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Condemnatio. 1) Im Strafprocess ist C. das schuldig erklärende Urteil. Wo die Urteilsfindung ganz in die Hand des Magistrats gelegt ist und dieser höchstens von einem freigewählten Consilium unterstützt wird, wird von ihm selbst gesagt: condemnat, Cic. Verr. II 75. V 114. In allen übrigen Fällen (Comitialgericht, Quaestionengericht) wird condemnare nicht von der Urteilsverkündigung des praesidierenden Magistrats, sondern von der Stimmabgabe des einzelnen Bürgers (Geschworenen) gesagt, condemnare = für Verurteilung stimmen, Cic. pro Cluent. 76. 108. 131. Condemmare findet sich auch in der Bedeutung ,die Verurteilung (durch Betreibung der Anklage) herbeiführen‘, Cic. divin. in Caec. 30. Suet. Tib. 8; Vitell. 2. Ulp. Dig. XLVIII 5, 2 pr. Lex Col. Iul. Genet. c. 124, Bruns Fontes iur. Rom.⁶ p. 135. Die Stimmabgabe erfolgt bei der schriftlichen Abstimmung (vgl. über diese und die Stimmenzählung den Art. Absolutio) durch ein Täfelchen mit der Aufschrift D (= damno, bei Comitialgericht) oder C (= condemno, bei Quaestionengericht), s. die Münze bei Mommsen Gesch. d. röm. Münzwesens 638 nr. 280. Ps.-Ascon. p. 108. 164 Orell. Lex Acil. repet. Z. 51–55 (Bruns Font. jur. Rom.⁶ p. 67) und Mommsen Röm. St.-R. III 402, 3. Geib Gesch. d. röm. Crim.-Proz. 365. Zumpt Crim.-Proz. d. röm. Rep. 360ff. Bei der Verkündigung des verurteilenden Erkenntnisses (pronuntiatio) ist der Ausdruck videri üblich, wahrscheinlich regelmässig verbunden mit einem der Anklage entsprechenden Infinitiv. Cic. Verr. II 90 vgl. mit II 93 (aiunt a Sthenio litteras publicas esse corruptas – iste pronuntiat, Sthenium litteras publicas corrupisse) und Plin. ep. V 1, 6. Apul. de mag. 2. Papin. Dig. III 2, 20. Marcian. Dig. XLVIII 16, 1, 5; ein allgemeiner Ausdruck für schuldig erklären ist pronuntiare fecisse videri, Cic. Verr. V 14; in Pison. 97; Acad. II 146; vgl. Geib a. a. O. 368. Zumpt a. a. O. 372–374. Über [843] das Urteil im allgemeinen und die Urteilsverkündigung vgl. den Art. Sententia, über Vollstreckung des Urteils Art. Poena und Carnifex.
Eine ganz eigentümliche Art der Verurteilung bildet in der Kaiserzeit die pronuntiatio (oder interlocutio) principi scribendum esse; sie kommt zur Anwendung, wenn der Provincialstatthalter die Todesstrafe über einen decurio oder die Deportationsstrafe verhängen will, sie ist eine vorläufige Verurteilung (sententia bei Ulp. Dig. XLIX 4, 1 pr.); der Angeklagte wird, wenn er bisher auf freiem Fuss oder in leichterer Haft war, in diligentior custodia genommen; der Statthalter referiert an den Kaiser mit Beifügung eines Strafantrags, den der Kaiser durch Rescript bestätigt oder modificiert, Ulp. Dig. XXVIII 3, 6, 7. XLVIII 19, 9, 11. 22, 6, 1. XLIX 4, 1 pr. Callistr. Dig. XLVIII 10, 31. 19, 27, 1. 2. Macer Dig. XLVIII 21, 2, 1; vgl. Ulp. Dig. XLVIII 19, 2, 1.
[Hitzig.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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