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Charadrios (χαραδριός), ein Wasservogel (Aristoph. Av. 265. 1141), der seinen Namen von seinem Aufenthaltsort (χαράδραι Schol. Aristoph. Av. 1141) hat. Nach Aristoteles lebt er mit dem λάρος und der αἴθυια zusammen am Wasser (Arist. hist. an. VIII 3, 223 B.) und hält sich in Wasserrinnen, Höhlen und Klippen auf (Arist. IX 11, 266). An Farbe und Stimme ist er hässlich und nur des Nachts sichtbar, während er sich am Tage verkriecht (Arist. a. a. O.). Die aristotelische Beschreibung passt auf den lerchengrauen Regenpfeifer (Oedicnemus crepitans). Vgl. C. J. Sundevall Die Tierarten des Aristoteles, Stockholm 1863, 148. Aubert-Wimmer Aristoteles Tierkunde I 111. Er galt für sehr gefrässig und fand mit dieser Eigenschaft im Sprichwort Verwendung, Plat. Gorg. 494 B. Schon die knidische Schrift περὶ τῶν ἐντὸς παθῶν c. 37 (Hippocr. VII 260 L.) empfiehlt ein Mittel ἀπὸ χαραδρίου (so die beste Hs. Vindob. θ) gegen Gelbsucht, und es war ein alter Volksaberglaube, dass der Anblick des χ. die Gelbsucht heile, daher wurde er verhüllt verkauft, eine Thatsache, auf die schon Hipponax anspielt (PLG⁴ II 480 frg. 52: καὶ μιν καλύπτεις. μῶν χαραδριὸν περνᾷς. Schol. Arist. Av. 266 aus dem Euphronioscommentar, vgl. Strecker De Lycophrone Euphronio Eratosthene comicorum interpr., Greifsw. Diss. 1885, 84. Schol. Plat. Gorg. 494 B. Plut. quaest. symp. V 7, 2. Ael. n. a. XVII 13. Heliod. Aeth. III 8, 87 B.). Der Leibarzt des Ptolemaios Philopator, Andreas, behauptete, dass nicht der Anblick, sondern der Genuss seines Fleisches die Gelbsucht heile (Schol. Arist. Av. 266, aus ihnen Suid. s. χαραδριός). In der Ornithogonie der Boio war erzählt, dass der Regenpfeifer ursprünglich ein Mensch gewesen sei, Agron mit Namen, der Sohn des Eumelos auf Kos, der von Hermes in diesen Vogel verwandelt wurde (Ant. Lib. 15). Χαραδριὸν μιμούμενος (Aristoph. Av. 266) gebrauchte man sprichwörtlich von jemand, der sich versteckt hielt (Suid. s. v.). Asphalt tötet den Vogel (Ael. n. a. VI 45). In späterer Zeit übertrug man seine Eigenschaften auf den ἴκτερος (galgulus oder galbulus der Römer, Plin. XXX 94. Mart. XIII 68. Eut. Ix. I 17). Im Mittelalter spielte der Caradrius eine bedeutsame Rolle im Volksaberglauben; vgl. Wackernagel Altd. Lesebuch I 166. Scheffels Ekkehard 44.
[M. Wellmann.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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