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Aventinus. 1) Einer der sieben Hügel Roms, südwestlich vom Palatin (von dem er durch das Thal des Circus Maximus getrennt wird), in geringer Entfernung vom Tiber gelegen. Der Name A. eignet ursprünglich nur dieser von allen Seiten isolierten Höhe, deren annähernd quadratisches Plateau (41–46 m. über dem Meer, 33 ha. Flächeninhalt) jetzt die Kirchen S. Maria del Priorato, S. Alessio, S. Sabina trägt: hingegen wird der südlich davon gelegene, sehr viel grössere Hügel (gewöhnlich unterschätzt man seine Ausdehnung, da die Stadtpläne Roms mit der Aureliansmauer abschliessen, welche nur die nördlichste Ecke des bis zum Almo reichenden Plateaus abschneidet), auf welchem die Kirchen San Saba und Santa Balbina liegen, zwar von den Schriftstellern [2283] der Kaiserzeit öfters dem A. zugerechnet, aber nicht in der officiellen Sprache (z. B. der augustischen Regionenteilung, s. u.). Deutlich ist die ursprüngliche Unterscheidung besonders in der ennianischen Erzählung vom Augurium des Romulus und Remus (bei Cic. de div. I 107), von denen der erstere in alto Aventino, der zweite auf einem ungenannten Hügel [aber sicher auf den Remuria (Saxum sacrum, s. d.)], der Höhe von S. Balbina, sich aufstellt. Auch die Angabe des Dionysios X 31, der Umfang des Berges habe 12 Stadien betragen, passt nur, wenn man ihn auf den nördlichen Hügel bezieht (allerdings steht in der sehr ähnlichen Stelle III 43, 1 ὀκτωκαίδεκα στάδια). Die Ableitungen des Namens ab avibus (Naevius bei Varro de l. l. V. 48; vgl. Verg. Aen. VIII 233), von einem gleichnamigen Albaner- oder Aboriginerkönige, oder einem Herakliden A., (s. Nr. 2. 3), ab adventu (,alii‘ bei Varro a. a. O.), ab advectu (Varro selbst a. a. O.), vom Flusse Avens im Sabinerlande (Varro de gente p. R. bei Serv. Aen. VII 657) sind wertlos; auch die neueren Versuche, z. B. Jordans (Top. I 1, 182) Ableitung von einem verschollenen Orte Aventum, führen nicht weiter. Die Versuche Gilberts, eine ,Aventingemeinde‘ nachzuweisen, deren Gemeindeleben ,sich unabhängig von den vier eigentlichen Stadthügeln Roms bildete und erst viel später in das Leben der stadtrömischen Gemeinden hineingezogen wurde‘, bedürfen für niemand, der eine Anschauung der Örtlichkeit hat, eine ernstliche Widerlegung. Auch der angebliche Urname Murcus bei Paul. epit. 148 ist späte Erfindung. In die älteste Zeit Roms verlegte die Tradition die Entstehung mehrerer Heiligtümer des A., so des Altars des Iuppiter Inventor (Dionys. I 39. Solin. I 7), unweit der porta Trigemina; des Lauretum oder Loretum (s. d.) mit dem Grabe des Tatius und einem sacellum des Vertumnus; des Altars des Iuppiter Elicius (Varro de l. l. VI 94. Liv. I 20, 7. Plut. Numa 15). Die erste Besiedelung schreibt die Tradition meist dem Ancus Marcius zu (Dionys. III 43. Liv. I 33; dagegen schon eine romulische Befestigung auf dem A. genannt von Dionys. II 37), während er früher mit Urwald bestanden gewesen sein soll (Plut. Numa 15). Servius Tullius habe sodann den Tempel der Diana als gemeinsames Bundesheiligtum der latinischen Städte erbaut (Fest. p. 343. Varro de l. l. V 8. Liv. I 45. Dionys. IV 26. CIL III 1933 und sonst häufig erwähnt). Unter Augustus wurde er von L. Cornificius neu gebaut (Suet. Aug. 29); seinen Grundriss mit der Beischrift ... Cornificia ... hat das Fragment 2 der Forma Urbis Romae. Die servianische Mauer schloss sowohl den eigentlichen A. wie die nördlichste Spitze des Hügels von S. Saba ein (bedeutende Reste in Vigna Maccarani an der neuen Via di Porta S. Paolo). Anfangs der republicanischen Zeit erscheint er als Ager publicus: die lex Icilia 456 v. Chr. verteilt ihn in kleinen Parcellen an die Plebs (Liv. III 31. 32. Dionys. X 31). Trotzdem der A. nun bald ein stark bewohntes Stadtviertel trug, blieb er doch ausserhalb des Pomeriums (Gell. XIII 14). Als Augustus die Stadt in Regionen teilte, vereinigte er das Hügelplateau des eigentlichen A. mit der Ebene der horrea am Flusse zur regio XIII Aventinus, [2284] während der Hügel von S. Balbina die XII. Region Piscina publica bildete. Erst Claudius schloss bei seiner Pomeriumserweiterung im J. 47 n. Chr. die ganze dreizehnte Region ins Pomerium ein (CIL VI 1231 = 31 537. Hülsen Herm. XXII 615f.). Von Gebäuden aus der republicanischen Zeit ist noch zu nennen der Tempel der Iuno Regina, 391 v. Chr. von Camillus geweiht (Liv. V 22. Plut. Camill. 6. Val. Max. I 8, 3), erneuert von Augustus (Mon. Ancyr. IV 6). Seine Lage unweit S. Sabina, am oberen Ende des Clivus Publicius, wird, sicherer als durch die Processionsbeschreibung bei Livius XXVII 37, durch den Fund der Inschriften CIL VI 364. 365 (wo Pighius Fundangabe mit Unrecht angezweifelt ist) bewiesen. Ferner ein Tempel des Iuppiter Libertas (gegründet von Ti. Sempronius Gracchus, Liv. XXIV 16, 9) und einer der Minerva, beide gleichfalls von Augustus erneuert (Mommsen z. Mon. Ancyr. IV 8); der letztere ist auf dem Fragment 2 der Forma Urbis Romae neben dem Dianatempel abgebildet. Auf der Westseite nach dem Tiber zu muss der Tempel der Luna gelegen haben (Ovid. fast. III 883. Hemerol. zum 31. März, s. CIL I² p. 314. Appian b. civ. I 78. Vitruv. V 5, 8. Liv. XL 2, 2. [Aur. Vict.] de vir. ill. 65. Oros. V 12, 8). Ungewiss ist die Lage des von den Kalendern zum 21. August und 12. Dezember, sowie bei Festus 209 genannten Tempels des Consus (CIL I² p. 326). Von älteren Privatbauten wird das Haus des Dichters Ennius auf dem A. erwähnt (Hieron. ad a. Abr. 1777 = Suet. frg. p. 24 ed. Reifferscheid). Die Hauptstrasse auf den A. war der Clivus Publicius, von den Aedilen L. und M. Publicius Malleolus angelegt (Fest. p. 238. Varro de l. l. V 157. Ovid. fast. V 287); er ging von der Gegend der Porta Trigemina am Nordostrande des Hügels hinauf, vielleicht ungefähr der heutigen Via di S. Sabina entsprechend (vgl. Liv. XXVI 10, 6. XXX 26, 5. Front. aq. 5); siebenzehn vici nennt die Basis Capitolina, CIL VI 975 = Jordan Top. II 585, deren Localisierung mit wenigen Ausnahmen ungewiss ist. Von Gebäuden aus der Kaiserzeit sind bemerkenswert der Palast (Martial. VI 64, 12) und die Thermen des Licinius Sura (s. Suranae thermae); sie müssen auf dem östlichen Abhange, nach dem Circus zu, gelegen haben. Ferner die Thermen des Decius (Notit. Curios.) und das Heiligtum des Iuppiter Dolichenus (Dolocenum Notit. Curios.) bei S. Alessio (Inschriften CIL VI 406–413; verfehlt G. B. Lugari Bull. com. 1893, 223–244). Im ganzen liegt die Topographie des A. mehr im Dunkeln als die der anderen römischen Hügel; vgl. Becker Hdb. d. röm. Alt. I 446–466. Gilbert Topographie II 144–257. III 439–446. de Rossi Bull. com. 1887, 286ff.
[Hülsen.]

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