9) L. Caesennius Paetus. a) Name. Λούκιος Καισένιος Παῖτος Dio LXII 20, 4; Caesennius Paetus Tac. ann. XIV 29 (in der Hs. Cesonius). XV 6. Joseph. bell. Iud. VII 59. 220; Καισώνιος Παῖτος Phlegon mir. 20 (frg. 49 Muell.); sonst Paetus.
[1308] b) Leben. Consul ordinarius im J. 61 n. Chr. mit P. Petronius Turpilianus (Tac. ann. XIV 29. Phlegon a. a. O.). Im folgenden Jahre (vgl. Nipperdey-Andresen zu XV 8) sandte ihn Nero als Statthalter nach Kappadokien, um den von den Römern eingesetzten Armenierkönig Tigranes gegen die Parther zu schützen (Tac. ann. XV 6. Dio LXII 20, 4). Mit der IV. und XII. Legion rückte C., den Euphrat überschreitend, in Armenien ein in der Absicht, Tigranocerta wieder zu gewinnen. Er gelangte jedoch nur dazu, einige Castelle wegzunehmen, und führte, da der Winter bevorstand, seine Truppen zurück (Tac. ann. XV 7. 8; falsch Dio LXII 21, 1). Er selbst bezog mit der IV. Legion das Lager in Feindesland, bei Rhandeia am Arsanias (Dio LXII 21, 1). Da überraschte den Sorglosen die Nachricht, dass der Partherkönig Volagases mit einem grossen Heere heranrücke. Er verstärkte sich durch die XII. Legion und stellte den Feinden, um sie an der Überschreitung des Taurusgebirges zu hindern, Fussvolk auf dem Bergesrücken und Reiterei in der Ebene entgegen. Die Parther vertrieben jedoch die Reiter und rieben die Legionäre auf. Der Truppen bemächtigte sich jetzt grosse Angst, während Paetus unklugerweise durch Entsendung einer Schutzmannschaft für Frau und Sohn in das Castell Arsamosata sein ohnehin kleines Heer noch schwächte. Gleichzeitig rief er den Beistand des Statthalters von Syrien, Domitius Corbulo, an (Tac. ann. XV 9–11. Dio LXII 21, 1). Volagases schloss die Römer ein und bedrängte Lager und Castell (Arsamosata). Die Entmutigung seiner Soldaten zwang Paetus schliesslich, mit dem Partherkönig in Unterhandlungen zu treten, die zu einem Übereinkommen führten; die Legionen sollten von der Belagerung befreit werden, aber jeder römische Soldat müsse Armenien verlassen. Castelle und Proviant seien den Parthern zu übergeben. Die Capitulation war voreilig erfolgt, da die Parther für eine längere Belagerung nicht die Mittel besassen, auch Corbulo nicht mehr ferne war. Paetus musste noch die Demütigung über sich ergehen lassen, für die Parther eine Brücke über den Arsanias zu schlagen. Dann nahm er einen fluchtartigen Rückzug, bis er am Ufer des Euphrat auf Corbulo traf (Tac. ann. XV 13–16. Dio LXII 21, 2–4. 22, 1; falsch Suet. Nero 39). Er forderte diesen auf, vereint mit ihm wieder Armenien anzugreifen, was Corbulo jedoch ablehnte. Hierauf überwinterte Paetus in Kappadokien (Tac. ann. XV 17; vgl. im allgemeinen Schiller Gesch. der röm. Kaiserzeit I 1, 351. Mommsen R. G. V 388ff. Niese Grundriss der röm. Geschichte² 197f.). Auf die Kunde von diesen Ereignissen enthob ihn Nero seines Amtes und rief ihn nach Rom zurück. Während Paetus Schlimmeres fürchtete, begnügte sich der Kaiser, seinen Witz an ihm auszulassen (Tac. ann. XV 25. Dio LXII 22, 4). Im J. 70 wurde Paetus von Vespasian zum Statthalter Syriens ernannt (Joseph. bell. Iud. VII 59; dass der Consul des J. 61 und dieser Legat von Syrien identisch sind, hat Klebs Prosopogr. imp. Rom. I 265 nr. 137 erwiesen). Als solcher klagte er im Frühjahr 72 (vgl. Niese Hermes XXVIII 1893, 212) den König Antiochos IV. von Kommagene – es ist fraglich, ob mit Grund – heimlicher [1309] Verbindungen mit den Parthern an. Da ihm der Kaiser freie Hand liess, fiel er in Kommagene ein, besetzte das Land und die Hauptstadt Samosata und lieferte den Söhnen des Königs ein unentschiedenes Treffen. Als jedoch Antiochos seine Sache verloren gab und nach Kilikien entfloh, gingen seine Truppen zu den Römern über. Der König selbst wurde gefangen und von Paetus nach Rom gesendet (Joseph. bell. Iud. VII 219–238), sein Land annectiert (vgl. Marquardt Röm. Staatsverw. I² 399).
c) Familie. Paetus Gemahlin und ein anscheinend noch im Knabenalter stehender Sohn werden Tac. ann. XV 10 erwähnt. Ein älterer Sohn, wohl L. Iunius Caesennius Paetus (Nr. 10) diente als Tribunus militum im J. 63 (Tac. ann. XV 28). War Paetus der Gemahl der Flavia Sabina (Nr. 8), so ist seine Ernennung zum Statthalter Syriens bald nach Vespasians Regierungsantritt und die Nachsicht, die dieser Herrscher seinem Versuche gegenüber bewies, die im J. 62 compromittierte militärische Ehre wiederherzustellen, nicht auffallend (vgl. Klebs a. a. O.).
[Groag.]
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