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Chatti (in den Hss. gelegentlich Catthi, auch Chatthi, Catti, Cati). Nachdem die Cherusker mit dem Tode des Arminius ihre führende Stellung unter den Germanen eingebüsst hatten, erscheinen ihre alten Feinde (Tac. ann. XII 28), die ihnen stammverwandten Chatten als das mächtigste Volk des germanischen Binnenlandes, das in der Folgezeit den Römern viel zu schaffen machte. Für die Bestimmung ihrer Wohnsitze (Zeuss Die Deutschen 95ff.) gehen die Erwähnungen bei Strab. VII 291 (Χάττοι) und Plin. n. h. IV 100 keinen weiteren Anhalt, als dass wir sie uns etwa als Nachbarn der Cherusker zu denken haben. Tacitus Germ. 30 setzt sie über die agri decumates hinaus: ultra hos (sc. agros decumates) Chatti initium sedis ab Hercynio saltu incohant (vgl. zu dieser Stelle Zöchbauer Serta Harteliana, Wien 1896, 240ff.); unter dem Hercynius saltus sind hier Vogelsberg und Rhön zu verstehen nebst ihren nördlichen Ausläufern. Die Nordgrenze der Ch. scheint in die Gegend des Harzes zu fallen, denn nach Ptol. II 11, 11 (überliefert Χάτται und Χαῦτται) sassen sie südlich von den Chamavi (vgl. Ptol. II 11, 10). Wenn Tac. Germ. 35 die Chauken bis zu den Chatten hinaufreichen lässt (Chaucorum gens ... omnium quas exposui gentium lateribus obtenditur, donec in Chattos usque sinuetur), so scheint das nicht recht glaublich (Zeuss a. O. 96. Schweizer-Sidler zu Tac. a. O.). Im Südwesten berührten die Ch. den Rhein am Taunus mons. Das ist die Gegend, wo Drusus sich festsetzte und ein Castell anlegte, Dio LIV 33 ἐν Χάττοις παρ’ αὐτῷ τῷ Ῥήνῳ (vgl. Dio LIV 36. LV 1. Florus II 30, 32. Oros. VI 21, 15. Aur. Victor Epit. I 7). Eine weitere Grenzbestimmung liefert Tac. ann. XIII 57, wo er (zum J. 58) von Grenzstreitigkeiten zwischen Ch. und Hermunduren berichtet, die einen Salzfluss (flumen gignendo sale fecundum et conterminum) betrafen. Man hat diesen Fluss für die thüringische oder fränkische Saale erklärt: nach Zeuss (a. O. 97f) ist es eher die Werra, deren Thal an mehreren Punkten Salzquellen und Salzwerke hat. ,Auf diese Gegend deutet schon der Zug des Drusus, der durch die Chatten bis Suebia (Hermundurenland) vordringt, dann zu den Cheruskern sich hinabwendet und hier erst über die Weser setzt. Die Werra ist noch später der Grenzfluss zwischen den Hessen und den Thüringern, den Nachkommen der Hermunduren, die ihre alten Sitze behauptet haben. Das Land der Chatten nimmt so nach den ältesten Nachrichten schon einen bedeutenden Raum ein, in der Form eines Dreiecks ausgedehnt, dessen eine Spitze um den Taunus an den Rhein reicht, die zweite im oberen Werrathal liegt und die dritte unter der Diemel bei den Chamaven und Cheruskern endet‘ (Zeuss). Die Lage des chattischen Hauptorts Mattium, den Germanicus im J. 15 in Brand steckte (Tac. ann. I 56), steht nicht fest. Schon dieser Name beweist, dass die am Taunus sitzenden Mattiaci ein chattischer Stamm sind, die auch unter römischer Herrschaft hier ansässig blieben (vgl. Tac. Germ. 29. Zeuss a. O. 98. Grimm Gesch. d. deutschen Sprache II³ 404ff. Mommsen R.G. V 135). Was die [2200] Geschichte des Volkes anlangt, so ist auf die Operationen des Drusus (in den Jahren 11–9 v. Chr.) schon hingewiesen worden; seine Züge in das innere Germanien gingen immer durch das Chattenland (vgl. auch Vell. II 109). Auch Germanicus fand es für nötig, die Chatten durch verschiedene Angriffe im Schach zu halten (Tac. ann. I 55f. II 7. 25). Bei dem Einfall des Legaten Silius (Tac. ann. II 7) fielen die Frau und Tochter des Chattenfürsten Arpus in römische Hände (andere principes der Ch. aus jener Zeit sind Actumerus Tac. XI 16, Adgandestrius II 88 ; vgl. zu diesen Namen Müllenhoff Haupts Zeitschr. IX 223ff.). Im J. 17 triumphierte Germanicus de Cheruscis Chattisque, Tac. II 41 (vgl. Strab. VII 292). Unter Claudius mussten sie zweimal zur Ruhe gebracht, werden, im J. 41 durch Sulpicius Galba (Dio LX 8), im J. 50 durch den Legaten Pomponius Secundus (Tac. ann. XII 27f.). Wie zu erwarten, beteiligten sie sich auch an dem Aufstand der Bataver, ihrer Stammesgenossen (Tac. Germ. 29; hist. IV 12. Grimm a. O. II³ 406. Much Deutsche Stammsitze 23f.), wenn auch nur nebenbei (Tac. hist. IV 37. Mommsen R. G. V 121. 136). Zur Zeit des Domitian hatten sie über die Cherusker obgesiegt und den Cheruskerfürsten Chariomerus vertrieben (Dio epit. LXVII 5, vgl. Tac. Germ. 36). Der Angriffskrieg, den Domitian unternahm, fällt in das J. 83 (Sueton. Dom. 6 expeditiones partim sponte suscepit, partim necessario: sponte in Chattos... de Chattis Dacisque post varia proelia duplicem triumphum egit. Eutrop. VII 23. Frontin. strat. II 3, 23. Aur. Victor Epit. 11; Caes. 11. Iuven. IV 147 mit Schol. Martial. II 2, 6. Stat. silv. I 1, 27. III 3, 168. Mommsen R. G. V 136f. Schiller Gesch. d. röm. Kais. I 527f.). Über spätere Kämpfe berichten Hist. Aug. M. Anton. philos. 8, 8 Catthi in Germaniam et Raetiam inruperant; Did. Iulian. 1, 8 Cattos debellavit. Auch Caracalla scheint gegen sie gefochten zu haben (Dio epit. LXXVII 14. Zeuss a. O. 327; s. den Artikel Cenni). Ihr Name erscheint zuletzt zu Ende des 4. Jhdts. bei Sulpicius Alexander (Greg. Tur. hist. Franc. II 9) und Claudian. de bello Goth. 420 (bei Sidon. Apoll. carm. VII 390 ist wohl mit Zeuss a. O. 328 Chaucumque oder Cauchumque für Chattumque herzustellen). Die Veroneser Völkertafel XIII 16 p. 251 ed. Seeck nennt Cati zwischen Bructerern und Burgundionen (Müllenhoff Deutsche Altertumsk. III 313). Die Hauptstelle über die Sitten und Gebräuche der Ch. bei Tac. Germ. 30. 31, der sich über ihre kriegerische Tüchtigkeit und Besonnenheit sehr anerkennend äussert und namentlich ihre kluge Taktik und ihre fast römische Kampfesweise hervorhebt. Eine eingehende Schilderung widmet den Ch. Jakob Grimm im 21. Kapitel seiner Geschichte der deutschen Sprache. Aus neuerer Zeit ist zu nennen Wilhelm Arnold Ansiedlungen und Wanderungen Deutscher Stämme (Marburg 1875), welcher aus den hessischen Ortsnamen beachtenswerte Schlüsse für die erste Ansiedlung und weitere Verbreitung der Hessen zieht. Denn dass der Name der Chatten von den späteren Hassi, Hessi nicht zu trennen ist, scheint sicher trotz des Widerspruches von Zeuss (a. O. 96); vgl. Müllenhoff Ztschr. f. deutsches Alt. [2201] XXIII 5ff. Von sonstigen gelegentlichen Erwähnungen des Chattennamens bei alten Schriftstellern seien noch erwähnt Suet. Vit. 14 vaticinante Chatta (Var. Cata, Cattha, Chattha) muliere, cui velut oraculo adquiescebat (vgl. Tac. Germ. 8. Dio LXVII 5) und Martial XIV 26, der als Beizmittel für die Haare Chattica spuma anführt (die Lesart caustica ist ohne Gewähr; vgl. Mart. VIII 33, 20 spuma Batava. XIV 27 Mattiacas pilas. J. Grimm Gesch. d. deutschen Sprache II³ 407). Vgl. auch die Artikel Amsivarii, Batavi, Chasuarii, Cherusci.
[Ihm.]

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