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Carbasus. 1) Carbǎsus, gew. Femin., später auch Masc., Plur. gew. carbasa (Georges Lex. der lat. Wortformen, 1890), griechisch κάρπασος, Plur. κάρπασα. Über Herkunft und Bedeutung handelt besonders O. Schrader Linguist.-histor. Forschungen zur Handelsgesch. und Warenk. I 1886, 199. 204. 210f. 217. Er kommt (213) zu dem Resultat, dass das Wort an den ältesten Stellen noch jede Beziehung zur Baumwolle verleugne. Doch darf man dies nicht so verstehen, als ob das Wort zu verschiedenen Zeiten verschiedenen Sinn gehabt habe. Unter den zahlreichen Sanskritnamen für Baumwolle sind die beiden verbreitetsten kárpâsa und tûla (Lassen Ind. Altertumsk. I 250. Schrader a. a. O. 199), und noch heute heisst die in Indien allein heimische krautige Baumwollenpflanze im Bengali kapase, im Hindustani kapas (A. de Candolle Der Ursprung der Kulturpflanzen, übers. von Goeze 1884, 511). In andere orientalische Sprachen übergegangen, lautet das Wort: hebraeisch karpâs (Esth. 1, 6), arabisch kirbâs, persisch kirpâs, armenisch keṛpas (Schrader 210). Zwar übersetzt P. de Lagarde (Armen. Studien 1148) diese Wörter mit ,feines Linnen‘, doch offenbar nur willkürlich, da er dies auch mit sanskritisch kárpâsa thut. Freilich bei den griechischen und römischen Schriftstellern bezeichnet das Wort nur dann die Baumwolle, bezw. ein baumwollenes Kleid, wann von indischem Brauch die Rede ist [1573] (Strab. XV 719. Curt. VIII 9, 21. 24. Lucan. III 239. Anon. peripl. mar. erythr. 41). Ja es kann selbst in diesem Falle zweifelhaft sein, ob die betreffenden Schriftsteller immer eine richtige Vorstellung von dem Gegenstand hatten, da wenigstens Propertius (V 3, 64) ein solches Kleid carbasa lina nennt (vgl. Strab. VII 294, auch Curt. VIII 9, 15). Im übrigen aber scheinen die Griechen und Römer unter C. allerdings immer aus Flachs bereitete Gewebe verstanden zu haben. Wenn auch die Identificierung mit linum (Plin. XIX 10. Serv. Aen. III 357. VIII 33. Corp. gloss. lat. IV 29, 13. 433, 9. V 175, 24. 493, 57. 550, 5; vgl. IV 29, 18. 492, 37. V 272, 64) dies nicht allein beweisen kann, da man auch öfters die Baumwolle und speciell die byssus (s. d.), ja sogar den Asbest (Plin. XIX 19f. Paus. I 26, 7) damit bezeichnete, so bleibt doch zu bedenken, dass sich andere Erklärungen, welche wie bei der byssus auf Baumwolle schliessen liessen, nicht finden. Entscheidend aber sind einige sachliche Gründe. Wenn Strabon (VII 294) sagt, dass die Priesterinnen der an der Nordsee wohnenden Kimbern καρπασίνας ἐφαπτίδας getragen hätten, so können dies nur linnene Oberkleider gewesen sein. Wenn Plinius (XIX 10) sagt, dass zuerst beim spanischen Tarraco die carbasa genannten zarten Linnen verfertigt seien und diese besonders geschätzt würden, so können diese, abgesehen von anderen Gründen, auch deshalb keine Baumwollenstoffe gewesen sein, weil heute die Baumwollenkultur im östlichen Spanien sich unter dem 40. Breitengrade hält. Die C., auf welchen die römischen Schicksalssprüche niedergeschrieben sein sollten, kann sich Claudianus (bell. Get. 232) nur als Linnen gedacht haben, wie auch Symmachus (ep. IV 34) die sibyllinischen Bücher ursprünglich darauf geschrieben sein lässt.
Im Griechischen haben noch die Septuaginta (Esth. 1, 6) καρπάσινα als Übersetzung des hebraeischen karpâs (s. Byssos), ferner Antiphilos (Anthol. Pal. LX 415) λεπτὰ κάρπασα zur Bezeichnung feiner Segel und Dionysios Hal. ant. II 68 καρπασίνη ἐσθής zur Bezeichnung eines Kleides oder Tuches (vgl. Prop. V 11, 54. Val. Max. I 1, 7; carbasea lina = Tücher bei Tibull. III 2, 21) einer Vestalin alter Zeit; endlich wird die ἀμοργίς für feiner als die κάρπασος bezeichnet (Schol. Ar. Lysistr. 735. Suid.). Viel häufiger ist das Wort bei den Römern. Schon um 190 v. Chr. erwähnt der Komiker Caecilius Statius (bei Non. 548, 15; vgl. 541, 11) als feine Kleiderstoffe carbasina, molochina, ampelina. Da er offenbar eine attische Komödie, benutzt, auch die Adiectivbildung griechisch ist, so ist wohl anzunehmen, dass die Römer die C. durch die Griechen, nicht, wie es nach obiger Notiz des Plinius über Tarraco scheinen könnte, durch Phoiniker kennen gelernt haben. Zu gleicher Zeit gebraucht Ennius (ann. 452 Baehr.) carbasus als Schiffssegel. Demnächst nennt Cicero (Verr. V 30 und 80; vgl. Varr. bei Non. 541, 20) carbasea vela die Leinwand der Zelte des Verres in Syrakus und Lucretius (VI 108; vgl. Plin. XIX 23) carbasus das Schirmdach des Theaters. Am öftesten findet sich die Bedeutung ,Schiffssegel‘, doch zuerst nur bei Dichtern (s. die Stellen bei J. Yates Textrinum antiquorum I 1843, 345). Wie aber bei [1574] Apuleius neben carbasus = Segel (met. XI 16) sich auch carbasina = Prachtgewänder, etwa von Batist (VIII 27) findet, so scheint auch in einem ziemlich gleichzeitigen Verzeichnis ausländischer Waren (Dig. XXXIX 4, 16, 7) carpasum neben vela tincta carbasea feines, wenn auch orientalisches, Linnen zu bezeichnen.
[Olck.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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