3) Die willkürlichen Genealogien der alten Dichter (Hesiod. Catal. frg. 46) und der sog. Logographen (Phrekyg. frg. 40, FHG I 83) haben den semitischen Gott nach einem Lande, wo er nie oder mindestens nie allgemein (Meyer a. a. O. 2873) verehrt wurde, versetzt, und aus ihm einen König von Ägypten gemacht. Diese erdachten Stammbäume weichen von einander erheblich ab. Nach der gewöhnlichen Überlieferung (Aesch. Supplic. 300ff. Apollod. bibl. II 1, 4. vgl. Hyg. fab. 31, 10. 106, 4. Paus. VII 21, 13. Steph. Byz. s. Θάσσος) wurden dem Poseidon von Libye zwei Söhne geboren, Belos und Agenor. Dieser wird König von Phoinikien, jener von Ägypten. B. zeugt mit der Anchirroe (Schol. Eurip. Orest. 932; Phoen. 5, anders Hecub. 886) oder Aeria (Charax frg. 24, FHG III 642) oder Side (Joh. Antioch. 5, 15, FHG IV 544) ebenfalls zwei Söhne, Aigyptos und Danaos. Dagegen nannte Euripides (frg. 881, vgl. Apollod. a. a. O.) als Kinder des Belos noch Kepheus (so auch Herod. VII 61) und Phineus und sogar (Schol. Aesch. Suppl. 317, vgl. Schol. Eurip. Phoen. 291. 678. Nonn. Dionys. III 291ff.) Phoinix und Agenor. Ein ganz verschiedenes Stemma stand bei Pherekydes, der eine Tochter des B. Damno erwähnt, eine andere, Thronie, ist bei Hesiod genannt. Übrigens ist der B. dieser Genealogien immer ein blosser Name geblieben, seine Persönlichkeit hat sich nicht entwickelt. Er ist nur als der Urvater einer zahlreichen Nachkommenschaft, der Beliden (Ovid. met. IV 462. Iuven. sat. VI 656, vgl. Danaos), berühmt. Man erzählte nur, als man ein Verhältnis zwischen dem ägyptischen und assyrischen Belos herzustellen suchte, dass dieser König eine Colonie aus dem Nil- nach dem Euphratthal geführt (Diod. I 28), oder dass der babylonische B. seinen Namen von dem Sohne der Libye entnommen habe (Paus. IV 23, 10). Irgend ein römischer Grammatiker entdeckte auch, dass Belus zuerst mit dem Schwert im Kriege (bellum) gekämpft hatte (Hyg. fab. 151, 9). Vgl. Belos Nr. 3.
[Cumont.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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