1) Der thrakische B. wird zuerst (ohne diesen Zusatz) Aesch. Pers. 723. 746 erwähnt, wo jedoch der Name B. in anscheinend willkürlicher Ausdehnung auf den Hellespontos übertragen ist; denn schon Her. IV 83. 85–88. 118. VII 10γ. 20 unterscheidet bestimmt Pontos, B. (Θρηίκιος), Propontis und Hellespontos. Dass man auch von einem mysischen B. bezw. einer mysischen Meerenge (πορθμός) sprach, erfahren wir aus Arrian. a. a. O. Dion. Chalkid. 7 (FHG IV 395 nach Strab. XII 566). Schol. Apoll. Arg. II 168. Die Schmalheit derselben, der auffallende Parallelismus der beiden Ufer und die regelmässige Strömung aus dem Schwarzen in das Marmarameer, welche den Vergleich mit einem Flusse nahe legen, erzeugten schon im Altertum die Vorstellung, dass der B. durch einen Durchbruch des von den wasserreichen Strömen überfüllten Schwarzen Meeres entstanden sei (Strat. bei Strab. I 49. Diod. V 47). Thatsächlich ist die Entstehung des B. auf mehrere sich kreuzende Grabenbrüche (Hauptbruchlinien Nordost nach Südwest und Nordwest nach Südost) zurückzuführen, durch welche wahrscheinlich erst in der Diluvialzeit die thrakisch-bithynische Landbrücke (eine alte Devonscholle) auseinandergerissen wurde; der Erosion kommt bei der Bildung der Meerenge wohl nur eine nebensächliche Rolle zu. Tchihatchef Le Bosphore 487ff. Boïatzis Grundlinien des B. (Königsberg 1887) 21ff. 29. Th. Fischer in Kirchhoffs Länderkunde II 2, 77. W. Sievers Europa 13. 97. Die morphologischen Verhältnisse des Meeresarmes sind durch die Aufnahmen von Moltke's 1836/37 in 1 : 25 000 (Karte v. Constantinopel u. dem B. Berlin 1842 und Karte des nördlichen befestigten Teils des B. 4 Bl. 1846), von H. Kiepert auf 1 : 100 000 reduciert (Constant. u. der B., Berlin 1853), und der französischen Marine (Ch. Ploix und Manen) 1854 in 1 : 16 000 (Plan du B. 3 Bl., Paris 1859. Hydrogr. franç. nr. 1790–1792), welche auch der englischen Admiralitätskarte (nr. 1198) zur Grundlage dient, mit wünschenswerter Genauigkeit festgestellt. Hienach beträgt die Länge der Meerenge in gerader Linie zwischen beiden Ausgängen 28 • 5 km., längs des Thalweges 31 • 7 km., die Breite am nördlichen Ende 4 • 7, am südlichen [743] 2 • 5 km., an der breitesten Stelle bei Böjükdere 3 • 3, an der engsten Stelle nördlich von Rumili Hissar 0 • 66 km. (Fischer 76). Von den Alten wurde die Länge zu 120 (Her. IV 85. Pol. IV 39, 4. 43, 1. Dion. Byz. 4) bezw. 160 Stadien (Arr. per. P. Eux. 12, 2. 25, 4) angegeben; in letzterem Falle waren 40 Stadien auf den trichterförmigen Eingang vom Schwarzen Meer bis zum Hieron (s. u. nr. 92) eingerechnet, welches sonst als Grenze des B. und Beginn der Ausfahrt galt; vgl. dazu Gillius I 2. Müller Geogr. Gr. min. II 8f. Die Breite betrug bei den Kyaneen 20 Stadien (Strab. VII 319), beim Hieron 7 Stadien (Skyl. 67; 12 vom Hieron zum Sarapieion nach Pol. IV 39, 6), an der engsten Stelle, beim Hermaion (u. nr. 57), wo Dareios seine Brücke schlug, 4 Stadien (Her. IV 85. 87f. Strab. II 125. Dion. Byz. 3. 57. Eust. Dion. Per. 142), nach anderen 5 (Pol. IV 43, 2. Strab. VII 319. Mela I 101) oder 6 Stadien (Agathem. III 11) bezw. 500 Schritt (Plin. n. h. IV 76. V 150), endlich zwischen Byzantion und Chalkedon nach den einen 7 Stadien (Dion. Byz. 4. Plin. V 149; 5 [?] St. nach Schol. Apoll. Arg. II 168, s. Keil z. St. und Wieseler Spicil. 4f.) bezw. 1000 Schritt (Plin. IX 51), nach den andern 14 (Pol. IV 39, 5f.) oder 12 Stadien (Schol. Dion. Per. 142), welcher Unterschied sich nur durch die Annahme eines kleineren Stadions bei Polybios (vgl. o. die Breite beim Hieron) erklären lässt. Vgl. über die Breite auch Gillius I 3 und dazu Müller a. a. O. 13. Die ganze Gestalt, eine Folge ineinandergeschobener, malerischer Vorgebirge, welche in den verschiedenartigsten Bildungen von beiden Gestaden aus sich in das Meer lagern und dadurch eine zahllose Menge der herrlichsten Golfe, Baien und Buchten bilden, hinter welchen die mannigfaltigsten Thaleinschnitte und Senkungen sich öffnen, wird schon von Dion. Byz. 1 treffend gekennzeichnet. ,Wie ein mächtiger Strom windet die Meerenge sich durch lauter zusammenhängende Ortschaften, zwischen Palästen, Moscheen, Kirchen, Schlössern hindurch, zwei Meere verbindend und zwei Weltteile trennend, sie bildet eigentlich die Hauptstrasse von Constantinopel, wenn man unter dieser Benennung das ganze Aggregat von Städten, Vorstädten und Ortschaften versteht, in welchem 800 000 Menschen beisammen wohnen‘ (v. Moltke). Die äussere Gliederung der stark gekrümmten (σκολίοιο πόρου Apoll. Arg. II 549, vgl. Etym. M. 718, 30. Gillius I 4 bei Müller II 14ff.) Meeresstrasse ergiebt sich aus Breite und Richtung der einzelnen Teile. Vom Schwarzen Meer führt ein trichterförmiger Eingang südwestlich bis zur ersten Enge (fauces primae Plin. n. h. V 150) zwischen Rumili und Anadoli Kawak, welche bei den Alten bereits als Ende des B. und Anfang des Pontos betrachtet wurde (s. o.). Dann folgt die erste seeartige Erweiterung in der Bucht von Böjükdere, der Bathykolpos (s. u. nr. 71) der Alten (bis hieher 111 km.); von hier wendet sich das Thal eine kurze Strecke (3 • 7 km.) nach Südost, wo am asiatischen Ufer die Bucht von Beikos jener von Böjükdere entspricht. Das nächste, fast genau von Nord nach Süd verlaufende Stück (8 • 3 km.) bildet die eigentliche Enge des B., welche bei Rumili und Anadoli Hissar ihr Minimum erreicht (s. o.). Bei Ortaköi, wo die Richtung wieder südwestlich wird (auf [744] 4 • 6 km.), beginnt wiederum die trichterförmige Ausmündung in die Propontis, welche jedoch durch die im Βοσπόριον ἄκρον (s. d.) endigende Halbinsel von Byzantion nochmals eine Einengung und Ablenkung der Stromrichtung nach Süden (0 • 9 km.) erfährt (Masse nach Boïatzis 6). Nördlich von jenem Vorgebirge aber zweigt die wunderbare, 5 km. lange und (im Mittel) 0 • 3 km. breite Meeresbucht ab, welche wegen ihrer Gestalt schon im Altertum als ,das Horn‘ (s. Keras) bezeichnet wurde. Ihre Tiefe beträgt im untern Teile noch 30–40 m., um jedoch schon beim Fanar auf 10 m. und darunter, weiter aufwärts auf 1–3 m. zu sinken (Boïatzis 7f.). Die Tiefe des übrigen B. kann in der Thalfurche auf durchschnittlich 60–70 m. angenommen werden; nur an der engsten Stelle, zwischen Kandili und Rumili Hissar steigt dieselbe bis auf 120 m., wogegen das südliche Ende (von Ortaköi) ab, nur 40–50 m. Maximaltiefe aufweist. Besondere Aufmerksamkeit erregte im B. stets die starke Strömung, welche aus dem Pontos in die Propontis führt (Gillius I 4). Schon Her. IV 85ff. setzt dieselbe als etwas Bekanntes voraus, und Polybios, der sie IV 39, 2 auf die Überfüllung des Pontos und der Maiotis durch die grossen Ströme zurückführt (vgl. o.), giebt ebd. 43 eine genauere Beschreibung; er lässt sie vom Pontos aus gleichmässig verlaufen bis zur engsten Stelle beim Hermaion, wo sie auf die asiatische Seite abgelenkt wird, um sogleich wieder auf das europäische Vorgebirge Hestiai zurückzukehren. Von dort neuerdings nach der Βοῦς genannten Stelle des asiatischen Ufers (s. u. nr. 110) getrieben, wendet sie sich nunmehr nach Byzanz, wo ein Arm derselben in das (goldene) Horn abzweigt, während der Hauptteil, ohne Kalchedon zu erreichen, nach der Propontis ausläuft. Dass die Strömung indessen zeitweise Unterbrechungen erleide (s. u.), wusste bereits Hipparch nach Strab. I 55, vgl. Eust. Dion. P. 473. Berger Hipparch 83. Den Zug der Strömung nach Byzantion und in das Horn bestätigt auch Strab. VII 320 sowie Dion. Byz. 4f., welcher sie 1f. ebenfalls aus der Überfüllung des von den grossen Flüssen ausgesüssten Pontos erklärt und die von den Krümmungen der Meerenge und den Landvorsprüngen bedingten Richtungswechsel und Rückströmungen betont. Besonders heftig brandet die Strömung beim Vorgebirge Hestiai (u. nr. 53, vgl. o.), jetzt Akynty burnu (,Vorgebirge der Strömung‘), und bei der Ῥοώδης ἄκρα (nr. 58), jetzt Scheitan burnu (,Vorgebirge des Teufels‘). Von hier abwärts heisst die Strömung bei den Türken Scheitan akyntyssy (,Teufelsströmung‘), entsprechend dem μέγα ῥεῦμα bei Gillius II 10. Neuere Beobachtungen verdanken wir neben den französischen Hydrographen, deren Karte (s. o.) die Richtungen der Hauptströmung und der örtlichen Gegenströmungen verzeichnet (letztere besonders ausgebildet in den tiefen Einbuchtungen von Böjükdere und Beikos sowie im goldenen Horn), hauptsächlich dem englischen Schiff Shearwater unter Comm. W. J. L. Wharton im August und October 1872, ergänzt durch spätere Aufzeichnungen; vgl. dessen ,Report on the Currents of the Dardanelles and Bosporus, Lond. 1886‘ und die ,Sailing Directions for Dardanelles etc.‘ 4. Ed. 1893, 19ff. De Gueydon Rev. marit. et colon. 1886, 338 (nach [745] Peterm. Mitteil. 1887 L.-B. 84). Boguslawski-Krümmel Ozeanographie II 298f. Boïatzis 10ff. Fischer 76. Makaroff s. u. Hienach ist die Strömung, welche im allgemeinen vom Pontos durch B. und Hellespontos zum Mittelmeer zieht und für dessen Verdunstungsverlust Ersatz zuführt, nach dem Wasserstand des Schwarzen Meeres, der zur Zeit der Schneeschmelze seinen Höhepunkt erreicht (Brückner Meteor. Ztschr. 1886, 297ff.), und den herrschenden Winden (vorwiegend aus Nord und Nordost, besonders im Sommer) sehr schwankend. Im Mittel wird die Stromstärke auf 4 • 6 km. in der Stunde berechnet, kann aber auf 8 • 3 km. (und darüber) steigen, so besonders an der schon von Polybios und Dionysios bezeichneten Stelle; anderseits kann durch anhaltende Süd- und Südwest-Winde die Strömung vorübergehend zum Stillstand kommen und selbst rückläufig werden. Neu ist die Feststellung eines Unterstromes, dessen Vorhandensein jedoch schon Marsigli (1681) vermutet hatte, von erheblich geringerer Geschwindigkeit in 25–50 m. Tiefe, welcher hier wie im Hellespont das schwerere, salzhaltige Wasser des Mittelmeeres dem Pontos zuführt und dessen völlige Aussüssung verhindert. Ob unter diesem Gegenstrom noch eine dritte, der oberen gleichsinnige Strömung in der Tiefe zieht, wie Wharton und de Gueydon annehmen, muss noch dahingestellt bleiben. Die Wasserführung des Oberstromes hat Makaroff Über den Wasseraustausch zwischen dem schwarzen und mittelländischen Meer (St. Petersburg 1885, nach Brückner a. a. O. 307) zu 10 530, die des Unterstromes zu 5700 cm. in der Sekunde berechnet. Die Bildung einer Eisdecke am B. ist in einer Reihe von Fällen (seit dem 8. Jhdt. n. Chr.) bezeugt und in Zusammenhang mit dem Klima des B., worüber auch Moltkes Türk. Briefe 9. 13. 17. 21 zu vgl., von Tchihatchef Le Bosphore K. 11–13 eingehend besprochen. Was die Erzeugnisse des B. und seiner Gestade betrifft, so genügt es hier auf den durch die Strömung begünstigten Fischfang, besonders von Thunfischen, hinzuweisen, welche eine Hauptquelle des Reichtums der Byzantier bildete (Arist. pol. IV 4, 1 p. 1291 b. Strab. VII 320. Plin. n. h. IX 50. Dion. Byz. 1. 5. 18–21. 36. 50. 60. 68. 98. 102; vgl. Byzantion), sowie auf das Vorkommen von Austern, Wildschweinen und Feigen, woran sich die Benennung einzelner Uferstellen knüpfte (Dion. Byz. 37. 31. 33 W.); Bergbau wurde am Chrysorrhoas betrieben, s. u. nr. 76; im übrigen vgl. man J. v. Hammer Constantinopel und der Bosporos I 45ff. P. de Tchihatchef Kap. 4–10. Über die Geschichte der Schiffahrt und deren Schwierigkeiten, welche Dion. Byz. im einzelnen beschreibt, vgl. Byzantion und Kyaneai. Die Ufer sind überall hoch, was wesentlich zur Erhöhung des landschaftlichen Reizes beiträgt und nehmen gegen den Pontos an Steilheit und Unwegsamkeit zu (vgl. Apoll. Arg. II 550 τρηχείαις σπιλάδεσσιν ἐεργμένον ἀμφοτέρωθεν) so dass nur Felspfade die an den Ausgängen kleiner Seitenthäler gelegenen Ortschaften zu Lande verbinden und der Verkehr auf den Meerstrom gedrängt wird, während am ,untern‘ B. sich die Ortschaften ohne Unterbrechung an einander reihen (Fischer 76). Zum grössten Teil werden die Ufer des B. von devonischen [746] Ablagerungen gebildet, wogegen die Mündung des Pontos in eruptive Felsarten (Basalte, Dolerite, Andesite, Trachyte) eingerissen ist und die Halbinsel von Byzantion aus miocaenen Schichten gebildet wird, s. Tchihatchef Kap. 16–21 mit geol. Karte, v. Andrian Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1870, 201–26 (über die vulkanischen Gebilde), v. Hochstetter ebd. 372ff. u. die dort angef. Lit. Boïatzis 25ff. Fischer 76f. Dass sie im Altertum mehr bewaldet waren wie heute, zeigt Dion. Byz. 31 W., wonach die ganze Nordseite des Hornes von Wald bedeckt war; ebenso war nach demselben 68 die Umgebung des jetzigen Therapia dicht bewaldet, sowie nach Joann. Ant. 15, 2 die Bucht von Stenia (s. u. nr. 63). Zahlreich waren schon frühzeitig die Niederlassungen und Kultusplätze, welche der Mensch an den Ufern des B. errichtet hat. Dank der Schrift des Dionysios von Byzanz (s. d.) besitzen wir davon eine so vollständige Aufzählung wie kaum von einem andern Stück antiker Erde und empfiehlt sich eine Übersicht derselben schon deshalb, weil in der alphabetischen Folge die einzelnen Örtlichkeiten nur teilweise untergebracht werden können und eine Zusammenstellung zur Orientierung kaum entbehrlich ist; vgl. den laterculus locorum bei Müller Geogr. Gr. Min. II S. VIff. und bei Wescher XXIXff. Die Nummern im folgenden entsprechen der Einteilung des Textes in Weschers Ausgabe.
1.–3. Allgemeines über den B.
4.–12. Beginn des europäischen Ufers mit Βοσπόριος ἄκρα (s. d.) und (s. d.).
13.–31. Ufer des goldenen Hornes (s. Keras).
32. Das Ende des letzteren bezeichnet ein Vorgebirge mit dem Grab des Hipposthenes von Megara, der Südspitze von Galata entsprechend.
33. Συκίδες, wofür Wieseler wohl richtiger Συκώδης liest, Vorstadt von Byzantion, dem östlichen Teil von Galata entsprechend, s. Sykai.
34. Heiligtum des Schoiniklos von Megara und des Amphiaraos, nach Hesych. Mil. 16 (FHG IV 149) noch zu Sykai gehörig.
35. Der Ort nebenan hiess Αὐλητής nach dem Flötenbläser Python.
36. Βόλος (s. d. Nr. 2) mit den Heiligtümern der Ἄρτεμις Φωσφόρος (vgl. u. nr. 78 und Bosporion) und der Ἀφροδίτη Πραεῖα.
37. Ὀστρεώδης, nach einer besonders ergiebigen Austernbank benannt.
38. Μέτωπον, ein Steilrand des Landes, der Βοσπόριος ἄκρα gegenüber, jetzt Top-hane, mit einer Kultstätte des Apollon, Gillius II 6.
39. Αἰάντειον, nach Aias dem Telamonier benannt (s. Bd. I S. 935); jetzt Sali bazar. Grosvenor I 130.
40. Παλινόρμικον, ein Felsvorsprung, angeblich von einer zweiten Landung der Colonisten, in der Gegend von Fyndykly, s. Frick z. d. St. und Müller Geogr. Gr. min. II S. VIII 53.
41. Nahebei ein Tempel des Ptolemaios II. Philadelphos, Müller a. a. O. S. 34 A.
42. Δελφὶν καὶ Καράνδας (Χαράνδας Wieseler nach Gillius), nach einer Begebenheit aus dem Leben des Kitharoden Chalkis benannt; nach Gillius Bosp. II 7 hiess die Stelle noch zu seiner Zeit Caridata und sah man dort, zum Teil unter Wasser, die Grundmauern eines antiken Bauwerkes.
43. Θέρμαστις, eine Klippe nahe am Ufer, nach [747] Hammer a. a. O. II 191f. jetzt Kabatasch (,rauher Stein‘), nach Frick = Beschiktasch (, Wiegenstein‘), s. Müller a. a. O. 56 A.; ersteres wahrscheinlicher, da sonst die Unterbringung der folgenden Örtlichkeiten Schwierigkeiten macht.
44. Πεντηκοντορικόν, eine nach Süden gewendete Uferstrecke, also in der Gegend von Dolma bagtsche, wo die Küste jedoch seit dem Altertum durch Auffüllung sich verändert hat, s. Grosvenor I 134.
45. Τὰ Σκύθου, angeblich nach dem Skythen Tauros benannt.
46. Ἰασόνιον, mit Lorbeerhain und Altar des Apollon, daher wohl = dem προάστειον Δάφνη des Steph. Byz. s. Δάφνη (vgl. Eust. zu Dion. Per. 916), das später auch Σέργιον hiess (s. Meineke z. St.), nach Frick auch = dem Διπλοκιόνιον der Byzantiner (s. Dukas p. 270. 282. 615 Bonn.), welche Gegend nach Gillius a. a. O. noch zu dessen Zeit Diplokion hiess und dem jetzigen Beschiktasch entspricht. Über das Diplokionion vgl. auch Dethier Bosphor. u. Const.² 63f. Grosvenor Const. I 155. Spruner-Menke Handatlas 89.
47. Ῥοδίων περίβολοι, eine Bezeichnung, die nach Gillius Bosp. II 8 zu seiner Zeit noch in einem Rhodakinion genannten Felsen, 600 Schritt vom Grabe des Chaireddin Pascha (Barbarossa) entfernt, fortlebte; also etwa in der Gegend von Tschiragan serai.
48. Ἀρχεῖον, ein fruchtbares, von einem Flüsschen durchströmtes Thal, nach Archias, Sohn des Aristonymos auch Thasos, benannt, bei Gillius Ἁ. Φωκᾶς, jetzt Ortáköi.
49. Steiles Vorgebirge mit Bildnis und Kultus des ,Meergreises‘ (Nereus, Phorkys, Proteus, Vater der Semystra?), bei Gillius II 9 Κλειδίον, jetzt Defterdar burnu. Ob in dieser Gegend oder beim ,Weiberhafen‘ (u. nr. 60) der neben letzterem von Plin. IV 46 genannte portus Senum zu suchen ist (vgl. Gillius II 14), bleibt ungewiss.
50. Παράβολος, nach der Unsicherheit des Fischfangs daselbst.
51. Κάλαμος und Βυθίας, erstere Stelle nach der Menge des Schilfs, letztere, bei Euagr. III 43 Βυθάρια, nach der Umkränzung durch Hügel benannt; daselbst der Lorbeer der Medeia. Jetzt Kurútscheschme.
52. Βάκα, ein sanft zum Meere abfallender Hügel, neben dem vorigen Ort, mit einem Heiligtum der ,Göttermutter‘ (Rheia?, s. Müller a. a. O. 65 A.; Isis Wieseler nach Gillius).
53. Ἑστίαι, ein weit vortretendes Vorgebirge, das nach Westen einen natürlichen Hafen bildet, während es auf der andern Seite die von Norden herkommende Strömung auffängt und so heftige Wirbel erzeugt (nach Gillius II 10 μέγα ῥεῦμα). Der Name (Plin. n. h. V 150 Estiae) wurde aus der Geschichte der ersten Ansiedler erklärt, ebenso nach Hes. Mil. or. Const. 22 (FHG IV 150), welcher in Verbindung damit auch die Bezeichnung Ἀνάπλους für dieselbe Örtlichkeit anführt; über letztere s. Anaplus, dazu Steph. Byz. s. Γυναικόσπολις. Sozom. II 3. Euagr. II 43 mit der Anmerk. des Valesius. Eust. Dion. Per. 146. Wieseler Spicil. 12f. Nach Prokop. aed. I 8 stand daselbst eine Kirche des hl. Michael, welche von Iustinian I. prächtig erneuert wurde und dem Ort den Namen Michaelion gab, Gillius II 10. Grosvenor [748] I 161f. Die Stelle entspricht dem heutigen Arnautköi bezw. dem Vorgebirge Akynty burnu.
54. 55. Nach letzterem folgt ruhigeres Fahrwasser und zwei Häfen, nach den vorspringenden Dämmen Χηλαί benannt, welchen Namen Gillius II 11 noch in der Form χαλαί hörte; jetzt Bebek.
56. Dabei ein Heiligtum der Ἄρτεμις Δικτύννη.
57. Πυρρίας Κύων (über den Namen s. Müller Geogr. Gr. min. II 42 A.), die engste Stelle, wo Mandrokles von Samos für Dareios die Brücke schlug (s. o. S. 743 u. Bähr zu Her. IV 85–88) und Dionysios noch dessen in den Felsen gehauenen Sitz sah, den schon Gillius vergeblich suchte; bei Pol. IV 43, 2 heisst das Vorgebirge nach einem Heiligtum des Hermes Ἑρμαῖον. Mohammed II. erbaute hier seine Zwingburg Boghas kessen = gr. Δαιμοκοπίη] (Laon. Chalkok.; Dukas Κεφαλοκόπτης), von den Griechen später Νέον Κάστρον, jetzt Rumeli hissar genannt. Gillius II 12. Byzantios 125ff.
58. Ῥοώδης (ἄκρα) nach der heftigen Brandung benannt, bei Gillius II 13 Φωνῆα, jetzt Scheitan burnu (Teufelscap).
59. Φαιδαλία (Dion.), Φειδαλία (Suid. s. Ἥράκλειος (Steph. Byz. s. Γυναικόσπολις), ein weisser Fels im Meere, welcher für das Grabmal der gleichnamigen Gemahlin des Byzas galt.
60. Hinter demselben ein geräumiger und sicherer Hafen, in welchen ein Giessbach (χειμάρρους) mündet, genannt Γυναικῶν λιμήν (Dion. Steph. Plin. n. h. IV 46) oder κόλπος Φειδαλίας (Suid.), bei Gillius Sarantakopa, jetzt Balta limani (ebenso der dort mündende Bach). Auf diese Örtlichkeit bezieht sich eine im jetzigen Balta liman gefundene Inschrift, in welcher des Nereus (vgl. nr. 49), der Nereiden und der fischreichen Bucht (…κόλποιο μυχοὺς εὐίχθυες ἄγραι) gedacht ist, Ἑλλ. Φιλολ. Συλλ. XVII Παραρτ. 188f.
61. Κυπαρώδης, neben dem vorigen, bei Gillius Κυπαρισσών, jetzt ein Kastanienhain, s. Moltkes Karte und Müller a. a. O. 72.
62. Tempel der Hekate auf einem Felsen, bei Gillius, der in dieser Gegend zahlreiche Spuren alter Gebäude fand (II 13 a. E.), Trivia (400 Schritte vom vorigen), beim jetzigen Emirgjan.
63. Λασθένης, ein tiefer und sehr geschützter Hafen, den Dionysios dem goldenen Horn vergleicht; Plinius n. h. IV 46 nennt ihn ebenso, nur verschrieben, Casthenes, Steph. Byz. a. a. O. Λεωσθένειον, die Byzantiner Σωσθένιον (Σωσθένης), s. Pape-Benseler und Müller a. a. O. 48 A., und noch jetzt heisst der Ort Stenia (Istenia). Dabei ein Heiligtum des Amphiaraos. Nach Joann. Ant. 15, 2 (FHG IV 548) besiegten die Argonauten hier (ἐν κόλπῳ δασυτάτῳ), s. o. über die Bewaldung des B.) den Amykos (s. d.) und errichteten ein Heiligtum, das später von Constantin d. Gr. dem Erzengel Michael geweiht wurde. Wieseler Spicil. 25. Vgl. u. nr. 95. 97.
64. Κομαρώδης, von Erdbeergesträuch benannt, noch bei Gillius II 14 a. E. Κόμαρον, dabei die Ortschaft Νεοχωρίον, türkisch Jeníköi.
65. Bacchiae, Klippenreihe an einer Steilküste, welche auch Θερμημερία hiess nach einem Seesieg der Byzantier über Philipps Admiral Demetrios, s. Schäfer Demosthenes II² 508f. und Byzantion; jetzt Köi baschi.
66. Πιθήκου λιμήν, eine Einbuchtung, nach einem Barbarenkönig benannt, bei Gillius II 15 (vgl. [749] Müller z. St.) Λιβάδιον, jetzt Kalender köschky; anschliessend wieder Steilküste.
[750] 67. Εὔδιος καλός, Einbuchtung, Gillius Λίνον, jetzt Therapia sarai.
[749] 68. Φαρμακίας, eine schöne und wohlgeschützte Bucht; mit tiefem Ankergrund, rings von Wäldern umgeben, jetzt Therapia.
[750] 69. Κλεῖδες καὶ Κλεῖθρα τοῦ Πόντου, klippenreiche Steilküste, bei welcher sich der Blick auf den Pontos (d. h. den nördlichen Eingang des B., [751] s. o.) erschliesst; Gillius Dialithra, jetzt Kiretsch burnu.
70. Δικαία πέτρα, ein steiler Felsen, einem Tannenzapfen ähnlich, dessen Name auf eine (erfundene) Geschichte zurückgeführt wurde, bei Kiefeli köi (Dethier 69f.).
71. Βαθύκολπος (s. d.), jetzt Bucht von Böjükdere; dabei ein Altar des megarischen Heros Saron und Fischereistätte (βόλος).
72. Unter dem ,saronischen Vorgebirge‘ (s. nr. 71) Καλὸς ἀγρός ein lieblicher Ort, noch bei Gillius II 17 so genannt, jetzt Böjükdere. Nach Müller zu frg. 44 (S. 54) ist vielleicht auch Καλλίπολις κατὰ τὸν Ἀνάπλουν bei Steph. Byz. hieherzuziehen, falls hier nicht eine irrtümliche Doppelsetzung der bekannten Stadt am Hellespont vorliegt.
73. Vorgebirge Σιμᾶς mit einer Statue der Ἀφροδίτη ἑταίρα oder πάνδημος, jetzt Mesar burnu (Dethier 72).
74. Golf Σκλητρίνας, bei dem noch von Gillius so genannten Orte, jetzt Sarýjari; dabei Altäre des Apollon und der ,Göttermutter‘. Zum Namen vgl. Byzantios Κωνστ. II 172. Frick Conject. VII.
75. Vorgebirge Μίλτον (von der rotgelben Farbe) an einer nach Osten gewendeten Steilküste, jetzt Telli tabia, dabei eine kleine Ortschaft, nach einem Heiligtum, wo Iason geopfert haben soll, Ἱερόν (Fanum) benannt, gegenüber dem gleichnamigen Ort der asiatischen Küste (u. nr. 92. 93), wohin Pol. IV 39, 6. Schol. Apoll. Rhod. II 532 das Opfer Iasons verlegt; dabei auch ein Tempel der ,phrygischen Göttin‘, sowie ein Σαραπιεῖον (Pol. a. a. O.); jetzt Rumeli kawaghy, wo auf der nördlich ansteigenden Anhöhe Ruinen eines byzantinischen Schlosses noch bei Gillius II 19 Ἱερὸν Ῥωμελίας, jetzt Imros Kalessi genannt.
76. Χρυσορρόας, ein aus einem engen Thale langsam fliessender Bach, nach seinem goldfarbenen Sande benannt, wahrscheinlich der östlich von Rumeli kawaghy bei Mavromolo mündende Wasserlauf (Hammer II 267. Müller a. a. O. 92). In diesem Thale Schachte und Stollen von einem (schon zu Dionysios Zeit) verlassenen Bergbau, nach welchem auch ein Ort am Meere jenseits des Baches Χαλκεῖα hiess.
77. Timaea turris = Thimea der Tab. Peut. IX, ein Leuchtturm am Gipfel der Anhöhe, auf welcher der Chrysorrhoas entspringt, weit in das Meer hinaus sichtbar, Hammer a. a. O. und Moltkes Karte.
78. Phosphorus, nach Artemis (vgl. nr. 36) oder dem vorgenannten Leuchtturm benannt.
79. Nach einer langen Steilküste (longum litus des Dionysios bei Gillius; ,500′ hohe Bergwand‘ auf Moltkes Karte) der ,Hafen der Ephesier‘ = Ἐφεσιάτης bei Hes. Mil. 32 (FHG IV 152), und noch bei Gillius II 21 Aphesiatis; jetzt Böjük liman.
80. Ἀφροδίσιον ein überaus schroffes Vorgebirge, jetzt Tschalydschy burnu.
81. ,Hafen der Lykier‘ (λιμὴν Λυκίων), klein, aber sicher, an einer sandigen Küste, bei Karybdsche kalessi.
82. An diesem Hafen die Ortschaft Μυρίλειον, nach Dionysios von Myrleia in Bithynien aus besiedelt, wahrscheinlicher aber nach Myra in Lykien benannt, worauf sowohl die Bezeichnung des Hafens [752] wie das von Strab. VII 319 (jedoch ausserhalb der Kyaneen) erwähnte Städtchen Andriake (s. d.) hinweist, s. Müller 59 zu frg. 50.
83. Licnias (von λίκνον?), wohl die flach gerundete Bucht von Karybdsche kalessi bis Altui burnu mit dem Inselchen Kukunara.
84. Γυπόπολις, eine felsige Höhe, vielleicht Papas burnu (Müller 61).
85. Δωτίνη, eine Klippe unter dem Meeresspiegel.
86. Vorgebirge Panium (Πάνειον?), bei Gillius II 24 Φανάριον, jetzt Fanaraki (Fener köi). Gegenüber die Inseln Kyaneai (s. d.).
Asiatisches Ufer:
87. Vorgebirge Ancyreum (Ἀγκύραιον?, s. Frick Conject. IV); bei Gillius III 2 Ψωμίον, jetzt Jum burnu. Dasselbe oder eines der benachbarten Vorgebirge (Anadoli fener?) muss Βιθυνίας τὸ πρὸς τῷ στόματι τοῦ Πόντου ἄκρον, ἐφ’ ᾧ ἱερὸν Ἀρτέμιδος bei Ptol. V 1, 2 sein.
88. Πύργος Μηδείας, ein runder, turmähnlicher Fels.
89. Neben demselben eine nur bei ruhigem Meer sichtbare Klippe, deren Vorsprünge man auch als die (asiatischen) Kyaneen bezeichnete. Nach Gillius III 3, der diese Örtlichkeit genau untersucht hat, an der Ostseite der von ihm Divi Sideri, jetzt Kabakos oder Ary kujussu genannten Bucht; vgl. dazu Müller 71ff. und Moltkes Karte. Auch der von Gillius für die jetzt Tschakal dere genannte Bucht westlich von Anadoli ferner angeführte Name Ampelodes geht sicher auf antike Überlieferung zurück. Die von ihm dort beschriebenen Klippen und Vorsprünge sind auf der französischen Seekarte (s. o. Sp. 742f.) genau zu erkennen. Auf das (bei Gillius namenlose) Vorgebirge Pilaw burnu mit dem Fort Boiras (d. i. Βορέας) kaleh, dessen antiken Namen wir nicht kennen (doch s. o. nr. 87), folgt nach Süden eine Bucht, welche bei Gillius offenbar wieder nach antiker Überlieferung Dios Sacra heisst. Sie endet beim
90. Vorgebirge Κοράκιον, jetzt Fil burnu, neben dem eine Küstenstrecke bezw. Befestigung Παντείχιον hiess, s. Müller a. a. O. 107 und S. 73 zu Gillius III 4.
91. Χηλαί (vgl. o. nr. 55), jetzt Ketscheli liman.
92. 93. Ἱερόν (des Ζεὺς Οὔριος, so Arr. per. P. Eux. 25, 4 [37]. Anon. per. P. Eux. 90), von Phrixos erbaut, mit einer Befestigung und Ortschaft (Dion. 75, s. Müller S. 75 A), Eigentum der Byzantier, denen es zwar wiederholt, so besonders von den Chalkedoniern, streitig gemacht wurde, schliesslich aber doch immer wieder verblieb. Im Heiligtum befand sich die Statue eines die Hände ausstreckenden Knaben, dessen Bedeutung verschieden erklärt wurde, anscheinend dieselbe, welche Philostr. im. I 12, 3 als Eros bezeichnet; ebd. 5 über den Tempel daselbst. Näheres bei Gillius III 5. Müller S. 6. 8. 75ff. Wieseler Spicil. 31ff. Vgl. o. nr. 75. Jetzt das Ioros (Οὔριος!) kalessi genannte genuesische Schloss bei Anadoly kawaghy. Hier ist auch das Spiropolis des Plin. n. h. V 150 (Vulg. Phinopolis) anzusetzen, wofür Müller S. 10 A. 5 Uriopolis, Wieseler Spicil. 30 Hieropolis lesen will.
94. Argyronium (s. d., Argyronicum und -ium bei Gillius, Ἀργυρώνιον bei Prokop. aed. I 9), ein Vorgebirge (Dion.) und zwar wohl dieselbe ἄκρα ἀπόρρωξ, welche nach Prokop. neben dem Orte [753] Argyronium lag und eine von Iustinian I. prächtig erneuerte Kirche des hl. Panteleïmon trug; Ruinen derselben erwähnt Dethier 76. Es ist der breite vom Juscha dagh (s. u.) herabziehende Vorsprung, welcher in den Spitzen Madschar burnu und Umur jeri burnu endigt. Bei Argyronium lag nach Prokop. ein von Iustinian I. wiederhergestelltes Armenspital, an der Μωκάδιον genannten Küstenstelle weiter nördlich unweit des Ἱερόν (s. o.), also bei Anadoly kawaghy, eine von demselben erbaute Kirche des Erzengels (Michael, s. u. 104), wozu Gillius III 6 und Müller S. 83f. zu vgl.
95. Herculis κλίνη und Nymphaeum, dabei die Insana laurus (δάφνη ψυχόνους), wo Amykos (s. d.) gewohnt haben soll. Erstere (wohl ein Heroengrab) jetzt Juschá dagh; Νυμφαῖον Χαλκηδόνιον nach Androit. bei Schol. Apoll Arg. II 159 (FHG IV 304) 5 Stadien von dem Lorbeer, wo noch zu seiner Zeit eine Ortschaft Namens Amykos (s. u. nr. 97) bestand. Der zugehörige Hafen hiess Δάφνη μαινομένη, Arr. per. P. Eux. 25, 4 (37). Anon. per. P. Eux. 90. Steph. Byz. s. Δάφνη; jetzt Umur jeri. Müller S. 81f. Wieseler Spicil. 22ff.
96. Μουκάπορις (Μοκάπορις CIG 3795, vgl. Frick Conject. IX), eine tiefe Einbuchtung, nach einem bithynischen König benannt, mit gutem Hafen, hierauf das steil zu grosser Meerestiefe abfallende Vorgebirge Αἰετοῦ Ῥύγχος. Ersteres wohl die Bucht von Hünkiar iskelessi (nach Kiepert die Bai von Umur jeri), letzteres entweder Selvi burun oder bei Hünkiar iskelessi (Jalý köi). In dieser Gegend ist auch das Naulochum prom. und templum Neptuni des Plin. n. h. V 150 anzusetzen, wozu jedoch Wieseler Spicil. 26ff. zu vgl.
97. Golf Ἄμυκος, dahinter die emporsteigende Ebene Γρωνυχία (über diesen Namen s. Frick Conject. VI). Ersterer hiess nach Gillius bei den Griechen noch Amaea, bei den Türken Bekussi, jetzt Golf von Beikos. Nach Plin. a. a. O. wurde derselbe Golf auch nach der an ihm gelegenen Stadt Nicopolis benannt, welche Lesart jedoch offenbar nur aus Amycopolis verderbt ist, s. Wieseler Spicil. 21f. 28ff. Den portus Amyci erwähnt Plinius hier und XVI 239. Androit. und Apollod. Pont. I brachten die Ortschaft Amykos bezw. das ἡρῷον Ἀμύκου mit dem o. nr. 95 erwähnten Lorbeer in Verbindung, dessen Stelle jedoch Dionysios durch die nr. 96 genannten Örtlichkeiten vom Golf Amykos trennt; über diesen Widerspruch vgl. Gillius III 6 (bei Müller S. 84f.). Die von Dionysios Παλῶδες genannte Küstenstelle ist wohl bei Sultanieh nördlich von Indschir köi (d. i. Feigendorf, bei Gillius Sykia) zu suchen.
98. Der Golf Κατάγγιον, fischreich und der einzige für den Fang ergiebige auf der asiatischen Seite, dabei die Spitze Ὀξύρρους. Ersterer bei Gillius Castacium, jetzt Bucht von Tschibuklu, letztere bei Gillius Magnum Glari (d. i. λάρου) prom. (nördlich von Kanlidsche).
99. Φρύξου λιμήν (Φρίξου λιμήν Nymph. 1 bei Steph. Byz. Hes. Ill. 33), eine lange ebene Küstenstrecke, jetzt Kanlidsche. Nach Hesych. a. a. O. (FHG IV 152) war dort ein Heiligtum der Artemis, das Iason gründete, Chares erneuerte.
100. Φιέλα, ein den Chalkedoniern gehöriger Landeplatz, bei Gillius Πλάκα, jetzt Körfes; wohl [754] auch die Φιάλεια Βιθυνίας bei Steph. Byz. s. Φιγάλεια. Über die Form Φιέλα vgl. Frick z. St. (nach Müller a. a. O. nr. 120 A.).
101. Das ,Theater‘, eine natürliche Rundung in den Anhöhen hinter dem vorigen.
102. Spitze Λέμβος, nach ihrer Gestalt benannt, etwa Kebris muhassili auf Moltkes Karte. Dabei nach Schol. 71 ein Hafen Βαθύς (Wieseler) und das kleine ,Inselchen‘ Βλάβη (s. d.), wohl nur ein Uferfelsen.
103. Ποταμώνιον, das Thal der ,süssen Wasser‘ von Asien bei Anadoli hissar, dabei Ναυσίκλεια, eine durch einen Seesieg der Chalkedonier bekannte Küstenstelle.
104. Ἐχαία (nicht Ἠχεῖα wie Müller a. a. O. 125 nach dem Lat. des Gillius vermutete), ein Vorgebirge mit heftig brandender Strömung (περίρρους, vgl. o. nr. 98), bei Gillius Moletrino, jetzt Kandillí; Benennung nach einem Megarier. Darauf der nach einem Einheimischen benannte Golf Λυκάδιον oder Κυκλάδιον, jetzt Vani köi. Kandillí oder die nächstfolgende, auf den Karten namenlose Spitze muss die Küstenstelle Πρόοχθοι bezw. Βρόχοι gewesen sein, bei welcher nach Prokop. aed. I 8 eine von Iustinian I. erneuerte Kirche des Erzengels Michael, gegenüber der entsprechenden von Anaplus (s. o. nr. 53), stand; unweit davon (nördlich) erbauten Iustinian I. und Theodora das Magdalenenstift Μετάνοια.
105. Ναυσιμάχιον, nach einer Seeschlacht benannt (vgl. o. nr. 103).
106. Κικόνιον, angeblich nach der Schlechtigkeit der Anwohner benannt (vgl. Müller a. a. O. 128 A.), offenbar eine Niederlassung des thrakischen Stammes der Kikonen (s. d.), dem Anaplus (o. nr. 53) gegenüber nach Schol. Dion. Per. 142. Jetzt Bucht von Dschengel köi.
107. Ἄκραι Ῥοιζοῦσαι, bei Beglérbegi oder Istavros; in der Nähe zwei gerundete Felsen, der grössere und kleinere Δίσκος.
108. Gegenküste von Metopon (o. nr. 38), mit einem vortrefflichen Hafen, wohl die Rhede von Böjük iskelessi in Skutari. Ein asiatisches Ostreodes (o. nr. 37) vermutet Wieseler z. St.
109. Chrysopolis (s. d).
110. Ein vom Meer umbrandetes Vorgebirge, Βοῦς genannt, der Ausgangspunkt der Überfahrt nach Europa. Ein Pfeiler aus weissem Stein mit Darstellung einer Kuh und einer Inschrift erinnerte an des Chares hier verstorbene Geliebte Βοΐδιον, welche unter diesem Namen auch in dem mehrfach überlieferten Epigramm selbst erscheint (Anth. Pal. VII 169. Hes. Ill. 29f. Steph. Byz. s. Βόσπορος. Const. them. II 12. Wescher S. 36. 55); Δάμαλις dagegen nennt sie Hesych. a. a. O. und die Überschrift des Epigramms an den übrigen Stellen, welchen Namen Arrian. frg. 35 und byzantinische Schriftsteller auch auf die Örtlichkeit übertragen, s. FHG III 593. Schäfer Demosth. II² 509 und vgl. Byzantion. Pol. IV 43, 6f. 44, 3 dagegen, welcher den Namen Βοῦς (zwischen Kalchedon und Chrysopolis) zuerst nennt, führt denselben auf die Landung der Io zurück. Das Vorgebirge ist wohl eher in der Westspitze von Skutari als in einer der weiter südlich gelegenen Landspitzen (Kiepert) zu erkennen. Gewöhnlich und nicht ohne innere Wahrscheinlichkeit, doch gegen den Wortlaut der Überlieferung, [755] wird jedoch der Name Bus oder Damalis auf das (von den Alten sonst nicht erwähnte) Inselchen vor der Westspitze von Skutari bezogen, welches einen von Mohammed II. an Stelle eines älteren errichteten Turm trägt, der bei den Franken der Leanderturm, bei den Türken Kys kulessi (Mädchenturm) heisst; sowohl die fälschlich hieher übertragene Leandersage wie die von den Türken ersonnene Erzählung (s. Dethier 80f. Meyers Türkei⁴ I 336f. Grosvenor I 249f. u. a.) scheinen an eine dunkle Überlieferung der antiken Sage anzuknüpfen.
111. Auf dieses Vorgebirge folgen noch die Quelle des Heragoras (Hermagoras Gillius) und das Heiligtum des Eurostos (τέμενος ἥρωος Εὐρώστου), dann eine vom Himeros bewässerte ansteigende Küste mit einem Heiligtum der Aphrodite, endlich die Halbinsel mit der Stadt Chalkedon und dabei ein gleichnamiger Fluss (s. d.). Die Quelle ist nach Gillius III 10 beim Landeplatz von Haidar Pascha zu suchen (vgl. Hammer II 342), der Aphroditetempel wurde durch Konstantin d. Gr. in eine Kirche der hl. Euphemia (später von den Türken zerstört) verwandelt, in welcher das Concil vom J. 451 abgehalten wurde (Euagrius II 3. Gillius a. a. O. Dethier 82, der sie jedoch die Stelle des Apollontempels einnehmen lässt), der Fluss Heragoras ist in dem südlich vom Bahnhofe Haidar Pascha mündenden Bache zu erkennen. Mit Chalkedon schliesst die Beschreibung des Dionysios, welche Gillius noch bis zu den Prinzeninseln (s. Demonesos) fortsetzt.
Ausser der Bezeichnung B. finden sich bei den Alten noch Benennungen wie στόμα τοῦ Πόντου, Βυζαντιακὸν στόμα, os (fretum) Ponticum u. s. w., wozu Wieseler Spicilegium 3ff. zu vergleichen. Frühzeitig scheint im Volksmund die einfache Bezeichnung Στενόν (Suid. s. Ἡράκλειος) üblich gewesen zu sein, nach welcher die Byzantiner das Ethnikon Στενίτης bildeten, s. Stephanus Thes. Par. VII 706 s. Στενῖται. Dem vulgären Στενόν (gewählter Κατάστενον, s. Byzantios Κωνστ. I 9) entspricht türkisch Boghas (Kehle, dann allgem. für Meerenge, Engpass u. s. w.). Die Kreuzfahrer nannten den B. ,St. Georgsarm‘ (brachium S. Georgii), nach einer angeblich von Constantin d. Gr. erbauten Kirche dieses erst seit den Kreuzzügen populär gewordenen Heiligen. Weder eine von diesen, noch die in der geographischen Litteratur eingebürgerte Bezeichnung ,Strasse von Constantinopel‘ haben den alten einheimischen und individuellen Namen B. zu verdrängen vermocht.
Litteratur: Ausser den ziemlich ausführlichen Nachrichten, welche uns bei Herodot Polybios Strabon Plinius Arrian Philostratos Hesychios Illustrius Prokop u. A. aa. OO. erhalten sind, besitzen wir die jedenfalls noch vor 196 n. Chr. abgefasste Beschreibung des Dionysios von Byzanz (s. d.), welche uns lange nur aus der lateinischen Übertragung des Gillius (s. u.) bekannt war, jetzt aber von C. Wescher nach einer neu aufgefundenen Hs. zum grösseren Teil im griechischen Original herausgegeben wurde (Dion. Byz. de Bosp. navigatione quae supersunt ed. C. Wescher. Par. 1874, dazu die krit. Bemerk, von F. Wieseler Gött. gel. Anz. 1876, 321–369). Das Fehlende ist nach Gillius ergänzt (§ 57–95 nach Weschers [756] Zählung, welche auch unseren Verweisen zu Grunde liegt). Ein Gegenstück hiezu aus neuerer Zeit ist die von Pierre Gilles (Gyllius) aus Alby um 1549 auf Grund genauester Ortskenntnis verfasste Schrift De Bosporo Thracio libri III, welche zuerst nach des Verfassers Tode († 1555) in Lyon 1561 gedruckt wurde (sehr fehlerhaft), später (correcter) bei Elzevir (Lugd. Bat. 1632 ö., zugleich mit der Schrift De Constant. topogr. l. IV) und in Sammelwerken (Banduri Imp. Or. Gronov Thes. ant. gr. VI), am besten von C. Müller Geogr. gr. min. II 1–101 mit wertvollen Anmerkungen und Einleitung (S. I–XIV); leider fehlt die dazu gehörige Karte und ein Index. Am meisten hat sich um die Erklärung des Dionysios O. Frick (Bearbeiter dieses Artikels für die 2. Auflage) verdient gemacht, dessen Ausgabe (Dion. Byz. Anaplus Bospori ed. O. Frick. Wesel 1860. Progr. m. Karte!) jedoch zur Zeit weder im Handel noch auf Bibliotheken erreichbar ist. Später hat Frick noch Nachträge (hauptsächlich zur Namenkunde) geliefert in Conjectaneorum in Dion. Byz. An. Bosp. part. I (Burg 1865 Progr.). Weitere Beiträge zur Kritik der alten Schriftquellen über den B. gibt F. Wieseler Spicilegium ex locis scriptor. vet. ad Bosp. Thrac. spectantibus, Gott. 1875. Eine wegen seiner Kenntnis der türkischen Dinge wertvolle, sonst aber sehr unkritische Beschreibung des B. hat ferner J. v. Hammer Constantinopel u. der Bosporos (2 Bde. Pest 1822) II 187–358 gegeben, eine kürzere P. A. Dethier Der Bosphor u. Konst. (2. Aufl. Wien 1876) 63–83 (sehr flüchtige Arbeit, aber wegen der Localkenntnis des Verfassers nicht ohne Wert), die neueste E. A. Grosvenor Constantinople (Lond. 1895) I 119–264 (ohne Quellennachweise und kritische Prüfung der Einzelfragen; Abbildungen). Von griechischen Werken ist die ausführliche topographische Beschreibung des B. bei Skarlatos Byzantios Κωνσταντινούπολις II 87–257 (Athen 1862) hervorzuheben. Eine bequeme und verlässige Übersicht gibt Meyers Türkei und Griechenland (4. Aufl. Leipzig 1892) I 308–346 (mit Kärtchen), um die physische Geographie hat sich zuerst Graf Marsigli in seinen Osservazioni intorno al Bosforo Tracio (Rom 1681) verdient gemacht (vgl. o. S. 745). Bedeutender und eine für ihre Zeit sehr anerkennenswerte Leistung sind des Grafen Andréossy Voy. à l’embouchure de la Mer Noire ou Essai sur le B. (Paris 1818) und Constantinople et le B. (Paris 1828), mit Atlas, in welchen Schriften auch die früheren Arbeiten über den B. kritisch beleuchtet sind. Jetzt ist das Hauptwerk P. de Tchihatchef Le Bosphore et Constantinople (Paris 1864; die 2. u. 3. Ausg. 1866 u. 1877 sind nur Titelauflagen), wozu noch die o. S. 744f. angeführten Arbeiten zur Hydrographie des B. zu fügen sind. Viele beachtenswerte Ausführungen (Klima, Strömung, Aufnahme, Befestigung, Landschaftliches) enthalten endlich Moltkes Türk. Briefe (Schriften VIII), bes. Brief 4. 9. 13. 17–19. 21. 26. 29. Karten: Die neueren Originalaufnahmen s. o.; beste Karte des alten B. bei Kiepert Formae orb. ant. XVII, wozu (für die byzantinische Zeit) die Kärtchen bei Spruner-Menke Handatlas 79. 84. 86. 89 und Hertzberg Gesch. d. Byz. 20f. zu vgl. Beifolgende [757] Skizze S. 749f. soll nur zur Orientierung dienen ohne auf endgültige und genaue Feststellung der einzelnen Örtlichkeiten Anspruch zu machen.
[Oberhummer.]
Nachträge und Berichtigungen
S. 742,42 zum Art. Bosporos Nr. 1:
Die Ansicht von der Bildung des B. durch Brüche ist jetzt kaum mehr aufrecht zu halten und diese vielmehr lediglich auf Erosion zurückzuführen. S. Philippson Bosporus u. Hellespont, Geogr. Ztschr. IV (1898) 16–27, Taf. 1/2.
[Oberhummer.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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⟨ Borillus 2
Byzantion 1 ⟩
Band S III (1918) S. 213
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[Abschnitt korrekturlesen]
S. 752 zum Art. Bosporus und S. 1147 zum Art. Byzantion:
Die Verfasser haben die Opferinschrift Dittenberger Syll. II² 595 übersehen, die den Altar des Iason direkt bezeugt und festlegt in dem Taleinschnitt zwischen dem Ἱερὸν und Ἡρακλέους Κλίνη (heute Iosos Kalessi und Juscha dagh auf der asiatischen Seite). Auf Polyb. IV 39, 6 hat in Verbindung mit dieser Urkunde Bechtel zuerst aufmerksam gemacht bei Collitz Dial.-Inschr. III 1 p. 28 nr. 3051.
[Wiegand.]
Bosporos
1) Der thrak. B. (K) S I. (L) S III (erg.: ›1)‹).
[Hans Gärtner.]
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Antikes Griechenland
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