13) Cloelia, wurde mit anderen vornehmen römischen Jungfrauen dem Porsena als Geisel übergeben, entfloh der Haft, durchschwamm den Tiber und rettete sich nach Rom. Der König forderte und erlangte ihre Auslieferung, aber aus Bewunderung ihres Heldenmutes liess er sie dann von selbst frei und gestattete ihr einen Teil der Geiseln mitzunehmen. Sie wählte Jungfrauen und Kinder. Die Römer ehrten ihre That durch Errichtung eines Reiterstandbildes auf der Höhe der Sacra via. Diese Erzählung ist in verschiedener Ausführlichkeit und mit mancherlei Abweichungen im einzelnen von zahlreichen Autoren überliefert (Liv. II 13, 6. Flor. I 10, 7. Oros. II 5, 3. Val. Max. III 2, 2. Auct. de vir. ill. 13. Sen. cons. ad Marc. 16, 2. Verg. Aen. VIII 651. Serv. Aen. VIII 646. Sil. It. X 492. XIII 828. Iuv. VIII 265 mit Schol. Dionys. V 32, 3–35, 2. Plut. Popl. 19, 2; de mul. virt. 14 [in drei Versionen, vgl. Peter Quellen Plutarchs in den Biographien der Römer 49f.]. Dio frg. 14, 4. XLV 31, 1. Polyaen. VIII 31). Sie gehört zu den Sagen, durch die die Schmach der Unterjochung Roms durch die Etrusker verdeckt werden sollte, und setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen: der eine ist eine Tradition, dass sich die römischen Geiseln sämtlich der Gefangenschaft entzogen hätten (Rede des Samniten Pontius bei Liv. IX 11, 6: obsides Porsinae dedistis: furto eas subduxistis); der zweite eine aetiologische Sage, C. allein habe zu Ross den Tiber durchschwommen. In dieser Form ist letztere bei Val. Max., Flor., Auct. de vir. ill. und den ἔνιοι Plutarchs erhalten, in der abgeschwächten Fassung, C. sei mit den übrigen Jungfrauen zusammen, aber allein zu Pferd geflohen, bei Plut. Auch Serv. und Sil. It. sprechen nur von C., doch ohne das Pferd zu erwähnen. Erst jüngere Annalisten berichteten von einem Hinterhalte, den Tarquinius den Jungfrauen gelegt hatte, und übertrugen die Rolle der C. teilweise auf eine Valeria (Dionys. Plut. Plin. n. h. XXXIV 28f., vgl. Peter a. O. Bocksch Leipz. Stud. XVII 192. Münzer Quellenkritik d. Naturgesch. d. Plinius 167ff.) und erzählten ferner, Porsena habe sie wegen ihres männlichen Mutes mit einem Streitross beschenkt (zufällig nur von allen griechischen Autoren überliefert). Eine Sonderstellung nehmen vielleicht noch die Angabe des Annius Fetialis über den Tod der anderen Geiseln (bei Plin.) und die Notiz Dios XLV 31, 1 ein. Die eigentliche Cloeliasage knüpft offenbar an das oben erwähnte Denkmal an, das auf Staatskosten oder von den übrigen Jungfrauen (Piso bei Plin.) oder deren Vätern (Dionys.), nach Servius auf Antrag Porsenas errichtet sein soll. Es ist in der letzten Zeit der Republik zu Grunde gegangen und von unseren Gewährsmännern nicht mehr gesehen worden (Gilbert Gesch. u. Topogr. I 226, 1). Schwegler (R. G. II 186) hält es für ein Götterbild; es sei die in den Gewässern waltende und auf einem Rosse reitende Venus Equestris (Preller-Jordan R. Myth. I 447), diese sei identisch mit der Venus Cluilia oder Cloacina. Die Ableitung des Namens und des Mythus ist bei dieser Auffassung ziemlich naheliegend. Weniger wahrscheinlich ist die neuerdings [111] geäusserte Vermutung, es sei eine griechische, nach Rom geratene Amazonenstatue gewesen (Roscher Ber. d. sächs. Gesellsch. 1891, 107).
[Münzer.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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