37) Cassius Chaerea (Chaerea Seneca. Victor; Χαιρέας Zosimus. Plutarch; die übrigen Cassius Chaerea), Mörder des Kaisers Gaius. Er diente im J. 14 n. Chr., damals noch ein ganz junger Mann, als Centurio im germanischen Heer und rettete sich bei dem Aufstand der Legionen nur durch sein entschlossenes Benehmen (Tac. ann. I 32). Später wurde er Tribun bei der Praetorianertruppe. Als solcher zog er sich durch seine zarte Stimme und sein sanftes Wesen, das ihm trotz seiner kräftigen Natur und seiner grossen Körperstärke anhaftete, beständig Caligulas Spott zu. Namentlich verhöhnte ihn der Kaiser, wenn C. Dienst hatte und sich das Losungswort holen musste. Er erhielt nämlich bei dieser Gelegenheit gewöhnlich solche Worte, die einen Schimpf für ihn bedeuteten, wie Venus, Priapus, Amor, und die ihn auch bei den übrigen Tribunen lächerlich machten (Suet. Gai. 56. Dio LIX 29 = Zon. XI 7. Joseph. ant. Iud. XIX 29–31. Sen. dial. II 18, 3). Diese unwürdige Behandlung, sowie [1683] die vielen Ungerechtigkeiten und Härten, bei denen C. als Werkzeug wider seinen Willen dienen musste (Joseph. XIX 24–36), reiften und festigten in ihm den Gedanken, Gaius zu ermorden. Er verschwor sich zu diesem Zweck mit einer Anzahl Gleichgesinnter, worunter sich auch mehrere Senatoren befanden; schon mehrmals war die Ausführung dieser That durch die Unschlüssigkeit der Verschworenen verzögert worden, bis sich endlich C. entschloss, bei Gelegenheit der Spiele zu Ehren des Augustus (ludi Palatini) die Tötung zu vollbringen (Suet. Gai. 56. Zon. XI 7. Joseph. XIX 18. 21–83). Aber erst am letzten der Festtage ergab sich ein geeigneter Augenblick dazu. Als der Kaiser an diesem Tage aus dem Theater in den Palast zurückkehrte, begab er sich in einen Seitengang, um sich die dort versammelten griechischen Jünglinge anzusehen, die er als Sänger für die von ihm eingerichteten Mysterien und als Tänzer im Theater nach Rom hatte kommen lassen. Hier trat ihm nun Cassius Chaerea entgegen, der gerade an diesem Tage wieder Dienst hatte und nun um die Erkennungszeichen bitten sollte. Als Caligula, wie gewöhnlich, ein schimpfliches Wort wählte, brachte ihm C. mit seinem Schwerte eine schwere, aber nicht tötliche Wunde bei, während die herbeieilenden Genossen den Kaiser vollends töteten (Dio LIX 29 = Zon. XI 7. Joseph. XIX 84–113. Suet. Gai. 58 hat auch eine andere, etwas abweichende Version. Zos. I 6, 2. Vict. Caes. 3, 13), am 24. Januar 41 n. Chr. (vgl. CIL I p. 385).
Sobald die Nachricht hievon sich im Palaste verbreitet hatte, war zwar die germanische Leibwache sofort zur Stelle, aber sie traf nur mehr auf einige Unschuldige, die ihrer Wut zum Opfer fielen; C. selbst war entkommen (Joseph. XIX 114–126. Sen. dial. II 18, 3). Nachdem er sich hierauf von den Consuln die Losung erbeten hatte, die diesmal libertas lautete (Joseph. XIX 186), gab er dem Tribunen Iulius Lupus trotz der Einsprache mehrerer Verschworener den Befehl, auch Caligulas Gemahlin (Milonia) Caesonia und ihr Töchterchen zu töten (Joseph. XIX 190–200. Suet. Gai. 59). Am folgenden Tage versuchten C. und die übrigen Verschworenen, die städtischen Truppen für ihre Pläne zu gewinnen; aber diese erklärten sich für Claudius, der hierauf zum Kaiser erhoben wurde (Joseph. XIX 254–262). Als dann Claudius zur Regierung gelangt war, liess er C. als Anstifter der Verschwörung und Lupus als den Mörder der Gemahlin und Tochter des Caligula hinrichten (Dio LX 3, 4 = Zon. XI 8; vgl. Suet. Claud. 11. Joseph. XIX 263–271). Während letzterer sich feig und unwürdig benahm, erlitt C. standhaft den Tod. Das Volk legte noch nach seinem Tode Anhänglichkeit für ihn an den Tag (Joseph. XIX 272f.); noch im J. 65 wurde jemand verurteilt, weil er im Besitze eines Bildes von C. war (Dio LXII 27, 1). Vgl. auch Sen. ep. 4, 7. Plut. de superst. 11 p. 170 E.
[Stein.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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