tarraco weilte, im Sommer dagegen das Innere bereiste, um Gerichtstage abzuhalten (Strab. a. a. O.).

Eine erste Veränderung mit dieser Ordnung der Verhältnisse durch Augustus ist unter Claudius vor sich gegangen. Damals ist die IV. makedonische Legion von Spanien nach Obcrgermanien verlegt worden, und damit ist der Sprengel dieses Militärcommandanten eingegangen; so richtig v. Domaszewski Rh. Mus. XLV 9. Ein Teil der D. (Asturia) kam zum Sprengel des callaecischen Legaten, ein anderer zum tarraconensischen, so dass wir seit Claudius nur noch zwei Dioecesen und zwar mit folgender Begrenzung zu verzeichnen haben.

a) Asturia et Callaecia bis ans Ende der neronischen Regierung noch belegt mit den beiden oben genannten Legionen, die aber erst jetzt frühestens in das Lager von Leon gelegt worden sind. Infolge des Aufstandes des Civilis kamen dieselben fort von Spanien, und es traten zwei andere an die Stelle, von denen die eine sicher die legio VII gemina war, während die zweite unbekannt ist, so v. Domaszewski Rh. Mus. XLV 8, etwas anders Hübner CIL II praef. p. LXXXIX; unter Domitian dann scheint das [720] Doppelcommando aufgelöst worden zu sein, und es blieb nur noch die legio VII gemina in dem Sprengel, v. Domaszewski a. a. O. 9f. Legaten der D. in dieser Zeit waren: T. Vinius, der im J. 68 Galba zum Kaiser machte, Suet. Galb. 14. Tac. hist. I 48. Plut. Galb. 4., D. Cornelius Maecianus im J. 79 n. Chr., CIL II 2477 = 5616, vermutlich auch der spätere Kaiser Traian unter Domitian vor dem J. 88 n. Chr., Plin. paneg. 14, vgl. Mommsen Herm. III 120. Procurator des Sprengels war im J. 79 L. Arruntius Maximus, CIL II 2477 = 5616, einen anderen aus den J. 98–102 nennen die Inschriften CIL V 534. 535 pr[oc.] Divi Nervae et imp. Caes. Nervae Traiani Aug. Germ. provin[e. H]ispaniae citer. Asturiae et Callaeciarum; CIL XII 1855 ist dem proc. provinciae Astur(iae) et Callaec(iae) gesetzt vom conventus Asturum ebenfalls unter Traian, CIL II 2643 mit proc. Asturiae et Gallaeciae gehört den Buchstaben nach ins Ende des 1. Jhdts. Interessant ist, dass die D. als procuratorischer Bezirk schon unter Traian auch provincia genannt wird.

b) Die d. Tarraconensis erhält wie die andere D. eine Vergrösserung, wahrscheinlich um den conventus Cluniensis. In domitianische Zeit gehört der älteste bis jetzt nachweisbare Legat dieser D.; er hat den Titel legatus citerioris Hispaniae, CIL V 6974–6977, also noch ohne genauere Bezeichnung des Sprengels.

Das dritte Stadium wird charakterisiert dadurch, dass in der D. Asturia et Callaecia neben dem legatus legionis auch ein legatus iuridicus für die Rechtsprechung, ebenso wie in der D. Tarraconensis, auftritt, nach v. Domaszewski (a. a. O. 10) seit domitianischer Zeit, seitdem das militärische Doppelcommando aufgelöst worden war. Doch bleibt dies unsicher; wir kennen legati iuridici dieser D. erst aus dem 2. Jhdt. Der Titel des neuen Beamten lautet: legatus Aug(usti) iuridicus Asturiae (oder Astyriae) et Gallaeciae, CIL XIV 3995 = VI 1486. VIII 2747: Suppl. 18 273 (cos. 150 n. Chr.). XII 3170 = VI 1507 (leg. Aug. et iuridicus Astyriae et Calaeciae). XII 3172. Bull. com. 1883, 216 = Dessau 1155. CIL II 2408. 2415. 2423 (aus Bracara, dem Sitz dieses Beamten). Der Militärcommandant des Landes heisst zum Unterschied jetzt leg. Aug. per Asturiam et Gallaeciam dux leg. VII: CIL II 2634, abgekürzt: leg. Aug. per Asturiam et Gallaeciam (Callaeciam) CIL XI 1183. Rev. arch. XXX (1897) 269 nr. 19. CIL X 4750 (leg. Aug. Asturicae et Callaeciae); ihm unterstehen für die beiden Landesteile noch praefecti: CIL II 4616 (praefectus Asturiae). 3271 (praefectus Gallaeciae?!). Daneben hat die D. auch weiterhin ihre eigenen Procuratoren, CIL II 2552. 2553. 2556, vgl. 2555 und 2554.

Der Legat für die Rechtsprechung in der D. Tarraconensis heisst im 2. Jhdt. zum Unterschied legatus Aug. iuridicus Hisp(aniae) citerior(is) Tarraconens(is); die ersten uns bekannten Beispiele dieser Benennung gehören unter Traian, CIL XII 3167 (v. Domaszewski a. a. O. 10). XIII 1802. VIII 8421 , vgl. auch Suppl. 14 291. Ephem. epigr. IV p. 223 δικαιοδότης Σ[πανίας] διοικήσεως Ταρρακω[νη]σίας, möglicherweise aber erst ins 3. Jhdt. gehörig (Mommsen [721] Ephem. epigr. a. a. O.); ein Procurator dieses Sprengels, CIL II 4135.

Die Verhältnisse liegen also im 2. Jhdt. so, dass die D. Asturia et Gallaecia, thatsächlich wie eine Provinz gestaltet, nur noch nicht rechtlich aus dem Verband der Gesamtprovinz Hispania citerior gelöst war. Diese Lostrennung erfolgte durch Caracalla nach dem J. 212 (CIL XIV 2613). Der erste Statthalter der neuen Provinz (= Hispania nova citerior Antoniniana) war ( C. Iulius Cerealis, CIL II 2661; Suppl. 5680; weniger correct heisst ein anderer Statthalter (CIL XIV 2941) legatus Augusti provinciar(um) As[turiae et G]allaeciae. Seltsamerweise behält auch nach der Trennung der beiden Provinzen der iuridicus der alten Provinz den unterscheiden Zusatz Tarraconensis, CIL II 3738 (cos. 280 n. Chr.). IX 1572 dagegen nur iurid(icus) Hispan(iae) cit(erioris) bezw. 1571 praefectus iuris d. Hispaniae cit.; vgl. aber auch die vielleicht erst in diese Zeit gehörige griechische Inschrift Ephem. epigr. IV p. 223 (s. o.). So ist es gekommen, dass diese Provinz seit Diocletian den Titel provincia Tarraconensis führt.

Viel schlechter ist unsere Kenntnis betreffs der Dioecesen der senatorischen Provinzen Africa und Asia bestellt, in denen wir entsprechend der Dreizahl der Legaten auch je drei Sprengel vermuten dürfen.

In Africa kennen wir die Namen von 3 Dioecesen, die durch legati proconsulis verwaltet wurden:

1. Dioecesis Carthaginiensis mit Sitz des Legaten in Karthago. Titel: legatus provinciae Africae dioecesis (oder dioeceseos) Carthaginiensis, CIL II 4510. 4511. XIV 3599. 3600. IGS I 89 = Le Bas II 57 (hadrian. Zeit vor dem J. 129 n. Chr.). CIL II 1262. Rev. arch. XXXIII (1898) 442 nr. 111: legatus Karthaginis.

2. Dioecesis Hipponiensis. Der Sitz dieses Legaten, glauben manche (Mommsen Ephem. 4 epigr. I p, 133. Marquardt Röm. St.-V. I² 467. Mommsen CIL VIII p. 468), sei Hippo Diarrhytus, weil Plinius (ep. IX 33) von der Amtshandlung eines legatus proconsulis daselbst erzählt; aber daraus folgt doch noch nicht, dass dieses Hippo der Sitz des 2. Legaten und die Hauptstadt der in Frage stehenden D. gewesen sei. Vielmehr glaube ich, dass Hippo regius der zweiten D. den Namen gegeben hat (so ursprünglich Mommsen Berichte der sächs. Gesellschaft 1852, 219; vgl. CIL VIII praef. p. XVI), da dieser nördliche, am Meer gelegene Teil des alten Numidien in späterer, besonders noch in nachdiocletianischer Zeit, dann allerdings auch unter dem Namen Numidia, als besonderer Sprengel erscheint (vgl. CIL VIII Suppl. 18 909 ein procurator per t[ractum] utriusque Numidiae aus severischer Zeit. Not. dign. occ. XVIII 3. CIL VI 1690. 1691 für den Consul vom J. 340 n. Chr., vgl. Mommsen zu der Inschrift und CIL VIII p. 468). Titel des Legaten vor Diocletian; legatus provinc. Africae dioeceseos Hipponiensis, CIL IX 1592 (Zeit des Commodus). X 5178 (regionis Hipponiensis aus severischer Zeit).

3. Die dritte D. war das übrige Numidien unter dem legatus legionis III Aug., welche im 1. Jhdt. in Theveste, im 2. in Lambaesis lag. Der Legionslegat unterstand bis zum J. 37 n. Chr.

[722] dem Proconsul. Dieser Militärsprengel war wohl von vornherein auch ein eigener procuratorischer Bezirk, CIL VIII 7053. 2276. 8328. 8329 Add.

Das J. 37 brachte in Africa eine grosse Veränderung. Die Neuerung des Caligula (Cass. Dio LIX 20. Tac. hist. IV 48; am besten darüber Mommsen Berichte der sächs. Gesellsch. 1852, 213ff.) bestand darin, dass der Legionslegat unabhängig vom Proconsul von Africa gemacht und direct dem Kaiser unterstellt, aus einem legatus proconsulis zu einem legatus Augusti wurde. ,Indes war dies nur eine Teilung des Amtes, nicht der Provinz Africa, welche nach wie vor als eine administrative Einheit betrachtet ward, nur dass ihr nicht mehr wie bisher ein einziger Statthalter vorstand, sondern zwei von verschiedenen Behörden ernannte und von einander unabhängige Beamte, von denen der eine auf die Civilverwaltung beschränkt war und daher nur in den Districten fungierte, in welchen regelmässig keine Truppen standen, während der andere die sämtlichen Truppen befehligte und in den Districten, wo sich die Standquartiere befanden, auch die Civilverwaltung versah (ἑτέρῳ τό τε στρατιωτικὸν καὶ τοὺς Νομάδας τοὺς περὶ αὐτὸ προςέταξεν, Dio). Dem Resultat nach lief dies allerdings auf die Teilung der Provinz Africa in zwei Verwaltungssprengel hinaus; allein die Fiction der Einheit der Provinz war doch insofern auch von praktischer Bedeutung, als sie dem kaiserlichen Legaten gestattete, seine Truppen nötigenfalls durch und in das Gebiet des Proconsuls ohne vorherige Anfrage zu führen, was nach dem geographischen Verhältnis der beiden Districte unvermeidlich war, und, wenn in dem Sprengel des Proconsuls militärische Hülfe notwendig schien, die Truppen ohne die Aufforderung, ja gegen das Verbot des senatorischen Statthalters einrücken zu lassen‘ (Mommsen a. a. O. 214f.). Demgemäss kommt Numidien auch nach dem J. 37 n. Chr. die Bezeichnung provincia rechtlich nicht zu, wenn auch thatsächlich eine neue (kaiserliche) Provinz geschaffen war. Die Titulatur des kaiserlichen Legaten ist sehr schwankend: die im Land errichteten Monumente nennen ihn gewöhnlich nur leg. Aug. pro pr., höchstens mit dem Zusatz leg. III Aug. oder provinciae Africae (Index zu CIL VIII p. 1065f.), einmal diese beiden Zusätze combinierend legatus Aug. pro pr. [provinciae Africae et legionis] III [Aug.], CIL VIII 1851 (unter Domitian). In den ausserhalb Numidiens errichteten Denkmälern wird gewöhnlich ,eine Hinweisung auf Africa hinzugefügt, jedoch in sehr verschiedenartiger Weise‘ (Mommsen a. a. O. 218). Wird die Provinz, in der der Legat wirkt, genannt, so ist es nicht Numidien, sondern Africa. Numidien blieb also, wenn sein Legat auch unabhängig vom Proconsul gemacht worden war, rechtlich ein Annex der provincia Africa, und ganz correct heisst daher der Legat auf einer späten (allerdings aber wohl noch vor Septimius Severus zu[WS 1] setzenden) Inschrift leg(atus) Aug(usti) prov(inciae) Afr(icae) dioeces(is) Numid(iae), CIL VI 1406. Dass aber diese D. gegen die eigentliche Provinz des Proconsuls abgegrenzt war und auch als Provinz bezeichnet wurde, beweisen die neugefundenen Inschriften CIL VIII Suppl. 14 882 und Comptes rendus 1894 p. 46 [723] = Rev. arch. XXIV (1894) 415 nr. 65 mit Grenzregulierungen unter Vespasian: fines [provinci]ae no[v]ae et veter(is) de[re]cti. Spätestens seit der flavischen Zeit sind also die Bezeichnungen d. Numidia und provincia Africa nova, nebeneinander hergegangen; vgl. Appian. bell. civ. IV 53. Plin. n. h. V 25 ea pars, quam Africam appellavimus, dividitur in duas provincias, veterem et novam. Ptolem. IV 21 κατὰ τὴν Νουμιδίαν τὴν καὶ Νέαν ἐπαρχίαν. Die Einheit von Africa vetus und nova wurde dann definitiv gelöst durch Septimius Severus, von dem ab an Stelle der Quasiprovinz Africa nova die provincia Numidia tritt.

Es fragt sich nun noch, wie war die Sprengeleinteilung der provincia proconsularis seit dem J. 37 n. Chr.? Es sind zwei Möglichkeiten vorhanden, entweder der Proconsul hatte von da ab nur zwei Legaten und die eigentliche Provinz desselben zerfiel dementsprechend nur noch in zwei Bezirke, die d. Carthaginiensis und die d. Hipponiensis; nominell gehörte als dritter Bezirk aber auch ferner Numidien dazu. Für diese Auffassung liesse sich anführen, dass der Proconsul auch in nachdiocletianischer Zeit nur zwei Legaten unter sich hatte (Not. dign. occ. XVIII 3 und die oben angeführten Inschriften von Legaten der Numidia proconsularis, sowie CIL VIII 1277. 928. VI 1682). Aber dem kann man entgegenhalten, dass damals die Provinz über die Hälfte kleiner war als unter dem Principat. Mir scheint es wahrscheinlicher, dass bei der Loslösung des kaiserlichen Militärsprengels die d. Hipponiensis erst überhaupt neu begründet wurde, indem der bei der provincia proconsularis verbleibende Teil von Numidien dem dritten Legaten übergeben wurde. Trifft diese Vermutung das richtige, dann sind wir gezwungen, noch eine weitere D. in Africa, vor dem J. 37 neben der Carthaginiensis und Numidia, nach dem J. 37 neben der Carthaginiensis und der Hipponiensis als dritte zu suchen. Ich glaube, es war die d. Hadrumetina. Wir haben zwar noch keine Inschrift mit einem Legaten dieser D. – CIL VIII 597 wird Suppl. 11754 allerdings ergänzt: [leg. pr]ovinciae [Africae dio]eceseos [Had]-r[um(etinae)] –, aber der procuratorische Bezirk mit der Hauptstadt Hadrumetum weist allein, wie schon bemerkt, die Bezeichnung D. auf, CIL VIII 11 341. 7039. Vor allem die letztere Inschrift, die einen proc(urator) Aug(usti) dioeceseos regionis Hadrumetinae et Thevestinae erwähnt, ist merkwürdig durch die Doppelbezeichnung d. und regio, von denen d. der umfassendere Ausdruck zu sein scheint, der die regio Hadrumetina (allein vorkommend unter einem procurator CIL VIII 11 174) und die regio Thevestina (allein CIL VI 790. VIII 7053. 11 048. XIV 176. mit der Hipponiensis verbunden, unter Traian, CIL VIII 5351) damals umfasste. Dazu kommt, dass wir auf der Lyoner Inschrift CIL XIII 1684 von einem Manne lesen, cui Divus Aurel(ius) Antoninus centenariam procuration(em) prov(inciae) Hadrymetinae dedit, dass wir also in der zweiten Hälfte des 2. Jhdts. diesen Sprengel, ähnlich wie die D. Asturia et Gallaecia, auch schon als Provinz bezeichnet sehen, was ebenfalls bis jetzt eine Singularität gegenüber allen übrigen Domänenbezirken Africas darstellt.

[724] Darnach wären vor dem J. 37 Karthago, Hadrumetum und Theveste (für Numidien) die Sitze der Legaten des Proconsuls und die Vororte der drei Dioecesen gewesen, nach dem J. 37 aber Karthago, Hadrumetum und Hippo regius, während Theveste auch fernerhin der Vorort eines Domanialsprengels blieb, der bald selbständig von einem Procurator verwaltet, bald an die Hipponiensis, bald, an die Hadrumetina angeschlossen wurde.

Über die Dioecesen von Asia wissen wir noch weniger. Dass diese Bezirkseinteilung auch hier nicht gefehlt hat, ersehen wir aus den Inschriften des L. Ranius Optatus, CIL VI 1507. XII 3170, in dessen Ämterlaufbahn dasselbe Amt einmal als legatus provinciae Asiae, das anderemal als legatus dioeceseos .... (leider unter Verlust des Namens der D.) bezeichnet wird. Vorort einer der Dioecesen war Smyrna, Aristides I p. 527 D. καὶ γὰρ ἦν ἐπὶ τῆς διοικήσεως τῆς περὶ Σμύρναν vgl. Schulten De conventibus 129. Die beiden anderen Dioecesen kennen wir nicht. Nach Analogie der Verhältnisse in Hispania citerior und Africa möchte man vermuten, dass auch die Hauptstadt der Provinz, Ephesus, nicht nur Sitz des Proconsuls, sondern auch eines seiner Legaten gewesen sei. Andererseits lernen wir zwei procuratorische Bezirke von Asia kennen, Hellespontus und Phrygia, die – Hellespontus schon in flavisch-traianischer Zeit – die Bezeichnung provincia führen (CIL V 875 vom J. 105 mit proc(urator) provinc(iae) Hellespont(i), vgl. Prosopogr. imp. Rom. II 377 nr. 435. CIL III 348 mit pro(curator) prov(inciae) Fryg(iae), dazu CIG 3888 = Journ. hell. Stud. VIII 483. Perrot Inscr. d’Asie min. p. 16, vgl. Brandis in Art. Asia Bd. II S. 1549), die also auch sehr wohl die beiden fehlenden Sprengel sein können. Denn im allgemeinen decken sich die Dioecesen mit procuratorischen Sondersprengeln, wie wir in Spanien und Africa gesehen haben. Auch sind Hellespontus und Phrygia so gut wie Asturia und Gallaecia in nachdiocletianischcr Zeit selbständige Provinzen.

Ob der eine Legat, den die Proconsuln praetorischen Ranges in den übrigen senatorischen Provinzen unter sich hatten, einen bestimmten, abgegrenzten Sprengel verwaltete, wissen wir nicht. C. Jullian (Revue historique XIX 354) entnehme ich den Hinweis auf CIL VIII 7059, wo ein legatus divi Hadriani Athenis Thespiis Plataeis item in Thessalia erwähnt wird, und auf CIL III 536, wo ein procurator provinciarum Achaiae et Epiri et Thessaliae vorkommt, wodurch die Existenz von Unterbezirken für Achaia wenigstens bewiesen wird.

Für alle kaiserlichen Provinzen unter Propraetoren consularischen Ranges, die zugleich mit mehreren Legionen belegt waren, dürfen wir nach dem Beispiel von Hispania citerior ebenfalls die Dioeceseneinteilung vermuten, so z. B. für Britannien. Dalmatien, Syrien, seit Vespasian für Kappadokien, zeitweise für Galatien, wohl auch für die Donauprovinzen, so lange sie ungeteilt waren. Das häufige Vorkommen von legati iuridici z. B. in Britannien weist direct daraufhin; aber bis jetzt ist uns noch kein Name einer Dioecese aus diesen Provinzen bekannt. Für Syrien lernen wir vielleicht aus der Bezeichnung eines [725] Statthalters der traianischen Zeit als πρεσβευτὴς καὶ ἀντιστράτηγος Συρίας, Φοινείκης, Κομμαγήνης, Fraenkel Inschriften von Pergamon II 437 = Le Bas-Waddington Asie 1722 (zwischen 102–104 n. Chr.) die Verwaltungssprengel dieser Provinz kennen. Daraus sind wohl die zwei Provinzen geworden, in die Septimius Severus Gesamtsyrien vor dem J. 198 n. Chr. zerlegte; Syria magna oder Syria Coele und Syria Phoenice, Marquardt St.-V. I² 422f. In dem zeitweise mit Kappadokien, z. B. unter den Flaviern, verbundenen Galatien erscheinen als besonders bezeichnete Bezirke Phrygia Pisidia und ein anderer Teil von Pisidia mit Antiochia als Hauptstadt, Fraenkel Inschriften von Pergamon II 451. Ptolem. V 5, 4. 4, 11. Doch blieb dieses antiochensische Pisidien kein eigener Bezirk, wie CIL III Suppl. 6818 zeigt, vgl. Mommsen bei Fraenkel a. a. O. II p. 309. Ursprünglich waren auch Armenia minor (Fraenkel II 451. CIL III Suppl. 6818) sowie Lycaonia, Isauria, Paphlagonia, Pontus Galaticus und Pontus Polemiacus Annexe der Provinz Galatien (CIL III Suppl. 6818). Dioecesen werden diese aber nirgends genannt. Ebensowenig heisst im Westen der Grenzbezirk Germania d., der im 1. Jhdt. ähnlich selbständig neben den Tres Galliae stand, wie Numidien seit dem Jahre 37 n. Chr. neben der Provincia proconsularis, vgl. Hirschfeld Comment. Mommsen. 433–447. A. Riese Forschungen zur Geschichte der Rheinlande, Frankf. Programm 1889, nur dass zwei legati consularischen Ranges in Germania gemeinsam die Cura ripae hatten und diese nicht neben einem senatorischen, sondern einem kaiserlichen Statthalter (dem der Belgica) standen. Die Legaten sind aber auch hier in erster Linie Befehlshaber der beiden germanischen Heere und erst in zweiter Linie Verwalter des dazu gehörigen Gebietes, genau wie das Mommsen für Numidien erwiesen hat, Berichte der sächs. Gesellsch. 1852, 218. Bezeichnend nun ist, dass auch hier in Germanien zuerst in der flavischen Zeit, auf alle Fälle vor dem J. 90 (Riese a. a. O. 23 u. Korr.-Bl. Westd. Ztschr. XIV 147ff.), die Bezeichnung provincia für die aus dem Gesamtbezirk nun gebildeten beiden Teile: Germania superior und Germania inferior auftritt, ohne dass sofort in jedem Falle der Titel angewendet worden wäre. Die beiden neuen Provinzen wurden aus dem gallischen Provinzengebiet so wenig herausgelöst wie die provincia Africa nova aus dem africanischen.

Es wird immer deutlicher: Seit den Flaviern, vor allem aber im 2. Jhdt. wurde der Titel provincia in immer grösserem Umfang angewendet. Provincia wurde jetzt auch schon der einer grösseren administrativen Einheit eingefügte Teil-Bezirk, der früher nur d. geheissen hätte, genannt. Das lässt sich am deutlichsten an der Entwicklung der Provinz Dacia zeigen. Von Hadrian schon in zwei Hälften zerlegt, zerfiel dieselbe unter Marcus, nachweislich seit 168 n. Chr., in drei Teile, Dacia Porolissensis, Dacia Apulensis und Dacia Maluensis, alle zusammen aber unter einem Statthalter, dem legatus pr. pr. trium Daciarum, der seit der Dreiteilung stets consularischen Rang hatte, Marquardt St.-V. I² 308ff. Die einzelnen Teile heissen aber, wenn sie überhaupt eine Bezeichnung haben, durchweg provincia, [726] namentlich in den Inschriften der Procuratoren, deren Bezirke sie bildeten, CIL III 1464. 6054. 6055, dagegen V 8659 ohne den Zusatz provincia, vgl. Marquardt a. a. O. 310. Gerade so steht es mit den oben herangezogenen Bezirken der kaiserlichen Provinzen in Asien, die auf den Inschriften der Statthalter der betreffenden Provinzen einzeln aufgezählt werden. Auch diese Bezirke können nach dem Sprachgebrauch der Zeit schon als provinciae bezeichnet werden, vgl. Suet. Vesp. 8 (Vespasianus) .... Thraciam, Ciliciam et Commagenen dicionis regiae usque ad id tempus in provinciarum formam redegit. darüber Bormann De Syria prov. 6ff. oder Ulp. Dig. XLVIII 22, 17 § 14 quibusdam tamen praesidibus ut multis provinciis interdicere possint, indultum est, ut praesidibus Syriarum sed et Daciarum, dazu Bormann a. a. O. 25f. In der Severerzeit ist dann begonnen worden, aus dieser Entwicklung die Consequenz zu ziehen; eine grosse Anzahl der nur provinciae genannten Bezirke grösserer Provincialverbände ist, wie wir in Hispania citerior, in Africa, in Syrien sahen, zu wirklichen Provinzen, d. h. selbständigen Verwaltungsbezirken unter direct dem Kaiser unterstehenden Statthaltern (soweit das letztere nicht schon vorher der Fall war) erhoben worden. In jener Zeit, bezw. im Laufe des 3. Jhdts., ist der Begriff d. in diesem Sinne aus dem römischen Staatsrecht verschwunden. Unter Diocletian endlich ist die ganze Entwicklung zum Abschluss gekommen. Provincia ist jetzt infolge der fortwährenden Teilung der alten Provincialverbände ein kleinerer Verwaltungssprengel geworden, etwa von dem Umfang der augustischen Dioecesen. Zugleich hebt mit der diocletianischen Reform des Staates, die nach dem unablässigen Zerteilen wieder ans Zusammenfassen grösserer Complexe geht, eine neue Entwicklung an, in der provincia, der kleine Verwaltungssprengel im grösseren Verbande, gewissermassen an die Stelle von d. tritt und dieser Begriff eine ganz andere Verwendung findet, nämlich zur Bezeichnung der grösseren administrativen Einheit, die zur Zusammenfassung einer Anzahl von provinciae neu geschaffen wird.

Aber die im 2. Jhdt. beginnende Provincialisierung Italiens hat auch hier D. noch einmal im alten Sinne zur Anwendung kommen lassen im Begriffe urbica d. Es geschah durch Kaiser Marcus bei seiner Ordnung des italischen Vormundschaftswesens: urbica d. (Ulp. Vat. frg. 205. vgl. Dig. XXVI 5, 20 pr. XLVIII 3, 3, dazu Mommsen Kiepert-Festschr. 105, 4) war das einem aus den Praetoren ausgewählten Magistrat unterstehende Gebiet des stadtrömischen Vormundschaftgerichts, das gegenüber dem Gesamtgebiet der italischen iuridici, den regiones, quae sunt sub iuridicis (Fragm. Vat. 232, vgl. 241). fest abgegrenzt war, und zwar, wie Mommsen (a. a. O. 105ff.) nachgewiesen hat, die Landschaften Latium, Campanien und Samnium umfassend, die auf den Inschriften der iuridici bis jetzt nicht begegnen. Ein Verzeichnis der dieser D. angehörigen Städte steht in dem mit civitates Campaniae betitelten und ex libro regionum geschöpften Anschnitt des sog. liber Äugusti Caesaris et Neronis im gromatischen Corpus (Lachmann p. 229, 12–239, 13). Denn ,Campania [727] oder vielmehr regio Campaniae ist der geographische Ausdruck für die urbica d., deren Verwendung für das Vormundschaftswesen diejenige auf andere Kreise der kaiserlichen Verwaltung nicht ausschliesst,‘ Mommsen a. a. O. 107f.; vgl. auch Liebenam Städteverwaltung 486f.

3. Dioecesis in der Reichsverwaltung von Diocletian ab. Provincia und d. haben, wie gesagt, seit der durch Diocletian und Constantin neugeschaffenen Ordnung der Reichsverwaltung den Platz gewechselt. Nunmehr bezeichnet D. die grössere administrative Einheit, im allgemeinen einem vicarius unterstehend, der neben sich noch einen oder mehrere höhere Finanzbeamte (rationales) hatte, ein rationalis Asianae dioeceseos in der Inschrift von Orcistus vom J. 331 n. Chr. CIL III 352 = Suppl. 7000 III 24. Die Unterabteilungen dieser grösseren Verwaltungseinheiten, in die das Gesamtreich zerfällt, aber bildeten die provinciae unter ihren meist praesides genannten Statthaltern. Unsere Kenntnis der ursprünglich von Diocletian geschaffenen Dioeceseneinteilung des Reiches beruht auf dem um 297 verfassten Veroneser Provinzenverzeichnis, herausgegeben von Mommsen Abh.. Akad. Berl. 1862, 489ff. und von Seeck in seiner Ausgabe der Not. dign. p. 247ff. Mommsen (a. a. O.) und ihm folgend Czwalina (Über das Verzeichnis der römischen Provinzen vom J. 297, Progr. des Gymn. zu Wesel 1881) halten das Verzeichnis [728] für frei von Interpolationen, während E. Kuhn (in den Nachträgen zu seinem Buche: Die städt. und bürgerl. Verfassung des röm. Reiches und in den Jahrb. für Philol. 1877, 697–719) und neuerdings auch Gelzer Kiepert-Festschr. 47–61) auf Grund der Concilienacten (bes. der Subscriptionen derselben), Gelzer vornehmlich auf Grund des Verzeichnisses der Väter von Nicaea, Nachträge in der Veroneser Liste aus dem 4. Jhdt. glauben nachweisen zu können. Die Veränderungen der ursprünglichen Ordnung im 4. und 5. Jhdt. erfahren wir durch die späteren Provincialverzeichnisse: das breviarium des Rufius Festus, geschrieben um 369, die in den geographischen Abschnitten bei Ammianus Marcellinus (Ägypten XXII 15. 16, Oriens XIV 8, Thrakien XXVII 4. 1–14, Galliae XV 9–12) zu Grunde liegende Liste (Mommsen Herm. XVI 602ff.), die Notitia dignitatum, abgefasst um 400 (ed. Seeck), das Provincialverzeichnis des Polemius Silvius vom J. 440 n. Chr., das für den Orient den Zustand in der Mitte des 4. Jhdts., für den Occident dagegen zur Zeit des Verfassers wiedergiebt (Mommsen Chron. min. I 524–527). Für den Orient kommt schliesslich noch in Betracht der um 535 redigierte Synecdemus des Hierocles, zuletzt herausgegeben von Burckhardt 1893.

Auf Grund dieser Quellen lässt sich folgendes Bild der diocletianischen Dioecesenordnung und ihrer Entwicklung entwerfen:
I. II. III.
Unter Diocletian und Constantin Um das Jahr 400 n. Chr. Vor dem Jahre 535.
(Veroneser Verzeichnis.) Notitia dignit. Hierocl.
I. Dioecesis Orientis,
offenbar ursprünglich Immediatbezirk des praefectus praetorio Orientis, dann unter dem vicarius Orientis, betitelt spätestens seit 331 comes Orientis bezw. Orientis, Aegypti et Mesopotamiae; ihm untergeben der praefectus Aegypti, der Vorsteher aller ägyptischen Provinzen, eine Zeit lang auch ein bes. vicarius Mesopotamiae; die d. bestand aus den Provinzen: Zwischen 365 und 386 wurde die Dioecesis Orientis geteilt in:
I a. Dioecesis Aegypti unter dem
praefectus Augustalis Aegypti. Provinzen der d.:
Libya superior (pentapolis)
Libya inferior (sicca):
Thebais:
Aegyptus:
Augustamnica:
Arcadia Dioecesis Aegypti:
Libya superior
Libya inferior
Thebais inferior
Thebais superior
Aegyptus
Augusta I
Augusta II
Arcadia
Über Veränderungen unter Iustinian im J. 535/6 vgl. Zachariae von Lingenthal De dioecesi Aegyptiaca 51ff. und Diehl Iustinien 280f.
Libya superior d. i. das alte Cyrene
Libya inferior
Thebais
Aegyptus Iovia
Aegyptus Herculea
Arabia (Provinz von Petra,
nach Gelzer Provinz von
Bostra)
[Arabia Augusta Libanensis]
(getilgt von Kuhn u. Gelzer)
Palaestina
Phoenice
Syria Coele
[Augusta Euphratensis]
(getilgt von Kuhn und Gelzer)
Cilicia
Isauria
Cyprus
Mesopotamia
[Osroene] (getilgt von
Kuhn und Gelzer) I b. Dioecesis Orientis
unter dem comes Orientis:
Arabia
Palaestina I
Palaestina II Palaestina III (salutaris)
Phoenice
Phoenice Libanesis
Syria
Syria salutaris
Euphratensis (eingerichtet vor 359)
Cilicia I
Cilicia II
Isauria
Cyprus
Mesopotamia
Osroene Dioecesis Orientis:
Arabia
Palaestina I
Palaestina II
Palaestina III
Phoenice
Phoenioe Lihanesia
Syria I
Syria II
Euphratesia
Cilicia I
Cilicia II
Isauria
Cyprus
Mesopotamia
Osrhoene
Nach 535 noch eine weitere Provinz Theodorias, vgl. Diehl a. a. O. 280, 2.

[729]

II. Dioecesis Ponticae unter dem vicarius d. Ponticae:
Bithynia
Cappadocia
Galatia
Paphlagonia
Diospontus
Pontus Polemiacus
Armenia minor Bithynia
Cappadocia I
Cappadocia II
Galatia

Galatia salutaris
Paphlagonia
Honorias
Helenopontus
Pontus Polemiacus
Armenia I
Armenia II || Bithynia
Cappadocia I
Cappadocia II
Galatia
Galatia
Paphlagonia
Honorias
Helenopontus
Pontus Polemiacus
Armenia I
Armenia II
Nach 535 noch zwei weitere
Provinzen Armenien:
Armenia III } \left.{\begin{aligned}\\\end{aligned}}\right\} vgl. Diehl 280
Armenia IV } \left.{\begin{aligned}\\\end{aligned}}\right\} vgl. Diehl 280.

III. Dioecesis Asiana unter dem vicarius d. Asianae, abgesehen von den Provinzen Asia (Proconsul), Hellespontus (Consularis) und Insulae (Praeses), über welche drei Provinzen der dem Kaiser direct unterstehende Proconsul von Asia die Oberaufsicht hatte. Provinzen:
Pamphylia
Phrygia
[Phrygia II] (getilgt von
Kuhn und Gelzer)
Asia
Lydia
Caria
Insulae Pisidia
[Hellespontus] (getilgt von
Kuhn und Gelzer) Pamphylia
Lycia (eingerichtet zw. 313 u. 325)
Phrygia I
(Pacatiana)
Phrygia salutaris
Asia
Lydia
Caria
Insulae (Cyclades)
Pisidia
Lycaonia (mindestens seit 373)
Hellespontus Pamphylia
Lycia
Phrygia Pacatiana
Phrygia salutaris
Asia
Lydia
Caria
Insulae
Pisidia
Lycaonia
Hellespontus
Dazu nach 535 noch:
Nea Iustiniana (Diehl 280, 2)

IV. Dioecesis Thraciae oder Thraciarum unter dem vicarius Traciarum:
Europa
Rhodope
Thracia
Haemimontus
Scythia
Moesia inferior Europa
Rhodope
Thracia
Haemimontus (auch Thracia II)
Scythia
Moesia II (inferior) Europa
Rhodope
Thracia
Haemimontus
Scythia
Moesia.

V. Dioecesis Moesiarum = Illyricum orientale, später blos Illyricum:
ursprünglich wohl Immediatbezirk
des praefectus praet. Illyrici: V a. Dioecesis Dacia
(Immediatbezirk): V a. Dioecesis Dacia
(Immediatbezirk):
Dacia
Moesia superior Margensis
Dardania
Praevalitana
Macedonia
Thessalia
Achaia (unter einem Proconsul,
fehlt im Veron. Verz.)
Epirus nova
Epirus vetus
Creta Dacia ripensis
Moesia I (superior)
Dardania
Dacia mediterranea
Praevalitana
V b. Dioecesis Macedonia unter
einem vicarius Macedoniae:
Macedonia
Macedonia salutaris
Thessalia
Achaia unter einem Proconsul
Epirus nova
Epirus vetus
Creta Dacia ripensis
Moesia
Dardania
Dacia mediterranea
Prebalis
Pannonia
V b. Dioecesis Macedonia unter
einem vicarius Macedoniae:
Macedonia I
Macedonia II (nach 535 mit
Dardania eine Provinz)
Thessalia
Hellas (Achaia)
Epirus nova
Epirus vetus
Creta.

VI. Dioecesis Pannoniarum = Dioecesis Illyricum occidentale:
ursprünglich wohl mit Italien der Immediatbezirk des praef. praet. Italiae mit dem Sitz in Mailand:
Pannnonia inferior
Savensis
Dalmatia
Valeria
Pannonia superior
Noricus ripensis
Noricus mediterranea Pannonia II
Savia
Dalmatia
Valeria bei Silvius, Valeria ripensis
unter einem dux in der Notitia
Pannonia I
Noricum ripense
Noricum mediterraneum.

[731]

VII. Dioecesis Britanniarum = Dioecesis Britanniae unter dem vicarius Britanniarum:
Prima
Secunda
Maxima Caesariensis
Flavia Caesariensis Brittannia I
Brittannia II
Maxima Caesariensis
Flavia Caesariensis
Valentia.

VIII. Dioecesis Galliarum = VIII. und IX. combiniert) Galliae' (17 Provinzen):
Immediatbezirk des praef.
praet. Galliarum: unter dem vicarius septem provinciarum:
Belgica I
Belgica II
Germania I
Germania II
Sequania Lugdunensis I
Lugdunensis II
Alpes Graiae et Poeninae Belgica I
Belgica II
Germania I
Germania II
Maxima Sequanorum
Lugdunensis I
Lugdunensis II
Lugdunensis III
Lugdunensis Senonia
Alpes Poeninae et Graiae.

IX. Dioecesis Viennensis = Septem provinciae)
oder quinque provinciae
unter einem vicarius:
Viennensis
Narbonensis
[Narbonensis II] (getilgt von Kuhn
Novem populi
Aquitanica
[Aquitanica II] (getilgt von Kuhn)
Alpes Maritimae Viennensis
Narbonensis I
Narbonensis II
Novempopuli (Novempopulana)
Aquitania I
Aquitania II
Alpes Maritimae.

X. Dioecesis Italiciana:
Zunächst geteilt in 2 Teile: pars urbicaria (Rom), pars annonaria (Mailand), offenbar unter dem corrector utriusque Italiae, CIL VI 1693. Mommsen Kiepert-Festschr. 108, 5. Seit der Zeit zwischen 306 und 320 zwei Vicare an der Spitze, vicarius Italiae (Mailand), vicarius in urbe (Rom), unter ihnen 12 Verwaltungsbezirke: X a. Dioecesis Italiae = regiones annonariae unter dem vicarius Italiae in Mailand:
Raetia I
Raetia II
Venetia et Histria
Aemilia Liguria
Alpes Cottiae
Flaminia et Picenum
annonarium, kurz Flaminia.
Byzantinische Zeit
(6. Jhdt.)
vgl. Mommsen Chron. min. I 533. Jung Mitt. des Inst. für Österreich. Geschichtsforschung Erg.-Bd. V 19:

Venetia et Histria
Aemilia
Liguria
Alpes Cottiae
Alpes Apenninae
Flaminia

Raetia
Venetia (et) Histria
Aemilia (et) Liguria
Alpes Cottiae } \left. \begin{align} \\ \\ \end{align} \right\} pars
anno-
naria X b. Regiones suburbicariae (urbicariae) unter dem vicarius urbis Romae: Picenum
Valeria
Nursia
Tuscia
Campania

Flaminia (et)
Picenum

Tuscia (et)
Umbria } \left.{\begin{aligned}\\\\\\\\\end{aligned}}\right\} nördl. Teil
zur pars
annonaria,
südl. Teil
zur pars
urbicaria Picenum suburbicarium, kurz Picenum
Valeria
Tuscia et Umbria
Campania Samnium
Apulia
Calabria
Lucania
Bruttii.

Campania (et) Samnium
Apulia (et) Calabria
Lucania (et) Bruttii
Corsica
Sardinia
Sicilia } \left.{\begin{aligned}\\\\\\\\\end{aligned}}\right\} pars
urbi-
caria Apulia et Calabria
Bruttii et Lucania
Corsica
Sardinia
Sicilia Sardinia und Corsica wurden 439 von den Vandalen besetzt und nach ihrer Wiedereroberung 534 zu Africa geschlagen.

XI. Dioecesis Hispaniarum = Dioecesis Hispaniae unter dem vicarius Hispaniarum:
Baetica
Lusitania
Karthaginiensis
Gallaecia
Tarraconensis
Mauritania Tingitana Baetica
Lusitania
Carthaginiensis
Gallaecia
Tarraconensis
Baleares (insulae)
Tingitana.

[733]

XII. Dioecesis Africae unter einem vicarius, abgesehen von der Proconsularis mit ihrem direct
dem Kaiser unterstehenden proconsul, der (zeitweise) auch die Appellationsgerichtsbarkeit in
sämtlichen africanischen Provinzen ausübte (CIL VIII 1219. 1782. VI 1690. 1691)
Proconsularis Zeugitana,
Valeria Byzacena
Numidia Girtensis
Numidia Militiana (Limitanea? vgl.
C. Jullian Revue hist. XIX 346)
Mauritania Caesariensis
Mauritania Sitifensis Africa
Byzacium
Numidia
Tripolitana
Mauritania Caesariensis
Mauritania Sitifensis
[Kornemann.]
Anmerkungen (Wikisource)

Vorlage: zn

Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft

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