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Calceus, der Schuh, ist im Gegensatz zur Sandale, solea, die nationale, zur Toga gehörige Fussbekleidung des römischen Bürgers (Polyb. XXX 19, 3. Plut. Pomp. 24; coniug. praec. 22) und in seinen verschiedenen Formen Standesabzeichen. Es werden unterschieden 1) mulleus, 2) c. patricius, 3) c. senatorius, 4) der gewöhnlich C.

1. Den mulleus beschreibt Isid. orig. XIX 34, 10: mullei similes sunt cothurnorum (vgl. Lyd. de mag. I 7) solo alto, superiore autem parte cum osseis vel aeneis malleolis, ad quos lora deligabantur. Dicti autem sunt a colore rubra, qualis est mulli piscis. Also ein roter Schuh mit hoher Sohle und Knöpfen oder Haken am oberen Rande zur Befestigung der Riemen. Er galt als Tracht der albanischen Könige, Fest. 142. Rote Schuhe des Romulus nennt Zonaras VII 4, während Plutarch, dem er sonst folgt, von den Schuhen schweigt. Als Königstracht wurde der Mulleus auch von Caesar getragen. Cass. Dio XLIII 43, 2: τῇ ὑποδέσει .... καὶ ὑψηλῇ καὶ ἐρυθροχρόῳ κατὰ τοὺς βασιλέας τοὺς ἐν τῇ Ἄλβῃ ποτὲ γενομένους ... ἐχρῆτο, wodurch die Identifizierung dieses Schuhes mit dem c. patricius (Festus a. O.) widerlegt wird; denn die Beschuhung Caesars war offenbar verschieden von der ihm als Patricier ohnehin zustehenden. Zu widersprechen scheint Cato bei Fest. a. O.: Qui magistratum curulem cepisset calceos mulleos allutaciniatos, ceteri perones. Hier ist allutaciniatos corrupt, alluta cinctos oder vinctos (Jordan, Mommsen) unmöglich; dem notwendig erforderten Sinn würde alutaceos entsprechen. Aber mulleus ist hier wohl einfach Adiectiv: rote Schuhe aus feinem Leder. Gemeint ist offenbar der Senatorenschuh.

2. Den Patricierschuh beschreibt Isid. a. O. 4: patricios calceos Romulus reperit quatuor corrigiarum assutaque luna. Iis soli patricii utebantur. Luna autem in iis non sideris formam, sed notam centenarii numeri significabat, [1341] quod initio patricii senatores centum fuerint. Die Patricier, denen dieser Schuh zukommt, sind die patricischen Senatoren; in der Kaiserzeit freilich tragen ihn schon die Kinder, Stat. silv. V 2, 28. Mommsen Staatsr. III 217, 1. 3. 890, 4; Röm. Forsch. I 255. Ein besonderer patricischer Senatorenschuh ergiebt sich sicher aus der Erzählung von Marius, der nach seinem Triumph über Iugurtha in Triumphaltracht und mit den zu dieser gehörigen, ihm aber sonst als Plebeier nicht zukommenden calcei patricii in den Senat kam. Elogium CIL I² p. 195f.; vgl. Liv. epit. LXVII. Plut. Mar. 12. Ferner bezeugt ihn ausdrücklich Zonaras (d. h. Dio Cassius) VII 7; vgl. Plut. qu. rom. 76. Io. Antioch. frg. 33 Müll. Und noch im Edict Diocletians IX 7. 8 werden die Patricierschuhe mit 150, die Senatorenschuhe mit 100 Denaren tarifiert.

3. Dass auch die plebeischen Senatoren einen besonderen Schuh trugen, ist vielfach bezeugt. Nach Cato bei Festus a. O. war er zu seiner Zeit rot und trugen ihn nur die, welche zu einem curulischen Amt gelangt waren und daher das Vorschlagsrecht hatten, mit Ausschluss der plebeischen Pedarii. Später, als diese Kategorie weggefallen war, trugen ihn alle Senatoren. Mommsen St.-R. III 890, ferner Cic. Phil. XIII 28. Hor. sat. I 6, 27. Iuv. VII 192, c. senatorius Serv. Aen. VIII 458. Missbräuchlich wird auch dieser Schuh bisweilen als patricisch bezeichnet, Sen. de tranqu. an. 11, 9. Stat. silv. V 2, 28. Plut. de tranqu. an. 10. Nach Cato a. O. war er rot, während nach dem, was von Caesar (Dio a. O.) erzählt wird, es scheint, dass zu seiner Zeit diese Farbe auch für den Patricierschuh nicht mehr üblich war. Der Senatorenschuh wird als schwarz bezeichnet, Hor. sat. I 6, 27. Iuv. VII 192. Mommsen (St.-R. III 889f.) bezieht dies nur auf die Riemen; doch ist weder die Verschiedenfarbigkeit des Schuhes und der Riemen, noch die Hervorhebung der Farbe der letzteren, die ja gar nichts Besonderes ist, recht wahrscheinlich.

Über den Unterschied zwischen dem patricischen und dem Senatorenschuh erhalten wir keine genügende Auskunft. Nach Isid. a. O. 4 war der patricische quattuor corrigiarum assutaque luna; auch Zon. a. O. spricht von ἐπαλλαγὴ τῶν ἱμάντων. Wie die vier Riemen angebracht waren, wie und wo die Riemen sich kreuzten, darüber fehlt jede nähere Angabe. Ein besonderes, hoch hinaufgehendes Riemenwerk wird aber auch den Senatoren im allgemeinen zugeschrieben: Hor. sat. I 6, 27. Sen. de tranqu. an. 11, 9. Die oft genannte luna, Mondsichel (aus Elfenbein, Philostr. v. soph. II 1, 8) wird erklärt als das Zahlzeichen C, wegen der ursprünglichen Hundertzahl der patricischen Senatoren. Isid. a. O. Zon. VII 9 (wo missverständlich von dem griechischen Zahlzeichen Ρ die Rede ist). Io. Antioch. a. O. Lyd. de mens. I 19. Als patricischen Schmuck trug sie der von Antoninus Pius in den Patriciat erhobene Sohn des Herodes Atticus, CIG 6185. 6280 B 23; vgl. Philostr. a. O. Auch bei Plut. qu. rom. 76 ist εὐγένεια wohl der Patriciat. Es scheint aber sicher, dass die Luna in der Kaiserzeit mit Recht oder Unrecht auch von plebeischen Senatoren getragen wurde. Zwar Stat. silv. V 2, 28 könnte [1342] (mit Mommsen St.-R. III 892) als Schmeichelei verstanden werden; aber Mart. I 49, 31 und besonders Iuv. VII 192 ist von Schmeichelei nicht die Rede. Art und Ort ihrer Anbringung ergiebt sich aus CIG und Philostr. a. O., wo sie ἐπισφύριον heisst und gesagt wird, sie sei ἐν τοῖς ἀστραγάλοις, περὶ σφυρά angebracht. Sie wird also wohl vorn oberhalb der Knöchel angenäht gewesen sein.

Auch die bildlichen Darstellungen ergeben keinen Unterschied zwischen patricischem und senatorischem C. Es kommt hier vor allem eine häufige Form in Betracht, die ohne Unterschied an Togastatuen und an solchen in militärischer Tracht vorkommt, an letzteren besser kenntlich, während die Toga den Teil vom Knöchel aufwärts bedeckt. Der C. reicht bis an die Wade; beim Domitian im Braccio nuovo des vatic. Museums 129 (Helbig Führer 60) endet er hier mit einer Art krausem Wulst. Zwei bei den Zehenansätzen zwischen Sohle und Oberleder befestigte, auch wohl auf dem Oberleder festgenähte Riemen laufen, auf dem Fussblatt sich kreuzend, gegen den Knöchel, oberhalb dessen das Bein umschnürt ist von Riemen, deren Verbindung mit den genannten wohl anzunehmen ist, aber nicht deutlich zu sein pflegt. Sie sind vorn zusammengebunden und die Enden fallen meist lang auf beiden Seiten herunter. Dieser Knoten wäre wohl der Platz der Luna, die aber nie vorkommt. Eine zweite Umschnürung mit Riemen findet weiter aufwärts statt; auch diese sind vorn zusammengebunden und die Enden fallen beiderseits lang herab, meist so, dass die untere Umschnürung über sie hinweggeht und sie am Fusse festhält. An der Innenseite pflegt noch ein über den Knöchel mehr oder weniger faltig herabfallendes Stück Leder kenntlich zu sein, welches den hier befindlichen, zum Anziehen nötigen Schlitz bedeckt. Durch das feine Leder (aluta) sind die Zehen kenntlich. Die auf dem Fusse gekreuzten Riemen ahmen offenbar die Schnürung einer Sandale nach.

Dass an diesem auch von Kaisern getragenen C. die Riemenenden der beiden Knoten, welche, tief hinabreichend, offenbar sichtbar sein sollten, die quattuor corrigiae des c. patricius sind, kann nicht wohl bezweifelt werden. Die officielle Bedeutung dieses Schuhes bestätigt auch seine lange Dauer. Ihn trägt Augustus (Vatican, Rotunde 555 u. Sala a croce greca 597. Helbig Führer 310. 319), Caligula (Clarac 277, 2373. Daremberg-Saglio I 817 Fig. 1016), Claudius (Vatican, Braccio nuovo 117), Titus (ebenda 26), Traian (Relief auf dem römischen Forum, Mon. d. Inst. IX 47), Marc Aurel (Reiterstatue auf dem Capitol) und noch die Consuln der Diptychen, an deren Schuhen (calcei aurati, Cassiod. var. VI 1) freilich nur die Enden des unteren Knotens sichtbar zu sein pflegen. In diesem C. nun aber den c. patricius zu erkennen, verbietet nicht nur das Fehlen der Luna, sondern auch die Thatsache, dass er von Nichtpatriciern (der Kaiser ist als solcher Patricier, Mommsen St.-R. II³ 1101. III 1236) getragen wird. Ein sicheres Beispiel eines plebeischen Senators ist M. Nonius Balbus in Herculaneum, gewesener Praetor und Proconsul (CIL X 1426; seine Statue Mus. Borb. II 38. 39); es ist aber auch sonst unmöglich, dass die zahlreichen [1343] so beschuhten Togastatuen lauter Patricier darstellen. Es scheint darnach, dass seit der ersten Kaiserzeit auch die Patricier sich gewöhnlich mit dem c. senatorius begnügten, und dieser in der besprochenen Beschuhung zu erkennen ist. Er wird aber auch von Nichtsenatoren getragen; ein sicheres Beispiel ist M. Holconius Rufus in Pompeii, gewesener tribunus militum a populo, Duumvir, Quinquennal und municipaler Priester des Augustus (CIL X 830). Entweder haben wir hier ein Zeugnis, dass (wovon sonst nichts bekannt; vgl. Mommsen St.-R. III 888, 1) wie die Municipalbeamten die Praetexta, so die Decurionen den Senatorenschuh trugen, oder es ist letzter einfach von Unberechtigten usurpiert worden. Wurde doch auch die Luna von hierzu ganz unberechtigten Personen getragen. Martial. III 29, 7, der darin gar nichts Besonderes findet.

Häufig sind an Statuen C. mit den auf dem Fussblatt gekreuzten Riemen, ohne dass die herabhängenden Enden und namentlich die des oberen Knotens sichtbar wären. Sichtbar sind diese letzteren an dem linken Fusse der schönen Togastatue in der Sala della biga des Vaticans nr. 612, Helbig Führer 329, aber so kurz, dass sie für gewöhnlich von der Toga bedeckt sein mussten. Ob hierin ein nicht senatorischer, aber dem senatorischen angeähnelter C. zu erkennen ist, muss zweifelhaft bleiben. Wenn, so ist die Darstellung der Schuhe der Consuln auf den Diptychen, die regelmässig nur ein Riemenpaar zeigen, eine abgekürzte und ungenaue. Es mag hier noch erwähnt werden, dass auch der Poseidippos und der sog. Menander des Vaticans (Helbig Führer 198. 199) einen ähnlichen Schuh tragen, mit auf dem Fussblatt gekreuzten Riemen und Umschnürung oberhalb des Knöchels, aber ohne herabhängende Riemenenden.

Es fehlt nicht ganz an Bildwerken, in denen dem eben besprochenen Senatorenschuh andere, auch von Bürgern getragene Beschuhungen als geringere entgegengesetzt werden. Auf dem oberen Rande der Cavea des Theaters von Herculaneum (Ruggiero Scavi di Ercolano XXIVf.) standen Bronzestatuen, teils Kaiser und Mitglieder der kaiserlichen Familie, teils Privatpersonen. Von ersteren ist nur der sog. Nero Drusus (Br. di Ercol. II 79. Bernoulli Ikonogr. II 1, 172, 16) nicht in heroischem Costüm dargestellt; er trägt den eben beschriebenen C. Dagegen haben die beiden Statuen des M. Calatorius M. f. Quartio und des Augustalen L. Mammius Maximus (Br. di Ercol. II 84. 85. CIL X 1447. 1452) einen anderen C., an dem die Schnürung verdeckt ist durch ein vom oberen Rande, eben oberhalb des Knöchels, über die ganze hintere Hälfte des Fusses gamaschenartig, etwas faltig, herabfallendes Leder. Und auf dem Relief einer der beiden von den Rostra stammenden Balustraden auf dem römischen Forum (Mon. d. Inst. IX 47) hat nur Traian (zweimal) den C. mit den vier Riemen, die ihm zunächst gegenüberstehenden Bürger denselben wie die herculanensischen Togastatuen, andere noch ganz andere Formen. Eben diesen C. mit überfallendem Leder tragen auch drei Togastatuen des Lateranmuseums, darunter zwei Knaben mit der Bulla (804. 812. 846. Benndorf-Schöne 419. 426. 453). Es ist also klar, dass dies eine [1344] Zeit lang eine moderne Beschuhung nichtsenatorischer Personen war.

Es ist aber selbstverständlich, dass, wenn für die Senatoren eine bestimmte Form üblich war, dies in Betreff der übrigen Bürger nicht der Fall sein konnte, vielmehr mancherlei verschiedenes Schuhwerk getragen wurde. Cato bei Festus 142 b 29 fasst dasselbe unter dem Namen perones (s. d.) zusammen, welcher einen bis zum Knöchel reichenden und hier zugebundenen, übrigens wohl verschieden geformten Schuh bezeichnet. Ausser der eben beschriebenen Form sind noch mehrere aus Bildwerken bekannt; es fehlt eine vollständige Zusammenstellung derselben. Auf dem erwähnten Relief vom römischen Forum tragen die dem Kaiser gegenüber weiter zurückstehenden Bürger, also wohl geringeren Standes, einen auf dem Rücken des Fusses zugeschnürten und vorn beim Knöchel zugebundenen C. Ebenda gleicht der C. der hinter dem Kaiser stehenden Lictoren dem oben beschriebenen, nur dass die den Knöchel umschnürenden Riemen über dem gamaschenartig überfallenden Leder liegen und also sichtbar sind. Wieder anders zwei kleine Togati im Cortile del Belvedere des Vaticans: ein Riemen geht quer über den Fuss, dichtes Riemenwerk umhüllt den hinteren Teil von der Ferse bis zum Knöchel. Ein der Statue eines Ritters entnommener C. bei Daremberg-Saglio I 816 Fig. 1014 (= Clarac 277, 2315): ein gamaschenartig überfallendes, aber glatt anliegendes Leder bedeckt die den Knöchel umschnürenden Riemen, so dass nur vorn der Knoten zum Vorschein kommt. Eine andere Form ebd. Fig. 1015; hier bedeckt das überfallende Leder, unten abgerundet, nur die Knöchel. Auf einem pompeianischen Bilde (Bull. d. Inst. 1885, 246, 13. Niccolini Suppl. XII) wird dem zu einem Gelage Gekommenen ein Schuh ausgezogen, an dem ein Stück Leder den vorderen Teil des Fusses bedeckt, während ein anderes, die Ferse und die Seiten von hinten bis zur Mitte umfassend, von beiden Seiten über jenes erste gelegt und vor dem Knöchel zusammengebunden ist. Dieselbe Form kommt auf campanischen Wandbildern auch als Frauenschuh vor.

Auch die Frauen trugen den C. und zwar in verschiedenen Farben; genannt werden rote, grüne, gelbe, weisse C. Ovid. ars am. III 271. Apul. met. VII, 8. Hist. Aug. Aurel. 49, 7. Tertull. de pallio 4. Die Form des Frauenschuhes ist an Statuen nicht kenntlich, da er fast ganz vom Gewande bedeckt wird. Wir dürfen annehmen, dass sehr verschiedene Formen üblich waren, von denen pompeianische Bilder, wenn gleich nicht römischen Costüms, namentlich die Darstellungen von Tänzerinnen und Personificationen der Jahreszeiten, eine Vorstellung geben können. Eine Form ist die soeben bei Gelegenheit des Männerschuhes erwähnte; andere haben auf dem Rücken des Fusses einen kurzen, oben zugeschnürten Schlitz; wieder an anderen ist keine Zuschnürung sichtbar; sie endigen am Knöchel mit einem kleinen Wulst (socci? s. d.). Mus. Borb. III 40. VII 33–36. 38. XIV 32.

Der C. gehörte zur Tracht des römischen Bürgers, und öffentliches Erscheinen in anderer Beschuhung wurde stets getadelt. Liv. XXIX 19, 12. Cic. Verr. V 86; Phil. II 76. Suet. Tib. [1345] 13; Cal. 52. Gell. XIII 22 (21), 1. Eine anerkannte Ausnahme war die, dass man zum Gastmahl in soleae ging, Hor. sat. II 8, 77. Sen. controv. IX 25. Martial. III 50, 3. Dass Ähnliches auch für die Frauen galt, kann vermutet werden aus Suet. Vitell. 2, wo der Schuh der Messalina socculus heisst, also unrömischer Form war; die dort erzählte Scene spielte jedenfalls bei einem Convivium.

Als besondere Form verdienen noch Erwähnung die calceoli repandi der Iuno Sospita, Cic. n. d. I 29, am besten sichtbar an der vaticanischen Statue Helbig Führer I 233, 307; vgl. Overbeck Kunstmyth. III 160ff. Marquardt Privatleben d. Römer² 588. Becker-Göll Gallus III 231. Daremberg-Saglio I 815.
[Mau.]

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