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Coriarius, βυρσεύς, βυρσοδέψης, Gerber. Die Gerberei war in Griechenland ein im Grossen betriebenes und gewinnbringendes Gewerbe, durch das z. B. Kleon und Anytos (Xenoph. apol. 29. Schol. Plat. apol. 18 b) reich geworden waren. Die zu verarbeitenden Felle bildeten einen starken Importartikel aus dem Pontos, Demosth. XXXIV 10. XXXV 24. Strab. XII 493; vgl. Theophr. char. 4. Auch aus Kyrene wurden Felle eingeführt, Athen. I 272. Büchsenschütz Haupst. des Gewerbfl. 90. In Rom erscheinen die Gerber [1228] schon unter den Zünften Numas: σκυτοδέψεις, Plut. Num. 17; coriarii in Inschriften CIL VI 9280. 9281. X 1916; c. subactarius 9279. Das corpus coriariorum magnariorum solatariorum, Grosshändler und Fabrikanten von Sohlenleder, a. O. 1117. 1118. 1682, hatte seinen Betrieb in der 14. Region, trans Tiberim, s. Art. Coriaria Septimiania. Curiosum XIV. Iuven. 14, 202. Martial. VI 93, 4. De Rossi Bull. d. Inst. 1871, 161. Eine abgelegene Gegend, Λεπρός genannt, war den Gerbern auch in Athen angewiesen, Schol. Aristoph. Ach. 724, und so auch sonst, Artem. I 51. II 20, ohne Zweifel wegen des schlechten Geruches. Eben deshalb und auch διὰ τὸ νεκρῶν σωμάτων ἅψασθαι (Artem. aa. OO.) galt das Gewerbe als ein schimpfliches, Poll. VI 128.
Feines Leder wurde in der Kaiserzeit auch aus dem Orient eingeführt. Babylonisches Ed. Diocl. VIII 1. 2. Dig. XXXIX 4, 16, 7. Zonar. XIII 5 (III 190, 11 Dind.). Hieron. ep. 107, 12; nach der Expos. totius mundi (Riese Geogr. Lat. min. 115) wurde es von Caesarea in Kappadokien aus vertrieben. Parthisches Dig. a. O. Corippus Io. IV 499; laud. Iust. II 106. Lyd. de mag. II 13. Serisches, Peripl. mar. Er. 39 (Müller Geogr. min. I 288, 2). Plin. n. h. XXXIV 145. Trallianisches Ed. Diocl. VIII 3. Als Tiere, deren Felle verarbeitet wurden, nennt das Ed. Diocl. VIII 6–41 Rinder, Schafe, Ziegen, Hyänen, Rehe, Hirsche, wilde Schafe, Wölfe, Marder, Biber, Bären, Schakale, Robben, Leoparden, Löwen. Doch ist hier offenbar nicht zwischen Gerberei und Kürschnerei unterschieden und wurden diese Felle zum grossen Teil nur als Pelzwerk verarbeitet. S. hierüber Pelliones.
Über die Art des Betriebes ist sehr wenig überliefert; doch ist sicher, dass sowohl Loh- als Weissgerberei geübt wurden. Lohgerberei ergiebt sich aus der vielfach erwähnten Verwendung gerbstoffhaltiger Vegetabilien: Rinde von Nadelholz (Theophr. h. pl. III 9, 1) und Erlen (a. O. III 14, 3), Galläpfel (a. O. III 8, 6. Plin. n. h. XIII 63. XVI 26. XXIV 109), die Kelche der Eicheln (Paul. Aeg. III 42), Blätter des Sumachbaumes, frutex coriarius (Theophr. h. pl. III 18, 5. Diosc. I 147. Plin. n. h. XXIV 191. Galen. XII 115 K.), Granatapfelschalen (malicorium Plin. n. h. XIII 113. XXIII 107. XXIV 91) und anderes, Plin. n. h. XIV 98. XXIV 109. 175. Fest. ep. 164, 12.
In Betreff der Weissgerberei ist die Verwendung des Alauns bezeugt und das so bereitete Leder danach benannt, s. Aluta. Weniger deutlich ist die Erwähnung des Salzes, Schol. Aristoph. nub. 1237. Cato de agr. cult. 135, 3; vielleicht ist hier unter sal Alaun zu verstehen.
Als Zeugnis für Fett- oder Sämischgerberei kann nur angeführt werden Hom. Il. XVII 389ff.; doch handelt es sich hier nicht um Gerberei, sondern um eine primitive Zubereitung der Häute. Dass diese auch zur Fettgerberei geführt hat, ist wahrscheinlich; wo aber von Verwendung des Öles die Rede ist (Plin. n. h. XV 34. Lucian. Anach. 24), handelt es sich wohl nur um Geschmeidigmachen des Leders durch Einfetten.
Die Pergamentgerberei, über deren Einzelheiten nichts überliefert ist, wurde von den membranarii (Ed. Diocl. VII 38), διφθεροποιοί (Corp. gloss. III 371, 28) besorgt. [1229]
Von einzelnen Manipulationen beim Gerben wird gelegentlich erwähnt das Aufspannen, θρανεύειν, Aristoph. equ. 360, auf dem Schabebaum, θρᾶνος, um mit dem Schabeisen die Fleischseite zu reinigen. Zum Lösen der Haare bediente man sich der Blätter des Maulbeerbaumes und des Urins, Plin. n. h. XVII 51. XXΙΙΙ 140, auch der Frucht der rotfrüchtigen Zaunrübe (vitis alba, Bryonia dioeca L.), Diosc. IV 181. Plin. n. h. XXIII 22. Die so entstandene Jauche diente als Dünger, κόπρος βυρσοδεψική, σκυτοδεψική, σκυτοδεψῶν ἀκαθαρσία, coriariorum sordes. Theophr. caus. pl. III 9, 3. 17, 5. V 15, 2. Plin. n. h. XVII 51. 258. Geopon. II 22, 1. Endlich wird erwähnt, dass man die Felle mit Stöcken schlug, damit sie die Gerbstoffe besser aufnähmen, Schol. Aristoph. equ. 368.
In Pompeii ist im J. 1873 eine Gerberei ausgegraben worden, Bull. d. Inst. 1875. 18. Sie liegt in nächster Nähe der Stadtmauer und nimmt die 5. Insula der 1. Region fast ganz ein. Beistehend Grundriss des die charakteristischen Vorrichtungen enthaltenden, ca. 8½ ✕ 9 m. grossen Raumes.
Der Pfeiler in der Mitte stützte das Dach. Der durch eine ganz niedrige Mauer abgetrennte Teil enthält 15 grosse, nicht ganz kreisrunde Gruben von 1,25–1,60 m. Durchmesser und ca. 1,50 m. Tiefe, mit Stuck ausgekleidet, mit je zwei Löchern in den Wänden zum Ein- und Aussteigen. Ferner, zwischen diesen, drei länglich viereckige Gruben, ca. 0,50 tief, einst, wie es scheint, mit Holz ausgekleidet, und neben jeder dieser letzteren zwei in den Boden eingelassene [1230] Thongefässe; ein siebentes nahe der Südostecke neben einer der runden Gruben. Endlich zwischen jedem dieser Gefässe und der länglichen Grube ein enges cylinderförmiges Loch, von der Tiefe der Grube und unten gegen diese geöffnet. Es scheint, als hätte hier eine Thonröhre eingesetzt sein sollen; doch ist diese nirgends vorhanden. In den Thongefässen fanden sich Reste einer Masse, die, soviel bekannt, nicht untersucht worden ist. Es ist wohl sicher, dass in den runden und länglichen Gruben die Felle mit den Gerbstoffen in Berührung gebracht wurden. Und zwar dienten ohne Zweifel die grossen runden Gruben der Lohgerberei; für die kleineren länglichen wird man an Weissgerberei denken dürfen, der Art, dass die dazu benutzten Gerbstoffe in den Thongefässen enthalten waren und durch die senkrechten Röhren in die Gruben geleitet wurden.
Vier Instrumente, ähnlich den noch jetzt üblichen, wurden hier gefunden: ein bronzenes gerades Schabmesser (,Blanchiereisen‘) mit Holzgriff am Rücken der Klinge; zwei eiserne gebogene concave Schabmesser mit Griff an jedem Ende und ein eisernes Instrument mit convexrunder Schneide (περιτομεύς, ,Halbmond‘); Abbildung der Instrumente Bull. d. Inst. a. O., Blümner Technol. I 280, 26. In einem anderen Teil des Hauses, einem auf den Garten geöffneten Porticus, finden sich Vorrichtungen, die vielleicht zur Bereitung einer für die Gerberei benutzten Flüssigkeit dienten.
Umstehend Grundriss: aus einem gemauerten Becken floss die Flüssigkeit teils durch zwei Öffnungen in ein niedrigeres Becken, teils in eine an der [1231] Wand entlang geführte gemauerte Rinne, aus der sie durch drei seitwärts abzweigende, in kurzen Mauern enthaltene Rinnen in drei grosse Thongefässe gelangte. Zwei Schabeisen wurden auch in Mainz gefunden, eines concav mit Griff an jedem Ende, das andere convex und rechtwinkelig zum Griff stehend; Abbild. Blümner a. O. 281, 29 f. g.
Blümner Technologie I 257ff. 279ff. Marquardt Privatl.² 588, 9. Daremberg-Saglio Dict. des ant. I 1505.
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