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Commendatio. Die Commendation ist das Recht jemandes, insbesondere – wenn man von der republicanischen Zeit absieht, in welcher es dem Dictator Caesar infolge des von dem Volkstribunen L. Antonius im J. 710 = 44 rogierten Plebiscites (Cic. Phil. VII 16. Dio XLIII 51. Suet. Caes. 41) für die Wahlen von 711 und 712 = 43 und 42 eingeräumt wurde – des princeps, eine Person mit der Wirksamkeit für ein Amt vorzuschlagen, dass dieselbe von der wahlberechtigten Corporation (Comitien, Senat) berücksichtigt werden muss. Die kaiserliche Commendation führt in der Regel zur Wahl der empfohlenen Persönlichkeit (Quint. VI 3, 62 ... Iungitur amphiboliae similitudo, ut a L. Galba, qui pilam neglegenter petenti ,sic‘ inquit ,petis, tamquam Caesaris candidatus‘; nam illud petis ambiguum est, securitas similis); es ist dies aber nicht unbedingt nötig und liegt wohl nicht im Begriffe der Commendation. Der Princeps kann nämlich – was allerdings mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Mangel an geeigneten Candidaten selten vorkam – eine die Zahl der zu besetzenden Stellen übersteigende Anzahl von Candidaten commendieren und dem Senat die Auswahl unter diesen überlassen. In diesem Falle ist der Wahlkörperschaft eine gewisse Freiheit gelassen, die dem Rechte des Kaisers entsprechende Verpflichtung besteht lediglich darin, bei der Wahl nicht über die vom Kaiser präsentierten Bewerber hinauszugehen; die individuelle Bezeichnung steht ihr zu. Ein derartiger Vorgang ist von Traian gelegentlich der Wahlen für das J. 100 eingehalten worden. Plinius sagt im Panegyr. 69, 1 von dem Kaiser: cepisti tamen et affectus nostri et iudicii experimentum, quantum [723] maxime praesens capere potuisti illo die, quo sollicitudini pudorique candidatorum ita consuluisti, ne ullius gaudium alterius tristitia turbaret; alii cum laetitia, alii cum spe recesserunt, multis gratulandum, nemo consolandus fuit. Diese letzteren Worte werden, wie Dierauer (in Büdingers Untersuchungen zur röm. Kaisergesch. I 204) treffend bemerkt, erst durch c. 70 verständlich (69, 2–6 nicht im Senat gehalten, sondern bei der späteren Redaction hinzugefügt); hier ist davon die Rede, dass der Kaiser einen Quaestor, der die Finanzen einer Provinz in ausgezeichneter Weise verwaltet hatte, als Candidaten für ein höheres Amt (Tribunat oder Praetur, nicht wohl Aedilität mit Rücksicht auf multis gratulandum fuit) vorschlägt. Plinius bemerkt nun, dass der Kaiser diese Verdienste gekannt habe, dass ihm überhaupt alle Vorgänge in den Provinzen bekannt waren und jeder pflichttreue Beamte Aussicht auf Beförderung habe (70, 6 si bene aliquis provinciam rexerit, huic quaesita virtute dignitas offertur). Wenn also ein Candidat auf Grund der ersten kaiserlichen Empfehlung nicht gewählt wurde, erlangte er durch die Commendation gleichwohl die Exspectanz auf das höhere Amt (cum spe recesserunt). So ergiebt sich aus den Worten alii cum laetitia, alii cum spe recesserunt (69, 1) in Verbindung mit c. 70, dass die Commendation keineswegs immer die Wahl des Empfohlenen zur Folge haben muss. Hiemit stimmt auch der oft citierte Passus der Lex de imperio Vespasiani überein, indem derselbe den vorhin ins Auge gefassten Fall berücksichtigend, dass eine die Zahl der zu besetzenden Stellen übersteigende Anzahl von Personen vorgeschlagen wird, nicht sagt, dass der Commendierte gewählt werden müsse, sondern viel allgemeiner, dass die Commendierten berücksichtigt werden müssen (uti, quos commendaverit ... eorum ... ratio habeatur), CIL VI 930 Z. 10ff.
Jene Art der Ausübung des Commendationsrechtes, bei welcher die Zahl der Commendierten mit der der zu besetzenden Stellen zusammenfällt, schliesst jede Ingerenz der Wahlkörperschaft auf die Wahl und jeden Ambitus aus (Tac. ann. I 15 sine repulsa et ambitu designandos) und kommt im Wesen einer Ernennung gleich; sie ist im 3. Jhdt. ausschliesslich in Gebrauch (Modestin. Dig. XLVIII 14, 1. Ulp. Dig. XLI 2, 57). Wenn nun Hist. Aug. Sev. 3, 3 Septimius Severus als designatus ... a Marco non in candida, sed in competitorum grege bezeichnet wird, so liegt hier wohl nicht die Übertragung eines im 3. Jhdt. dem Kaiser beigelegten allgemeinen Designationsrechtes vor, sondern die Übertragung des der Praxis des 3. Jhdts. entsprechenden Commendationsbegriffes auf eine frühere Zeit, auch Septimius Severus war vom Kaiser commendiert und daher praetor candidatus, aber Marc Aurel hatte eine grössere Anzahl von Candidaten vorgeschlagen als Stellen zu besetzen waren (in competitorum grege).
Terminologie. Der technische Ausdruck für das kaiserliche Empfehlungsrecht ist commendare (das entsprechende Substantiv commendatio ist Tac. ann. III 74 und CIL IX 2342 wohl nicht im technischen Sinn gebraucht); gleichbedeutend hiemit ist suffragari, suffragationem dare [724] (Lex de imp. Vesp.). Bei den griechisch schreibenden Schriftstellern begegnet συνιστάναι (Dio LV 34), ἀποφαίνειν (Appian. bell. civ. I 103) und ἀποδεικνύναι (Appian. a. a. O. Dio passim; vgl. auch CIA III 626).
Die vom Kaiser Commendierten führen den Titel candidati Caesaris (s. Bd. III S. 1469ff.).
Umfang. a) Das kaiserliche Commendationsrecht erstreckt sich nach der Lex de imperio Vespasiani auf sämtliche im Wege der Wahl zu besetzende Ämter und bei den einzelnen Ämtern auf sämtliche Stellen (Z. 10ff.: Utique quos magistratum, potestatem imperium curationemve cuius rei petentes senatui commendaverit ... eorum comitis quibusque extra ordinem ratio habeatur). In dieser Allgemeinheit kann es erst nach Claudius (dem letzten Kaiser, dessen das Bestallungsgesetz noch Erwähnung thut bezw. thun durfte) in Wirksamkeit getreten sein, da sonst wie bei den anderen dem Vespasian in der Lex de imperio decretierten Befugnissen (vgl. Z. 1ff. 5ff. u. s. w.) die Bezugnahme auf den Kaiser Claudius (event. dessen Vorgänger) stattgefunden hätte. Fraglich ist nur, worin die Ausdehnung, die nach Claudius erfolgt sein muss, bestanden hat; Mommsen hat zuletzt (St.-R. II 925ff.) die Ansicht vertreten, dass das Consulat, welches nach Suet. Caes. 41 von dem dem Dictator Caesar eingeräumten bindenden Empfehlungsrecht ausgenommen war, auch von dem dem Kaiser Augustus im J. 727 = 27 zuerkannten Commendationsrecht nicht berührt wurde, sondern erst unter Nero demselben unterworfen wurde (anders Stobbe); die nach Claudius erfolgte Erweiterung kann aber auch darin bestanden haben, dass die unter Tiberius eingetretene Beschränkung der Commendation auf ein Drittel der Praetoren (Tac. ann. I 15) beseitigt wurde. Für die Ämter unter dem Consulat ist die kaiserliche Commendation jedenfalls seit Augustus in Kraft.
b) Wenn auch dem Kaiser nach der Lex de imperio Vespasiani das Recht zusteht, sämtliche Stellen im Wege der Commendation zu besetzen, so ist doch in Wirklichkeit davon nur für eine geringe Anzahl Gebrauch gemacht worden, was schon daraus hervorgeht, dass die vom Kaiser Commendierten seit Traian ihrem Amtstitel die Bezeichnung candidatus principis als etwas Auszeichnendes hinzufügen; nur beim Consulat sind wohl sämtliche Stellen auf Grund der Commendation besetzt worden; sie bildet hier (Streitfrage nur bezüglich der kaiserlichen Consulate) den einzigen Besetzungsmodus. Beweis hiefür ist hauptsächlich, dass nirgends ein Consul begegnet, der sich als candidatus principis bezeichnet, offenbar weil die kaiserliche Commendation beim Consulat sich von selbst versteht.
Für die niedrigeren Ämter des Vigintivirats, für die geringere plebeische Aedilität und für die städtische Quaestur scheint vom Empfehlungsrecht kein Gebrauch gemacht worden zu sein (wir haben bisher noch keine Inschrift, in welcher der Träger dieser Ämter cand. princ. genannt wurde), äusserst selten nur für die Provincialquaestur (CIL X 1123) und für die curulische Aedilität (Ephem. epigr. VII 206). Unrichtig ist die von Mommsen (St.-R. II 901f.) für das geringe Vorkommen der Commendation bei der curulischen Aedilität gegebene Erklärung (vgl. Brassloff, s. u.). Den Ausgangspunkt [725] derselben bilden zwei Inschriften des Tib. Claudius Frontinus Niceratus (CIG 1133. 1227), welcher das Amt eines ab actis senatus bekleidet hat und in dieser Stellung als candidatus principis bezeichnet wird. Mommsen bemerkt nun, dass die Bezeichnung candidatus principis hier keinen Sinn habe, da das Amt nicht wie die übrigen Magistraturen auf Grund der Commendation, sondern vom Kaiser im Ernennungswege vergeben werde; die Candidatur sei in den erwähnten Inschriften nur durch einen Fehler des griechisch schreibenden Concipienten bei der cura ab actis angeführt. Die Fassung des Griechen sei aber, wenn auch nicht gerechtfertigt, so doch erklärlich, wenn man annehme, dass die Commendation zur Aedilität zugleich die Wahl zu der cura actorum einschloss. Unter dieser letzteren Voraussetzung erkläre sich auch, dass die Beispiele für vom Kaiser commendierte Aedilen so dürftig seien: ,die meisten stecken in den ab actis senatus, aediles curules‘. Richtig ist, dass die Bezeichnung candidatus principis nicht bei einem Amte vorkommen kann, welches der Kaiser kraft Ernennungsrechtes vergiebt; aber gerade letzteres ist für die cura actorum nicht nachweisbar (die Annahme eines Ernennungsrechtes ist eine Petitio principii). Die Inschriften CIG 1133. 1227 zeigen vielmehr, dass auch hier der Senat das Besetzungsrecht ausübte, welches in gleicher Weise wie bei den Magistraturen durch das Commendationsrecht beschränkt war. Dieses Commendationsrecht ist in der Lex de imperio (Vespasiani) begründet, wo es ausdrücklich für die als curationes bezeichneten Ämter statthaft erklärt wird; dafür, dass vom Empfehlungsrecht auch sonst bei den curae Gebrauch gemacht wird, bietet ein Beispiel die bisher stets falsch aufgefasste Inschrift CIL V 877, wo candidatus divi Traiani ganz richtig bei curator viarum Cassiae Clodiae Ciminiae novae Traianae steht und nicht etwa zu quaestor provinciae Macedoniae (Mommsen zu CIL V 877) oder praetor (Borghesi Oeuvres III 123) zu setzen ist (Brassloff a. a. O.). Es ist sonach unrichtig, dass die Commendation zur Aedilität zugleich die Wahl zum ab actis senatus in sich schliesst.
Sehr häufig begegnet die kaiserliche Commendation bei der Praetur (praetor urbanus, praetor peregrinus, praetor tutelaris) und beim Volkstribunat (vgl. die Listen der candidati principis bei Kuebler, s. u.), und die zum persönlichen Dienste des Kaisers bestimmten quaestores Augusti sind sämtlich vom Kaiser empfohlen; über dieselben mag hier nur die Bemerkung Aufnahme finden, dass sie seit Traian bezüglich des Avancements von den übrigen Quaestoren geschieden sind, indem seit jener Zeit nur die städtischen und Provincialquaestoren, nie aber die quaestores Augusti, wie es früher vorkam, das Amt des ab actis senatus bekleiden (Nachweis bei Brassloff a. a. O.).
Litteratur. a) Allgemeine: Mommsen St.-R. II 529f. 730ff. 923–930. Herzog Röm. Staatsverf. II 701–705. Karlowa Röm. Rechtsgesch. I 516. b) Specielle: Mager-Graun De candidatis principis (Dissertation der Leipziger Juristenfacultät 1733). Stobbe Die candidati principis, [726] Philologus XXVII 88–112. XXVIII 648-700. Brassloff Über die ab actis senatus, Wien. Stud. XXII (im Druck). Vgl. auch die lexicalischen Artikel über candidati principis von Morel in Daremberg-Saglios Dictionnaire I 876f. Kuebler bei Ruggiero Dizionario epigr. II 65–78 und Kubitschek oben Bd. III S. 1469ff. S. auch Creatio.
[Brassloff.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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