Charybdis (Χάρυβδις, -εως, ionisch -ιος), Herleitungen des Namens: a) Aus dem Griechischen: Od. XII 104: Χάρυβδις ἀναρροιβδεῖ. Schol. Plat. ep. p. 345 e: εἰς χάος ῥοιβδεῖν (vgl. Suid. Etym M. und Gud.), vgl. Eust. p. 1716, 41ff. (Hartung Rel. und Myth. d. Gr. II 86). Andere (s. Od. von Faesi-Hinrichs II⁸ z. XII 104): *χαράδ (-ρα) -ροιβδις (zu χαράδρα Curtius Grundz.⁵ 197) und *κάρυβδις (κρύπτω, καλύπτω Curtius 529) = ,Καλυψώ des Meeres' (vgl. Κρόνος und Χρόνος). Düntzer Kuhns Ztschr. f. vgl. Spr. XIV 197: Χάρ–υβ–δις (vgl. χείρ) = arripiens. Doederlein Hom. Gloss. II 229 (nr. 797): χέραβος, *χεραβύζειν. Pott Kuhns Ztschr. V 255f. hwerbo (Graff Altd. Sprachschatz IV 1287), hwerbil. b) Aus dem Semitischen: Lewy D. semit. Fremdw. i. Gr. 207.
Gegenüber der Skylla (s. d.) erhebt sich in 3 Bogenschussferne ein zweiter Felsen, nicht so hoch, aber mit mächtigem wildem Feigenbaum, unter welchem die δῖα Χ. die dunkle Flut in sich schlingt und wieder aussprudelt, dreimal des Tages, einem ,Kessel über flammendem Feuer‘ vergleichbar, so schrecklich, dass ,dem Schiffer im kleinen Schiffe‘ selbst des Erderschütterers Hülfe nicht fruchtet (Od. XII 101ff. 235ff.). Auf der Kirke Rat (v. 108ff.) mied Odysseus die gefährlichere Ch., dafür holte sich die Skylla sechs seiner Mannen aus des Schiffes Bauch (v. 245ff.). Hernach, wie des Odysseus Gefährten den Frevel an des Helios Rindern mit dem Leben gebüsst, trieb der göttliche Dulder allein auf zertrümmertem Kiel zur Ch. zurück, die eben wieder ,des Meeres salzige Flut‘ einschlürfte; Odysseus hielt sich fest am überschattenden Feigenbaum, bis wieder Mast und Kiel ausgespieen wurden; da schwang er sich hinunter und setzte sich auf die Balken, um mit den Händen davonzurudern (v. 426ff.), vgl. Eur. Troad. 436. Lyk. Al. 668. 743. Apollod. ep. 7. 21. 23 Wagn. Hyg. p. 108, 23 Sch. u. s. f. Iason und seine Begleiter gelangten glücklich durch die Skylla und Ch. dank der thatkräftigen Hülfe der Thetis und ihrer Schwestern, Apoll. Rhod. IV 789f. 825f. 923. Orph. Arg. 1251ff.; vgl. Apollod. I 136 W. Ovid. met. VII 62ff.; her. XII 125f. Aineias mied die Gefahren der Meerenge bei Sicilien und fuhr um die Insel herum, Verg. Aen. [2195] III 420ff. 554ff. VII 302f. Ovid. met. XIII 730f. XIV 75. In der Mythologie spielt Ch. kaum eine Rolle; erst später erscheint sie als Tochter des Poseidon und der Ge: als sehr gefrässiges Weib raubte sie dem Herakles Rinder und wurde dafür vom Blitz des Zeus ins Meer geschleudert, wo sie indes ihre gefrässige Natur beibehielt, Serv. Aen. III 420 (Myth. Vat. II 170). Schol. Lucan. I 547. Prud. Apoth. 747 (LIX 981 Migne), vgl. Artikel Skylla. Häufig findet sich Ch., wie Skylla, in übertragenem und sprichwörtlichem Gebrauch, vgl. Waser Skylla und Ch. i. d. Lit. und Kunst d. Gr. und R., Diss. Zürich 1894, 69ff. Mit Skylla wurde Ch. von den Alten in die sicilische Meerenge verlegt (Thuk. IV 24, 5) und zwar auf die sicilische Seite unter das Vorgebirge Peloron bei Messene (Schol. Apoll. Rhod. IV 825 u. a.), vgl. Iustin. IV 1. In Syrien führt den Namen Ch. der Schlund, in den sich der Orontes zwischen Apameia und Antiocheia ergiesst, Strab. VI 275 und Eust. Od. p. 1716, 25f.; Eustathios spricht da ausserdem von einer lykischen Ch., und für eine Ch. bei Gadeira vgl. Schol. Plat. ep. p. 345 e. Suid. Etym. M. u. Gud. (Ps.-Eud. p. 431 Vill.).
Von Seiten der bildenden Kunst hat die Ch. keine Beachtung gefunden; Deutungen auf die Ch. trifft man bei Gori Mus. Etr. CXLVIII 2 (vielmehr etr. ,Skylla‘). Minervini Bull. nap. arch. n. s. VII 38 z. Tf. III (vielmehr phantast. Seepferd). Braun Bull. d. Inst. 1843, 55 (vielmehr Glaukos oder Triton). Polites Ἐφημ. αρχ. 1892, 241ff. (vielmehr Aiolos).
[Waser.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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