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15) Berenike, älteste Tochter des jüdischen Königs Agrippa und der Kypros, der Tochter des Phasaël (Jos. ant. XVIII 132; bell. Iud. II 220). Beim Tode ihres Vaters (44 n. Chr.) war sie sechzehn Jahre alt, also war sie im J. 28 n. Chr. geboren (Jos. ant. XIX 354; der Zusammenhang spricht für diese Deutung, nach dem Wortlaut würde man die Altersangabe auf die Heirat mit Herodes beziehen). Durch ihren Vater gehörte sie zur gens Iulia, und als Ἰουλία Βερενείκη βασίλισσα μεγάλη, Ἰουλίου Ἀγρίππα βασιλέως θυγάτηρ wird sie in einem athenischen Decret gefeiert (CIA III 556). Als Kaiser Claudius gleich nach seinem Regierungsantritt (41) den Alabarchen Alexandros in Freiheit setzte, wurde B. (damals dreizehnjährig) mit dessen Sohn Marcus vermählt (Jos. ant. XIX 276; die Ansicht Schürers I 606, 49, sie sei nur verlobt mit ihm gewesen, wird durch das vorhergehende γαμεῖ widerlegt). Nach dem wie es scheint gleich darauf erfolgenden Tode des Marcus gab ihr Vater sie seinem Bruder, ihrem Oheim, Herodes, dem König von Chalkis, zur Frau (Jos. ant. XIX 277; bell. II 217). Diesem gebar sie zwei Söhne, Berenikianos und Hyrkanos (Jos. ant. XX 104; bell. II 221). Nachdem Herodes im J. 48 gestorben war, lebte B. mehrere Jahre mit ihrem Bruder Agrippa II. zusammen, und zwar, wie die Fama vielleicht nicht mit Unrecht wissen wollte, in unerlaubter Weise (vgl. auch Iuvenal. sat. VI 156ff.). Um diese Gerüchte aus der Welt zu schaffen (so Josephus!), bot sie Polemon, dem König Kilikiens, ihre Hand an. Dieser ging, wiewohl die Bedingung der Beschneidung gestellt war, von ihrem grossen Reichtum angelockt, darauf ein. Doch [288] trennte sie sich bald von ihm (Jos. ant. XX 145–146) und lebte wieder – wohl in derselben Weise – mit dem Bruder zusammen. In den folgenden Jahren tritt sie an der Seite des Agrippa mehrfach in der Öffentlichkeit auf. So ging sie im J. 60 mit ihm zusammen nach Caesarea, um den neuen Procurator Festus zu begrüssen. Hier nahm sie dann auch an der Gerichtsverhandlung gegen Paulus teil (Act. apost. 25, 13ff. 26). Als im J. 66 der Procurator Florus durch sein Einschreiten in Jerusalem einen Aufstand hervorrief, bemühte sich B., die sich damals wegen eines Nasiraeatsgelübdes ausnahmsweise vom Bruder getrennt hatte und sich in Jerusalem aufhielt, vergeblich, ihm Einhalt zu thun (bell. II 310–314). Bald darauf war sie wieder mit Agrippa zusammen und führte mit ihm beim Statthalter Cestius Klage über Florus (Jos. bell. II 333). Auch als Agrippa versuchte, das Volk von Jerusalem zu beruhigen, stand sie an seiner Seite (bell. II 344. 402). Nachdem dann ihr und ihres Bruders Palast von den Aufständischen eingeäschert war (bell. II 426), schlossen sich beide fest an die römische Partei an. B. wurde eine eifrige Vertreterin der flavischen Sache, als im Juli 69 die syrischen Truppen den Vespasian zum Kaiser ausgerufen hatten. Ehrgeizige Pläne mochten sie dabei leiten, denn wie sie sich dem alten Vespasian durch ihren Reichtum wert machte, so verstand sie es, das Herz des jungen Titus, mit dem sie vielleicht schon vorher kokettiert hatte (vgl. Tac. hist. II 2), zu fangen (Tac. hist. II 81). Nach obiger Berechnung war sie damals (69) bereits einundvierzig Jahre alt, womit Tacitus Charakteristik (II 81) florens aetate im Widerspruch steht. Auch der Zusatz formaque darf vielleicht nicht zu genau genommen werden. Jedenfalls beneidete und verfolgte sie ihre jüngere Schwester Drusilla wegen ihrer Schönheit (Jos. ant. XX 143; vgl. auch 146). Da Titus im J. 41 geboren war, demselben Jahre, in welchem B. dreizehnjährig ihre erste und vielleicht auch schon ihre zweite Ehe einging, so ist sein Verhältnis zu der dreizehn Jahre älteren Frau schwer begreiflich, wenn man nicht annimmt, dass neben der Sinnlichkeit der üppigen Orientalin auch ihre Millionen Eindruck auf ihn gemacht haben. Dies Verhältnis wird sich weiter befestigt haben, als er vom Vespasian zur Fortführung des jüdischen Krieges auserwählt war. Da Agrippa sich in seinem Lager befand (Tac. hist. V 1), wird auch B. dort nicht gefehlt haben. Im J. 75 kam B. mit dem Bruder nach Rom, und es gelang ihr, den Titus wieder in die alten Bande zu verstricken. Sie wohnte mit Titus zusammen, und man erzählte sich in Rom, dass Titus, der eifersüchtig über ihren Besitz wachte (Aurel. Vict. epit. 10, 7), ihr die Ehe versprochen habe (Suet. Tit. 7). Jedenfalls betrieb und erwartete sie es (so Dio LXVI 15, 4). Als sie aber anfing, sich öffentlich als Frau des Titus zu gerieren, wurde dieser durch den Unwillen des Volkes gezwungen sie fortzuschicken (Dio a. O.). Noch einmal versuchte sie, ihn wieder einzufangen. Auf die Nachricht vom Tode des Vespasian eilte sie nach Rom, doch der junge Kaiser Titus wies sie zurück (Dio LXVI 18; ungenau Suet. Aurel. Vict. aa. OO.). Vielleicht sprachen bei diesem ,vernünftigen‘ Entschluss [289] nicht nur die Staatsraison, sondern auch ihre einundfünfzig Jahre mit. Rom aber blieb die jüdische Kaiserin erspart. Über ihr Ende ist nichts bekannt. Nicht mit Unrecht nennt Mommsen (R.G. V 540) diese Frau, deren Leben sich aus Sinnlichkeit und Ehrgeiz zusammensetzt, eine ,Kleopatra im kleinen‘. Sie hatte nur das Unglück, dass Titus kein Antonius war. Vgl. Schürer Geschichte d. jüd. Volks I 493ff.
[Wilcken.]

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