.
Didyma. 1) Τὰ Δίδυμα, οἱ Δίδυμοι (?) mit oder ohne τῶν Μιλησίων oder Didymaion (Διδυμαῖον). Der Name ist wie der vieler anderer karischer Örtlichkeiten, wie Idyma, Sidyma, Loryma, Kibyma, Olymos, karisch. Die Etymologie des Lukianos (astrol. 29) ist irrig. Tempelbezirk im Gebiete von Miletos in Ionien, 18–20 Stadien (in der That 4,16 km.) vom Meere und dem Hafen Panormos (Strab. XIV 634. Plin. n. h. V 112), 80 Stadien. (in Luftlinie 15 km.) von Miletos, nicht 180 Stadien, wie Plinius sagt (s. Kartenskizze). Jetzt Γέροντα (Jeronda). Neuere Litteratur (Auswahl): R. Chandler Antiquities of Ionia published by the society of Dilettanti vol. I ch. III. Edm. Chishull Ant. As. 90ff. (Donaria Apoll. Did.). Choiseul-Gouffier Voyage pittoresque I 178ff. pl. III. J. Fergusson On the temples of Diana at Ephesus and of Apollo at Didyme, London 1877. Gelzer De Branchidis, Leipz. 1869. B. Haussoullier Rev. Philol. N. S. XXII (1898) 37. 113. XXIII (1900) 2. 80 (Tempel und Inschriften); Caligula et le temple d’Apollon Didyméen ebd. XXIV 147-168. C. Haussoullier et Pontremoli Fouilles de Didymes in Revue de l’art ancien et moderne 1897 nr. 9. Hirt Gesch. d. Baukunst I 178ff. Leake Tour in Asia minor 239f. 348f. Art. Mahler Der didymaeische Apoll des Kanachos, Journ. intern, d’arch. numism. IV (1901) 124. C. T. Newton Travels a. Discoveries in the Levant II, London 1865; Discoveries at Halicarnassus, Cnidus a. Branchidae II 537ff. 147–159. 231–235. Ol. Rayet et Alb. Thomas Milet et le Golfe Latmique, Tralles, Magnésie du Meandre, Priène, Milet, Didymes, Héraclée du Latmos, Paris 1877 I und Atlas pl. 21–52. Texier Descript. de l’Asie M. II pl. CXXXVI à CXLI. Ol. Rayet in Gazette des beaux Arts XIII 2e période (1876) 497-510. XIV (1876) 50-65. 232–254. L. Ross Kleinasien u. Deutschl., Halle 1850, 131ff.; Arch. Ztg. VIII 129-134. Th. Wiegand S.-Ber. Akad. Berl. 1901, 903ff. Über das μαντεῖον vgl. Πανδώρα XV (1865) 247. Hauptwerk bis jetzt das von Ol. Rayet und Alb. Thomas. Eine bedeutende Bereicherung unserer Kenntnis wird die von Wilski besorgte Aufnahme des Geländes bringen. Münzen mit dem Apollonkopf und ℞ ἐγ Διδύμων ἱερὴ (sc. δραχμή) Löwe mit Stern (Sinnbilder des Apollon) aus der zweiten Hälfte des 4. Jhdts. Head-Sworonos Ἱστρορία τῶν Νομισμ. II 126.
Nach Paus. VII 2, 6 gab es an der Stelle des Tempelbezirkes vor der Einwanderung der Ioner und der Gründung der Stadt Miletos ein Heiligtum mit einem Orakel über einem Felsenspalt, [438] in dem eine Quelle (Iambl. de myst. 123ff. Strab. XVII 814) war, deren Dunst die Weissagepriesterin einatmete. Als der Bezirk den Milesiern gehörte, hatte die Priesterfamilie der Branchiden die Besorgung der gottesdienstlichen Geschäfte, und es hiess das Didymaion auch auch ?ερὸν τὸ ἐν Βραγχίδαις oder blos Βραγχίδαι. Von der Stadt führte mit Umgehung der Höhen eine etwa 17 km. lange Strasse (s. Kartenskizze) zum Hafen Panormos und von da 6 km. lang in südöstlicher Richtung zum Heiligtum. Das letzte Kilometer entlang hatte man Sphinxe, liegende Löwenbilder, Sitzbilder und Sarkophage aufgestellt, auch Gräber angelegt. Zehn von den Statuen aus dem 7. oder 6. Jhdt. und einen liegenden Löwen hat C. T. Newton nach England gebracht (jetzt im lykischen Saal des British Museum).
Das erste Heiligtum wurde entweder unter Dareios I. von Persien oder wahrscheinlicher unter Xerxes nach der Schlacht bei Mykale, in der die Milesier seinem Heere sehr geschadet hatten (Herod. IX 104), zerstört, das Bronzestandbild des Apollon von Kanachos nach Egbatana gebracht, die Branchiden nach Baktriane geführt. Alexander d. Gr. liess ihre Nachkommen zur Strafe für den Verrat ihrer Vorfahren niedermachen. Seleukos I. Nikator sorgte für die Wiederverbringung der Statue des Apollon nach D. aus Dankbarkeit für einen Orakelspruch. Längstens bis 280 v. Chr. war der neue Bau im Rohen fertig. Vollendet ist er niemals worden (Paus. VII 5, 4). Strabon sagt (XIV 634), wegen seiner Grösse sei er ohne Dach geblieben. Der römische Kaiser Caligula erwog den Plan, den Tempel auszubauen (Suet. Cal. 21). Nach Vitruvius (VII praef. 16) waren Paionios von Ephesos und Daphnis aus Miletos die Baumeister des neuen sehr grossen Tempels, dessen Erbauung vielleicht um 300, als der ephesische Tempel so ziemlich fertig war, begonnen wurde. In einen Trümmerhaufen wurde er in verhältnismässig später Zeit verwandelt. Zu Anfang des 19. Jhdts. erbauten Leute aus Samos, deren viele zur Erntezeit von der Insel an die kleinasiatischen Gestade kommen, das kleine Dorf Γέροντα auf und mit den Tempeltrümmern. Die Reste wurden von Chandler, Texier und anderen bewundert und Teile davon beschrieben. Eingehend beschäftigten sich mit ihnen Ol. Rayet und Alb. Thomas. In letzter Zeit hat die französische Schule in Athen es unternommen, den grossen Schutthügel an der Windmühle ganz aufzuräumen, und von diesen Arbeiten haben wir, wie schon die von B. Haussoullier veröffentlichten wichtigen Inschriften beweisen, eine wesentliche Bereicherung unseres Wissens zu erwarten. Die im nachfolgenden über das Gebäude gemachten Angaben und Zahlen beruhen grösstenteils auf den Berichten der Herren Ol. Rayetund Alb. Thomas. Der in ungewöhnlich grossen Dimensionen (das πτέρωνα 49,78 ✕ 108,55 m.) angelegte Tempelbau ist ein ionischer Dipteros dekastylos (je 10 Säulen an den Schmalseiten, je 21 an den Flanken). In der Mitte hatte der Bau einen σηκός (87,25 ✕ 28,58 m.), der in 1. einen πρόναος zwischen den Anten (παραστάδες), in 2. einen οἶκος für das μαντεῖον und 3. in den ναός mit einem ἄδυτον zerfiel. Ein Opisthodomos fehlte. S. die Restaurationen im Atlas von Rayet und Thomas.
[439]
MILETOS, DIDYMA, LADE, TEICHIUSSA, POSIDEION, PYRRHA.
Nach Karte nr. 1546 der Britischen Admiralität
von Bürchner
A. MILETOS j. Palátia.
a) Theater, b) Moschee des 15. Jhdts., c) Fähre über den Maiandros (abgebildet bei Rambach De Mileto eiusque coloniis), d) mittelalterliches Castell, e) Beginn des alten Hafens, von Th. Wiegand ,Löwenbucht‘ genannt, f) Verfallene Moschee, g) Seldschukisches Bad, h) Inschrift aus der Zeit des Traianus und Beginn der heiligen Strasse nach Didyma.
B. DIDYMA j. Jerondas.
a) Tempel des didym. Apollon, b) Windmühlen, c) Platz, wo die Sphinx- und die Löwenfigur gelegen waren, d) Statuen.
Von Pyrrha an nach Westen ist der Südrand des Maiandrosbettes die alte Küstenlinie des 3. Jhdts. n. Chr.
[441] Im ναός befanden sich der Felsenspalt mit der Quelle, ein Omphalos, die heiligen Lorbeerbäume und das Cultbild des Ἀπόλλων Φιλήσιος von Bronze von Kanachos aus Sikyon (Overbeck Schriftquellen 761); Inventare Michel Recueil nr. 836ff. Nach Strabon war in der Umgebung ein Baumhain. Jedenfalls lagen in der Nähe kleinere Gebäude. Vgl. besonders zur politischen und Kunstgeschichte den Artikel Branchidai Bd. III S. 809—813. Pachymeris II 211 (zum Jahr 1282) sagt, der spätere Name für τὸ Μιλησίων Διδύμιον sei φρούριον (τι) τῶν Δύο βουνῶν gewesen. Jedenfalls liegt der Umänderung Missverständnis der Etymologie von Δίδυμα zu Grunde.
[Bürchner.]
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