Dalmatica, ein zuerst aus der Zeit des Commodus erwähntes Kleidungsstück, Hist. Aug. Comm. 8, 8; Heliog. 26, 2. Es war eine mit Ärmeln versehene Tunica, chiridotas Dalmatarum Hist. Aug. Pert. 8, 2; ferner Hist. Aug. Comm. 8. 8, vgl. mit Dio Cass. LXXII 17, 2: χιτῶνα χειριδωτὸν σηρικὸν λευκὸν διάχρυσον. Durch die Ärmel unterschied sich die D. von dem zuerst im Ed. Diocl. vorkommenden Colobium (s. d.); die Zeugnisse christlicher Schriftsteller hierfür bei Gothofredus zu Cod. Theod. XIV 10, 1; besonders bezeichnend Vita S. Silvestri (bei Duchesne zum Lib. pontif. p. 171): die römischen Diaconen hätten früher Colobia, dann aber, weil die Nacktheit der Arme anstössig schien, D. getragen. Dieser Grund beruht freilich auf Irrtum, weil man unter dem Colobium und der D. eine langärmelige Tunica trug. Das Ed. Diocl. betrachtet das Colobium als eine Art der D., eine D. ohne Ärmel, deren Preise daher auch etwas niedriger sind. Nach Isid. or. XIX 22, 9 war die D. weiss mit purpurnen Clavi. Nach alle dem erkennt man wohl mit Recht die D. in einer häufig in den Gemälden der Katakomben, aber auch in altchristlichen Mosaiken vorkommenden weiten, ungegürteten, bis unter die Knie reichenden Tunica, mit weiten, die Ellbogen bedeckenden Ärmeln, weiss mit zwei roten, von den Schultern bis an den unteren Saum reichenden Streifen. Man trug unter der D. eine lange, eng anliegende Tunica mit langen Ärmeln, in späterer Zeit aus Leinen (strictoria, στίχη, linea), über ihr, wenn es die Witterung erforderte, einen Überwurf (Paenula, Byrrus, Lacerna, Toga). Alle drei Kleidungstücke, Byrrus lacerna, D., Linea, in den Acta S. Cypriani, Ruinart 189f. Dies ist auch die Ed. Diocl. XIX vorausgesetzte Tracht: das Hemd (στίχη, strictoria), dann als Oberkleid D. und Colobium, endlich verschiedene Mäntel, namentlich der Birrus; die alte Tunica kommt nicht vor, ebensowenig die Toga. So auch Colobium und Paenula im Kleideredict Cod. Theod. XIV 10. 1. Doch trug man die D. auch ohne Obergewand; nur so kann Hist. Aug. Comm. 8. 8 dalmaticatus in publico processit, und Heliog. 26. 2 dalmaticatus in publico risus est, verstanden werden.
Tuniken, die die Arme bedeckten, chiridotae, gab es schon in republicanischer Zeit; doch bezeugt Gellius VI (VII) 12 vollkommen deutlich, dass dies nicht durch eigentliche Ärmel, sondern durch die grössere Breite des Tuches bewirkt wurde, und es kommt ihm nicht in den Sinn, die Chiridotae mit der ihm ohne Zweifel bekannten D. zu vergleichen. Vgl. Poll. VII 58: χειριδωτὸς χιτών. κατὰ τοὺς ὤμους ἐναπτόμενος, was von einem eigentlichen Ärmelchiton nicht gesagt werden kann. Es ist also auch bei Cic. Catil. II 22 (manicatis tunicis) nicht nötig, an eigentliche Ärmel zu denken, und der Unterschied der D. von den Chiridotae wird eben darin bestanden haben, dass jene eigentliche Ärmel hatte, womit es auch stimmt, dass Serv. Aen. X 613 das durch das Fehlen der Ärmel von der D. verschiedene [2026] Colobium der altrömischen Tunica gleichstellt. Die Chiridotae der älteren Zeit trugen nach Gellius a. O. Frauen und weichliche Männer. Im Ed. Diocl. erscheint als Männer-D. das ärmellose Colobium, eben dieses im Kleideredict vom J. 382, Cod. Theod. XIV 10, 1, als Tracht der Senatoren. Und in den Katakombengemälden wird die Ärmel-D. meist nur von Frauen, selten von Männern getragen (Wilpert Die Gewandung der Christen in den ersten Jahrhunderten 21). Es scheint also, dass jederzeit für Männer die ärmellose Tunica, später das Colobium, üblicher blieb, welches darum nicht gerade Exomis zu sein brauchte, sondern, an mehreren Punkten zusammengenestelt, die Schultern bedecken konnte.
Dass die D. ursprünglich Tracht der Dalmater war, besagt der Name, aus dem es auch Isid. or. XIX 22, 9 oder seine Quelle geschlossen haben wird. Sie war ohne Zweifel ursprünglich aus Wollstoff; doch war schon die D. des Commodus, wenn sie mit dem bei Cass. Dio a. O. bezeichneten Gewande identisch ist, aus Seide, weiss, mit Gold durchwebt. Das Ed. Diocl. kennt wollene, leinene (gestreifte und ungestreifte), seidene und halbseidene D.
Ausser der D. kommt im Ed. Diocl. auch δελματικομαφέρτιον vor. Der zweite Teil des Wortes begegnet mehrfach im Spätlatein als mafors, maforicum, mafortium (s. Ducange) und wird erklärt als ein weibliches Kleidungsstück, welches über den Kopf gezogen und von dem ein Teil auf den Rücken geworfen werden konnte, Serv. Aen. I 282. Non. 542, 1. Isid. or. XIX 25, 4. Danach wäre also δελματικομαφέρτιον vielleicht eine D. mit einem den Kopf bedeckenden Anhang, der auf den Rücken zurückgeworfen werden konnte. Damit stimmt, dass Ed. Diocl. XXII 11. 13 der Waschpreis höher ist als der der D.; der Kaufpreis ist nirgends erhalten.
Als liturgisches Gewand der römischen Kirche hat die D. starke Veränderungen erfahren; sie besteht hier aus zwei viereckigen Stücken, die nur durch Schulterblätter verbunden, den Körper vorn und hinten bedecken, ist also an den Seiten offen. Unrichtig ist die auch bei Marquardt Privatl.² 582, 4 abgedruckte Bemerkung von Sulp. Boisserée Abh. d. Bayer. Akad. ph. hist. Cl. III 556, die ursprüngliche D. habe sich als στοιχάριον in der griechischen Kirche erhalten. Vielmehr entspricht dieses nach Namen und Form der unter der D. getragenen στίχη, strictorium, der Alba der abendländischen Kirche.
Marquardt Privatl.² 581. Daremberg-Saglio Dict. d. ant. II 19. Kraus Realencycl. d. christl. Altert. II 207. Wilpert Die Gewandung der Christen in den ersten Jahrhunderten, Köln 1898, 20. 25. 36.
[Mau.]
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