ART

Capistrum, wohl von capere abzuleiten (O. Weise D. griech. Wörter im Latein 16, 5) und daher wie das deutsche ,Halfter‘ eigentlich = Handhabe. Bei Cato (de agric. 12) bezeichnen die capistra wahrscheinlich Stricke, welche an den Enden der längeren Hebel befestigt waren, mit denen die den Pressbaum vermittelst eines Seiles herabziehende Haspel gedreht wurde (Goiffon bei Schneider i. s. Ausg. d. Script. rei rust. II 673). Dass es die Stricke gewesen seien, mit denen die den Pressbaum wieder emporziehenden Flaschenzüge an der Decke des Pressgebäudes befestigt waren (so die Erklärer in den Antichità di Ercolano VIII pref. und bei Schneider a. O. 647), ist deshalb weniger wahrscheinlich, weil ihre Zahl für das ganze Pressgebäude auf fünf, die der Flaschenzüge aber auf zehn von Cato angegeben wird. Ferner wurde c. für das Band gebraucht, mit welchem die Rebe an der Stelle an den Pfahl gebunden wurde, von welcher aus sie sich nach verschiedenen Richtungen verzweigte (Col. IV 20, 3, vgl. XI 2, 95). Am häufigsten wurde es mit dem griechischen φορβειά identifiziert (Corp. gloss. lat, II 97, 38. 472, 50. III 24, 36 unter der Überschrift de pellibus. 370, 44) oder dieses mit περιστόμιον und καπίστριον (Hesych. Suid. Etym. M. 798, 31), d. h. beides bezeichnete wie auch das neugriechische [1512] (φορβειά, vulg. τὸ καπίστρι und ἡ μουράϊα, der Halfter; einmal wird es nur als Strick für Tiere erklärt (Etym. M. 139, 33f.). Auch in den romanischen Sprachen hat sich c. in der Bedeutung ,Halfter‘ erhalten (G. Körting Lat.-roman. Wörterb. 1891), doch im Italienischen gebraucht man dafür cavezza oder seltener capezza, während capestro einen Strick bedeutet, mit welchem die Tiere, besonders die Rinder, an die Krippe gebunden werden. Auch im Altertum wurde der besonders als Kopfbekleidung bezeichnete Halfter (Isid. XX 16, 4. Suid. s. καπίστριον) vorwiegend zum Anbinden der Zug- oder Reittiere (Varro II 6, 4. Verg. g. III 188. Col. VI 19, 2), darunter besonders der Pferde (Suid. a. a. O.), mit Ausnahme der Rinder, welche an den Hörnern mit einem Stricke angebunden wurden (Col. a. a. O.), gebraucht; von den Indern wird besonders hervorgehoben, dass bei ihnen die zu den Streitwagen gehörenden Pferde während des Marsches am Halfter, nicht am Zaum geführt würden, während die Wagen von Rindern gezogen würden (Strab. XV 709). Angebunden wurden die Rosse an die Krippe (Hom. Il. X 568); Xenophon (eq. 5, 4) dagegen verlangt, dass das Reitpferd oberhalb des Kopfes im Stalle angebunden werden solle, damit die Fessel, da das Pferd diese wie alles vor seinem Gesicht Befindliche durch Bewegung des Kopfes nach oben zu entfernen suche, hiebei statt zerrissen zu werden nur nachgebe. Dabei ist aber wohl nicht mit Fr. Jacobs (Xenophons Buch über d. Reitkunst, 1825, Bemerk. zu c. 5, 1) anzunehmen, dass Xenophon mit φάτνη eine Raufe bezeichnet habe und an diese das Tier habe angebunden werden sollen. Rich (Illustr. Wörterb. d. röm. Altert., übers. von C. Müller, 1862, s. equile, loculus und patena) giebt die Abbildung eines wohl noch aus dem Altertum erhaltenen Pferdestalles an der Bucht von Contorbi in Sicilien; hier ging die Halfterleine durch eine kleine Öffnung, die in der Wand unmittelbar über jeder Krippe angebracht war, und war auf der andern Seite der Mauer an einem Holzklotz befestigt; ausserdem befand sich oberhalb dieser Öffnung ein zweites Loch, vielleicht damit das Pferd nach Xenophons Vorschrift auch oberhalb des Kopfes angebunden werden konnte. Doch wird auch nach diesem die Befestigungsstelle am Pferde selbst unter der Kehle gelegen haben, da nach ihm (ebd. § 1; vgl. Poll. I 201) die Anknüpfung mittelst eines Knotens nicht da stattfinden sollte, wo der Scheitelriemen um die Ohren herumgehe, damit nicht durch Reiben des Kopfes an der Krippe seitens des Pferdes Geschwüre entständen. Xenophon (ebd. § 3; vgl. Poll. I 202) verlangt auch, dass der Pferdewärter, wenn er das Tier ohne Zaum, d. h. blos am Halfter führe, ihm einen Beisskorb anlege, um es am Beissen zu hindern (über den Beisskorb, κημός, πνιγεύς, φημός, camus, fiscella, fiscina, handelt Saglio im Dict. des ant. I 896f., auch Heydemann Arch. Jahrb. IV 1889, 265, 7 Taf. X). Saum oder Packpferde wurden gewöhnlich nur an dem Halfter geführt, für welchen nebst Leitzügel (ducale Corp. gloss. lat. III 370, 38) und den ihn mit jenem vereinigenden Ringen im Maximaltarif des Diocletian vom J. 301 in dem Kapitel über Sattlerwaren (10, 4) als Maximalpreis 75 Denare = [1513] 1,37 M. angesetzt sind; ebenda (§ 6) ist ein Maultierzaum für den Reiter nebst einem kleinen Halfter für den das Tier führenden mulio mit 120 Denaren = 2,19 M. und (§ 7) ein Halfter für Packmaultiere mit 80 Denaren = 1,46 M. angesetzt (H. Blümner D. Maximaltarif des Diocl. 129f.). Gelegentlich konnte man das C. auch zur Führung anderer Tiere gebrauchen (vgl. LXX Job 40, 20), wie Hirsche (Ovid. met. X 125), wilder (Mart. I 104, 6) und zahmer Eber (Petron. 47). Auf einem Basrelief der Traianssäule (Fröhner La colonne Traj. II pl. 114; vgl. I pl. 35. II pl. 121. 129. 133. XXVIII; auch Abbildungen bei Daremberg-Saglio a. O.) und auf einem andern bei Clarac Musée de sculpture II 224, 308 wird ein Stier am Halfter zum Opfer geführt. Die capistrarii = Halftermacher erwähnt Diom. GL I 326 K. CIL XII 4466.
[Olck.]

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