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2) Römisch. Auctio, meist Einzelversteigerung von Vermögenscomplexen, namentlich Erbschaften (Cic. ad fam. XIV 2; ad Att. XIII 12, 4; p. Caec. 13. Dig. V 3, 18. XLVI 3, 88. Ulp. frg. XXII 26) und Warenmengen, z. B. landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Cato de agric. 146, 1. 147. 150, 2), Sclaven (auctio venaliciaria mancipiorum, öfters in den pompeianischen Quittungstafeln des L. Caecilius Iucundus bei de Petra Le tavolette cerate di Pompei, Napoli 1877), auctio buxiaria (ebd. nr. 3 nach Mommsens Lesung), auf Veranlassung ihrer privaten Besitzer, im Gegensatz zur sectio, der obrigkeitlichen Versteigerung von confiscierten und anderen fiscalischen Vermögensmassen im ganzen, und zur bonorum venditio, der Versteigerung einer Concursmasse im ganzen seitens des magister. Zuweilen werden auch diese Collectivversteigerungen, denen Einzelversteigerungen seitens des sector oder bonorum emptor zu folgen pflegen, als a. bezeichnet (Cic. d. leg. agr. II 56. 67).

Die römische A. hat eine höhere wirtschaftliche Bedeutung als die heutige, weil die Mittel, durch welche gegenwärtig die Verbindung [2271] zwischen Angebot und Nachfrage im Klein- und Grosshandel hergestellt wird (man denke an Kaufläden und Ausstellungen, Zeitungsannoncen und Geschäftscirculare, Geschäftsreisende, Makler und Commissionäre, sowie an die Börse), dem Altertum nicht oder nur in unvollkommener Weise zu Gebote standen. Der Ort, an dem der Kauflustige das Angebot der gewünschten Waren fand, war vorzugsweise das atrium auctionarium (Cic. d. leg. agr. I 7; p. Quinct. 12. CIL IX 3307. XIV 1941). Bei einer A. wirken regelmässig praeco und coactor mit. Der praeco (dem heutigen Auctionator niederen Ranges verwandt) veröffentlicht die anstehende Versteigerung durch proscriptiones oder Ausrufung (vgl. Voigt Röm. Rechtsgesch. I 315f.) und besorgt selbst oder durch Gehülfen das Ausrufen der Gegenstände und Gebote, sowie das Anpreisen der zu verkaufenden Sachen im Versteigerungstermin (Apul. met. VIII 23. Cic. p. Quinct. 50. Plaut. Stich. I 3, 68. Mart. I 85. Cic. p. Quinct. 19). Der Lohn pflegte vom Veräusserer in Procenten des Versteigerungsertrages gezahlt zu werden (vgl. lex met. Vipasc. [Bruns font.6 S. 266f.] Z. 10ff.). In der Lex metalli Vipasc. erscheint das praeconium als ausschliessliche Gewerbeberechtigung; dass auch anderswo die Zulassung zum Praeconengewerbe obrigkeitlich geregelt und der Geschäftsbetrieb öffentlicher Beaufsichtigung unterworfen gewesen sei, wird vermutet. Der coactor (am nächsten dem heutigen Verkaufscommissionär mit del credere-Haftung verwandt) beteiligt sich an der A., indem er gegen Entgelt auf seine Rechnung und Gefahr die Einziehung der Preise von den Erstehern übernimmt. Wird ein coactor zugezogen, was bei grösseren Auctionen üblich gewesen zu sein scheint, so entstehen niemals rechtliche Beziehungen zwischen dem Ersteher und dem Veräusserer, sondern nur zwischen dem Ersteher und dem coactor sowie zwischen dem Veräusserer und dem coactor. Der coactor tritt allein gegenüber dem Ersteher als Verkäufer auf; er haftet diesem für die Übergabe der Sache, das habere licere und Fehlerlosigkeit des Gegenstands; nur er hat gegen den Ersteher einen regelmässig durch Stipulation (Cic. p. Caec. 19) gesicherten, von vorgängiger Tradition der Sache abhängigen (Gai. IV 116a) Anspruch auf den Preis. Dem Veräusserer steht regelmässig sofort nach der A., auch wenn der Ersteher nicht zahlen kann oder noch nicht gezahlt hat (vgl. Pompei. Quittungstafeln, Mommsen Herm. XII 96. 116), ein Anspruch gegen den coactor auf Zahlung der von diesem durch Stipulation (Dig. XLVI 3, 88) versprochenen Ersteigerungssumme, nicht aber auch bei Zahlungsfähigkeit des coactor eine Klage gegen den Ersteher zu (Dig. V 3, 18). Der Ersteher kann vom Veräusserer den Zuschlag (addictio) und die Übergabe nicht erzwingen (vgl. lex met. Vipasc. Z. 6. 7). Da der coactor, wenigstens bei grösseren Auctionen, vielfach genötigt ist, Credit zu gewähren, und da er dies auf eigene Rechnung und Gefahr thun muss, bedarf er grösserer Geldmittel. Deshalb bildet das Gewerbe der coactores (Cic. p. Cluent. 180; p. Rab. Post. 30. Hor. serm. I 6, 86. CIL VI 1860, 1936. 9187–9190. II 2239. XIV 2744; auch coactor exactionum [auctionum?]. Suet. vit. Hor. z. A.) derart regelmässig einen Teil des Argentariengeschäfts, [2272] dass der coactor öfter als coactor argentarius (CIL V 8212. VI 1859. 1923. XI 3156. 3820. 5285. XIV 2886. Dig. XL 7. 40, 8. Porphyr. zu Hor. serm. I 6, 86), zuweilen auch als argentarius schlechtweg bezeichnet wird (Cic. p. Caec. 16. Dig. XLVI 3, 88. Gai. IV 126 a). Die Coactoren pflegen sich als Entgelt für ihre Mitwirkung nur das Recht auszubedingen, den Meistgeboten 1% zuzuschlagen, von der Gesamtsumme der Meistgebote und Zuschläge aber bei der Zahlung an den Veräusserer 1% zu kürzen (Cic. p. Rab. Post. 30. Cato de agric. 146, 1). Eine vertragsmässige Erhöhung dieses üblichen Lohnsatzes auf eine merces quinquagesima ist wahrscheinlich in einer pompeianschen Wachstafel (de Petra nr. 8) bezeugt. Durch Augustus wurden im J. 7 n. Chr. die Auctionen im allgemeinen einer Abgabe von 1% (centesima rerum venalium Tac. ann. I 78), die Sclavenauctionen einer Steuer von 4% (quinta et vicesima, Tac. ann. XIII 31. Dio LV 31. CIL VI 915. Fabretti 34, 177), vielleicht nach dem Vorbild des ägyptischen τέλος ὠνῆς, unterworfen. Tiberius ermässigte im J. 17 die dem aerarium militare gewidmete allgemeine Auctionssteuer um die Hälfte (ducentesima Tac. ann. II 42), Caligula erliess sie wenigstens für Italien ganz (Suet. Cal. 16; Münzen auf die Remissio ducentesimae Eckhel VI 224). In der Folgezeit muss das vectigal venalium rerum wieder eingeführt sein (Ulp. Dig. L. 16, 17, 1. Constantin Cod. Iust. XII 46, 1, 6 = Cod. Theod. VII 20, 2, 1 vom J. 320. Arcadius, Honorius und Theodosius in Cod. Iust. XII 18, 4 vom J. 407). Bezüglich der quinta et vicesima venalium mancipiorum berichtet Tac. ann. XIII 31 eine Constitution, nach der die Steuer nicht mehr (als Zuschlag zum Meistgebot) vom Käufer, sondern (in Procenten vom Meistgebot) vom Verkäufer bezahlt werden soll. Dieselbe Anordnung findet sich in der Lex metalli Vipasc., wenn anzunehmen ist, dass deren erstes Kapitel (centesimae argentariae stipulationis) nicht von Gebühren handelt, welche der zum Betrieb des Coactorengeschäfts ausschliesslich berechtigte Pächter desselben erheben darf, sondern von der Verpachtung der Auctionssteuer (vgl. Demelius Ztschr. d. Sav.-Stift. f. R.-Gesch. IV 1883, 33ff.). Die Coactoren haben, wie die Argentarien überhaupt öffentlicher Überwachung unterworfen, insbesondere über die versteigerten Sachen und ihre Ersteher Listen zu führen (vgl. Cic. p. Cluent. 180. Quintil. XI 2, 24).

Litteratur: Mommsen Die pompei. Quittungstafeln, Herm. XII (1877) 91–116. Caillemer Un commissaire-priseur à Pompéi au temps de Néron in Nouv. revue histor. de droit franc. et étrang. I (1877) 397ff. Karlowa Röm. R.-Gesch. II 629ff. Voigt Röm. R.-Gesch. I 317f.
[Leist.]

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