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Circinus, τόρνος, διαβήτης, καρκίνος, der Zirkel. Die früheste Erwähnung des τόρνος findet sich bei Theogn. 805, nächstdem bei Herod. IV 36. Eurip. Bacch. 1066; Thes. frg. 382, 3 Nauck. Plat. Phileb. 51 C. 56 B. Diodor. IV 76, 4f. u. a.; als διαβήτης (was bei Plat. Phileb. 56 B u. a. die Blei- oder Setzwage bedeutet, Blümner Technologie II 235f.) erscheint er bei Aristoph. nub. 178; av. 1003, als καρκίνος, insofern eine gewisse Art des Z. (s. u.) einer Krebsschere ähnelte, bei Sext. Emp. adv. phys. ΙΙ 54. Für die Geometer, Feldmesser, Architekten u. s. w. war der Z. von alters her neben dem Lineal (κανών Aristoph. av. 1002. 1004 u. a., lat. regula) das wichtigste Hülfsmittel, um geometrische Figuren zu zeichnen; nicht minder brauchte ihn der Künstler, wenn es galt, ein vorliegendes Modell in Stein nachzubilden; bei dem Handwerk diente er neben der Richtschnur, dem Richtscheit und dem Winkelmass als Werkzeug für den Zimmermann (Hesych. s. τόρνος), Tischler, Maurer und Steinmetzen. Als Erfinder des τόρνος galt nach Diodor a. a. O. Talos, ein Schwestersohn des Daidalos (nicht aber Daidalos selbst, wie Blümner Technologie II 231 schreibt und Saglio im Dictionn. des antiquités I 1185 wiederholt). Derselben Sage folgen Ovid. met. VIII 237ff. und Hygin. fab. 274 vgl. mit 39. 244, nur dass sie des Daidalos Neffen Perdix benennen (irrtümlich wird so die Schwester des Daidalos genannt in Roschers Lexikon der Mythologie I 937).
Dass die griechische Geometrie von Anfang herein den Gebrauch des Z. gekannt hat, geht unverkennbar aus den Constructionen von Kreisen oder Kreisbögen hervor, welche zuerst bei Thales (Cantor Vorles. über Gesch. der Mathem. I² 128), dann bei Hippokrates (ebd. 192ff.), Antiphon (ebd. 190) und weiter bei allen späteren Geometern sich finden. In Euklids Elementen sind Z. und Lineal die einzigen vom Verfasser zugelassenen Constructionsmittel (Zeuthen Gesch. der Mathem. 81). Bei Plin. n. h. II 63 weist ratio circini semper indubitata darauf hin, dass das hipparchische System der excentrischen Kreise (s. Astronomie § 14) durch Zeichnungen mit dem Z. deutlich sich darstellen lässt. Der ganze Abschnitt über das Planetensystem bei Plin. II 62ff. leidet an Missverständnissen und Unklarheiten; aber es geht doch mit Sicherheit daraus [2568] hervor, dass Plinius nach der allgemeinen Anschauung des Altertums die Erde als Centrum sowohl des Kosmos als des Tierkreises (centrum caeli nec non et signiferi) setzt, während die Bahnen des Mondes, der Sonne und der fünf Planeten Centren haben, die sowohl unter einander als vom Centrum des Weltganzen verschieden sind. Die von Detlefsen angezweifelten Worte omnia autem haec constant ratione circini u. s. w. enthalten eine ganz sachgemässe Berufung auf jene Astronomen, qui primi quaerendi vias demonstraverint (§ 62), und wie hier Plinius die ratio circini lobend hervorhebt, so hat nicht lange nach ihm der Gromatiker Balbus von einer venerabilis trianguli ratio gesprochen (Hultsch Metrol. script. II 9, 8). Gelegentlich erwähnen den Z. auch Caes. b. G. I 38, 4. Vitruv. I 1, 4. 2, 2. 6, 6f. u. ö.
Antike Z. von verschiedenen Formen sind noch heute erhalten oder aus Abbildungen auf Monumenten ersichtlich. Friederichs Berlins antike Bildwerke II 252. Dresselsche Sammlung im Albertinum zu Dresden nr. 535–537. Blümner Technologie II 232. Daremberg et Saglio Dictionn. a. a. O. Nach Blümner sind zu unterscheiden der gewöhnliche Z., der dem jetzt üblichen ganz ähnlich war, ferner der Hohl-Z. zum Messen innerer Höhlungen, der Proportions-Z. zum Übertragen von Verhältnissen und der sog. Taster-Z. mit oval ausgebogenen und nach unten wieder sich vereinigenden Armen (daher καρκίνος, Krebs, genannt, was sonst die Zange bedeutet, ebd. 192f.). Der Proportions-Z. hatte an seinem Kopfe eine Stellschraube, um die mit dem einen von beiden Schenkelpaaren gemessene Distanz festzuhalten, die dann, wie Fig. c bei Blümner 232 zeigt, entweder verdoppelt oder um die Hälfte verkleinert übertragen werden konnte. Ähnliche Vorrichtungen zum Festhalten einer gemessenen Distanz finden sich auch auf den einfachen Zirkeln des Berliner Museums nr. 1208. 1208 a. 1208 b (Friederichs a. a. O.) sowie auf dem Z. im Albertinum zu Dresden nr. 535, dessen Länge ursprünglich 16 cm. betragen haben mag, während jetzt der eine unten abgebrochene Schenkel 13, der andere 10,7 cm. lang ist. Einer solchen Vorrichtung entbehren ebd. nr. 536 (gut erhaltene Hälfte eines Z. mit Kopf und Charnier, 13,5 cm. lang) und nr. 537 (kleiner, vollständig erhaltener, nur an den Spitzen ein wenig gekürzter Z. von 8,7 cm. Länge). Diese drei zuletzt erwähnten Monumente sind, wie auch andere, aus Bronze gefertigt.
[Hultsch.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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