ART

5) Stadt auf Kypros, in welcher das alte Salamis (s. d.), wenngleich in kleinerem Umfange, während der christlichen Periode fortlebte. Nachdem Salamis, bereits durch wiederholte Schläge erschöpft, von zwei rasch folgenden Erdbeben (332 und 342 n. Chr.) völlig verwüstet war (Theoph. chron. I 29. 37 de Boor. Georg. Kedr. 296 c. d Par. Oberhummer Cypern 139f.), entstand auf den Trümmern der alten Stadt durch kaiserliche Fürsorge ein neues Gemeinwesen Κωνσταντία, dessen Gründung Jo. Mal. 415 c. d Ox. dem Constantius Chlorus († 306) zuschreibt. Offenbar liegt hier, wie aus obigen Daten des Theophanes hervorgeht, eine Verwechslung mit Constantius (337-361) vor, und hiezu stimmt auch, dass in der Kirchenversammlung von Nikaia (325) Salamis, in jener von Ephesos (431) C. als Bischofsitz erscheint, s. Harduin Conc. coll. I 319f. S. 1044f. Lequien Or. christ. II 1044f. 1039. Freilich blieb auch nachher der alte Name Salamis neben C. noch in Gebrauch, und der bekannte Bischof Epiphanios (367-403) heisst daher bei Socr. VI 10, 1 Κωνσταντίας τἠς Κύπρου ἐπίσκοπος (ebenso Suid. s. Ἐπιφάνιος, Κωνσταντείας – τῆς πρότερον Σαλαμίνης), dagegen bei Sozom. VI 32, 2 Σαλαμῖνος τῆς Κύπρου ἐπίσκοπος (ebenso VIII 14, 1). Auch Epiphanios selbst und dessen alte Lebensbeschreibungen (in Epiph. op. ed. Dindorf vol. I u. V) gebrauchen beide Namen gleichbedeutend, s. Epiphan. adv. haer. 51, 24 Σαλαμινίους τοὺς καὶ Κωνσταντιέας; mens. et pond. 21 (op. IV 1, 26) Σαλαμίνιοι εἴτουν Κωνστάντιοι; vit. Epiph. op. vol. I 38f. (Cap. 33f.). 54 (Cap. 49). 263. vol. V p. V. XIII. Hieron. ep. 108 (bei Migne L. 22, 881) Epiphanius Salaminae Cypri, quae nunc Constantia dicitur. Beda Ven. nom. loc. in Act. Ap. (Migne L. 92, 1039) Salamis – nunc Constantia dicta, Ludolph It. terr. S. (Bibl. d. litt. Ver. 25) 33: Constantia vel Salamina. Moses v. Chorene (trad. par Le Vaillant Ven. 1841 S. 33) nennt Ebipan Bischof von Gosdantia in Quibros. Von nun an erscheint C. als μητρόπολις von Kypros; vgl. zu obigen Stellen noch Steph. Byz. Κωνστάντεια (nicht Κωστάντεια, wie Meineke gegen die Hss. nach Xylander schreibt) ἡ νῦν ἐν Κύπρῳ Σαλαμίς. Argum. Isocr. II Σαλαμῖνος – τῆς νῦν Κωνσταντίνου (so!) καλουμένης καὶ μητροπόλεως οὔσης πάσης τῆς Υπρου. Hierokl. 44 Κωσταντία μητρόπολις. Const. Porph. them. I 15 Κωστάντεια μητρόπολις. Georg. Cypr. 1098 Gelzer Κωσταντία μητρόπολις Nil. Doxop. 177 Parthey εἰσὶ δὲ καὶ ἐν αὐτῇ (nämlich Κύπρῳ) ἐπισκοπαὶ ιγ’, ᾧν προκάθηται ἡ λεγομένη Κωσταντία. Sozom. VI 32, 2 Ἐπιφάνιος – ᾑρέθη τῆς μητροπόλεως τῆς νήσου ἐπισκοπεῖν. Acta SS. Febr. III 125 Constantia metropolis Cypri constituitur in omnibus notitiis ecclesiarum. Acta Spyrid. bei Surius Vitae Sanct. VI 969 C. metropolis. Das Ethnikon lautet Κωσταντεύς Epiph. adv. [954] haer. 51, 24 (op. II 489, doch vgl. Dindorf ebd. I 373. III 732). Alex. Cypr. in Act. SS. Jun. II 451 § 46, Κωσταντινεύς Const. Porph. admin. imp. 48, Κωσταντιαῖος in Hss. des Epiphanios, s. Dindorf a. a. O. u. vit. Epiph. op. V p. XXV; Κωστάντιος Epiph. mens. et pond. 21 (s. o.); Κωσταντιάτης Steph. Byz.

Durch die Gunst der Lage, welche schon die Entwicklung von Salamis befördert hatte, und seine Bedeutung als kirchlicher Mittelpunkt der Insel gelangte C. bald zu ansehnlicher Blüte, welche sowohl aus Stellen über die Bevölkerung wie aus der Bauthätigkeit in der Stadt (s. u.) hervorgeht; so sagt Sozomenos VI 32 , 2 von Epiphanios ἐν ὁμίλῳ γὰρ καὶ πόλει μεγάλῃ καὶ παραλίᾳ ἱερωμένος, und die Vita Epiph. I 75 Cap. 66 Dind. nennt C. eine πολύανδρος μητρόπολις. Ebenso nennt der jakobitische Patriarch Michael d. Gr. (12. Jhdt.) C. zur Zeit der arabischen Eroberung eine reiche und stark bevölkerte Stadt, s. Chronique de Michel le Grand (übers. von Langlois, Ven. 1868) S. 235 (auch bei Oberhummer Cypern 34). Dass diese zahlreiche Bevölkerung vorwiegend griechisch und den Römern nicht günstig gesinnt war, erhellt aus derselben Quelle 41 § 36, wogegen ebd. I 46 c. 40 der Reichtum der dortigen Griechen hervorgehoben wird; ἀστικοί und ξένοι der Bürgerschaft unterscheidet Sozom. a. a. O. Als besondere Ereignisse in der Geschichte der Stadt sind hervorzuheben eine im J. 401 dort abgehaltene Synode der kyprischen Bischöfe, über welche vgl. Labbe Concil. II 9ff. Bardenhewer im Freiburger Kirchenlex. IV 714. F. Ludwig Der hl. Joh. Chrysost. 73, und eine Belagerung, durch die gnostische Secte der Markionisten, deren Verbreitung in C. Epiph. panar. 42, 1 (op. II 303 Dind.) erwähnt, nach Io. Chrysost. ep. 221 (Migne Gr. 52, 733). Es scheinen diese Unruhen mit dem Tode des Epiphanios († 403) zusammenzuhängen, dessen Nachfolger auf dem Metropolitanstuhle nach den älteren Quellen Lequien Or. christ. II 1043ff. zusammengestellt hat. Eine Reihe anderer Namen lernen wir aus der Chronik des Leontios Machairas S. 18 Miller und teilweise aus Inschriften kennen, s. Oberhummer S.-Ber. Akad. München 1888, 344f.; der dort genannte Erzbischof Plutarchos steht auch bei Leontios [955] Machairas. Über Sergios ἀρχιεπ. Κωσταντίας τῆς Κύπρου s. das Leben Spyridons nach Usener Jahrb. f. prot. Theol. 1887, 230.

Ihr Ende hat die Stadt ebenso rasch gefunden wie sie entstanden war, als im J. 647 Muawia, der Feldherr des Chalifen Othman, die Insel Kypros mit Feuer und Schwert verheerte und dabei auch, wie es scheint, die Stadt C. gründlich zerstörte, Theoph. chron. S. 343f. de Boor. Georg. Kedr. S. 431. Hist. Misc. XXXI 3. Const. Porph. de admin. imp. 20. Moses v. Chor. a. a. O. 34f. Michael d. Gr. a. a. O. G. Weil Gesch. d. Chal. I 160, 2. III Anh. I S. II. Ob unter diesen Umständen eine von J. Sabatier Descr. gén. d. monn. Byz. I 298 beschriebene Münze vom J. 656 mit der Aufschrift ΚΩΝCΤΑΝ wirklich auf die Stadt und nicht auf den damals regierenden Kaiser Constans II. zu beziehen ist, erscheint mir sehr fraglich. Die Verödung der Stadt in der zweiten Hälfte des 7. Jhdts. wird auch dadurch bestätigt, dass unter Iustinian II. (685-695) der Erzbischof Johannes I. seinen Sitz nach der Stadt Iustinianopolis Nova bei Kyzikos verlegte, welchen Schritt die sog. Quinisexta oder trullanische Synode im J. 692 mit den Worten bestätigte τὴν νέαν ὥστε Ἰουστινιανούπολιν τὸ δίκαιον ἔχειν τῆς Κωνσταντινέων πόλεως (bei Migne Gr. 137, 647 falsch Κωνσταντινουπόλεως; vgl. Const. Porph. admin. imp. 47f.). Gleichwohl kann dieselbe keine vollständige gewesen sein, da die Reisebeschreibung des hl. Willibald (723-6) noch von einem Aufenthalt in der Stadt C. spricht, s. Tobler Descr. Terrae Sanctae (Leipzig 1874) 21. 26. Über die Verlegung des Metropolitansitzes von Cypern nach der Provinz Hellespontos vgl. Harduin Concil. coll. III 1676. Lequien Or. christ. II 1041. 1050f. Hefele Konziliengesch. III 306 (² 335f.). Doch scheint die Trennung des kirchlichen Thrones von der Insel nicht lange gedauert zu haben, denn schon um 750 finden wir wieder einen Erzbischof Georgios auf der Insel, der aber seinen Sitz nicht mehr zu C., sondern zu Arsinoe, allerdings unweit des alten Salamis, aufschlug; vgl. Lequien II 1051. Neher im Freiburger Kirchenlex. III² 1269. Bähr Allg. Encykl. I 60. 205 XIII. Im J. 787 erscheint sogar auf der (2.) Kirchenversammlung von Nikaia wieder ein Κωνσταντῖνος ἐπίσκοπος Κωνσταντίας τῆς Κύπρου, Lequien 1051f. Migne Gr. 93, 1609. Es ist das letztemal, dass der Name C. in den Bischofslisten der Insel erscheint, obwohl die Erzbischöfe bis zur Mitte des 13. Jhdts. in dem nahe gelegenen Famagusta residierten; dagegen findet sich die Titulatur nach Iustinianopolis (νέα Ἰουστινιανή) noch 1678, s. Sathas Μνημ. III 520.

In der Legende des späteren Mittelalters galt als Gründer von C. ein König Costus (früher Costantius genannt), der als Bruder oder Sohn Constantins d. Gr., stets aber als Vater der hl. Katharina erscheint, deren Verehrung sich an einen uralten Felsbau bei Salamis (s. d.) knüpft, s. Martoni (1394) Rev. de l’Orient Latin III 631f. Fabri (1483) Evagatorium III 239 (Bibl. de lit. Ver. 4). Grünemberg (1486) Hss. Karlsruhe Fol. 25 (mit Abbild.), Hss. Gotha Fol. 39/40 (s. Röhricht Bibl. Geog. Pal. 139). Wanner (1507) Ztschr. d. D. Palästinaver. I 205. L. Tschudi (1519) Reyss u. s. w. (Rorschach 1606) 341. Zuallart [956] (1586) Viaggio (Rom 1595) 94. Cotovicus (1596) Itinerarium (Antverp. 1619) 108. L. Conrady Vier rhein. Palästina-Pilgerschr. (Wiesb. 1882) 349. H. Knust Gesch. d. Legenden d. hl. Katharina u. s. w. (Halle 1890) 23ff. 45. 47. 49ff. 97ff. (altengl. Gedicht d. 15. Jhdts.). 121ff. 137. Im übrigen vergleiche man über C. aus der Litteratur der Pilgerschriften noch Willibald und Ludolph a. a. O. Chr. Fürer v. Haimendorff Reisebeschr. (Nürnb. 1646) 202 u. A.

Topographie. Der Umfang von C. ist durch die wohlerhaltene Stadtmauer, welche etwa 1/5 von dem Areal des alten Salamis umschliesst, deutlich gegeben; die Westmauer fällt dabei mit jener von Salamis ungefähr zusammen, so dass C. in die Ruinen der antiken Stadt hineingebaut erscheint. Die wichtigsten Fundstätten von Salamis und C. sind im J. 1890 durch eine englische Expedition näher untersucht worden, worüber die Leiter J. A. R. Munro und H. A. Tubbs Journ. Hell. Stud. 1891, 59-198 Taf. IV-X eingehend berichtet haben; ersterer giebt auf Taf. V einen ziemlich mangelhaften Plan, in welchem jedoch die mit late wall bezeichnete Mauer von C. gut zu erkennen ist (vgl. unsere kleine Planskizze auf S. 954). Von den erhaltenen Gebäuderesten innerhalb der Stadt ist weitaus der wichtigste jener merkwürdige Bau, welchen Tubbs a. a. O. 81-91 Taf. VII unter der volkstümlichen Bezeichnung Λουτρόν (auch Βοῦρτα) beschrieben und abgebildet hat. Dasselbe ist wahrscheinlich ein Sogen. castellum (s. d. Nr. 3) oder ein Sammelbecken, aus welchem das Wasser durch Röhren in die Stadt verteilt wurde; auf diesen Zweck weist sowohl die Benennung λουτρόν, wie die Auffassung neuerer Besucher, von denen schon der erst kürzlich veröffentlichte Reisebericht des italienischen Notars Martoni aus dem 14. Jhdt. (s. o.) die cisterna antiqua beschreibt, cum lamia (Dach ?) sublevata super 36 columnis et cum spiraculis supra, unde auriebatur aqua u. s. w., dann Lusignan Chorograffia (Bol. 1573) f. 12 den Bau als cisterna over conserva bezeichnet, ebenso Mariti Viaggi I (1769) 160. Ross Inselreisen IV 124 (castrum aquae). Wahrscheinlich mündete hier die sog. justinianische Wasserleitung, welche die Stadt aus der Gegend von Chytroi (s. d. Nr. 3) mit Wasser versorgte; über ihren Verlauf, Baugeschichte und Ruinen vgl. Oberhummer a. a. O. 341. 346ff. 526 (daselbst auch die ält. Lit.). Wenn Tubbs a. a. O. das λουτρόν genannte Gebäude nicht mit dieser, sondern einer älteren Wasserleitung in Zusammenhang bringt, so scheint mir dies nach meiner eigenenen Beobachtung mindestens zweifelhaft. Vgl. noch Martoni a. a. O. und das seltene Reisewerk von A. Drummond (Travels etc., London 1754) 274, wo die Cisterne und andere Ruinen eingehend beschrieben sind.

Von anderen Örtlichkeiten innerhalb der Stadt ist hervorzuheben ein viereckiger, mit Granitsäulen bedeckter Platz, dessen Bedeutung auch durch die Ausgrabungen nicht aufgeklärt wurde, s. Munro–Tubbs 63ff. 122f. Taf. VI, sowie eine weitere mit Säulenbruchstücken aus Kalkstein bedeckte Stelle, von Tubbs als the Drums bezeichnet, ebd. 101ff. Taf. VII A. Inwieweit diese oder andere Ruinen mit Baulichkeiten zusammenhängen, über welche wir litterarisehe Andeutungen [957] besitzen , ist bei dem dermaligen Fundbestand nicht auszumachen; erwähnt werden die von Epiphanios (s. o.) erbaute bischöfliche Kathedrale, welche an Stelle einer kleinen älteren Kirche trat und als sehr prächtig geschildert wird, s. Epiph. op. ed. Dind. I S. XXXIIL S. 40 c. 34. S. 41 c. 35 (hier noch andere Kirchen erwähnt). S. 46 c. 40. S. 76 c. 67 und Chronique de Michel le Grand (Ven. 1868) 235; ferner der bischöfliche Palast (ἐπισκοπεῖον), Epiph. I S. 40 c. 34. S. 42f. c. 36f. S. 60ff. c. 55f. (80 Mönche!). V S. XXI, sowie ein Gefängnis (φυλακή), ebd. I S. 41f. c. 36. Weitere Ausgrabungen sind hier wie auf dem Boden von Salamis zur Klarstellung der Topographie unbedingt nötig.
[Oberhummer.]

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