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Diasia (Διάσια). Die älteste und zugleich wichtigste Stelle, die uns über dies athenische Zeusfest Nachricht giebt, ist Thuc. I 126: ἔστι γὰρ καὶ Ἀθηναίοις Διάσια ἃ καλεῖται Διὸς ἑορτὴ Μειλιχίου μεγίστου, ἔξω τῆς πόλεως, ἐν ἧ πανδημεὶ θύουσι, πολλοὶ οὐχ ἱερεῖα ἀλλὰ θύματα ἐπιχώρια. Die letzten Worte von πολλοί ab werden von vielen (K. W. Krüger, Classen) für ein Glossem gehalten, das schon einen Teil des Scholions bilde, jedenfalls sind sie inhaltlich unanfechtbar und bilden mit der Erklärung des Scholiasten θύματα· πέμματα εἰς ζῴων μορφὰς τετυπωμένα die Grundlage für unsere Kenntnis des Festes. Vorangeht: das delphische Orakel habe Kylon auf seine Frage den Bescheid gegeben, ἐν τῇ τοῦ Διὸς τῇ μεγίστῃ ἑορτῇ καταλαβεῖν τὴν Ἀθηναίων ἀκρόπολιν, und habe mit dieser μεγίστη ἑορτὴ τοῦ Διός eben die D. gemeint. Es muss in jener Zeit also ein sehr bedeutendes Fest gewesen sein. Dass es dem Zeus Meilichios galt, beweist allein schon den chthonischen Charakter. Ihm entspricht, dass es ausserhalb der Stadt begangen wurde. Denn auf kathartisch-hilastischen Opfern ruht ein Fluch, die Altäre der Himmlischen in der Stadt würden durch sie entweiht werden. Auch an den Thargelien werden die Sühnopfer hinausgeführt ([Lys.] VI 53. Harpocr. p. 291), und bei der römischen Säcularfeier, die griechischem Ritus folgt, opfert man den Moiren, [346] Eileithyien und der Terra draussen am Tiber (Ephem. epigr. VIII p. 225ff.). Das ganze Volk beteiligt sich (Wachsmuth Rh. Mus. XXIII 178; πανδημεί heisst nicht ,in allen Demen‘, wie Schoemann Griech. Altt.³ II 505 und Mommsen Athen. Feste 423 verstehen wollen). Wer die Mittel dazu hat, opfert ein ἱερεῖον, ein Schaf oder Schwein, der Ärmere formt Tiere aus Kuchenteig und wirft sie in die Flamme. Auch das ἐπιχώρια deutet auf die Art des Cultes, man benutzt nur, was das eigene Land hervorbringt (vgl., Curtius Ges. Abh. II 23ff.), und es ist bezeichnend, dass Pollux I 26 für ἐπιχώρια bereits ἁγνά las. Am charakteristischsten aber ist, dass nur Tieropfer gestattet sind oder der fictive Ersatz. dafür (Suid. s. βοῦς ἕβδομος. Serv. Aen. II 116. Stengel Herm. XXIX 288f.); der eigentliche Sinn dieser Opfer ist, dass ein (stellvertretendes) Leben hingegeben werden muss. Sämtliche Angaben des Thukydides finden wir bei anderen Schriftstellern bestätigt (die Zeugnisse sind übersichtlich zusammengestellt bei Band Die attischen D., Progr. der Victoriaschule Berlin 1883, 3ff.). Dass das Fest dem Zeus Meilichios gefeiert wurde, überliefern Schol. Aristoph. nub. 407. Schol. Luc. Ikaromen. 24. Suid. s. v., den chthonischen Charakter heben Ausdrücke wie ἐπετέλουν μετά τινος στυγνότητος (Schol. Luc. Ikarom. 24; Tim. 7. 43. Hesych. s. v.) scharf hervor, das ἔξω τῆς πόλεως bestätigen die Funde von Votivreliefs für Zeus Meilichios im Bett des Ilisos (Robert Gött. Gel. Anz. 1899, 526), an dem man schon früher die Stätte gesucht hatte (Mommsen Heortolog. 300f.; Athen. Feste 421); holokaustische Tieropfer aber bezeugt vor allem Xenophon anab. VII 8, 4f., denn obwohl hier D. weder genannt noch gefeiert werden, hat man doch stets mit Recht diese Stelle auf die Diasienbräuche bezogen. Was dieses Sühnfest von andern unterscheidet, ist das Hervortreten der persönlichen Beteiligung der Bürger; wenn sonst der Staat für die Gesamtheit das Opfer darbrachte, so naht hier der einzelne bittend dem Gotte, den er durch seine Gabe versöhnen will. Diesem Umstand aber ist es auch zuzuschreiben, dass das Fest im Lauf der Zeiten an Bedeutung verlor. Schon als Thukydides schrieb, hätte es schwerlich mehr als das grösste Zeusfest bezeichnet werden dürfen, später trat es vollends hinter anderen zurück. Der Grund wird nicht allein der immer mehr zunehmende Einfluss der eleusinischen Mysterien gewesen sein, die mit den chthonischen Gottheiten noch sicherer versöhnten als das Opfer an den D., und deren (kleinere) Feier (wo die Aufnahme und erste Weihe stattfand) man eben im Anthesterion beging, sondern auch der Mangel des staatlichen Interesses. Die Inschriften schweigen von den D., und wenn wir einer späten Nachricht Glauben schenken dürfen (Luc. Ikarom. 24), ist die Feier schliesslich Jahre lang unterblieben. Aber das Fest verlor nicht blos allmählich seine Bedeutung, auch sein Charakter änderte sich. Der Bauer Strepsiades lädt an den D. seine Verwandten zu einem freilich recht dürftigen Mahle ein (Aristoph. nub. 407) und kauft seinem Söhnchen ein Spielzeug (nub. 863). Wir werden allerdings nicht annehmen dürfen, dass die Magenwurst, die die συγγενεῖς verzehren, von einem dem Zeus Meilichios dargebrachten [347] Opfertier herrührte, aber die Stimmung der Feier, wenn man so sagen darf, ist hier doch eine andere. Wie viel dabei auf Rechnung des Komikers kommt, der den Tölpel verspottet, ist freilich auch noch die Frage. Noch schwieriger machen solche Erwägungen die Beurteilung der lukianschen Scherze. Der Parvenü Timon soll die Götter an den D. mit ganzen Hekatomben bewirtet haben (Luc. Tim. 7), und nach Lucian. Charidem. 1 müssten sogar litterarische Agone vorgekommen sein. Wollen wir endlich auf des Byzantiners Eustathios Makrembolites Roman τῶν καθ’ Ὑσμίνην κτλ. (ed. Hercher Script, erot. II Leipzig 1859) etwas geben (der nach Band a. a. O. 10 ,viel Sachkunde‘ zeigt und nach K. Fr. Hermann Philol. II 4 ,viel hellenisches Costüm trägt‘), so müssten die D. einmal ein frohes Volksfest geworden sein. Als Datum des Festes ist im Schol. Aristoph. nub. 408 der 23. Anthesterion überliefert, und es liegt kein Grund vor, für die ältere Zeit die Mitte des Monats anzunehmen (wie Mommsen Athen. Feste 403f. will). Ausser den angeführten Citaten s. Schol. Aristoph. equ. 443. Poll. I 37. Etym. M. 270, 14 s. v. Von Neueren K. Fr. Hermann Gött. Altt.² § 58, 23f. und Philol. II 1ff Preller-Robert Griech. Myth. I 130f. Mommsen Feste der Stadt Athen 421ff. Daremberg-Saglio Dict. III 160f. Stengel Griech. Cultusalt.² 210.[Stengel.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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