399) Claudia Akte, kaiserliche Freigelassene, die aus Asien als Sclavin verkauft worden war (Dio ep. LXI 7, 1), Geliebte Neros. Schon frühzeitig war Nero in heisser Liebe zu ihr entbrannt und gab sich ihrem Einfluss vollständig hin, da er seiner Gemahlin Octavia überdrüssig war. Aber das Ungewöhnliche eines solchen Verhältnisses des Kaisers zu einer Freigelassenen musste ihm die Geheimhaltung dieser Liebschaft aufnötigen. Hiebei waren ihm ausser M. (Salvius) Otho, dem späteren Kaiser, und Claudius Senecio namentlich Seneca und Burrus behülflich, und ersterer bewog sogar seinen vertrauten Freund Annaeus Serenus dazu, das unziemliche und aller Sitte Hohn sprechende Verhältnis durch seine Person zu decken (Tac. ann. XIII 12). Nero ging so weit, ihre Zugehörigkeit zum königlichen Geschlecht der Attaliden, wohl mit Rücksicht auf ihre Heimat, feststellen zu lassen (Dio a. a. O. Suet. Nero 28; die darauf bezügliche Bemerkung Mommsens zu CIL X 7980 trifft allerdings nicht zu; vgl. Friedländer Sittengesch. I⁶ 122, 1). Die Leiter des kaiserlichen Jünglings begünstigten seine Liebe zu C., um dem Einfluss Agrippinas ein entsprechendes Gegengewicht zu schaffen, vielleicht auch, um ärgere sinnliche Ausschweifungen zu verhüten (Tac. a. a. O.). Agrippina geriet natürlich, als sie sich in ihrer Macht so empfindlich bedroht sah, in Wut über die niedriggeborene Rivalin, aber alle ihre Bemühungen, den früheren Einfluss auf ihren Sohn zurückzugewinnen, waren vergeblich (Tac. ann. XIII 13). Nero war sogar nahe daran, C. zu ehelichen (Suet. Nero 28). Gleich Agrippina war auch C.s Nebenbuhlerin Poppaea Sabina über dieses Verhältnis höchst aufgebracht (Tac. ann. XIII 46). Später verhinderte Akte auf Betreiben Senecas die Blutschande Agrippinas und Neros durch ihr rechtzeitiges Dazwischentreten (Tac. ann. XIV 2). In den folgenden Jahren scheint sie allmählich doch durch Poppaea Sabina zurückgedrängt worden zu sein. Aber sie bewies ihre Treue zu Nero noch nach seinem Tode, indem sie seinen Leichnam bestatten half (Suet. Nero 50). C. scheint ausgedehnte Besitzungen in Italien und Sardinien zu eigen gehabt zu haben, wie dies die Funde von Inschriften (CIL X 7640 und 7980), Wasserleitungsröhren (CIL X 1903 und 6589 add.), Ziegelsteinen (CIL X 8046, 9) und einer Amphora (CIL XV 4833), die ihren Namen enthalten, bezeugen. In besonders grosser Zahl haben sich Inschriften ihrer Sclaven und Freigelassenen gefunden, CIL VI 8693. 8760. 8767 a. b. 8791. 8801. 8847. 8890 (derselbe Eutychus mit vollem Namen Not. d. scavi 1892, 105). 9002 b. 9030. 13959. 14942. 14987 a. b. 15137. 15176. 15366. 15410. 17898. X 7984. Inschriften der C. selbst CIL VI 10549. XI 1414; ihre Grabschrift zu Velitrae CIL X 6599 (vgl. 6589). Über das angebliche Christentum der C., das man namentlich nach den Steinen einiger Freigelassenen (besonders CIL VI 15176; auch 10549) vermutet hat, vgl. u. a. B. Aubé Histoire des [2889] persécutions I² 421, 1. Vgl. im übrigen auch H. Schiller Gesch. d. röm. Kaiserreiches unter Nero, Berlin 1872, 97. 529. Friedländer Sittengesch. I⁶ 121f.
[Stein.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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