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Cichorie. Von der Gattung Cichorium kommen drei Arten in Betracht, C. intybus L. die C., C. divaricatum Schousb. = C. pumilum Jacq. und C. endivia L. die Endivie. Die C. ist in ganz Europa und im gemässigten Asien einheimisch. In Italien, wo sie z. B. in den Provinzen Rom und Grosseto als cicoria von den Feldern viel gesammelt und als cicorietta in bewässerten Gärten gebaut wird, hat sie ausser diesen auch den Namen radicchio. Nach C. Fraas (Synopsis plant. flor. class. 197) sind ihre frischen Blätter unter dem Namen πικραλίδα oder ῥαδίκια in ganz Griechenland, wo sie als äusserst lästiges Unkraut in allen feuchten Niederungen vorkomme, ein äusserst beliebtes Gemüse. Dagegen behauptet Th. v. Heldreich (D. Nutzpfl. Griechenlands, 1862, 28, vgl. 76), dass C. divaricatum Schousb. in Griechenland sehr gemein sei und in der dortigen Flora ganz die Stelle von C. intybus vertrete; die jungen Blätter und Triebe, τὰ ῥαδίκια, albanes. r’corè, -a, würden fleissig gesammelt als Gemüse oder als Salat mit Essig und Citronen im Frühjahr häufig gegessen; wegen des bittern Princips, das sie enthielten, halte man ihren Genuss für sehr gesund. Von ihm sind auch (Griech. Jahreszeiten, herausg. v. Aug. Mommsen V 1877) für die attische Ebene die beiden andern Arten als kultiviert, C. divaricatum aber als wild wachsend aufgeführt (S. 503); die C., ἀντίδια, und die Endivie, ῥαδίκια, würden Ende Juli gesät, im September ausgepflanzt und von Mitte October auf den Markt gebracht, mit späterer Nachzucht bis zum Frühjahr (S. 585). Aber nach E. Boissier (Fl. orient. III 1875, 716 und suppl. ed. Buser 1888, 318) findet sich C. divaric. Sch. nur in Kreta, Rhodus, Cypern, Kleinasien, Syrien und Ägypten. Ebensowenig hat sie E. v. Halácsy auf seiner Forschungsreise durch mehrere Gegenden Griechenlands (Denkschriften Akad. Wien 1894) gesehen. In Italien aber ist sie auf Sicilien beschränkt. Über Ägypten sagt G. Schweinfurth [2538] (Verhdlg. d. Berl. Gesellsch. f. Anthropol., 14. Juli 1891, 662), dass durch das ganze Land als Unkraut die wilde C., C. divaricatum Schousb., verbreitet sei, welche sich zu den Kulturarten C. intybus L. und C. endivia L. gerade so verhalte, wie Lactuca scariola L. zu Lactuca sativa L. Doch vermuten die Botaniker sonst nur von der Endivie, dass sie aus C. divaricatum hervorgegangen sei. Wenn aber Maillet (Description de l’Égypte etc., 1740 Br. IX bei Fr. Wönig D. Pfl. im alt. Ägypt. 1886, 222) die wildwachsende Endivie Ägyptens von weit besserem Geschmack, als die in Frankreich kultivierten fand und sie dort zu seiner Zeit so häufig war, dass sich die Hälfte der armen Bevölkerung davon nährte, so kann dies auch nur C. divaricatum gewesen sein. Jedenfalls findet sich C. endivia hier und in Europa nur kultiviert. Heute soll die ägyptische C. σερίνου (Wilkinson De lingua copt. 110 bei Sprengel zu Diosk. II 159) oder hendeb schikhurieh (Forskal Flora aeg. 72 ebd.), genauer nach Ascherson (bei J. Löw Aram. Pflanzennamen, 1881, 255, 1) sowohl C. endivia als divaricatum silis (d. i. σέρις), mággede, abn rukóbb und hindib, doch Urospermum picroides Desf. ebenfalls silis heissen; Anderlind (Die Landwirtsch. in Egypt., 1889, 38) giebt für C. endivia an schikurīje, hendebe. In Italien wird heute die Endivie unter dem Namen endivia kultiviert.

Die Griechen hatten ursprünglich, und wie es scheint bis Nikandros, welcher (alex. 429) τὰ κίχορα gegen Vergiftung durch Bilsenkraut empfahl, wohl nur den Ausdruck κιχόριον oder κιχώριον, und zwar für die C., und später, etwa seit Beginn unsrer Zeitrechnung, σέρις sowohl für diese als die Endivie. Beide Benennungen sind ungewissen Ursprungs. Die erstere fand auch, und zwar ebenfalls in der Bedeutung von C., Eingang bei den Römern, wurde aber nur selten gebraucht (cichoreum bei Hor. c. I 31, 17; cichorium bei Plin. XX 74). Ursprünglich findet sich bei ihnen ein intubus (später intubum, intibus, intibum) genanntes Gemüse, welches wohl erst später hauptsächlich die Endivie war, als die C. auch ambubeia (neben intubus bei Cels. II 30) oder ambubaia (Plin. I ind. ad XX cap. 29 u. XX 73; vgl. ambubia κιχωρια Corp. gloss. lat. II 16, 17 und ambuuia κιχώριον ebd. III 359, 76), d. h. die Wandernde, und im Gegensatz zur Endivie intubus agrestis (Diosk. II 159. Pall. I 30, 1. Veget. mulom. V 41, 2) oder erraticus (Plin. XX 65. 73. XXII 144. Ps.-Theod. Prisc. add. I 93) oder silvaticus (Gargil. Mart. de cura boum 9. Isid. or. XVII 9, 37; vgl. sativus intubus bei Gargil. M. med. 12) genannt, oder cichorium mit diesem wilden intubus geglichen wurde (Paul. Aeg. VII 3. Corp. gloss. lat. III 538, 5. 558, 60). Neuerdings hat man (s. bes. H. Jansen Wochenschr. f. klass. Philol. 1895, 1065) intubus aus dem Punischen hergeleitet, nachdem das aramaeische und arabische hindab = Endivie von Lagarde (Semitica I 1878, 61f.) für eine echt semitische Weiterbildung von arabisch hudb, wie bei Avicenna die Augenwimpern heissen, erklärt war. Da sich erst nach Cato intubus im Lateinischen findet (zuerst bei Lucilius, s. u.), so ist die punische Herkunft des Namens wohl möglich. Das Wort wurde dann [2539] auch von den Griechen übernommen. So empfiehlt Archigenes (bei Gal. XIV 321) um das J. 100 n. Chr., das von den Römern ἰντυβολάχανον genannte κιχώριον gegen Kopfschmerz auf den Kopf zu legen, wofür auch sonst der Saft des intubus (Plin. XX 73. Plin. Iun. I 1 p. 10, 6; vgl. Alex. Trall. I 469 Puschm.), oder genauer des intibum sativum (Garg. Mart. med. 12), also der Endivie gebraucht wurde. Im Edict des Diocletian vom J. 301 (VI 3. 4) ist nur eine bessere und eine schlechtere Sorte der intiba, bezw. ἴντυβοι, d. h. wohl C. und Endivie, unterschieden. Bei Alexandros von Tralles überwiegt ἴντυβον gegenüber κιχώριον und σέρις und wird mit letzterem synonym gebraucht (Puschmann zu I p. 308, 2); doch während bei ihm κιχώριον stets die C. bedeutet, ist es fraglich, ob die beiden andern Namen nur für die Endivie gebraucht sind. So sind z. B. in der lateinischen Übersetzung der Fragmente des Philumenos bei Alexandros (ed. Puschm. p. 44) zu den mehr stopfenden und trocknenden Gemüsen beide Arten des intubum gerechnet. Bei Simeon Seth (p. 46) findet sich nur ἴντυβον sowohl für die wilde als die Gartenpflanze. Daher sind von den Stellen, wo sich intubus bezw. ἴντυβος findet, viele bedeutungslos. Auch für die σέρις, welche mit intubus identifiziert wird (Gal. VI 628. Orib. in d. lat. Übers. bei Daremberg VI 562. Corp. gloss. l. III 350, 23. 43. 408, 66. 478, 14. 546, 50 u. s. w.) gilt dasselbe, wenn schon in geringerem Grade. Obwohl nämlich Dioskorides (II 159) eine wilde, welche auch κιχώριον genannt werde, d. h. also die C., und zwei angebaute Pflanzen dieses Namens unterscheidet, legt er ihnen allen doch dieselben medicinischen Eigenschaften bei, und zwar Eigenschaften, welche meist von andern zum Teil der seris (Plin. XX 76. 77. Geop. XII 28) oder dem sativum intubum (Gargil. Mart. med. 12) beigelegt werden. Nach ihm sollen sie astringieren, erfrischen und dem Magen dienlich sein; gekocht stopfen, wenn mit Essig genommen; besonders die wilden dem Magen nützen (so vom wilden κιχώριον, welches auch σέρις heisse, Ruf. Ephes. frg. 76, 16); den schlaffen und erhitzten Magen ermuntern; allein oder mit Mehl als Pflaster aufgelegt bei Magenschmerzen mit Herzklopfen helfen; ebenso gegen Podagra und Augenentzündungen; Kraut und Wurzel aufgelegt denen, welche von einem Skorpion gestochen sind; das Kraut mit Mehl die Rose heilen; der Saft mit Bleiweiss und Essig aufgestrichen kühlen. Galenos (VI 794) rechnet gar die σέρις neben κιχώριον zu dem wilden Gemüse, was ganz unverständlich ist, wenn er hier nicht etwa an das ägyptische κιχώριον gedacht hat. Mit κιχώριον, also C. intubus, wird auch πικρίς = Bitterling identificiert (Diosk. II 159. Ruf. Ephes. frg. 76, 16. Paul. Aeg. VII 3), obwohl diese sonst (Theophr. h. pl. VII 11, 4) davon unterschieden und eine bittere Art des Salats, der lactuca, genannt wird (Plin. XIX 126); in letzterem Falle wird es für Helminthia echioïdes Gaertn. (s. Sprengel in s. Erläut. zu Theophr.) oder Urospermum echioïdes L. gehalten, doch ist es vielleicht Picridium vulgare Desf., welches heute unter dem Namen πικραλίδα als Gemüse benützt (Heldreich a. O. 78) und in Italien latticino, lattughino u. s. w. genannt wird. Nur bei Plinius (XX 74) finden sich für die C. auch [2540] die Bezeichnungen chreston und pancration, wovon die letztere (bei Diosk. II 203) sich auf Pancratium maritimum L. beziehen soll. Zu Beginn des Mittelalters finden wir für die C. auch den sonst Heliotropium villosum Desf. und Heliotropium supinum L. bezeichnenden Namen heliotropium (Veget. mulom. V 41, 2. Corp. gloss. lat. III 538, 44. 560, 62. 621, 69) oder solsequia (Corp. gloss. lat. III 560, 63. 609, 45) gebraucht, und zwar wegen ihrer Lichtempfindlichkeit (Isid. or. XVII 9, 37), auch sponsa solis (Corp. gloss. lat. 560, 63) und wegen ihrer Heilkraft gegen Warzen (vgl. Ps.-Theod. Prisc. add. I 93) verrucaria (Isid. or. ebd.). Umgekehrt nannte man auch Pflanzen, welche nicht zur Gattung Cichorium gehören, κιχώριον, so Chondrilla iuncea L. (Diosk. II 160), diese auch σέρις (Diosk. a. a. O. Gal. XII 119). Ferner soll der σόγχος auch κιχώριον geheissen haben (Diosk. II 158); von den drei unterschiedenen Arten ist die erste sicher Helminthia echioïdes Gaertn., welche heute ἄγριος ζοχός, albanesisch cihur heisst (v. Heldreich a. O. 78); die dritte Art mit breitem Blatt ist vielleicht identisch mit der hedypnois, der Duftigen des Plinius (XX 75); es könnte dann Urospermum picroïdes Desf. sein, welches heute ἄγριος ζοχός heisst (v. Heldreich a. a. O.), in Ägypten silis (s. o.).

I. Cichorium intubus L. Das κιχόριον ist zuerst von Aristophanes erwähnt (Bekk. anecd. p. 105, 21. Phot. lex.) und von den Erklärern als wildes Gemüse erklärt (ebd.; vgl. Theophr. h. pl. I 10, 7. IX 12, 4. Poll. VI 62. Hes. Eutekn. zu Nic. alex. 429); doch ass man nur, wenn der Hunger dazu nötigte, die zarten Sprossen davon in gekochtem Zustande (Gal. VI 622). Auch der intubus der Römer (Lucilius bei Non. Marc. 209, 2. Aemil. Mac. bei Charis. 100, 32), ein Unkraut im Felde mit bittern Wurzelfasern (Verg. g. I 120), gehörte zu einem einfachen ländlichen Mahle (Lucil. bei Charis. 100, 29. Non. Marc. 137, 27. 209, 4. Pompon. ebd. 209, 6). Ebenso war die als Gänsefutter zu säende seris (Varro III 10, 5. Col. VIII 14, 2) die C. (agreste intubum Pall. I 30, 1). Beschrieben wird die C. bis auf die ungenau als Hülsen bezeichneten Früchte hinreichend deutlich von Theophrastos (h. pl. VII 8, 3. 11, 3; c. pl. II 5, 4); besonders wird sie als ausdauernde Pflanze dadurch charakterisiert, dass die Blätter nach den Pleiaden, also etwa nach dem ersten Viertel des Mai greg., aus der Wurzel kämen (h. pl. VII 7, 3. 11, 3. Plin. XXI 88. 101). Die Pflanze wird auch als ähnlich einer ῥοιάς genannten Mohnart, Papaver rhoeas oder dubium L. (Theophr. h. pl. IX 12, 4), die Blätter denen der botrys, Chenopodium botrys L., bezeichnet (Plin. XXVII 55), die Wurzel der einer Art ἀνθυλλίς, Ajuga oder Teucrium iva L. (Diosk. ΙΙΙ 143. Plin. XXVI 84). Medicinisch verwandt scheint sie von den Hippokratikern nicht zu sein, sondern erst von Nikandros (a. O.); am ausführlichsten spricht über die Heilkräfte des cichorium Plinius XX 74. 75. Derselbe erzählt auch, dass nach der Behauptung der Magier, wenn man sich mit dem Saft in Öl einreibe, man sich die Gunst der Menschen erwerbe, während Artemidoros (oneir. I 67) gerade das Gegenteil von der σέρις behauptet, da deren Genuss das Verborgene offenbare. [2541]

II. Cichorium endivia L. Nach Dioskorides (II 159) unterscheidet sich die zahme σέρις von der wilden durch breitere Blätter und angenehmeren Geschmack; von jener unterscheidet er wieder zwei Spielarten; die eine sei dem Salat ähnlicher und mit breiterem Blatt, die andere mit schmälerem etwas bitter. Diese Unterscheidung passt aber mehr für die Endivie als die C. Bei Plinius stösst man auf die Schwierigkeit, dass er seine seris (XX 76. 77), deren Schilderung an die σέρις des Dioskorides erinnert, dem intubus gegenüberstellt; letztere vertrage eher den Winter als der Salat und werde um das Frühlingsaequinoctium gesät (XIX 129), komme aber auch wild vor (ebd. 123. XX 73); sie ähnele auch der hyoseris, Centaurea nigra L. ? (oder Hyoseris lucida L.?). Wenn er von der seris (XX 76. 77) nur zwei, wie es nach dem überlieferten Text scheint, wilde Sorten unterscheidet, so sollten es nach dem Index drei Sorten sein. Da er eine bessere, dunkle und sommerliche, neben einer schlechteren, winterlichen und weisseren, aufführt, beide auch dem Salat ähnlich, wenngleich bitter sein sollen, so können dies keine wilden sein. Dazu kommt, dass das μήδιον, Convolvolus althaeoides L., nach Dioskorides (IV 18) Blätter wie die σέρις, nach Plinius (XXVII 104) wie die seris sativa hat. Er wird also nicht etwa den Kapuzinerbart, eine Abart der C., sondern auch eine Endivie, und zwar eine breitblätterige, eine Escariole, gemeint haben. Mit intubus sativus dagegen kann er die heute in Italien endivia ricca genannte Endivie gemeint haben, deren Blätter vielfach ausgeschnitten sind, und welche dort vielleicht am häufigsten kultiviert wird. Diese meinten denn wohl auch Vergilius mit seinem am Gartenbache gepflegten intibum (g. IV 120; vgl. moret. 86) und Columella, welcher einen intybus im Frühjahr säte (X 111), aber auch sagt, dass er den Winter besser als der Salat vertrage, weshalb er selbst in kalten Gegenden zu Beginn des Herbstes gesät werden könne (XI 3, 27), wobei er freilich wohl im Winter wenigstens mit Erde behäufelt werden musste. So sagt auch Palladius, im April würden die intyba gesät, welche man im Sommer wachsen lasse (V 3, 5), im October die, welche für den Winter dienten (XI 11, 1). Eingemacht wurde der intubus wie der Salat (Col. XII 9, 3). Nach Apicius (103) sollte man die intuba im Frühling in Fischsauce mit etwas Öl und zerschnittenen Küchenzwiebeln, im Winter mit Tunke oder Honig und scharfem Essig geniessen. Die σέρις des Didymos (Geop. XII 28) fand ziemlich dieselbe Anwendung wie die des Dioskorides und Plinius; doch wird hinzugefügt (§ 3), dass, wenn man sie nach dem Neumonde sehe und bei diesem schwöre, sie nicht zu essen, man in den nächsten 30 Tagen nicht an Zahnschmerz leiden werde.

III. Cichorium divaricatum Schousb. Die σέρις hiess nach Dioskorides (II 159) in Ägypten (mit einheimischem Namen) ἄγον, nach Plinius das intubum erraticum (XIX 126. XXI 88) oder silvestre (XX 73) cichorium und war dort nächst der ägyptischen Bohne, Nelumbium speciosum Willd., am meisten geschätzt (XXI 88), das sativum-seris, und dieses niedriger und aderiger (XX 73).
[Olck.]

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