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9) Aus Pitane in Aiolis, hat um das J. 300 v. Chr. seinen Landsmann Arkesilaos, den spätern Vorsteher der Akademie (geb. um 315, gest. 241/40) zuerst in Pitane, dann auch in Sardes, wohin Arkesilaos ihm gefolgt war, unterrichtet. Seine Blütezeit ist um das J. 310 zu setzen. Er war also Zeitgenosse des Eukleides, aber etwas älter als dieser; sicher fällt seine schriftstellerische Thätigkeit im wesentlichen vor diejenige des Eukleides, denn letzterer fusst in seinen Phainomena auf den Schriften des A. über die rotierende Kugel und über Auf- und Untergänge der Fixsterne (Diels Rh. Mus. XXXI 1876, 46f. Hultsch Ber. Gesellsch. d. Wissensch. Leipzig 1886, 139ff. Susemihl Gesch. der griech. Litter. I 701f.). Aus den eben erwähnten Schriften des A. gab zuerst Auszüge in lateinischer Bearbeitung, ohne jedoch den Autor zu nennen, G. Valla in seinem Sammelwerke De expetendis et fugiendis rebus, Venetiis 1501 (Hultsch Ausg. des A. p. XVf.). Nachdem Maurolycus in einer Ausgabe der Sphaerik des Theodosios, Messina 1558, unter dem Titel Autolyci de sphaera quae movetur liber die Propositionen [2603] dieser Schrift, ohne die Beweise, lateinisch veröffentlicht hatte, folgte der griechische Text dieser Propositionen sowohl als derjenigen περὶ ἐπιτολῶν καὶ δύσεων von Conrad Rauchfuss (Dasypodius), Strassburg 1572, und die erste vollständige lateinische Ausgabe von Jos. Auria, Rom 1587 und 1588 (s. das Nähere bei Hultsch a. a. O. XVIff.). Nochmals erschienen die Propositionen, ohne Beweise, in der Bearbeitung von R. Hoche, Hamburg 1877, endlich der vollständige griechische Text mit lateinischer Übersetzung und Scholien in der Ausgabe von Hultsch Autolyci de sphaera quae movetur liber, de ortibus et occasibus libri duo, Leipzig 1885. Über die Hss. des A. vgl. Hultsch Ausg. XXII. H. Menge Jahrb. f. Philol. 1886, 180f. Max. C. P. Schmidt Philol. XLV 285. Maass Anal. Eratosthenica, Berlin. 1883, 38; über arabische Bearbeitungen Hultsch Ausg. XXI. Bei Abfassung des Buches περὶ κινουμένης σφαίρας und der zwei Bücher περὶ ἐπιτολῶν καὶ δύσεων lag dem A. ein älteres Lehrbuch der Sphaerik vor, dessen Hauptsätze aus den Citaten, die er selbst in seine Beweisführungen eingestreut hat, sich wiederherstellen lassen. Die um 300 Jahre jüngere Sphaerik des Theodosios von Tripolis enthält zu einem guten Teile die Reste jener älteren Sphaerik. Ausserdem kann man mit ziemlicher Sicherheit auf Reihen von planimetrischen Sätzen zurückschliessen, welche später Eukleides in seine Elemente aufgenommen hat, während sie dem A. in einem älteren, vor Eukleides verfassten Lehrbuche vorlagen (Hultsch Ber. Gesellsch. der Wissensch., Leipzig 1886, 128ff. und oben Astronomie § 11, vgl. Cantor Vorles. über. Gesch. der Mathem. I 311. Günther Gesch. der Mathem. u. Naturwiss.² 257. 281f.). In dem Buche περὶ κινουμένης σφαίρας setzt A. ganz abstract eine um ihre Axe rotierende Kugel mit Hauptkreisen, die durch die Pole gezogen sind, und mit Parallelkreisen, die normal zur Axe stehen, voraus und lässt die so bewegte Kugel durch verschieden liegende, unbewegte Ebenen geschnitten werden. Danach hat er sich seine Terminologie gebildet; es zielen aber alle seine Sätze auf die scheinbare Bewegung der Himmelskugel mit ihrem Äquator, ihren Meridianen und Parallelkreisen und auf die über den Horizont des irdischen Beschauers sich erhebenden oder darunter verschwindenden Gestirne hin. Demnach brauchte Eukleides nur wenige Benennungen zu ändern, um die Sätze des A. für seine Phainomena zu verwenden (Hultsch a. a. O. 144ff. und o. Astronomie § 17. Günther a. a. O. 281f.). In den Büchern περὶ ἐπιτολῶν καὶ δύσεων definiert er die Auf- und Untergänge der Gestirne, unterscheidet die wahren und scheinbaren Auf- und Untergänge und fügt daran seine Lehrsätze in allgemeiner Fassung, also ohne einzelne Gestirne namhaft zu machen. Die kleine Schrift hat eine wesentliche Ergänzung zu der Lehre von den Himmelserscheinungen, wie Eudoxos sie dargestellt hatte, gebildet (Tannery Autolycos de Pitane, Mém. de la société des sciences de Bordeaux, 3. série, II [1886] 173ff.; s. besonders S. 191 f.). Beide Schriften des A. wurden später aufgenommen in die neben der grossen Syntaxis des Ptolemaios in den Schulen von Alexandreia benutzte Sammlung kleinerer astronomischen Schriften (vgl. [2604] o. Astronomie § 3 a. E.). Einen Überblick über das Buch περὶ κινουμένης σφαίρας und erläuternde Bemerkungen dazu giebt Pappos synag. 6, 518—530. Citiert wird die Schrift ausserdem von Pappos 6, 612, 15 (und vgl. Hultsch ebd. 629), vom Scholiasten zu Pappos (Bd. III 1180, 21 Hultsch) und von Philoponos zu Aristot. phys. 193 b 25 (Aristot. op. ed. Acad. Boruss. IV 348 b). Eudoxos hatte versucht, seine Theorie der Planetensphären auch auf mechanischem Wege durch eine sogenannte σφαιροποιία darzustellen (o. Astronomie § 19). Dass dies nicht vollständig gelang, ist bei der eigentümlichen Verschnörkelung des eudoxischen Systems nicht zu verwundern. A. eröffnete über diese Frage eine Polemik gegen Aristotheros, den Lehrer des Aratos von Soloi, wobei er mit Recht hervorhob, dass diese Schwierigkeiten nur durch streng mathematische Beweise gelöst werden könnten. Freilich vermochte er selbst nicht den genügenden Nachweis zu führen; war ihm doch die richtige Einsicht in die Stellung der Sonne zu der Erde und in die elliptischen Bahnen der Erde und der übrigen Planeten verschlossen. Sosigenes bei Simplic. zu Aristot. de caelo 504 Heiberg. Hultsch Ausg. des A. p. VIIf., vgl. o. Astronomie § 12. 14.
[Hultsch.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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