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Britanni (Britannia, Britannicus). Wenn das Zinn, das in der Ilias nicht selten als Schmuck von Waffen und Wagen genannt wird, in der [859] That, wie es allen Anschein hat, nur aus dem südlichen England durch die Phoiniker zu den Griechen gelangt ist, so wird auch die Kunde von den hellen Nächten des Nordens, die der Dichter der Odyssee (X 81–86) an die fabelhafte Stadt der Laistrygonen Lamos geknüpft hat, auf Britannien bezogen werden dürfen. Schon Krates von Mallos (Strab. III 157) hat die homerische Schilderung auf eine Polargegend wie Thule bezogen, wovon später Pytheas gleiches berichtete (E. Lübbert Zur Charakteristik des Krates von Mallos, Rh. Mus. XI 1859, 434f. K. Müllenhoff D.A. I² 5. 324); noch Caesar suchte die Kürze der Nächte in Britannien durch Messungen festzustellen (b. Gall. V 13, 3. 4). Auch in den menschenfressenden Laistrygonen selbst hat man danach einen Niederschlag von Thatsachen gefunden, wie sie in den wohl auch durch Timaios auf Pytheas zurückgehenden Berichten von den Bewohnern von Ierne (Irland) bei Diod. V 32, 3 und Strab. IV 201 wiederkehren (H. d’Arbois de Jubainville Les premiers habitants de l’Europe II² 1894, 12ff.). Hiernach müsste schon etwa im 8. Jhdt. v. Chr. die von den Phoinikern gewonnene Kunde vom äussersten Nordwesten Europas durch griechische Schiffer vermittelt nach Ionien gelangt sein, und wir hätten darin die älteste, wenn auch unbestimmte Bezeugung Britanniens; denn ein Name des Landes begegnet hier noch nicht (Konrad Mannerts ,Entdeckungsgeschichte der britannischen Inseln‘ Geogr. der Griechen und Römer II 2², Leipz. 1822, 1ff. ist noch immer die beste zusammenfassende Darstellung, die wir haben).

Albion. Etwas genauere Kunde findet sich in dem massaliotischen Periplus aus der ersten Hälfte des 6. Jhdts. v. Chr., den Avien übersetzt hat. Hier werden zuerst die zwei grossen Inseln unterschieden, die die vom Süden heransegelnden Schiffer nacheinander sahen, die insula sacra quam late gens Hiernorum colit (s. Hibernia), und nahe dabei die insula Albionum (Ora marit. v. 108ff.). Nur diese Bezeichnungen, νῆσος Ἰέρνων und Ἀλβιόνων, scheinen dem Verfasser des Periplus bekannt gewesen zu sein; den Namen Britannien kennt er noch nicht. Der nächste Zeuge ist Pytheas von Massalia, der Zeitgenosse Alexanders d. Gr., dessen Nachrichten Timaios und Eratosthenes erhalten haben; er hat die schon unter dem Namen der Kassiteriden (s. d.) bekannten Inseln zuerst mit dem Gesamtnamen der νῆσοι Πρεττανικαί bezeichnet (Müllenhoff 95. 321). Er kannte aber auch die besonderen Namen der beiden Inseln Ἄλβιον und Ἰέρνη; beide finden sich daher mit geringen Abweichungen in der Schreibung (Ἀλβίων, Ἀλουίων, Ἰουερνία) in den aus Pytheas abgeleiteten Angaben des Ps.-Aristoteles de mundo 3 (= Stobaios ecl. phys. I 34, 2. 73 und Apuleius de mundo 7) und einiger jüngerer Geographen, wie des Anonym. 12. 27 (Geogr. gr. min. II 497. 501), des Isidor von Charax (ebd. 509), des Markian (I 8. II prooem. 1. 41. 44. 45) und des Ptolemaios (II 3, 14. VII 5, 11), dessen Quelle Marinos sie wohl einem der jüngeren Vorgänger entlehnte (Müllenhoff 365). Auch in die griechische Mythographie ist Albion des Poseidon Sohn eingereiht worden (Mela II 78). Aus Isidor schöpfte Plinius IV 102 ex adverso huius situs [860] (nämlich der batavischen Küste) Britannia insula clara Graecis nostrisque monumentis inter septentrionem et occidentem iacet Germaniae Galliae Hispaniae multo maximis Europae partibus magno intervallo adversa; Albion ipsi nomen fuit, cum Britanniae vocarentur omnes (nämlich insulae; daher wohl Britannicae zu schreiben ist), de quibus mox paulo dicemus. Durch Plinius und Ptolemaios ist der Name Albion den mittelalterlichen Schriftstellern wie Baeda u. a. bekannt. Sein Ursprung und seine Bedeutung sind unbekannt. Zwei ligurische Städte Albium, Ingaunum und Intemelium, der Fluss Albis in Gallien (die Aube) und der grosse germanische Strom, sogar der Name der Alpen mögen für das Alter und die weite Verbreitung des Wortstammes zeugen. Ob er mit dem lateinischen albus etwas zu thun hat, ist sehr zweifelhaft; die weissen Kreidefelsen des Vorgebirges Kantion (Dover) haben ihn schwerlich veranlasst. Dass es auch an der Nordküste Hispaniens, in Asturien, ein Volk der Albionen gab (Plin. n. h. IV 111 a flumine Navia Albiones), ist nicht wunderbar und darf mit nichten als ein Beweis dafür gelten, dass Albion und die Kassiteriden (s. d.) an der Küste des hispanischen Callaekien und nicht in und bei England zu suchen seien (wie G. F. Unger uns glauben machen will, Rh. Mus. XXXVIII 1883, 157ff.). Dass die schottischen canes albini bei Hieronymus (proleg. comment. Ierem. III opp. IV C 923) von Albion ihren Namen haben (wie Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. meint), ist mir sehr zweifelhaft; sie werden damit einfach als weisse bezeichnet worden sein.

Britannia. Auf Pytheas gehen unmittelbar oder mittelbar die Erwähnungen Britanniens in der späteren griechischen Litteratur zurück; daher haben sich die ältesten Formen des Namens Πρεττανοί (Diod. V 21. 22. 38. Strab. II 75. 117. IV 200), Πρεττανική bei Artemidor (Strab. IV 198. 199), bei Strabon (I 63. II 75. 93. II 114), Πρεττανικαί im Periplus des Markian I 8 u. s. w. (s. o. Albion), Πρετανοί Πρετανική (Steph. Byz. p. 534), Πρετανίδες (Steph. p. 186) noch zuweilen erhalten. Mit Πρεττανοί verglichen schon Zeuss (Gramm. Celt.² 46. 723) und Müllenhoff (a. a. O.) kymrisch ynys Prydein-insula Britannia. In ihrem Vocal hat sich die einheimische Namensform, vielleicht in einer unbewussten Anlehnung an den Namen der italischen Brettier, in der Schreibung Βρεττανοί, Βρεττανία, Βρεττανικαὶ νῆσοι fortgepflanzt. Denn sie gebrauchen die jüngeren griechischen Schriftsteller sämtlich (Ps.-Aristoteles de mundo 3. Polybios III 57, 3. XXXIV 5, 2 [bei Strab.] 8. 10, 7. Diod. I 4, 7. III 38, 2 aus Caes. Plut. Sert. 4; Pomp. 51; Caes. 16. 23. Kleomedes de motu circul. corp. caelest. I 7, 37. 8, 42. Arrian. tact. 19, 2. Appian. prooem. 9; Gall. 1, 5. 19; Hisp. 1; b. civ. II 17. 32. 73. 134. 140. 150. Ptol. II 2, 1 u. s. w. Dio XXXIX 1. 2 und an zahlreichen anderen Stellen. Herodian. II 15, 1. III 7, 1. 2. 8, 2. 14, 1. 2. 4 u. s. w. Polyaen. IV prooem. VIII 23, 5. Dexipp. frg. 29 p. 199 D. Sozom. eccles. hist. I 6, 3. Zosim. I 64, 1. II 33, 2 u. ö. Procop. bell. Goth. I 24), die griechischen Münzen und Inschriften, die den Britannicus nennen, sowie griechische Inschriften (z. B. CIG add. 4340⁶). Die graecisierenden Formen [861] Βρεττανίδες νῆσοι haben Athen. VI 105. Appian. prooem. 5. Dio LXXII 2, 2. LXXVI 16, 5. Steph. Byz. p. 186. Iulian. epist. ad Athen. p. 279 D; die Formen Βρεταννίς bei Parthenios c. 30 und Βρετανοί bei Dionys. perieg. v. 284 und Themist. orat. 6 p. 90 Dind. sind unsicher; aus römischen Quellen haben Βριττανία Paus. VIII 43, 1. Βριτταννεία CIG 6627 = CIL X 6569.

Die römischen Formen sind Britannus, Britannia, Britannicus seit Caes. b. Gall. II 4, 7ff. IV 20ff. V 2ff. (denn dass die Hss. hin und wieder Brittani, Brittania, Britani haben, fällt gegenüber der erdrückenden Mehrzahl besonders inschriftlicher Zeugnisse nicht ins Gewicht). Cat. 11, 11. 29, 4. 45, 21. Cic. ad fam. VII 6. 7. 10. 11. 16. 17. XV 16; ad Att. IV 16. 18; ad Q. fr. II 13, 2. 15, 4. III 1, 3. 7. 10 u. s. w.; de d. n. II 88. III 24. Vergil. ecl. I 66; Georg. III 25; catal. 2, 2. Horat. epod. 7, 7; carm. I 21, 14. 35, 29. III 4, 33. 5, 2. IV 14, 47. Prop. II 1, 76. III 11, 1. 23, 5. V 3, 9. Ovid. am. II 16, 39; metam. XV 752 und bei allen späteren Schriftstellern, und ebenso seit dem Monum. Ancyr. (Lat. 6, 2), den Münzen des Claudius mit der Aufschrift de Britannis, den in England gefundenen Bleibarren mit dem Namen des Britannicus (CIL VII 1202) und gewiss auch der Triumphinschrift des Claudius (CIL VI 920) in zahlreichen anderen Inschriften und Münzaufschriften, die Holders Altcelt. Sprachschatz aufzählt. Nur vereinzelt kommen daneben vor Brittannia und Brittannicus (z. B. in den tironischen Noten p. 38, 76. 86, 33–37 Schmitz), vorwiegend in späten oder provincialen Inschriften (z. B. CIL II 1262. 2078. III 2864 = 9960. VI 1223. 1523. 1549. VII 1195. = III Dipl. XXIII. VIII 2766. 9047. X 6321. XIV 3608. 3625. 3955), auch auf einzelnen Münzen des Hadrian (Cohen Monn. de l’emp. II² 121 nr. 198. 199). Brittania findet sich noch seltener, z. B. CIL III 2732. 2830. VIII 2649 und auf einer Münze des Commodus (Cohen III² 232 nr. 37); im griechischen Sprachgebiet auch einmal Bretannia CIL III 249 = 6753.

Die Schreibung mit zwei t, obgleich, wie auch Brittones zeigt, der ursprünglichen Namensform näherkommend, hat sich mithin nur ausnahmsweise erhalten; es ist kein Grund vorhanden, in unserer auf die römischen Formen zurückgehenden Schreibweise deshalb Brittannien wieder einzuführen (mit Müllenhoff D.A. I² 469ff. u. a.).

Brittones. Im pannonischen Heer dienten nach dem Militärdiplom vom J. 85 (CIL III Dipl. XII Z. 10) neben einander die cohors I Britannica milliaria und die I Brittonum. Ob mit der ersten dieser beiden Cohorten eine aus Britten gebildete oder nur eine in Britannien stehende gemeint sei, ist nicht sicher zu entscheiden. Borghesi (Oeuvr. V 5) glaubte danach annehmen zu müssen, dass die Cohorte der Brittonen nicht aus Inselbritten, sondern aus den festländischen Bewohnern der Bretagne gebildet worden sei (vgl. L. Lersch Bonner Jahrb. IX 1846, 67–72. V. de Vit Della distinzione tra i Britanni o Brittoni dell’ isola ed i Britanni o Brittoni del continente in den Opuscoli religiosi letterari e morali Ser. II Bd. X, Modena 1867, 42–70. 193–214 und in Bull. d. Inst. 1869, 29, dem ich gefolgt bin Herm. XVI 1881, 53; auch J. Hirst On the [862] continental Britons, Archaeological Journal XL 1883, 80ff. hält an der Unterscheidung fest). Auf Militärdiplomen und anderen Inschriften werden seit dem J. 85 n. Chr. eine ala und sechs cohortes Brittonum genannt; eine ala I Flavia Britannica und eine cohors I Britannica könnten davon verschieden sein. Aber die cohors III Britannorum des raetischen Heeres (CIL III Dipl. XXIV und V 7717) heisst auf dem Diplom XLI und in der Notit. dign. occ. XXXV 25 Brittonum, die daneben verschiedene auch in zahlreichen germanischen Inschriften bezeugte numeri Brittonum nennt (or. IX 22. XXXI 45). Ebenso werden in der Notitia secundani Brittones (occ. VII 8) und die legio secunda Britannica (occ. V 241) oder seniores Britanniciani (occ. V 206) sowie iuniores Britanniciani (occ. VII 154) und iuniores Brittones (occ. VII 127) von denselben Truppen gebraucht. Immerhin ist es auffallend, dass Brittones in der älteren Litteratur kaum vorkommen. Dem usus castrensis folgen Iuv. XV 124 (Brittǒnes). Mart. XI 21, 9 (Britōnis). Hyg. de munit. castr. 29. 30; ebenso Auson. epist. 108–113. Procop. bell. Goth. IV 20. Iord. Rom. 249; Get. 45. 237. Geogr. Rav. p. 9. 13. Isid. orig. IX 2, 120. XIX 23 und die Späteren. Im militärischen Gebrauch ist nur Britannia, Britannicus und Britannicianus, statt Britanni aber Brittones üblich (Zeuss Die Deutschen und ihre Nachbarstämme 193. Mommsen Ephem. epigr. V p. 177, wo die inschriftlichen Zeugnisse verzeichnet sind). Die belgischen Britten erwähnt nur Plinius und nennt sie Britanni (IV 106). Mithin ist es als erwiesen zu betrachten (mit Mommsen a. a. O. und Holder Altcelt. Sprachschatz s. Brittǒnes), dass Brittones sowohl wie Britanni die Inselbewohner bezeichnen. Der alte Volksname hat sich in der dem Keltischen näher kommenden Form im Heer erhalten, während Caesar vielleicht wegen der Analogie mit Britannia die Form Britanni in die Litteratur einführte. Auch als Cognomen kommt Britto vor (z. B. CIL II 952. 1072. 3255. 6311. VIII 1950. 3962). Erst die Schriftsteller des 5. und 6. Jhdts. nennen die Bretagne Britannia minor, wie Gregor von Tours hist. Franc. IV 13. V 14 u. ö., und ihre Bewohner wie die der Insel Brittones und Brettones (so Baeda hist. eccl. I 1 u. ö.); davon Britonensis in Concilienunterschriften des 6. und 7. Jhdts. und Brettonicus bei Baeda (hist. eccl. III 1). Ganz allein steht die in den sibyllinischen Orakeln vorkommende Form ἐν Βρύττεσι καὶ ἐν Γάλλοις (V 200 Friedl.).

Den keltischen (oder besser einheimischen) Ursprung des Wortes zeigen u. a. auch die in keltischen Gegenden vorkommenden verwandten Namen Brittus, Britta (CIL II 1335. 5812) und die Brittae matres (Brambach 201), der Senonenfürst Βριτόματος (Plut. Rom. 16; Marcell. 6. 8), Βριτόμαρις (Appian. Samn. 6; Gall. 11) oder Brittomarus (Flor. I 20, 3), und der Aeduer Βρίτορις (Appian. Gall. 21), sowie der in Nemausus verehrte Mars Britovius (CIL XII 3082) und die Insel Βριττία bei Prokop (bell. Goth. IV 20 u. ö.). Was der Name bedeute, ob er vom Festland auf die Insel gelangt sei oder umgekehrt, ob er mit dem später auftretenden der Picten (s. d.) gleichbedeutend sei, bedarf noch der Aufklärung.

[863] Pytheas hat von der Insel Uxisame (Ouessant) kommend zuerst wohl die Scillyinseln besucht, die für die Verschiffung des Zinns dienten und später als die Kassiteriden im engeren Sinn bezeichnet wurden, und von da aus an der Westspitze, bei dem Vorgebirge Bolerion, Britannien selbst betreten. Dann segelte er, vielleicht an der Südküste entlang, an der Insel Ictis (Wight) vorbei (s. d.), zur Ostspitze, dem Vorgebirge der Cantier, Kantion (s. d.). Nachdem er von hier aus die Rheinmündung und die germanische Nordseeküste besucht hatte, wird er zum Canal zurückgekehrt und, vielleicht vom Portus Itius aus, die Ostküste Britanniens hinauf bis zur Nordspitze, dem Vorgebirge Orkan (s. Orcades), gelangt sein. Von da aus erreichte er Thule (s. d.), gleichviel ob man es für eine der Shetlandinseln oder für die Küste von Norwegen hält. Von da wird er dann zur Nordspitze Britanniens zurückgekehrt und an den hebudischen Inseln (s. d.) und Ierne vorbei an der Westküste Britanniens entlang nach Süden gesegelt sein. Er gewann dabei ein im ganzen zutreffendes Bild von der Insel, ihrer Grösse und Lage, ihrem Klima und ihren Erzeugnissen, sowie von den Sitten ihrer Bewohner (Müllenhoff a. a. O. 375ff. und vielfach davon abweichend G. Hergt Die Nordlandfahrt des Pytheas, Halle 1893). Seitdem bildete die Beobachtung von Ebbe und Flut sowie der kurzen Nächte in Britannien den Gegenstand wissenschaftlichen Interesses. Von des Pytheas Zeit an, wenn nicht vielleicht schon früher, muss griechisches Gold in Britannien bekannt geworden sein. Die ältesten in Britannien geschlagenen Goldmünzen sind rohe schriftlose Nachahmungen der Goldstatere Philippos II. von Makedonien, wie sie auch im südlichen Gallien gewöhnlich waren. Ihre Prägung in Britannien scheint um 200–150 v. Chr. begonnen zu haben (J. Evans Coins of the ancient Britons, Lond. 1864 mit Supplement 1890, 26ff.). Einige der frühesten Münztypen führen auf die in Südfrankreich verbreiteten Münzen des hispanischen Emporiae zurück (J. Zobel Revue archéol. XLIV 1882, 28–30. W. H. Ridgeway Greek trade routes to Britain in der Zeitschrift Folk-Lore I 1890, 82ff.). Über das von Pytheas Erkundete hinaus konnten oder wollten noch nach Jahrhunderten die Massalioten dem jüngeren Scipio Genaueres nicht mitteilen (Polyb. bei Strab. IV 190).

Caesar, der nächste Augenzeuge, den wir kennen, folgt in den kurzen Bemerkungen allgemeiner Art, die er dem Bericht über seine zweite Fahrt nach Britannien vorausschickt (b. Gall. V 12–14), nur teilweis der auf Timaios, d. h. auf Pytheas zurückgehenden communis opinio (vgl. Mannert a. a. O. 14–19). Im wesentlichen beruhen seine Angaben auch hier, wie er selbst sagt, auf Erkundung bei den gallischen Kaufleuten, bei den eingeborenen Fürsten und eigener Anschauung des von ihm betretenen Teils der Insel. Daher das Bild der nach seiner Meinung dreieckigen Insel der Wahrheit weit weniger entspricht als die Angaben des Pytheas. Wertvoll aber sind seine vorwiegend auf eigener Beobachtung beruhenden Mitteilungen über die gallische Herkunft der Bewohner des Südens der Insel, die durch die gleichen Völkernamen auf beiden Seiten des Canals (Atrebates, Belgae, Parisii) bewiesen [864] wird, über ihre Häuser und ihr Vieh, ihre Münzen (an der besten Überlieferung V 12, 4 utuntur aut aere aut nummo aureo aut taleis ferreis ad certum pondus examinatis ist nichts zu ändern), den damaligen Stand der Bergwerke, die Bäume, das Wild, die Haustiere, die Bewohner und ihre Sitten. Denn obgleich er um sein Unternehmen zu rechtfertigen die enge Zusammengehörigkeit und Gleichartigkeit der Insel mit dem Festland von Gallien oft hervorhebt, so unterlässt er doch auch nicht ihre Verschiedenheiten genau anzumerken.

Über den Verlauf von Caesars beiden Heereszügen nach Britannien in den J. 699 = 55 und 700 = 54 (b. Gall. IV 20–36 und V 1. 2. 5. 8–23; vgl. Liv. epit. CV. Dio XXXIX 50–53. XL 1. 2) ist hier nicht eingehend zu berichten. Ausser den politischen Gründen dazu werden der Reichtum der brittischen Fürsten, wohl auch übertriebene Schilderungen von der Fülle des Landes an edlen Metallen, des Meeres an Perlen mitgewirkt haben. Aus dem ersten nur etwa vierzehn Tage bis drei Wochen (von Ende August bis Mitte September) dauernden Zuge, der geringe Erfolge hatte, ist für die Kunde des Landes wichtig die Sendung des von Caesar eingesetzten Atrebatenfürsten Commius nach Britannien, der dort zum Gründer einer den Römern befreundeten Dynastie wurde (s. u.), sowie der Excurs über das Wagengefecht der Britten (b. Gall. IV 33). Erst bei dem zweiten Zuge giebt Caesar die Örtlichkeit der Abfahrt und der Landung genauer an. Die Abfahrt fand gewiss beidemale vom Portus Itius aus statt (s. d.), der Rhede von Wissant, dem altgewohnten und bis ins 4. Jhdt. stets benutzten Abfahrtspunkt der Gallier für die Überfahrt nach der Insel. Abfahrt und Landung besonders bei dem zweiten Zuge sind wiederholt der Gegenstand eingehendster und scharfsinnigster Untersuchung gewesen seit des grossen Astronomen Edmund Halley Discourse tending to prove at what time and place Iulius Caesar made his first descent upon Britain (in den Philosophical Transactions XVII 1693, 495–501), des grossen Geographen d’Anville Mémoires sur le Portus Itius (in den Mémoires de l’Acad. des Inscript. XXVIII 1761, 397–409) und des jüngeren Reichsastronomen Sir George B. Airy verschiedenen Abhandlungen (in der Archaeologia XXXIV 1852, 231–250 und im Athenaeum von 1851. 1859 und 1863), an die sich eine Anzahl anderer Arbeiten anschlossen (über die älteren berichtet genau und mit eindringendem Urteil H. J. Heller Caesars Expeditionen nach Grossbritannien, Zeitschrift für allgemeine Erdkunde N. F. XVIII 1865, 81–130. 161–188). Die englischen Gelehrten nahmen an, wegen der täglich wechselnden Flut- und Strömungszeiten im Canal, die nach dem Vollmond bis auf Tag und Stunde berechnet worden sind (wie Earl Stanhopes Briefwechsel mit den Beamten der Admiralität ergiebt, on the day of Caesars landing in Britain, Archaeologia XLI 1867, 270–274), dass Caesars Flotte bei der ersten wie bei der zweiten Landung ziemlich weit Südwest von Dover weggetrieben und etwa bei Hythe oder in der Pevensey Bay bei Hastings vor Anker gegangen sein müsse. Daran halten auch Napoleon III. in seinem Caesar und die neuesten [865] Bearbeiter der Frage in England fest (H. E. Malden Journal of Philol. XVII 1888, 163–178. XIX 1890, 193–199. W. H. Ridgeway ebd. XIX 1890, 138–145. 200–210. H. E. Peskett ebd. XXI 1891, 121–201). Heller entschied sich für Deal, nördlich von Dover, besonders weil Caesar ausdrücklich hervorhebt, dass er vor der zweiten Landung Britannien zur Linken sah (V 8, 2). Die Kürze der Überfahrt, die Gewohnheit der gallischen Kaufleute (b. Gall. V 13, 1), die hohen Küsten, von denen aus die Britten den Landungsversuchen leicht folgen und sie hindern konnten, führen deutlich auf das Vorgebirge Kantion (Dover); die Weiterfahrt bei günstigem Wind (Südwest) und mit der Flut 7 Millien weit (nordwärts) und die Landung an flacher Küste auf die Gegend zwischen Deal und Sandwich. Trotz der damals wie heute gefährlichen Sandbänke, der Goodwin Sands, muss Caesar daher beidemale an der Küste nördlich von Dover gelandet sein; aber statt des ganz modernen Deal hat der mit den Veränderungen jener Küste genau bekannte Geologe G. Dowker (Caesars landing place in Britain, Archaeological Journal XXXIII 1876, 56–71) mit überzeugenden Gründen ausgeführt, dass vielmehr Sandwich und weiterhin das dahinter liegende Rutupiae (Richborough, s. d.) allein als möglicher Landungsplatz in Betracht kommt. Caesars Bericht über den Feldzug, der sich an die Landung anschloss, stimmt dazu sehr wohl; auch dass ihm die Cantii als die reichste, schon lange Ackerbau treibende Völkerschaft Britanniens bekannt war (b. Gall. V 14, 1), kommt dabei in Betracht. Ihre vier hier zuerst (b. Gall. V 22, 1) genannten Könige Cingetorix, Carvilius, Taximagulus und Segovax müssen sogleich ihren Frieden mit Caesar gemacht haben.

Caesars zweiter Feldzug in Britannien ist zwar in seinem örtlichen Verlauf nur annähernd deutlich, aber in sich klar und zusammenhängend; der Versuch J. Langes (Caesars zweiter Zug nach Britannien, Jahrb. f. Philol. 1889, 187–192), Caesars Bericht als durch zahlreiche Umstellungen verderbt nachzuweisen, ist schon durch die Übereinstimmung mit Dio widerlegt und von K. Petsch (Jahrb. f. Philol. 1890, 597–607) und R. Schneider (Ztschr. für Gymnasialw. 1890 Jahresber. 96) mit Recht abgewiesen worden. Der von Caesar eingesetzte Fürst der Trinovanten (nördlich der Themse in Essex und Middlesex) – seinen Namen erfahren wir nicht – war durch Cassivellaunus getötet worden; Mandubratius, der Sohn des Getöteten, floh zu Caesar (b. Gall. V 20). Unter König Cassivellaunus hatten sich die sonst in steter Fehde lebenden brittischen Völkerschaften geeinigt, um dem Caesar entgegenzutreten. Des Cassivellaunus Reich begann jenseits der Tamesis; der Name seines Volkes wird nicht genannt. Doch ist der Name des Königs Cassivellaunus nicht verschieden von dem der später erwähnten Catuellauni (s. u.) und daher vielleicht nicht Individualname, sondern Bezeichnung seiner Herkunft. Auf dem Marsch gegen ihn, vom ersten Lagerplatz aus, der gewiss in der Richtung auf Durovernum (Canterbury) erfolgte (s. d.), auf der uralten einheimischen und späteren römischen Strasse, stiess man auf den künstlichen Verhau der Britten am hohen Ufer eines Flusses, wahrscheinlich des (kentischen) [866] Stour. Das sind wohl die moles mirificae, die den Zugang zur Insel sperren sollten, wie Cicero von seinem Bruder Quintus gehört hatte (ad Att. IV 16, 7 vom J. 700 = 54). Der Übergang über die Tamesis an der einzigen Stelle, die ein Durchwaten des Fussvolkes gestattete, muss ziemlich weit oberhalb von Londinium geschehen sein. Die Trinovanten, die alten Feinde des Cassivellaunus, unterwarfen sich zuerst und erbaten sich, d. h. erhielten den Mandubratius zum Herrscher; in ihrer Stadt Caesaromagus (s. d.) ist die Erinnerung an Caesars Einfluss verkörpert. Ihnen folgten in der Unterwerfung fünf ebenfalls hier zuerst genannte Völkerschaften des Südens und Ostens der Insel, die Cenimagni Segontiaci Ancalites Bibroci und Cassi (b. Gall. V 21, 1). Schon J. Lipsius sah, dass in dem ersten Teil des wohl nicht richtig von Caesar wiedergegebenen Namens der Cenimagni der des mächtigsten Volkes im Osten, der Iceni (oder Eceni, s. u.), steckt, denn die Cangi oder Ceangi des Westens können nicht gemeint sein; vielleicht enthält -magni die Bezeichnung eines Teiles von ihnen (Rhys dachte an manni). Mit der Hülfe dieser Völker wird das oppidum des Cassivellaunus genommen, dessen Lage sich nicht feststellen lässt; es könnte Londinium gewesen sein. Durch Vermittlung des Atrebaten Commius unterwirft sich schliesslich auch Cassivellaunus, stellt Geiseln und verpflichtet sich zu jährlichem Tribut und zum Frieden mit Mandubratius und den Trinovanten. Der zweite Zug Caesars, der etwa sechs bis acht Wochen dauerte (von Mitte Juli bis Mitte September), hat zur genaueren Kenntnis des Landes nicht unwesentlich beigetragen. Doch war der Erfolg keineswegs der erwartete, wie Caesar selbst dem Cicero am 1. September des J. 700 = 54 geschrieben hatte (ad Q. fr. III 7, 25, vgl. ad Att. IV 18, 5). Auch Q. Cicero hatte dem Bruder bestätigt, dass der Feldzug weder zu Furcht noch zu Freude Anlass gebe (ad Q. fr. III 1, 3), und M. Cicero schreibt daher dem C. Trebatius Testa, den er ebenfalls dort vermutet, dass weder Gold noch Silber dort zu holen und Beute nur durch den Verkauf der Kriegsgefangenen in Aussicht sei (ad fam. VII 7, 1; ad Att. IV 16, 7). Eines anderen Legaten des Caesar, der mit in Britannien war und im folgenden Jahr in Gallien fiel (b. Gall. V 24. 37), des L. Aurunculeius Cotta Schrift (de re publica?) meldete, dass Caesar in seiner Einfachheit nur drei Sclaven nach Britannien mitgenommen habe (Athen. VI 273, vgl. Cic. ad Att. XIII 44, 3 und F. Buecheler Jahrb. f. Philol. 1875, 136); doch konnte er im Tempel der Venus Genetrix, der Stammmutter seines Geschlechtes, einen Panzer aus den kleinen und farblosen britannischen Perlen als Siegeszeichen weihen (Plin. n. h. IX 116).

Augustus verlor das Vermächtnis seines Vaters (Tacitus Agric. 13), die Eroberung der Insel, nicht aus den Augen; zweimal, im J. 720 = 34 und im J. 727 = 27 v. Chr., wollte er zur Ausführung schreiten (Dio XLIX 38. LIII 22. 25, vgl. LXII 4 in der Rede der Boudicca). Mit der parthischen wird die britannische Expedition von den zeitgenössischen Dichtern als eine der von ihm erwarteten grossen Thaten im voraus gepriesen (Vergil. Georg. I 30. III 25 vom J. 725 = 29. Horat. [867] carm. I 21, 15. 35, 29 vom J. 727 = 27. III 4, 33. 5, 3. IV 14, 47, wogegen in den Epoden 7, 7 noch der intactus Britannus genannt wird. Properz III 27, 5). Doch gab er das Unternehmen auf, obgleich der Verkehr mit einigen der einheimischen Fürsten fortbestand. So verzeichnet der Bericht über seine Thaten nur ad me supplices confugerunt.. reges Britannorum Dumnobellaunus (Δομνοελλαῦνος der griech. Text) et Tim… (Monum. Ancyr. c. 32); es ist der König wohl der Trinovanten, Dubnovellaunos, von dem in die augustische Zeit gehörende Goldmünzen vorhanden sind (Evans Coins of the ancient Britons 198 Taf. IV 6–12. Mommsen Res g. d. Aug.² S. 139); ihre beiden verschiedenen Typen scheinen zu zeigen, dass er in Kent und Essex herrschte. Der König Tim… (der griech. Text hat nur Τ. …) ist vielleicht der Tinc… Commi f(ilius) anderer brittischer Münzen (Evans S. 180). Denn nach wechselvollen Schicksalen konnte sich der Atrebate Commius, wie es scheint, nach Caesars Abfahrt zunächst in Britannien seinen Gegnern gegenüber nicht halten. Wir finden ihn zuerst im Dienst des Caesar in Gallien (b. Gall. VI 6, 4), dann an der Spitze des Aufstands als einen seiner gefährlichsten Gegner (VII 75, 5. 76, 1. VIII 6, 2), darauf zu den Germanen entflohen (VIII 21, 6; in diese Zeit fällt vielleicht auch seine Flucht nach Britannien, bei der er den Caesar durch eine Kriegslist täuschte, nach Front. strat. II 13, 11), bis er sich endlich nach wiederholtem Zweikampf mit dem C. Volusenus Quadratus und gegenseitiger Verwundung (VIII 23, 2–6 und 47, 1–9) voller Furcht den Römern unterwirft. Möglich, dass er dann der Begründer einer Dynastie der brittischen Atrebaten wurde, in deren Gebiet, dem südöstlichen Britannien, sich die Goldmünzen finden mit seinem Namen [Co]mmius sowie mit denen seiner Söhne Tinc(us) Commi f(ilius) – denn den Namen mit Evans zu Tincommius zu ergänzen, liegt, soviel ich sehe, kein Grund vor –, Verica Commi f(ilius) und Eppillus; ihre Namen kommen zusammen auf einer Münze vor. Weiter östlich, in Kent, finden sich die Münzen dieses Epillus, des schon genannten Dubnovellaunus, des Vose[nus?], Amminus und Crab …, der an Caesars Carvilius (vielleicht Crabilus?) erinnert. Weiter nördlich von der Themse werden die Münzen des Addedomaros und die mit dem Namen des Volkes der Ecen(i) oder Iceni (Evans S. 375), sowie die mit den unerklärten Aufschriften Saemu, Aesu, Anteđ, .. duro Cam gefunden; im Südwesten die mit Boduoc(us), Comux, Antedrigus, Calli (Catti?), Suci und Vo-covio-ad; in dem mittleren Gebiet der Insel die mit Andeco(mius), Tasciovanus (mit den Beischriften Ricon und Sego), die mit dem Namen der Stadt Verulamium, und die der Könige Epaticcus und Cunobelinus; endlich noch nördlicher im Gebiet der Briganten die mit Volisios, Dumnocoveros, Dumu seno tigip (Senotigirnus?), Esup-su, Vep Cor. f. (Vepotalus Correi filius?) und Carat(acus) (Evans S. 552f. Taf. XX 8). Diese Prägung erstreckt sich ungefähr über das ganze Jahrhundert von Caesars Zügen bis auf die Eroberung durch Claudius; nur wenige der darauf genannten Namen lassen sich mit Sicherheit anderweitig feststellen, und die [868] Fundgebiete nur annähernd. Dennoch geben diese Münzen fast allein Kunde von den Zuständen der Insel (Livius wird im B. CXXXV darüber berichtet haben) während des Zeitraums, über den sie sich erstrecken (nach Evans bietet einen Versuch zu ihrer geschichtlichen Verwertung J. Rhys Celtic Britain, mit zwei Karten und Münzbildern, Lond. 1882 [2. Abdr. 1884], 21ff.). Tiberius begnügte sich, die Eroberung Britanniens als ein praeceptum seines Vaters zu bezeichnen, ohne es zu befolgen (Tac. Agr. 13), entgegen seiner Gewohnheit (qui omnia facta dictaque eius vice legis observem Tac. ann. IV 34). Die Gründe der Enthaltung waren, dass man auf den Besitz der Insel verzichten könne, da sie den Römern weder Schaden noch Nutzen bringe; nach Abzug der Kosten für Heer und Verwaltung würde sie nichts eintragen (Strab. II 115); das durch Augustus begründete freundschaftliche Verhältnis zu den eingeborenen Fürsten, die auf dem Capitol Weihgeschenke aufstellten und den nicht zu schweren Tribut zahlten, sei vorteilhafter als die für die Besetzung der Insel mindestens nötige Legion nebst einiger Reiterei in Britannien zu unterhalten; denn die Zölle würden abnehmen, sobald man Tribut auferlege, und man werde manchen Gefahren begegnen (Strab. IV 200). Der Kaiser Gaius kam nicht über Entwürfe zur Eroberung hinaus (Tac. Agric. 13. Suet. Gaius 19. Dio LIX 21); doch unterwarf sich ihm wiederum ein flüchtiger brittischer Fürst Adminius, der Sohn des Cunobellinus, unzweifelhaft der auf seinen Münzen Amminus genannte (dieselbe Namensform findet sich auch auf einer britannischen Inschrift aus Chichester CIL VII 10). Er war, von seinem Vater vertrieben, mit einer kleinen Schar aufs Festland geflohen und wurde nicht ausgeliefert (Suet. Gai. 44). Strabons wenig eingehende Bemerkungen über Britannien (IV 199–201) geben wesentlich nur das bisher darüber Bekannte (vgl. Mannert a. a. O. 19–23): Britanniens Lage und Ausdehnung, die gallischen Flussmündungen, von denen aus man hinüberfuhr – wobei Caesars Abfahrtspunkt τὸ Ἴτιον besonders hervorgehoben wird –, über die Bewohner und die Producte des Landes und sein dem des nördlichen Gallien ähnliches Klima mit seinen Nebeln, sowie über die Heereszüge Caesars und die Politik des Augustus gegenüber Britannien. Noch kürzer ist Melas Bericht (III 49–54), der mit dem Hinweis auf die Bereicherung der Kenntnis des Landes beginnt, die von seiner soeben erfolgten Eroberung durch Claudius zu erwarten sei (Mannert a. a. O. 23). Selbst des Plinius kurze Angaben über Britannien (n. h. IV 102–104) beschränken sich, obgleich er das Werk während der Feldzüge des Agricola unter den Händen hatte (triginta prope iam annis notitiam eius Romanis armis non ultra vicinitatem silvae Calidoniae propagantibus § 102) auf Wiederholung des längst Bekannten (Mannert a. a. O. 23f.). Auch die in den übrigen Teilen seines Werkes zerstreuten Nachrichten über Erzeugnisse der Inseln u. s. w. sind nur gering an Zahl und Bedeutung.

Denn erst unter Claudius kam Caesars Plan zur Ausführung. Über die Personen, die daran beteiligt waren, und über Heer und Flotte des Claudius vgl. E. Hübner Das römische Heer in [869] Britannien, Herm. XVI 1881, 513–584; Die Eroberung Britanniens, Röm. Herrschaft in Westeuropa, Berl. 1890, 3–24, und die daselbst angeführten eigenen und fremden Arbeiten, sowie Mommsen Röm. Gesch. V 155ff. Wiederum gaben Streitigkeiten unter den einheimischen Fürsten und die verweigerte Auslieferung von politischen Flüchtlingen den äusseren Anlass (Suet. Claud. 17). Einer der flüchtigen brittischen Fürsten, der den Kaiser zu dem Zuge bestimmt haben soll, Βέρικος, nach Dios wohl auf Tacitus verlorenes 10. B. der Annalen zurückgehendem Bericht (LX 19ff.), ist wahrscheinlich ein Nachkomme gleichen Namens jenes aus seinen Münzen bekannten Atrebaten Verica des Commius Sohn (Evans 170 Taf. II 10. 12). Die Abfahrt im J. 42 geschah unter günstigen Vorzeichen in drei Abteilungen, wahrscheinlich wieder von demselben gallischen Hafen aus wie die Caesars, dem Portus Itius. Denn bei dem nahen Gaesoriacum (Boulogne-sur-mer), von wo er abgefahren war, wurde dem Claudius nachher ein Triumphbogen gesetzt (Suet. Claud. 17. Dio LX 22, 1). Die ,britannische Flotte‘ wird seit dem Krieg gegen den Civilis (Tac. hist. IV 79) öfter erwähnt und hatte später ihre Standquartiere in Gallien nur im Portus Itius (in Boulogne-sur-mer sind ihre Ziegelstempel gefunden worden, Rev. archéol. N. S. XII 1888, 367–371), an der Südküste von Britannien in dem μέγας λιμήν (Portsmouth-Southampton, Ptol. II 3, 4), im portus Lemanae (Lymne), wo sich ebenfalls ihre Ziegelstempel finden (CIL VII 1226), und wahrscheinlich an den Mündungen der Tamesis und der Sabrina (Severn). Wo die Landung erfolgte, ist wiederum nicht überliefert; die Teilung der Flotte und die Grösse des Heeres machen wahrscheinlich, dass sie nicht an einem Ort allein stattfand. Von dem östlichen Punkte an, wo einst wahrscheinlich Caesar gelandet war (s. o.), liegen an der Südküste der Insel bis zum ,grossen Hafen‘ die später berühmten ,fünf Häfen‘ (Sandwich, Dover, Romney, Hythe, Rye); an einigen dieser Hafenplätze wird die Landung, wie später die Wilhelms des Eroberers, erfolgt sein. Nahe bei Southampton befinden sich erhebliche Reste eines römischen Lagers, man setzt danach das im Itin. Ant. 478, 1 erwähnte Clausentum (s. d.) nach Bittern bei Southampton. Der Name, etwa aus Claudientum entstanden, kann eine Bildung aus dem Namen des Claudius sein, wie das oben erwähnte Caesaromagus aus dem des Caesar gebildet ist, und viele ähnliche in Hispanien und Gallien. Ausserdem führt auch der Bericht über Vespasians Teilnahme an der Eroberung Britanniens als Legat der VI. Legion (Suet. Vesp. 4), der auf einer Triumphalinschrift beruhen wird, in diese Gegenden; in dreissig Schlachten unterwarf er zwei mächtige Völkerschaften, über zwanzig oppida und die Insel Vectis (Wight); vgl. Tac. Agric. 13 und Ch. Warne Observations on… Vespasians first campaign in Britain, Archaeologia XLI 1867, 387–396. Unter dem zweiten Legaten der Provinz erhielt nach dem Bericht des Tacitus (Agric. 14) der König Cogidumnus zum Lohn für seine Treue einige civitates als Geschenk. Er ist höchst wahrscheinlich der Ti. Claudius [Co]gidubnus der Inschrift von Chichester, der civitas Regnorum (s. d.), die ihn rex und legatus Augusti in Britannia nennt [870] (CIL VII 11). Von Clausentum fuhrt eine der alten Strassen über Venta Belgarum (Winchester), wo sich ein den italischen, germanischen, gallischen und britannischen Müttern von einem Beneficiar des Legaten der Provinz geweihter Altar fand (CIL VII 5), nach der Stadt der Atrebaten Calleva. Alles dies deutet darauf, dass von der Mitte der Südküste aus der Vormarsch gegen die Söhne des inzwischen verstorbenen Königs der Trinovanten Cunobellinus, Caratacus und Togodumnus, unternommen wurde, die Brüder des verjagten Amminus. Sie werden einzeln geschlagen und entfliehen; darauf unterwerfen sich die sonst nirgends genannten Βόδουνοι, ὧν ἐπῆρχον Κατουελλαυνοὶ *ὄντες (Dio LX 19). Die Wohnsitze der Catuellaunen lagen westlich von denen der Trinovanten, etwa in der Mitte der Insel (um Verulamium). Da nun westlich von ihnen bei Ptol. II 3, 12 die Λοβοῦνοι (in § 13 haben die Hss. dafür zum Teil Λογοῦνοι) gesetzt werden, so werden sie mit Wahrscheinlichkeit für nicht verschieden von den Βοδοῦνοι des Dio gehalten. Dann kann das Castell, das A. Plautius bei ihnen anlegte, sehr wohl die spätere Colonie Glevum (Gloucester) sein, und der Fluss, den die Kelten im römischen Heer (wohl Bataver) durchschwammen, der Avon. Von hier aus wurden bald darauf die Bleiminen der Mendiphügel in Derbyshire occupiert, aus denen Bleibarren mit den Namen des Claudius und des Britanicus vom J. 49 herstammen (CIL VII 1201. 1202). Nach weiterem siegreichem Vordringen der Legionen des Vespasian und des Hosidius Geta setzen sich die Britten von neuem an der Tamesis, unweit der Mündung (also vielleicht wieder bei Londinium), fest, die sie an den ihnen bekannten Stellen leicht überschritten. Dort durchschwimmen wiederum die Kelten (oder Bataver) den Strom, und die übrigen Truppen überschreiten ihn weiter oberhalb auf Brücken. Togodumnus fiel (Dio LX 21), und nun machte A. Plautius Halt, bis der Kaiser selbst zum Truppenlager an der Themse kam, mit dem Heere den Fluss überschritt, die vereinigten Britten schlug und Camalodunum (Colchester), die Königsburg des Cunobellinus, einnahm (Dio LX 21); nach nur sechzehntägigem Aufenthalt auf der Insel kehrte er zurück (Dio LX 23). Die Inschrift seines Triumphbogens in Rom (CIL VI 920; vgl. die des Bogens in Kyzikos CIL III 7061) giebt an, dass er elf brittische Könige ohne Verlust und die barbarischen Völker jenseits des Oceans zuerst unterworfen habe. Das sind die Ergebnisse der Occupation (42–47), die sich nicht weit nördlich über die Linie Themse-Severn hinaus erstreckte. Über ihre Fortschritte in dem Zeitraum von Nero bis Domitian sind wir durch Tacitus und Dio ziemlich genau unterrichtet. Schon unter Nero entstanden die ersten Veteranencolonien, Camalodunum (s. d.) der vierzehnten, und, wie es scheint, Glevum (s. d.) der zweiten Legion, während Londinium (s. d.) bereits Zollamt (vgl. CIL VII 1235. 1331, 91) und Flottenstation wurde. Der zweite Legat der Provinz (die Reihenfolge der Legaten ist erörtert von E. Hübner Die römischen Legaten von Britannien, Rh. Mus. XII 1857, 46–83) P. Ostorius Scapula (48–51) kämpfte von Camalodunum aus, der ersten Hauptstadt der Provinz, nach Nordosten vordringend mit den Ikenern, von [871] Glevum aus im Nordwesten mit den Silurern und Ceangern, die erst Frontinus, der Vorgänger des Agricola, unterwarf, und mit den Ordovikern, die Agricola selbst erst besiegte (Tac. Agr. 18), und legte die ersten Castelle am nördlichen Avon und Severn an (Tac. ann. XII 31). Wo die Schlacht gegen den Caratacus geschlagen wurde (ann. XII 33) ist nicht ermittelt, auch ob Caratacus der auf den Münzen genannte ist (Evans 552 Taf. XX 8) oder dessen Sohn, steht nicht fest; doch ist das erste wahrscheinlich. Unter dem dritten Legaten A. Didius Gallus (52–57) beginnen die lang andauernden Kämpfe mit der mächtigsten Völkerschaft in der Mitte der Insel, den Briganten (Tac. ann. XII 40), wiederum eingeleitet durch Streit zwischen den Fürsten, Venutius auf der einen und seine ihm untreue Gemahlin Cartimandua und deren armiger Vellocatus auf der anderen Seite (Tac. hist. III 45). Der nächste Legat nach der nur einjährigen Verwaltung des Q. Veranius Nepos (58), C. Suetonius Paullinus (59–62) legte, wie es scheint, Deva (s. d.), das feste Lager der zwanzigsten Legion, im nördlichen Wales an und besetzte vorübergehend von da aus die Insel Mona (Anglesey), wobei wohl auch Segontium (Caer Seyont), der Übergangspunkt dorthin, befestigt wurde; auch Mona unterwarf endgültig erst Agricola (Tac. Agric. 13). Von dort rief den Suetonius Paullinus der gefährliche Aufstand zurück, der in Camalodunum unter der Führung der Königin der Ikener Boudicca, der Witwe des den Römern ergebenen Prasutagus, inzwischen ausgebrochen war (Tac. Agric. 15. 16; ann. XIV 31–39. Dio LXII 1–12) und nach der Räumung von Londinium und Verulamium (s. d.) nur mit Mühe unterdrückt wurde (perdomita Britannia et statim amissa, Tac. hist. I 2. 5). Diese Ereignisse scheint Fabius Rusticus in einem Geschichtswerk über die Zeit Neros genauer geschildert zu haben (Tac. Agric. 10). Nach den Jahren friedlicher Verwaltung unter Q. Petronius Turpilianus (62–64), Trebellius Maximus (65–69) und M. Vettius Bolanus (69–71) nahm der frühere Legat der neunten Legion, die inzwischen ihr festes Lager wohl in Lindum (s. d.) erhalten hatte, Q. Petillius Cerialis, der erste Legat des Vespasian in Britannien, den Feldzug gegen die Briganten wieder auf, mit mässigem Erfolg. Die Linie Lindum-Deva scheint die zweite Nordgrenze der Provinz geblieben zu sein. Einen wesentlichen Fortschritt in der Unterwerfung der Insel bilden erst die Feldzüge des Cn. Iulius Agricola (78–85), die wir nach den Berichten seines Schwiegersohnes doch auch nur annähernd verfolgen können (der gelehrte Versuch des Generals W. Roy The Military Antiquities of the Romans in North Britain u. s. w. mit 51 Tafeln und Karten, Lond. 1793f., die Feldzüge des Agricola topographisch genau festzulegen, führte nicht zu sichern Ergebnissen; noch weniger haben verschiedene Nachfolger geleistet). Nach der schon erwähnten Unterwerfung der Ordoviker und der Insel Mona im ersten Jahre seiner Verwaltung schritt er im dritten (80 n. Chr.), wir erfahren nicht einmal, ob an der Ost- oder Westküste, bis zu dem der Lage nach unbekannten Tanaum aestuarium vor (s. d.) und legte in jenen Gegenden die ersten Castelle an (Agric. 22). Die neunte Legion, an deren Stelle in Lindum die von [872] Vespasian neu errichtete zweite Adiutrix vorübergehend trat, wurde damals nach Eburacum (s. d.) gelegt und seitdem ist diese Stadt der Mittelpunkt der Operationen gegen den Norden und die zweite Hauptstadt der Insel. Im vierten Jahr (81) drang er weiter nach Norden vor und befestigte die schmalste Stelle der Insel zwischen Clota (Clyde) und Boderia (Forth). Im fünften (82) fuhr er zu Schiff über den Clota und fasste die Unterwerfung von Irland ins Auge; im sechsten besetzte er das Gebiet jenseits des Boderia. Im siebenten Jahr (Agric. 29ff.) erwehrte er sich nicht ohne Mühe des vereinten Angriffs der Calidonier unter Calgacus in der Schlacht an dem nicht genau zu bestimmenden Berg Graupius (s. d.) und bezog Winterquartiere im Gebiet der ebenfalls unbekannten Borester (Agric. 38), während seine Flotte die Nordküste bis zu den Orkaden umschiffte, damals zuerst feststellte, dass Britannien eine Insel sei, Thule sah oder zu sehen glaubte (Agric. 10) und im portus Trucculensis (Agric. 38) überwinterte, dessen Lage ebenfalls nicht bekannt ist. Agricola verzichtete also auf die Unterwerfung von Calidonien wie auf die von Hibernien und zog sich, wie es scheint, auf Eburacum zurück; nur wenig nördlich darüber hinaus erstreckte sich bis dahin der Provinzialbesitz. In dem situs Britanniae (Agric. 10–14; vgl. dazu L. Schumacher De Tacito Germaniae geographo, Berl. 1886, XI) fasst Tacitus mit Benutzung des Caesar, Livius und Fabius Rusticus die soweit vorgeschrittene Erkundung der Insel nicht ohne einige Irrtümer (z. B. über die Lage von Hibernien zwischen Hispanien und Britannien) zusammen (Mannert a. a. O. 25), fügt aber an anderen Stellen eine Anzahl wertvoller Beobachtungen hinzu, die er dem Verkehr mit seinem Schwiegervater verdankte. Der zusammenhängende Bericht über die Geschichte der Provinz hört mit seiner Schrift auf. Das Verschwinden der neunten Legion unter Traian, an deren Stelle von da an die VI. Victrix in Eburacum stand (CIL VI 1549. VII 241), beweist fortgesetzte Kämpfe im Norden. Unter Hadrian nahmen sie einen so bedrohlichen Charakter an (Front. p. 217 Nab. Hist. Aug. Hadr. 5, 2), dass der Kaiser selbst eine Expedition nach Britannien unternahm (Hist. Aug. Hadr. 11, 2) und im J. 122 durch den Legaten A. Platorius Nepos den grossen Grenzwall zwischen Newcastle und Carlisle anlegte; also bei weitem südlicher als Agricolas Befestigungen zwischen Clota und Boderia (Glasgow-Edinburgh). Diese Anlage, die erste befestigte aus Wall und Mauer bestehende Nordgrenze der Provinz mit ihren siebzehn Castellen, ist ziemlich genau bekannt (CIL VII p. 99ff. E. Hübner Röm. Herrschaft in Westeuropa 39ff.; Hauptwerk J. C. Bruce The Roman Wall, 3. Ausg. mit vielen Karten, Plänen und Abbild., Newcastle 1867 und desselben Lapidarium septentrionale, ebenfalls mit Karten, Plänen und Abbild., Newcastle 1870/75). Wahrscheinlich mit Hadrian war der sonst nicht bekannte Grammatiker Demetrios von Tarsos in Britannien, der in Plutarchs Schrift De defectu orac. redend eingeführt wird (Cap. 2) und von den wüsten Inseln um Britannien und ihrem Daemonen- und Heroenkult berichtet (Cap. 18). Unter Pius schon griffen die Britten die Grenze an (Paus. VIII 43, 4), so dass dieser Kaiser im [873] J. 142 durch den Legaten Q. Lollius Urbicus zur Anlage eines zweiten Grenzwalls nördlich von dem des Hadrian schritt, auf der alten einst von Agricola besetzten, aber längst wieder aufgegebenen Linie Clota-Boderia (Hist. Aug. Pius 5); wobei auch die dorthin führenden Strassenzüge befestigt wurden (CIL VII 1041). Auch diese Befestigung mit ihren zehn Castellen ist wohlbekannt (CIL VII p. 191ff.; Röm. Herrschaft in Westeuropa 48ff.); nur Denkmäler des Pius und in seine Zeit gehörige sind an ihr gefunden worden.

Um die Mitte des 2. Jhdts. ist in dem auf den Messungen des Marinos von Tyros beruhenden Werk des Ptolemaios (I 2. 3) die gesamte Kunde des Altertums über Hibernien und Britannien verzeichnet (Mannert I² 1, 135ff. II² 1, 26–32) mit einer trotz ihrer Fehler im ganzen bewundernswerten Genauigkeit (vgl. H. Bradley Remarks on Ptolemys Geography of the British Isles, Archaeologia XLVIII 1885, 379–396). Die beiden Grenzwälle werden jedoch entsprechend der eingehaltenen Regel der Aufzeichnungen darin nicht erwähnt. Das antoninische Itinerar (463, 3–486, 17) rechnet nicht vom Antoninuswall, sondern von den zwischen ihm und dem Hadrianswall liegenden Stationen Bremenium und Blatum Burgium in südlicher Richtung (464, 1 und 467, 1), während die Karte des Ravennaten (423, 5–441, 22) die Stationen beider Grenzwälle (432, 7–19 und 434, 19–435, 12) aufzählt. Die Peutingersche Tafel enthält nur den südlichen Teil von Britannien.

Unter Marcus (Hist. Aug. Marc. 8, 7. 22, 1. Eumenius paneg. Constantio V 14) und Commodus, der zuerst den bei den meisten Nachfolgern wiederkehrenden Siegestitel Britannicus geführt hat, gab es neue Kämpfe an der nördlichen Grenze (Dio LXXII 8. Hist. Aug. Pertin. 3, 5) und aufständische Bewegungen (Hist. Aug. Commod. 8, 4); das gallische Gegenkaisertum des Clodius Albinus (s. d.) stützte sich auf das britannische Heer. Severus, der mit seinen Söhnen seine letzten Lebensjahre (208–211) in Britannien, im Kampf mit den Calidoniern und Maeaten (Dio LXXVII 11–15) zugebracht hat, unternahm eine völlige Wiederherstellung des hadrianischen Baues, wie zahlreiche Denkmäler beweisen (die Zeugnisse bei Dio LXXVI 12. 13. Herodian. III 4, 10. Hist. Aug. Sever. 18. 22. Victor Caes. 20. Eutrop. VIII 19. Hieron. chron. Ol. 247, 2 p. 177 Sch. Oros. VII 17. Cassiod. chron. zum J. 207, woraus Gildas I 12. Nennius 19 und Baeda hist. eccl. I 5 mit vielen Irrtümern schöpfen, und eine eingehende Würdigung der Streitfrage CIL VII p. 100f.). Auch legte Severus eine Anzahl von grösseren Castellen zwischen dem Wall des Hadrian und dem des Pius an, wie Habitancium (s. d.). Unter den folgenden Kaisern bis auf den älteren Theodosios I. (Amm. Marcell. XXVIII 3, 7) ist wenigstens der Hadrianswall sorgfältig im Stand gehalten worden, wie aus der Aufzählung der Castelle per lineam valli in der Notitia dign. (occ. XL 32–56) und aus den inschriftlichen Denkmälern hervorgeht. Der Wall des Pius muss früher aufgegeben worden sein, da er im antoninischen Itinerar und in der Notitia dign. fehlt.

Unter Diocletian erhoben sich auf der Insel die Gegenkaiser Carausius (s. d.) und Allectus (s. d.), während Franken und Sachsen in Britannien [874] einzudringen begannen (Eumen. paneg. Constantio IV 18. 21. V 3. 9. 11. 17. 18. Eutrop. IX 21. 22). Constantin stellte die Ordnung wieder her (Eumen. paneg. Maxim. et Constant. VI 4; Constant. VII 7). Im J. 360 setzte der Magister militum Lupicinus wiederum, wie gewöhnlich, von Bononia, d. h. dem Portus Itius, nach Rutupiae über, um die Einfälle der Calidonier (oder Picti) und Scotten zurückzuschlagen (Amm. Marcell. XXI 1, 1. 9, 9). Weitere Einfälle der Picti, Saxones, Scotti und Attacotti werden von den J. 365, 368 und 369 gemeldet (Amm. Marcell. XXVI 4, 5. XXVII 8, 1. 4–10. XXVIII 3, 1; vgl. Claud. de III cons. Honor. 53–58; de IV cons. Honor. 26–33. Pacatus paneg. Theodosio Aug. XII 5. Geog. Rav. 423, 7. Baeda hist. eccl. I 12–14); auch ein Soldatenaufstand (Procop. Vandal. I 2 am Schluss). Doch erscheinen in der Notitia dignitatum noch sämtliche Castelle des litus Saxonicum (occ. XXVIII 1–21) mit römischen Besatzungen, was freilich für die Zeit nicht beweisend ist. Unter Honorius im J. 407 wurden trotz der Bitten der Einheimischen die römischen Truppen fast ganz aus Britannien zurückgezogen (Zosim. V 27. 43. VI 2ff. Sozom. hist. eccl. IX 11ff.) und die herbeigerufenen Sachsen traten an ihre Stelle (Baeda hist. eccl. I 12). Das geographische Wissen des späteren Altertums über Britannien fassen kurz zusammen Orosius (I 2, 36–40)und die Cosmographia Aethici (Riese Geogr. Lat. min. 98, 36–40).

Über die ältesten schon bei Caesar (b. Gall. V 12, 1) bezeugten Bevölkerungsschichten der beiden volkreichen Inseln gehen die Meinungen auseinander, da erschöpfende anthropologische und ethnologische Untersuchungen noch fehlen. Auch ist das Verhältnis des Altkeltischen zu den jüngeren keltischen Idiomen der Inseln noch nicht allseitig aufgeklärt (vgl. Zeuss Die Deutschen und ihre Nachbarstämme 196ff.). J. Rhys (Celtic Britain 1ff. und in weiterer Ausführung der sprachlichen Untersuchung in den Rhind lectures, the Scottish Review XV 1890, 233–252. XVI 1891, 30–47. 240–256. XVII 1891, 60–82. 332–349. XVIII 1891, 120–143) u. a. unterscheiden unter den Inselkelten die früher eingewanderte goidelische (oder gaelische) Gruppe, deren Nachkommen in Ireland, der Insel Man und in den schottischen Hochlanden, weiterhin in einem Teile von Wales und in Devon sich erhalten haben, und die jüngere später eingewanderte britannische (oder brythonische) Gruppe, deren Sprache in der französischen Bretagne, in Cornwall und einem Teil von Wales fortlebt. Die ältere Gruppe scheint allmählich gegen Westen und Norden zurückgedrängt worden zu sein. Zu der jüngeren gehören die meisten britannischen Völkerstämme diesseits des Firth of Forth, die sich in Sprache und Sitte nur wenig von den Kelten des gallischen Festlandes unterschieden. Von einer vor beiden vorhandenen (ligurischen oder iberischen?) Urbevölkerung sind Spuren in Steindenkmalen, wie dem von Stonehenge bei Salisbury und ähnlichen, in Cromlechs, Dolmen, Maenhirs u. s. w., ferner in verschiedenartigen Gräbern und ihrem Inhalt, sowie in Pfahlbauten der irischen und schottischen Seen vorhanden (über die sog. vorhistorische Zeit W. B. Dawkins Early Man in Britain u. s. w. [875] mit 168 Abbild., Lond. 1880. J. Anderson Scotland in pagan times mit zahlr. Abbild., Edinburgh 1886. J. Evans The Ancient Stone Implements, weapons and ornaments of Great Britain, mit 2 Taf. 476 Abbild., Lond. 1875 und The Ancient Bronze Implements u. s. w. of Great Britain and Ireland, mit zahlr. Abbild., Lond. 1881). Die Hauptvölkerschaften (über die die einzelnen Artikel zu vergleichen) sind an der südlichen Küste im Südwesten die Dumnonii und Durotriges mit den Städten Isca, Moridunum und Durnovaria; weiter östlich die Belgae mit Sorbiodunum und Venta Belgarum, und die Regni (vielleicht für Regini, Rhys vermutete Regnii von dem regnum des Cogidubnus; doch würde man dann eher Regnenses erwarten) mit Clausentum am grossen Hafen und ihrer civitas (Chichester), im Osten die Cantii mit dem Hafen Rutupiae, der ,Burg der Cantier‘ Durovernum (Canterbury) und Londinium. Es folgen davon nördlich in der Richtung von Osten nach Westen die Trinovantes mit Camalodunum; die Iceni (oder Eceni der Münzen) mit Venta Icenorum, die Catuvellauni mit Verulamium, die Atrebates (oder Atrebatii) mit Calleva, die Dobuni mit Glevum. In den Bergen von Wales sassen die Silures mit Isca Silurum und Venta Silurum, die Ordovices mit Mediolanium, die Cangi (oder Ceangi) mit Segontium, die Demetae im äussersten Westen mit Maridunum. Im Mittellande sass bis in den Norden hinauf die grosse Völkergemeinschaft der Brigantes (s. d.) mit Eburacum; vielleicht gehörten zu ihnen ursprünglich die Cornovii mit Durocornovium (?), Deva und Viroconium, die Coritani mit Lindum und Ratae, die Parisii. Die nördlich vom Clota und Boderia in der Britannia barbara (Hist. Aug. Hadr. 11) wohnenden Calidonii zerfielen ebenfalls in eine Reihe von einzelnen Völkern; ebenso die Hibernier. In römischer Zeit scheinen einzelne Völkerschaften des Südens oder aus ihnen ausgehobene Krieger im nördlichen Britannien angesiedelt worden zu sein (Catuvellauni CIL VII 863, Dumnonii 775. 776; s. d.).

Die in ihrem ältesten Bestande bis auf Pytheas und Timaios (Diod. V 21) zurückgehenden Nachrichten über die Sitten der Bewohner, das Klima der Insel und ihre Erzeugnisse u. s. w. bei Caesar, Diodor, Strabon, Mela, Plinius, Tacitus, Dio (an den oft angeführten Stellen) bedürfen sehr der kritischen Sichtung und chronologischen Unterscheidung. Die Inselkelten (auch die Calidonier) werden als langhaarig, blond und hochgewachsen geschildert (Caes. b. Gall. V 14. Strab. IV 200) und tragen den Knebelbart wie die festländischen Kelten, während sie sich im übrigen schoren; dass dem Agricola die Silurer als brünett und kraushaarig erschienen wie die Iberer, mag auf einseitiger Beobachtung beruhen (Tac. Agric. 11). Auch an Sprache und Sitten erschienen besonders die südlichen Stämme den festländischen Keltern nächst verwandt, wenngleich noch weniger kultiviert in Kleidung, Nahrung und Wohnung. Sie gelten für hospitibus feri (Horat. c. III 4, 33), und überhaupt für ferociores, weil noch nicht, wie die Gallier, durch lange Friedenszeit verweichlicht (Tac. Agr. 11). Als Besonderheit galt das Färben des Körpers mit vitrum (Waid), das aber schwerlich allgemein war (Caes. b. Gall. V 14, 2. [876] Mela III 51. Herodian. III 14). Ebenso ist die vielbesprochene Weibergemeinschaft (Caes. b. Gall. IV 14, 4. Dio LXXVI 12), wenn überhaupt richtig beobachtet, woran wohl nicht mit Recht von den Anthropologen gezweifelt wird, nur auf der tiefsten Stufe gesellschaftlicher Entwicklung möglich. Sie findet ihre Erklärung in der den Britten mit den übrigen Kelten und den Iren eigentümlichen Clanverfassung, die auf gemeinsamem Heerden- und später auch Ackerbesitz beruht (vgl. darüber A. Meitzen Siedelung und Agrarwesen der Westgermanen und Ostgermanen, der Kelten, Römer, Finnen und Slawen, Berlin 1895, I 174ff., bes. 229–232). Kleidung in Tierfelle und Ernährung durch Milch und Fleisch bei den nicht an der Küste wohnenden Stämmen (Caes. b. Gall. V 14, 2), sowie die kannibalischen Neigungen der britannischen Atticotti (s. o. S. 859), die Hieronymus als Jüngling in Gallien, wo sie wohl im Heere dienten, selbst beobachtet haben will (advers. Iovin. II 7), gehören derselben Entwicklungsstufe an. Hasen, Hühner und Gänse verschmähten zu Caesars Zeit die Vornehmen, obgleich sie diese animi voluptatisque causa aufzogen (b. Gall. V 12, 6); auch die Calidonier sollten die in Menge vorhandenen Fische nicht geniessen, obgleich sie in ihren Hütten nackt und barfuss hausten und von Jagdbeute und Baumfrüchten lebten (Dio LXXVI 12). An die Stelle der früher allgemein herrschenden Königsgeschlechter (nur ausnahmsweise scheinen Frauen wie Cartimandua und Boudicca die Herrschaft geführt zu haben; vgl. Tac. Agric. 12. 16) traten wohl auch in Britannien zuweilen gewählte Heerführer oder die Herrschaft der Gemeinde (Tac. Agric. 12). Über ihre Münzen ist schon gesprochen worden; denen der Könige gehen schriftlose Gold-, Silber- und Erzmünzen voran. Daneben waren Erz, das von auswärts kam, und Eisenstäbe nach dem Gewicht Tauschmittel (Caes. b. Gall. V 12, 4). Münzen aus Zinn sind nicht in den Zinndistricten, sondern nur bei den Cantiern gefunden worden (Evans a. a. O. 1ff.). Die besondere Art ihrer oppida fiel allen Berichterstattern seit Pytheas auf; Reste solcher oppida, aber aus sehr verschiedenen Zeiten, sind in Wales und Schottland vorhanden (Nachweisungen im Herm. XV 1880, 603). Als die Hauptbesonderheit ihrer Kriegführung galt der (homerische) Wagenkampf schon dem Pytheas (Timaios bei Diod. V 31, 3. Strab. IV 200. Arrian. tact. 19, 2. Dio LXXVI 12). Bei Caesar heissen ihre Streitwagen essedae (b. Gall. IV 33. V 15. 16; bei Cic. ad fam. VII 7, 1 essedum) bei Mela (III 52) und Tacitus (Agric. 12. 35. 36) covinni. Doch sind sie zu Tacitus Zeit nur noch bei den Calidoniern in Gebrauch; die Britten sind zwar auch gute Reiter, aber in pedite robur (Agric 12). Sie kennen weder Helm noch Panzer (Agric. 35); Lanzen und kurze Speere mit daran befestigten Kugeln, durch deren Geräusch sie die Feinde schrecken, und Schwerter sind ihre Waffen (Dio LXXVI 12); ihre nur bei Dio (LXII 12) erwähnten Schlachtgesänge beruhen wohl auf rhetorischer Übertreibung. Caesar berichtet, dass die Druiden des Festlandes ihre disciplina aus Britannien als dem Lande ihres Ursprungs sich zu holen pflegten (b. Gall. VI 13. 14; danach Tac. Agric. 11 eorum sacra, nämlich Gallorum, deprehendas superstitionum [877] persuasione); im Feldzuge des Suetonius Paullinus gegen Mona begeistern die Druiden selbst die Frauen zum Widerstand; ihre heiligen Haine werden zerstört, in denen sie Gefangene opferten und aus menschlichen Eingeweiden weissagten (Tac. ann. XIV 30). Hiernach wird das vielbesprochene Druidentum vielfach als den vorkeltischen Urbewohnern der Insel eigentümlich angesehen (Rhys Celtic Britain 69). Auch die oben erwähnten Berichte des Demetrios von Tarsos aus hadrianischer Zeit über den Daemonen- und Heroenkult auf den Inseln von Britannien zeugen, falls sie nicht auf willkürlicher Deutung beruhen, für eine selbständige Ausbildung des Religionswesens. Die in Britannien gefundenen Inschriften haben eine ziemliche Anzahl dort verehrter meist localer Gottheiten kennen gelehrt, deren Namen oft als Beinamen römischer Götter erscheinen, wie Apollo Maponus und Anextiomarus (Ephem. epigr. VII 1162), Iuppiter Tanarus, Mars Belatucadrus Cocidius Condates Corotiacus Nodon oder Nodens Rigisamus, Minerva Sulis u. a. (s. den Index zu CIL VII p. 330). Aber viele von ihnen sind, wie die auch hier verehrten Matres, von den Truppen aus ihrer Heimat verpflanzte keltischen Ursprungs; so vielleicht Ancasta Antenociticus Contrebis Ialonus Setlocenia; andere sind germanischen Ursprungs, wie Garmangabis Harimella Ricagambeda Viradesthis und Mars Thingsus (Ephem. epigr. VII 1040. 1041). Auf die Besonderheit religiöser Vorstellungen der Britten ist vorderhand kein Schluss daraus zu ziehen.

Das Klima wird als von dem heutigen wenig verschieden, mehr feucht und neblig als kalt geschildert (Caes. b. Gall. V 13, 7. Strab. IV 200. Tac. Agric. 12. Eumen. paneg. Constantino Aug. VII 9); das Land als hügelig und waldig (Mela III 51) mit viel Heiden und Sümpfen. Doch vermisste Caesar Buchen und Tannen (b. Gall. V 12, 5). Der Hauptreichtum der Britten bestand in Herden, wie alle Zeugnisse bekunden. Ihre Pferde werden als klein und hässlich, aber ausdauernd bezeichnet (Arrian. tact. 19, 3). Jagdhunde wurden nach Gallien ausgeführt und dort auch im Kriege benutzt (Strab. IV 199f.). Ackerbau trieben zuerst nur die den Süden bewohnenden aus Gallien eingewanderten Stämme (Caes. b. Gall. V 12, 2. Strab. IV 199); später war das Land ausser an Öl und Wein patiens frugum, nur dass sie spät reiften (Tac. Agric. 12). Im 4. Jhdt. war das Land eine Kornkammer für Gallien (Zosim. III 5. Amm. Marcell. XVIII 2, 3). Unter den Metallen, die Britannien lieferte, nehmen Blei und Zinn (plumbum nigrum et album, stannum) seit ältester Zeit den ersten Platz ein (der alte Periplus, Avien. ora marit. 95ff. Pytheas bei Timaios, Diod. V 22, 5. Plinius IV 104. Caes. b. Gall. V 12, 4; über die römischen Bleibergwerke seit Claudius E. Hübner Rh. Mus. XII 1857, 347–371, die Aufschriften der aus den britannischen Bergwerken gewonnenen Barren CIL VII p. 220ff. nr. 1196–1221); nur wenige Gefässe aus Zinn haben sich erhalten (CIL VII 1. 1220. Ephem. epigr. VII 812); J. Charles Cox The Mining Operations and Metallurgy of the Romans in England and Wales (Archaeological Journal LII 1895, 25–42) giebt die neueste sachverständige Übersicht: Zinn verschwindet danach um Christi Geburt [878] fast ganz und Blei tritt seit der römischen Eroberung an seine Stelle. Die edlen Metalle, auf die die Eroberer gerechnet hatten, wie aus Ciceros Briefen (s. o. S. 866) hervorgeht, Gold, Silber, Eisen, werden von Caesar, Strabon, Mela, Tacitus, Eumenius zwar als vorhanden genannt, kamen aber wohl nur in geringen Mengen vor. Auch die britannischen Edelsteine (Mela III 51) und Perlen waren minderwertig (Tac. Agric. 12), wie jener von Caesar der Venus Genetrix geweihte Panzer aus brittischen Perlen zeigte (Plin. n. h. X 116; vgl. Tertull. de cultu fem. I 5. Amm. Marcell. XXIII 6, 88). Bekannt waren schon im Altertum die britannischen Austern (Plin. n. h. XXXII 6) von Rutupiae (Iuv. IV 141; vgl. Auson. epist. V 36). Ausserdem wurden Sclaven und Felle ausgeführt (Strab. IV 200), dagegen Hals- und Armschmuck, sowie Pferdezeug mit Elfenbein ausgelegt, Bernsteinwaren, Glasgefässe und andere Kurzwaren eingeführt (ebd.).

Über die römische Verwaltung von Britannien s. CIL VII p. 1ff. und Marquardt Röm. Staatsverwaltung I² 284–288, wodurch die älteren Darstellungen in W. Camdens Britannia (zuerst 1586) und J. Horsleys sehr verdienstlicher Britannia Romana (1732) entbehrlich sind. Severus teilte im J. 197 die bis dahin nur von einem Consularen (legatus Augusti pro praetore) verwaltete Provinz, dem wie üblich ein Procurator Augusti (auf Inschriften öfter genannt) zur Seite stand (daneben erscheint seit Hadrian der legatus iuridicus CIL VI 1336. 1509; vgl. auch die Inschrift von Vieux, Mémoir. des Antiquaires de France XXXVII 1876, 34), in Britannia superior und inferior (Herodian. III 8, 2. Dio LV 23. CIL III 6995. VII 280. 281. VIII 1578. 2080. 2766. 5180). Die Grenze bildete vielleicht Eburacum, von dem nördlich die inferior begonnen haben könnte (CIL VII p. 4). Unter den Consularen standen die Legaten der vier, später drei britannischen Legionen (s. o.); besondere Legaten der oberen und unteren Provinz sind bisher nicht bekannt geworden (wenn Virius Lupus unter Severus bei Ulpian Dig. XXVIII 6, 2 § 4 Britanniae praeses heisst, so ist das nur die damals üblich werdende kurze Bezeichnung für den Legaten; so auch CIL VIII 11763). Nach der diocletianischen Verfassung zerfiel Britannien in die vier Provinzen Britannia prima, Britannia secunda, die die südlichen, Maxima Caesariensis und Flavia Caesariensis, die die nördlichen Gebiete umfassten (so im Latercul. Veron. vom J. 297 in Seecks Ausg. der Notit. dign. p. 249, Riese Geogr. Lat. minores p. 127). Ein praeses provinciae Britanniae primae zuerst auf der Inschrift von Durocornovium (s. d., Korrespondenzbl. der Westdeutschen Ztschr. X 1891, 234). Unter den Kaisern Valentinian, Valens und Gratian im J. 369 wurde durch den älteren Theodosius das vorher in die Hände der Barbaren gefallene nördlichste Gebiet unter dem Namen Valentiniana zu einer fünften Provinz gemacht (Valentia bei Ammian. Valentia oder Valentina einige Hss. des Laterculus des Polemius Silvius in Seecks Ausg. der Notit. dign. p. 260, Riese Geogr. lat. min. p. 132). So erscheinen in der Notitia dign. unter dem vicarius Britanniarum, der dem praefectus praetorio Galliarum unterstellt war, die beiden consulares der Maxima Caesariensis und der Valentiniana [879] und die drei praesides der Britannia prima und secunda und der Flavia Caesariensis (occ. XXIII), ferner der comes litoris Saxonici per Britanniam mit neun ihm unterstellten Besatzungen (occ. XXVIII), der comes Britanniae (occ. XXIX) und der dux Britanniarum mit vierzehn ihm unterstellter Garnisonen südlich vom Hadrianswall und denen per lineam valli, vierundzwanzig an Zahl. Diese gehen den Besatzungsstand der diocletianischen Verwaltung an (Mommsen Herm. XIX 1881, 233f.). Nicht viel weiter herab reichen auch die inschriftlichen Zeugnisse für die römische Verwaltung und das römische Leben in der Provinz, die das CIL VII (Berl. 1873 mit den Nachträgen Ephem. epigr. III 1877 p. 113–155. 311–316. IV 1881 p. 194–212. VIII 1890 p. 273–354) zusammenstellt. Über das römische Strassennetz der Provinz, soweit es durch Meilensteine bezeugt ist, vgl. CIL VII p. 206–214 (wo auf die stets anwachsende Litteratur über die Spuren römischer Strassen in allen Teilen der Insel hingewiesen wird); die Meilensteine reichen von Hadrian bis auf den jüngeren Constantin (337 n. Chr.). Für die Zeit etwa vom 5. bis 8. Jhdt. treten ergänzend hinzu und veranschaulichen den Übergang vom Altertum in das Mittelalter, die meist in Cornwall, Devon, Wales und Schottland gefundenen Inscriptiones Britanniae christianae (Berl. 1876; ein Supplement in Vorbereitung). Eine erschöpfende Darstellung des römischen Britannien fehlt noch.

Die besten Karten des römischen Britanniens sind die von H. Kiepert in den Formae orbis antiqui (Berl. 1894) Blatt XXVI Insulae Britannicae mit eingehenden, und von F. Haverfield in dem Historical Atlas of Modern Europe (Oxford, Clarendon Press, 1896) Blatt XV Roman Britain mit kürzeren Erläuterungen.
[Hübner.]

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