Diffarreatio ist das Gegenstück der confarreatio (s. d.), die Auflösung der confarreierten Ehe durch eine Form, die ihrer Begründung entsprach, Paul. p. 47. Plut. quaest. Rom. 50. Eine ältere Ansicht, nach der die D. kein Scheidungsact, sondern eine Vorbereitung zu einer gegen die Frau zu vollstreckenden Todesstrafe war, darf als allgemein aufgegeben betrachtet werden (vgl. gegen sie Rein Privatrecht und der Civilprocess der Römer 1858, 456). Dagegen spricht ganz deutlich Paul. a. a. O.: diffarreatio genus erat sacrificii, quo inter virum et mulierem fiebat dissolutio; dicta diffarreatio, quia fiebat farreo libo adhibito. Dem Flamen Dialis war eine solche Scheidungsform versagt, Plut. quaest. Rom. 50. Suet. Caes. 1. Serv. Aen. IV 29. Gell. X 15 (matrimonium flaminis nisi morte dirimi ius non est. Ausnahmsweise gestattete sie Domitian in dem bei Plut. a. a. O. erwähnten Falle. Dass die dort berichteten Förmlichkeiten für die gewöhnliche Form des Geschäftes nichts beweisen, behauptet Rossbach Untersuchungen über d. röm. Ehe 1853, 127, wohl mit Unrecht, wie auch allgemein angenommen wird; denn es ist kaum zu vermuten, dass in dem Ausnahmefalle ein anderes als das gewöhnliche Verfahren beobachtet worden ist. Man zweifelt daher nicht daran, dass in allen Fällen Priester bei der D. mitwirkten, wenn es auch keineswegs feststeht, dass sie eine förmliche Cognition über die Scheidung gehabt haben (wie vielfach angenommen wird, z. B. von Czyhlarz Institutionen⁴ 252 und von Sohm Institutionen8.9 452. Cuq Les institutions juridiques des Romains 227). Dass es besondere sacerdotes confarreationum et diffarreationum gab, ist aus einer Inschrift (CIL X 6662) ersichtlich. Die Priester waren es übrigens, und nicht, wie Cuq a. a. O. behauptet, die Gatten, die bei der D. nach Plut. a. a. O. πολλὰ φρικώδη καὶ ἀλλόκοτα καὶ σκυθρωπά vornahmen. Rossbach a. a. O. 127 deutet diese schreckenerregenden Förmlichkeiten in ansprechender Weise als feierliche Verwünschungen und Flüche gegen denjenigen, welcher die Scheidung verschuldet hatte. Im übrigen wissen wir über diese Förmlichkeiten der D. nichts Näheres (Vermutungen s. bei Rossbach a. a. O. und Karlowa Röm. R.-G. II 187). Vielfach nimmt man an, dass sich die D. erst später entwickelt habe, weil die confarreierte Ehe ursprünglich untrennbar gewesen sei (so z. B. Karlowa Röm. R.-G. II 186. Puchta-Krüger10 403. Jörs in Birkmeyers Encyklopädie [Berlin 1901] 154), doch ist dies keineswegs sicher, s. u. Divortium.
Litteratur: Rossbach Untersuchungen über die röm. Ehe 1853, 127ff. Karlowa Röm. R.-Gesch. II 186ff. Rein Privatrecht und Civilprocess der Römer 1858, 455ff. Puchta-Krüger10 393 § 285 i. 403 § 291.
[R. Leonhard.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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