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Bäckerei. Die Ausgrabungen in Troia, Mykene, Tiryns haben keine Auskunft über die Brotbereitung jener ältesten Zeit gegeben: nur Steine zum Zerquetschen des Kornes haben sich in Troia gefunden. Bei Homer wird das Getreide in zwei Formen genossen. Erstens als Brei; dieser wird Il. XVIII 560 für die Feldarbeiter bereitet, und ebenso sollte auch wohl das grobe Gerstenmehl genossen werden, welches Telemach in Schläuchen mit auf die Reise nimmt, Od. II 355. 380. Zweitens als Brot; zwar wird meist der allgemeine Ausdruck σῖτος gebraucht, doch wird der σῖτος in Körben aufgetragen, und zweimal (Od. XVII 343. XVIII 120) kommt auch ἄρτος vor und an drei Stellen (Od. XV 312. XVII 12. 362) πύρνον, als Bettlergabe, also vermutlich ein grobes Brot, wie das Wort ja auch später (Philem. bei Athen. III 114 d) Brot aus ungesiebtem Mehl bedeutet. Doch erfahren wir nichts über die Art der Zubereitung, namentlich nicht, ob das Brot gesäuert und ob es im Backofen gebacken war. Aus dem Ausdruck ἄρτος darf wohl nichts geschlossen werden. War dies nicht der Fall, so fällt das homerische Brot unter den Begriff der μᾶζα.

Die älteste Erwähnung des Backofens, ἰπνός, ist wohl in dem Periandros (um 600) erteilten Orakel Herod. V 92, 7: ὅτι ἐπὶ ψυχρὸν τὸν ἰπνὸν Περίανδρος τοὺς ἄρτους ἐπέβαλε. Doch lässt hier die Ausdrucksweise den Zweifel zu, ob wirklich ein eigentlicher Backofen im späteren Sinne gemeint ist, und nicht vielmehr ein Ofen, auf (nicht in) dem Brot gebacken wurde, wie solche durch ägyptische Bildwerke bezeugt sind (Erman Ägypten 269).

Ohne Zweifel ist die Kunst der B. aus dem Orient nach Griechenland gekommen. Nach Archestratos bei Athen. III 112 c galten noch im 4. Jhdt. Phoinikier und Lyder für die besten Bäcker; Athenaios [2735] fügt hinzu (113 b), dass zu seiner Zeit die kappadokischen Bäcker für besonders geschickt galten; auch syrisches Brot war geschätzt, ebd. 113 c. Noch zur Zeit des Solon galt der Genuss des Brotes als ein Luxus; er ordnete an, dass bei den Speisungen im Prytaneion nur an Festtagen Brot, sonst μᾶζα verabreicht werden sollte, Athen. IV 137 e. Im 5. Jhdt. ist das Gewerbe der Bäcker vollständig entwickelt; die ἀρτοπῶλαι und ἀρτοπωλίδες werden oft erwähnt. Einen besonders angesehenen Bäcker Thearion nennt Plat. Gorg. 518 b, sowie auch Aristophanes und Antiphanes bei Athen. III 112 d. e. Das gewöhnliche, auf dem Markt verkaufte Brot war besonders gut in Athen, Archestratos und Antiphanes bei Athen. III 112 b. c. Lynkeus von Samos ebd. 109 d. Andere Orte hatten wieder ihre Spezialitäten, die ihre Liebhaber fanden, wie der ἐγκρυφίας von Tegea, der κλιβανίτης von Erythrai. Eine grosse Anzahl verschiedener in Griechenland üblicher Brotsorten zählt Athen. III 109ff. auf und belegt sie mit Citaten, namentlich von den Zeiten der mittleren Komoedie an.

Auch in Rom und Italien ass man in ältester Zeit das Getreide teils als Brei, puls (Plin. n. h. XVIII 83), teils wohl auch in Gestalt eines Fladens, libum, der später als Opferkuchen in Gebrauch blieb; wenigstens ist offenbar Vergil Aen. VII 109 der Ansicht, dass libum nichts anderes ist als das Brot der Urzeit. Wann das Backen eines wirklichen Brotes in Italien aufkam, ist unbekannt. Überliefert ist nur, dass gewerbmässiger Betrieb der B. bis zum Siege über Perseus (168 v. Chr.) nicht stattfand. Bis dahin wurde das Brot im Hause bereitet, von den Frauen, in reicheren Häusern vom Koch; pistores hiessen damals die Sclaven, die das Korn zum puls stampften, Plin. n. h. XVIII 107f. Fest. epit. 58, 24. Non. 152, 13. Ohne Zweifel war bis dahin die Brotbereitung eine sehr einfache, und wurde damals die Kunst der B., wie sie sich bei den Griechen entwickelt hatte, nach Rom verpflanzt.

Das übliche Brotkorn war durchaus der Weizen. Dies beweisen schon für die homerische Zeit die Bezeichnungen σῖτος und πύρνον; nur das Beiwort der Erde ζείδωρος erinnert an eine Zeit, wo man von Spelt lebte. Gerstenbrot wurde zwar auch später gebacken (καχρυδίας Poll. VI 33. 72; κρίθινος κόλλιξ Hipponax bei Athen. VII 304 b), galt aber für geringwertiger (Diphil. bei Athen. III 115 c. Gal. VI 504 K.). Bei den Römern war es in älterer Zeit üblich, dann ausser Gebrauch gekommen (Plin. n. h. XVIII 74. 103), wurde aber doch noch gebacken (Cels. II 18. 25); Brot aus Hirse Colum. II 9, 19. Plin. n. h. XVIII 54. 100. Cels. a. O.; aus Spelt und verwandten Kornarten Gal. VI 513 K. Plin. n. h. XVIII 92; aus Hülsenfrüchten, ἐτνίτας oder λεκιθίτας, Athen. III 111 b. 114 b. Mehr bei M. Voigt Rh. Mus. XXXI (1876) 119, 34. Blümner Technol. I 69. Doch kam alles dies neben dem Weizen wenig in Betracht. Und zwar werden die Weizensorten sowohl bei den Griechen, wie bei den Römern in zwei Klassen geteilt. Die Griechen unterschieden πυροὶ σιτάνιοι oder ἀλευρῖται und πυροὶ σεμιδαλῖται. Erstere Sorte (der Name σητάνιος dorisch = τητάνιος bedeutet Sommerkorn, = τριμηνιαῖος) ist schwammig, leicht, weiss, weniger nahrhaft, aber verdaulicher [2736] , die letztere consistent, schwer, gelb, nahrhafter aber schwerer verdaulich. Dem entsprechen bei den Römern siligo und triticum im engeren Sinne, auch robus (Colum. II 6, 1) genannt. Beide Sorten wurden sowohl als Sommer- wie als Winterkorn gebaut. Indem nun aus beiden Mehl verschiedener Feinheit gewonnen wurde, entstanden mindestens sechs Mehlsorten, deren Namen uns überliefert sind (s. namentlich Plin. XVIII 85ff.):

1. Die feinste Sorte, γύρις a) aus siligo: flos siliginis. b) aus robus: pollen. Doch werden diese beiden Ausdrücke auch verwechselt (Plin. a. O.).

2. Die Mittelsorte a) aus siligo: siligo. b) aus robus: similago, simila, σεμίδαλις.

3. Die grobe Sorte: secundarium, cibarium.

Weniger sicher sind die Benennungen der aus diesen Mehlsorten hergestellten Brotsorten. 1 a. b entspricht ἄρτος γυρίτης, was die Glossen durch pollinaceus wiedergeben. Ob panis candidus (Petron. 64. 66. Plin. n. h. XXII 139) dieselbe Bedeutung hat, oder auch 2 a, vielleicht gar 2 b umfasst, wird schwer auszumachen sein. 1 a und 2 a entspricht panis siligineus; denn es scheint nicht, dass der Sprachgebrauch zwischen beiden Sorten genau unterschied: Iuv. 5, 70 ist panis molli siligine factus ganz feines Brot. Griechisch ἄρτος τητάνιος (= σιτάνιος). Plin. n. h. XXII 139. Diosc. II 107. Poll. VI 73. Es scheint, dass in späterer Zeit, als man die Brotsorten nicht mehr nach den Getreidesorten unterschied, panis siligineus die allgemeinere Bedeutung feinen Brotes annahm, Hist. Aug. Aurel. 35,1; denn es ist gänzlich unglaublich, dass man zur Verteilung an das Volk die weniger nahrhafte und viel teurere (s. u.) siligo gewählt haben sollte. So erklären auch die Glossen siligineus mit καθαρὸς ἄρτος, 2 b entspricht ἄρτος σεμιδαλίτης; eine lateinische Bezeichnung fehlt. 3 entsprechen mehrere Sorten von verschiedener Feinheit; Gal. VI 484 fasst sie als ῥυπαροί zusammen und nennt den πιτυρίας (auch πιτύριος, πιτυρίτης) als die geringste derselben. Den ῥυπαροί entspricht lateinisch panis sordidus (Plaut. Asin. 142. Sen. ep. 18, 7. Suet. Nero 48), dem πιτυρίας panis furfureus (Gell. XI 7, 3). Plin. n. h. XVIII 87. 90 nennt 3 entsprechend panis secundarius und cibarius. Mit dem panis secundarius, vermutlich der besten Sorte unter den sordidi, ist wohl sicher identisch der von Augustus bevorzugte (Suet. Aug. 76) und von Horaz ep. II 1, 123 erwähnte panis secundus. Und auch der panis sequens Hist. Aug. Al. Sev. 37, 3 wird wenigstens etwas Ähnliches bedeuten, denn er wird a. O. dem panis mundus entgegensetzt, ist also sordidus. Ebenso Geop. II 32, 3 ἄρτοι καθαροί und δευτέριοι; dagegen Cod. Theod. XIV 17, 5 panis mundus und sordidus: offenbar entsprechen an allen diesen Stellen mundus 1 und 2, sequens, δευτέριος, sordidus 3. Synonymen von secundarius und cibarius sind wohl auch plebeius, rusticus und castrensis.

Ausserdem gab es eine Brotsorte, zu der das Mehl verwendet wurde, wie es aus der Mühle kam, ohne die Kleie abzusondern und das feinere von dem gröberen zu scheiden. Diese heisst griechisch ἄρτος αὐτόπυρος, αὐτοπυρίτης (Athen. III 110 e. Petron. 66) auch ξηροπυρίτης (ebd. 114 c), in [2737] älterer Zeit auch συγκόμιστος (ebd. 109 c. 115 c. Gal. VI 482 K), altlateinisch panis acerosus (Fest. epit. 187, 7. Non. 445, 14). Auch diese Sorte wird dem ἄρτος καθαρός entgegengesetzt (Hippocr. I 38. 675. II 44. 419 K. Tryphon bei Athen. III 109 c).

Nicht nur das Brot aus ganz feinem Mehl (1 a. b), sondern auch das aus mittelfeiner siligo (2 a) war ein Luxusbrot. Denn nach Plin. n. h. XVIII 90 war siligo fast doppelt so teuer als similago. Aus letzterem wurde ohne Zweifel das gewöhnliche bessere Brot gebacken, so dass diesem gegenüber die geringeren Sorten als ,Brot zweiter Güte‘ bezeichnet werden konnten. In Bezug auf den Nahrungswert stellen die Ärzte (Cels. II 18. Gal. VI 483. XIX 684) folgende Reihenfolge auf: 1. Siligineus, 2. σεμιδαλίτης, 3. αύτόπυρος 4. γυρίτης (vgl. Philistion bei Athen. III 115 d), 5. cibarius oder secundarius, 6. furfureus. Auch ein Graupenbrot (χονδρίτης) galt als nahrhaft und wurde von Philistion a. O. dem γυρίτης vorgezogen. Dunkel bleibt, was Philistion und Diphilos a. O. 115 c unter ἀλευρῖται verstehen, die sowohl von den σεμιδαλῖται als von den συγκόμιστοι unterschieden werden.

Weiteres über alles dies und vollständigere Belegstellen bei M. Voigt Rh. Mus. XXXI (1876) 105ff.

Eine andere Reihe von Bezeichnungen verschiedener Brotsorten beruht auf den verschiedenen Arten des Backens. Und zwar werden hier hauptsächlich drei Sorten unterschieden: 1. ἰπνίτης, furnaceus, 2. κλιβανίτης clibanites, clibanicius, 3. artopticius. So Plin. n. h. XVIII 105 (88 nur artopticius und furnaceus). Chrysipp von Tyana bei Athen. III 113 a. b. e. Dagegen nennt Gal. VI 489 K. κλιβανῖται, ἰπνῖται, ἐπὶ τῆς ἐσχάρας ὀπτηθεντες, während der Name ἀρτοπτίκιος bei ihm nicht vorkommt. Dieselbe Dreiteilung giebt Philistion bei Athen. III 115 e: 1. ἰπνίτης καὶ καμινίτης; 2. ἐσχαρίτης καὶ ἀπὸ τηγάνου; 3. κλιβανίτης; ähnlich Tryphon ebd. 109 c. Da nun aber namentlich Galen selbstverständlich die zu seiner Zeit geläufige Dreiteilung im Sinne hat, so dürfen wir den ἐσχαρίτης für mit dem artopticius identisch oder doch ihm nahe verwandt halten. Dagegen setzt Chrysipp von Tyana offenbar den furnaceus und clibanites als unter sich verwandt dem artopticius entgegen.

Von diesen Sorten ist selbstverständlich furnaceus, ἰπνίτης, das gewöhnliche, im Backofen gebackene Brot. Der oft genannte κλίβανος (s. d.) ist ein Backofen im kleinen, meist aus Eisen, am ehesten vergleichbar der vor Einführung der modernen Sparherde vielfach üblichen Bratpfanne mit Deckel (italienisch forno di campagna). Er wurde durch darum und darüber, auch wohl darunter (Imm. Moschop. π. σχεδῶν p. 13 ed. R. Stephanus, auch bei Blümner Technol. I 67, 4) angezündetes Feuer erwärmt (vgl. Cato de agr. 76) und hatte dem ἴπνος gegenüber den Vorzug, dass das Brot gleichmässiger durchgebacken wurde (Gal. VI 489 K.). Und zwar beruhte dieser Vorzug auf der Möglichkeit, die Hitze allmählich zu steigern, während im Backofen das Brot gleich in die volle Hitze kommt (ebd. 484). Entgegengesetzter Ansicht ist freilich Dieuches (4. Jhdt. v. Chr.) bei Orib. IV 5; noch besser als im Backofen wird nach ihm das Brot ἐν τῷ ἄμητι durchgebacken; letzteres unverständlich und vielleicht corrupt. [2738] Der ἄρτος κλιβανίτης war also eine feinere, sorgfältiger gebackene Brotsorte, nach Gal. a. O. leichter verdaulich und gesunder als der ἰπνίτης, während Dieuches auch hier die entgegengesetzte Meinung vertritt.

Ein geringwertigeres Surrogat des κλιβανίτης war das auf dem erwärmten Herd unter einem umgestülpten Topf gebackene Brot. Dies meint wohl Gal. VI 489 (ἢ τῷ τῆς ἑστίας ὁστράκῳ καθάπερ κλιβάνῳ κεχρημένοι); deutlicher bezeichnet das Verfahren (freilich für Kuchenbäckerei) Cato de agric. 74. 75. 76 focum ubi coquas calfacito bene ... placentam imponito, testo caldo operito, pruna insuper et circum operito. Solches Brot meint Isid. or. XX 2, 15: clibanitius, in testa coctus.

Was für ein Gerät der artopta (s. d.), ἀρτόπτης war, ist nicht genau anzugeben, vielleicht eine Bratpfanne mit Heizeinrichtung. Ebenso wenig wissen wir, was unter der an seiner Stelle von Galen genannten ἐσχάρα zu verstehen ist. Das Wort kann einen Rost bedeuten, aber auch ein Kohlenbecken, etwa derart, wie die Arch. Jahrb. V 118 besprochenen (s. Χυτρόπους), so dass die Kohlen von unten Luft bekamen. Diese Auffassung wird empfohlen erstens durch Philistion bei Athen. III 115 e ἐσχαρίτης καὶ ἀπὸ τηγάνου; wenn nämlich hier, wie es scheint, ἀπὸ τηγάνου Erklärung von ἐσχαρίτης ist, so wurde dieser eben nicht auf einem Rost, sondern auf einer Pfanne gebacken und ἐσχάρα muss eine andere Bedeutung haben. Zweitens dadurch, dass dann die ἐσχάρα etwas dem ἀρτόπτης Ähnliches sein kann. Über die Beschaffenheit des panis artopticius ist aus Athen. III 113 a wenig zu entnehmen. Lehrreicher ist, was Galen VI 489 von dem auf der ἐσχάρα bereiteten Brote sagt: es war aussen stark, inwendig aber ungenügend (also nicht in einem gleichmässig erwärmten Hohlraume, sondern über dem Feuer) gebacken und daher schwerer verdaulich als gewöhnliches Brot. Es war süss, sehr wohlschmeckend und weich und wurde in Athen erst zum Schluss der Mahlzeit aufgetragen, während man bis dahin gewöhnliches Brot ass (Lynkeus von Samos bei Athen. III 109 e), also ein kuchenartiges Gebäck. Dagegen galt der artopticius der Römer zwar für etwas besonders Feines, wurde aber wie gewöhnliches Brot bei der Mahlzeit gegessen (Iuv. 5, 72), was teils in einer etwas anderen Beschaffenheit des Gebäcks, teils in dem Mangel einer verständigen Diät bei den reichen Römern seinen Grund hat.

Eine primitive, aber auch später zur Herstellung eines feinen Brotes dienende Art des Backens war die, dass man den Teig mit heisser Asche und Kohlen bedeckte. Ein solches Gebäck hiess ἐγκρυφίας, auch σποδίτης (Gal. VI 489. XIX 140), ἀπανθρακίς, ἀποπύρίας (Athen. III 110 a. 111 e), lateinisch focatius, subcineritius (Isid. or. XX 2, 15). Galen VI 489 und Philistion bei Athen. III 115 e bezeichnen es als ungesund. Das Verfahren beschreibt Dieuches bei Oribas. IV 5. Dass man für den gewöhnlichen Gebrauch auch am Spiesse gebacken haben sollte (wie es nach Hippocr. I 675 K. scheinen könnte), ist wenig glaublich; der ὀβελίας war ein Riesenbrot, aus 1–3 Medimnen, welches bei Processionen getragen wurde und dessen Herstellung auf anderem Wege schwierig [2739] gewesen wäre; man formte es um einen Holzkern; Poll. VI 75. Phot. s. ὀβελίας ἄρτος. Der δίπυρος, Zwieback war ein Luxusgebäck, Athen. III 110 a.

Für die feineren Brotsorten gab es besondere Bäcker: pistores candidarii Orelli 4263, siliginiarii CIL VI 22, similaginarii CIL VI 9812. Auch der pistor pepsianus CIL VI 9810 und der pistor Romaniensis Orelli 1455 gehören wohl hierher, doch ist die genauere Bedeutung dieser Namen dunkel. Dass die clibanarii CIL IV 677 Bäcker waren, die nur panis clibanitius lieferten, darf bezweifelt werden; sie können ebenso gut Fabrikanten von clibani gewesen sein.

Abgesehen von diesen grossen auf Material und Backweise beruhenden Klassen gab es bei den Griechen zahlreiche besonders benannte Brotsorten, die sich durch die Form und durch allerlei Zuthaten von einander unterschieden. Neben dem gewöhnlichen gesäuerten Brote (ζυμίτης) war auch das ungesäuerte ἄζυμος nicht ganz ausser Gebrauch gekommen, Hippocr. I 675 K. Tryphon bei Athen. III 109 c. Poll. VI 32; ausserdem unterschied man wenig gesäuertes Brot, ἀκρόζυμος, Gal. XIII 173 K. Isid. or. XX 2, 15. Im allgemeinen that man Salz an den Teig (Verg. moret. 47. Gal. VI 499 K.), doch kannte man auch ἄρτοι ἄναλοι, Aristot. probl. 21, 5. Es gab Brotsorten, die bestimmten Landschaften eigentümlich waren, wie ἄραξις und δράμιξ bei den Athamanen, δράμις in Makedonien, θιάγονος in Aitolien, κόλλιξ in Boiotien (Arist. Ach. 872). Andere wurden nur bei besonderen Gelegenheiten gebacken, so in Athen der θάργηλος oder θαλύσιος zum Erntefest aus frischem Korn, der ἀνάστατος (,Auflauf‘, vielleicht = ὀρθοστάτης Poll. VI 73) an den Arrhephorien. Einige waren nach ihrer Form benannt, wie der κύβος, βλωμιαῖος (panis quadratus), στρεπτίκιος (,Kringelbrot‘), andere nach den Zuthaten, wie der σησαμίτης. Doch ist bei den vielen überlieferten Namen derart meistens nicht klar, ob an eigentliches Brot oder an Kuchen (πλακοῦντες) zu denken ist. Athenaios zählt zwar III 109ff. (vgl. Poll. VI 72) die ἄρτοι und XIV 643 e die πλακοῦντες auf; doch ist da keine scharfe Grenze (z. B. Poll. a. O. ἄνανος δὲ ἄρτος ἐγγυτέρω πλακοῦντες. Athen. XIV 646 c νᾶνος, ἄρτος πλακουντώδης), und die Bedeutung der zu seiner Zeit nicht mehr üblichen Namen war ihm vielfach unklar. Römische Bezeichnungen besonderer Brotsorten sind nur in geringer Zahl überliefert. Plinius (n. h. XVIII 105) nennt ausser zwei griechischen Namen den panis ostrearius, der zu Austern gegessen wurde. Die panes Picentes Macrob. III 13, 12. Plin. n. h. XVIII 160. Mart. XIII 47 scheinen mehr eine Art Kuchen gewesen zu sein.

Das Brot der Alten war dichter und schwerer als das unsrige; dass das gewöhnliche Brot im Wasser untersank, bezeugt Gal. VI 494 K. Ein besonderes, leichtes, auf dem Wasser schwimmendes Brot war der ἄρτος πλυτός (Gal. a. O.), aquaticus, nach Plin. n. h. XVIII 105 von den Parthern nach Rom gekommen, spongia bei Isid. or. XX 2, 16. Die Bereitung desselben, durch Einweichen des fertigen Brotes in Wasser, beschreibt Antyllos bei Oribas. IV 11, 2. Es galt für wenig nahrhaft aber leicht verdaulich und wurde deshalb als Krankenkost empfohlen.

Die gewöhnlichste Form des Brotes war offenbar [2740] die durch in Pompeii erhaltene Exemplare und durch zahlreiche Abbildungen auf pompeianischen Wandgemälden bekannte: rund, niedrig und durch Einschnitte, die sich im Centrum trafen, so geteilt, dass man es leicht auseinander brechen konnte, Mus. Borb. VI 38 = Overbeck Pompeii⁴ 576. Jeder der so gebildeten Teile heisst βλωμός, lateinisch quadra, das so geteilte Brot ἄρτος βλωμαῖος, panis quadratus, Athen. III 114 c. Verg. moret 48, ἄρτος ὀκτάβλωμος Hes. op. 442. Philostr. im. II 26. Indes schon der besondere Name dieser Brotform beweist, dass es auch andere Formen gab. Man machte auch Figuren aus Brot: Priapus siligneus Mart. XIII 47; vgl. Petron. 60; turdi siliginei (? so nach Heinsius Conjectur) Petron. 69; siliginei cunni Mart. IX 2, 3.

Auch die Kuchenbäckerei war sehr entwickelt. Namen von πλακοῦντες giebt in grosser Zahl, zum Teil mit Angabe ihrer Bestandteile und sonstiger Eigentümlichkeiten, Athen. XIV 643 e ff., und zwar erfahren wir durch ein Excerpt aus Chrysipp von Tyana auch eine Reihe römischer Namen zum Teil mit Recepten. Weiteres Poll. VI 77. Der allgemeine Name für Kuchen ist πλακοῦς placenta (daher Serv. Aen. VII 109: liba sunt placentae etc.), doch bezeichnete letzterer Name auch ein besonderes Gebäck, dessen Recept Cato agric. 76 giebt (s. Placenta). Der Kuchen unterscheidet sich vom Brote durch süsse und würzende Zuthaten, namentlich Honig, Käse, Öl, Sesamkörner, Eier. Ob es auch zum Begriff des πλακοῦς, placenta, gehört, dass er nicht gesäuert wird, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Man könnte es schliessen aus Athen. III 111 c vgl. mit XIV 646 e: in Betreff des ναστός, welcher zwar allerlei Süssigkeiten enthält, aber gesäuert (ζυμίτης) ist, ist es zweifelhaft, ob er πλακοῦς oder ἄρτος ist, und es scheint, dass 111 c ἄρτος ζυμίτης und πλακοῦς als Gegensätze gefasst sind. Einige der bei Athen. XIV 644ff. aufgezählten πλακοῦντες sind entschieden nicht gesäuert, so der σταιτίτας und ταγηνίτης oder ταγηνίας, welche eine Art Pfannkuchen sind. Auch die Kuchen, zu denen Cato agric. 75ff. Anweisung giebt, sind nicht gesäuert, und von keinem der anderen ist es erweislich. Bei den Römern sind die am häufigsten vorkommenden Namen für Kuchen libum (s. d.) und placenta (s. d.), jenes ein sehr einfacher, namentlich bei Opfern gebrauchter Fladen (Vergil Aen. VII 109 hält ihn für das Brot der Urzeit), dieses ein künstlicheres, tortenartig aus vielen Schichten zusammengesetztes Gebäck. Eine Abart der placenta ist die scriblita, Cato 78. Ausserdem erfahren wir aus Athenaios a. O., dass es zahlreiche Arten von crustula (denn das wird κλοῦστρον sein) und von mustacia (mit Most angemachte Kuchen) gab.

Die Formen der Kuchen waren sehr mannigfach. Die σησαμίς war kugelförmig, der κριβάνας hatte die Form einer weiblichen Brust, der ἐμπέττας und die κρηπίς hatten in der Mitte eine Öffnung, so dass man etwas darauf setzen konnte, der catillus ornatus (Athen. XIV 647 e) wird kegelförmig gewesen sein. Ausserdem aber bildete man allerlei Figuren aus Kuchenteig, namentlich auch mit Rücksicht auf die Verwendung bei bestimmten Festen: Theokr. XV 115. Prob. in Verg. buc. praef. Athen. XV 646 e (ἔλαφος). 647. Poll. VI 76. Lobeck Aglaoph. 1060.

[2741] Die Kuchen wurden fabriciert vom pistor dulciarius (Mart. XIV 222. Hist. Aug. Elag. 27, 3; Claud. 14, 11), libarius, crustularius (beide Sen. ep. 56, 2), placentarius (Paul. sent. III 6, 72) panchrestarius (Arnob. II 38), die Opferkuchen von den fictores (Varro de l. l. VII 44. Marquardt Staatsverw. III² 249, 1).

Einrichtung und Betrieb der Bäckereien römischer Zeit werden veranschaulicht durch die in Pompeii zahlreich erhaltenen, sowie auch durch Bildwerke, welche die verschiedenen Manipulationen des Handwerks darstellen. Unter letzteren sind besonders wichtig die Reliefs am Grabmal des Bäckers Eurysaces in Rom, abgeb. Mon. d. Inst. II 58; demnächst ein in Fragmenten erhaltenes Relief in Bologna, beschrieben bei Jahn Sächs. Ber. 1861, 342; ferner ein Sarkophag in Villa Medici in Rom, abgeb. bei Jahn a. O. Taf. XII 1. Da zum Betrieb des Bäckers auch das Mahlen des Getreides gehört, so besteht die B. in Pompeii regelmässig aus zwei Räumen, dem Mühlenraum und dem Backzimmer. Der Mühlenraum enthält die von Eseln getriebenen Mühlen; von ihm aus ist der Backofen zugänglich, in dessen Nähe Schüsseln für Wasser zum Anfeuchten des Brotes angebracht zu sein pflegen. Das Backzimmer enthält den grossen Backtisch (zum Formen der Brote), von dem immer nur die Füsse erhalten sind und eine gleich zu besprechende Vorrichtung zum Kneten des Teiges, endlich an den Wänden Regale zum Aufbewahren des Brotes. Die einzelnen Vorgänge, wie sie namentlich auf dem Monument des Eurysaces erscheinen, sind folgende: 1. Das Einkaufen des Getreides. 2. Das Mahlen (s. hierüber Mühlen). 3. Das Sieben des Mehls, wodurch die nach der Feinheit verschiedenen Sorten hergestellt wurden (s. o.). 4. Die Herstellung des Sauerteiges (diese nicht abgebildet). Denselben (ζύμη, ζύμωμα, fermentum) erzielte man meistens so, dass man am Tage vor dem Backen etwas Teig zurückstellte und sauer werden liess. Doch kannte man noch andere Mittel: man knetete Hirse oder feine Weizenkleie mit Most und machte daraus kleine Kuchen, die man vor dem Gebrauch mit Speltmehl erwärmte, oder man benutzte auf Kohlen gebackene und dann sauer gewordene Gerstenkuchen, Plin. n. h. XVIII 102–104. Geopon. II 33, 3. Den Gebrauch der Bierhefe scheint man in Gallien und Spanien gekannt zu haben, Plin. n. h. XVIII 68. Auch der Saft von Trauben, endlich auch Soda, wurden statt des Sauerteiges benutzt, Geopon. II 33. 5. Das Kneten (μάττειν, φυρᾶν, subigere, depsere) des Teiges. Hierzu diente der Backtrog (μάκτρα, μαγίς, σκάφη, κάρδοπος, alveus) aus Holz, Stein oder Thon (Phot. lex. s. μάκτρα). Dass es aber auch Maschinen zum Kneten des Teiges gab, geht nicht nur aus bildlichen Darstellungen hervor (Monum. des Eurysaces; ferner Mus. Later. 32, 1 = Arch. Ztg. XIII Taf. 148), sondern es sind auch solche Maschinen in Pompeii erhalten, Mau Röm. Mitt. I 45. Es sind cylinderförmige Steingefässe, etwa 0,50–0,80 m. hoch, von etwa 0,45–0,60 innerem Durchmesser, in denen sich eine hölzerne Vorrichtung auf eiserner Unterlage, von einem Esel oder auch von Menschenkraft getrieben, um eine senkrechte Achse drehte. Erwähnt sind solche Maschinen Paul. sent. III 6, 64. 6. Das Formen [2742] (πλάττειν, fingere, defingere) des Brotes, auf dem Backtisch, πλάθανος, welcher auf dem Monument des Eurysaces deutlich einen erhöhten Rand hat. 6. Das Backen im Backofen, der von den jetzt üblichen nicht wesentlich verschieden ist, nur kleiner, Overbeck Pompeii⁴ 385. 388. Das Brot wird auf einer Schaufel (pala) hineingeschoben, Jahn Sächs. Ber. 1861, 343 Taf. XII 1. Mon. d. Inst. II 58. Vor der Öffnung des Ofens ist ein Rauchfang. Wenn, wie es wenigstens an dem bei Overbeck a. O. abgebildeten Falle deutlich ist, der Rauch zunächst in einen über dem Backofen befindlichen Raum und aus diesem durch eine Öffnung in der Decke weiter zog, so werden wir in einem solchen Raum eine Rauchkammer zu erkennen haben.

In Pompeii ist auch eine Kuchen-B. mit zwei kleineren Backöfen und kleineren (Hand-) Mühlen gefunden worden; dort gefundene Kuchen und Kuchenformen lassen über obige Bestimmung keinen Zweifel, Overbeck a. O. 390.

Ähnliche kleine, meist noch kleinere Backöfen finden sich in Pompeii nicht selten in den Küchen (z. B. Overbeck a. O. 373); sie dienten sicher nicht zur Brotbereitung, sondern zur Herstellung von Kuchen u. drgl. für den Hausbedarf. Wo sich aber in einem Hause eine vollständige B. mit Mühlen findet, da ist stets ein Betrieb für den Verkauf anzunehmen.

Die pompeianischen Bäckereien sind grossenteils ohne Läden. Ausser in solchen Läden (ἀρτοπώλια) wurde das Brot auch auf dem Markte verkauft (εἰς ἀγορὰν ποιεύμενος ἄρτος, Archestr. bei Athen. III 112 b), wie dies die pompeianischen Bilder Helbig Wandgem. 1497. 1501 darstellen, und durch wandernde Verkäufer und mehr noch Verkäuferinnen, die öfter genannten ἀρτοπωλίδες (Arist. ran. 858; vesp. 1389. Lukian. Demon. 63. Alciphr. III 60, 1) vertrieben.

Über das der cura annonae dienende Corpus pistorum s. Pistores.

Schutzgöttin der B. war bei den Römern Vesta, weil ursprünglich das Brot am Herde bereitet wurde. Daher findet sich Vesta nicht selten auf den Larenbildern der Bäckereien in Pompeii, Helbig Wandgm. 63. 65. 66 b. 68. Sogliano Pitture murali 34. Das Fest der Müller und Bäcker waren die Vestalien (s. d.); an ihnen wurden die Esel und die Mühlen bekränzt, wie dies auf einem pompeianischen Bilde (Helbig Wandgem. 777) zu sehen ist.

Schriften über Brot- und Kuchen-B. sind schon im Altertum, von der alexandrinischen Zeit an, verfasst worden. Athenaios XIV 643 e nennt mit Berufung auf Kallimachos als Verfasser von πλακουντοποιϊκά Aigimios, Hegesippos, Metrobios, Phaistos. Jünger ist Iatrokles, Verfasser eines ἀρτοποιϊκόν, und Harpokration von Mende, der vermutlich in römischer Zeit περὶ πλακούντων schrieb. Sicher aus römischer Zeit stammt, wie man aus den vielen römischen Namen sieht, das ἀρτοποιϊκόν des Chrysippos von Tyana, Athen. III 113 a–d. XIV 647 c–648 a. Auch in der γαστρονομία des Archestratos (um 350) und in den φυτικά des Tryphon von Alexandria (spätalexandrinischer Zeit) war viel von Brot die Rede. S. über alle diese Susemihl Gesch. d. griech. Lit. i. d. Alexandrinerzeit I 879. Auszüge aus denselben bei Athen. III 109ff. XIV 643ff.

[2743] Von Neueren sind zu nennen: Hermann-Blümner Griech. Privataltert. 217ff. Becker-Göll Gallus III 363. Marquardt Privatl.² 414. Blümner Technol. I 1. Jahn Sächs. Ber. 1861, 340. Overbeck Pompeii⁴ 384. Buchholz Homer. Realien II 1, 108. 2, 168. Benndorf in Eranos Vindobonensis (1893) 340.
[Mau.]

Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft

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