Coactor. Im allgemeinen ist coactor jeder Geschäftsmann, der gewerbsmässig für andere ein Incasso (pecunias cogere Acro zu Hor. sat. I 6, 86; s. u.) besorgt. Insbesondere fällt darunter derjenige, der bei öffentlichen Versteigerungen den bei grösseren Objecten zumeist creditierten Kaufpreis eincassiert, zunächst also der argentarius selbst (Cat. de agric. 150, 2. Cic. pro Cluent. 180; pro Rab. Post. 30. Porphyrio zu Hor. sat. I 6, 86: argentarius, scilicet coactor. Acro ebd.: coactores dicuntur argentarii in auctionibus, qui pecunias cogant; ipsi sunt collectarii. Gloss. Philox. Corp. gloss. II 19, 22: argentarius κομάκτωρ; ebd. II 102, 23: coactor κωμάκτωρ); dann aber auch der Gehilfe des argentarius bei der Eintreibung der Gelder (Acro a. a. O. coactores ... mercenarii eorum, qui habebant argentariam). Bei der Wichtigkeit und Häufigkeit der Auctionen im römischen Verkehrsleben gab es eine eigene Kategorie von Bankiers, die sich, wie der freigelassene Vater des Horaz (coactor nach Hor. sat. I 6, 86; exactionum coactor nach Suet. vit. Hor. z. A., wo Reifferscheid ohne zwingenden Grund auctionum c. schreibt) und der ehemalige Centurio T. Flavius Petro, Vespasians Grossvater (Suet. Vesp. 1: coactiones argentarias factitavit), ausschliesslich dem einträglichen, wenn auch wenig geachteten Auctionsgeschäfte (Porphyr, a. a. O.: humile et turpissimum genus quaestus) widmeten; die technische Bezeichnung dafür ist coactor argentarius; vgl. CIL VI 1923. 8728 (coactor argentarius Caesaris n(ostri), ein Freigelassener Traians, der vermutlich die aus den fiscalischen Auctionen erwachsenen Forderungen eincassierte). V 8212. XI 3156. 3820. 5285. XIV 470; daneben findet sich argentarius coactor bei Scaev. Dig. XL 7, 40 § 8. Porphyr, a. a. O. CIL XIV 2886 und coactor schlechthin in CIL VI 1860 (vgl. 1859). 1936. 9186–9190 (vom J. 68). II 2239 (?). XIV 2744 (?). Fast durchaus sind es Freigelassene. Nach stadtrömischen Inschriften war der Sitz der C. hauptsächlich das forum vinarium und der portus vinarius (CIL VI 9189. 9190; vgl. Mommsen Herm. XII 97, 1. Gilbert Gesch. u. Topogr. der Stadt Rom III 239, 4. 242f., 3). Nach der Lage des Geschäftslocales scheinen sich auch zu bezeichnen der dunkle coactor inter aerarios (CIL VI 9186; nach Ruggiero Charge in einer Corporation von fabri aerarii) und der a VII Caesares argentar(ius) coactor (CIL XIV 2886). Die in Inschriften häufigen quaglatores (von coagulare) der Collegien, welche nach Mommsen (zu CIL X 3910) ähnlich den coactores die Mitgliederbeiträge einzutreiben hatten, gehören wohl kaum hierher; sie dürften vielmehr als Friedensrichter fungiert haben (J. P. Waltzing Étude hist. sur les corpor. I 396. 424). Für die an die Auction anknüpfenden Rechtsverhältnisse vgl. o. Bd. II S. 708f. 2271f.
Litteratur: Mommsen Herm. XII 94. 96ff. 112f. Caillemer Nouvelle Revue hist. du droit franç. et étr. I 1877, 399. 401. E. Saglio in Daremberg-Saglio Dict. I 1265. M. Voigt [127] Abh. der sächs. Ges. der Wiss. 1888, 528, 54, vgl. 526, 49. Ruggiero Dizion. epigr. II 314, vgl. I 659f.
[A. v. Premerstein.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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