.
9) Attalos I. Soter (241–197). Er wurde als Sohn des Vorigen und der Antiochis, der Tochter des Achaios, im J. 269 v. Chr. geboren (Polyb. XVIII 41, 8. Strab. XIII 624. Paus. I 8, 2). Nach dem Tode seines Vetters Eumenes I. übernahm er im J. 241, also im Alter von etwa 28 Jahren, die Herrschaft über Pergamon, d. h. über die Burg mit dem kleinen dazugehörigen Gebiete, sowie den reichen Schatz, der daselbst bewahrt wurde. A. begann seine Regierung mit einer ebenso kühnen wie folgenschweren That. Sein Vorgänger, Eumenes I., hatte den galatischen Tolistoagiern Tribut zahlen müssen, um sich vor ihren Plünderungen zu sichern. A. löste dies schimpfliche Verhältnis, indem er die Tributzahlung verweigerte. Was er versagte, kamen die Galater sich mit Gewalt zu holen. An den Kaïkosquellen in Kleinmysien, nicht allzu fern von Pergamon, kam es zu einer schweren Entscheidungsschlacht, in der A. einen vollständigen Sieg über den Feind errang (Polyb. XVIII 41, 7 = Liv. XXXIII 21, 3. Liv. XXXVIII 16, 13–14. Trog. Prol. 27. Strab. a. O.; vgl. Paus. I 8, 1. 25, 2. Polyaen. IV 20. Front. strat. I 11, 15. Inschr. v. Pergam. nr. 20 und 24, und dazu Fränkel). Der nächste Erfolg dieser Schlacht war, dass die Galater ins Innere Kleinasiens zurückgeworfen wurden und so bald nicht wieder wagten, die Küste zu plündern. Der junge A. aber, dessen Sieg als ein Triumph des Hellenentums über das Barbarentum in der ganzen Griechenwelt gefeiert sein wird, nahm unmittelbar danach, wie einst Antigonos und Demetrios nach dem Siege bei Kypros, das Diadem an und nannte sich βασιλεύς (Polyb. Liv. Strab. aa. OO.). Durch prächtige Siegesdenkmäler, mit denen er Pergamon schmückte, hat er später die Erinnerung an diesen Wendepunkt in der pergamenischen Geschichte verewigt (Inschr. v. Pergam. nr. 20 und 24; zu letzterer vgl. Gaebler Erythrae 46). In Nakrasa, unweit des Schlachtfeldes, wurden noch in demselben ,ersten Jahre der Königsherrschaft‘ des A. Festspiele eingeführt (CIG II 3521). Wohl auf diesen Galatersieg mag sich auch sein Beiname Soter beziehen (vgl. Inschr. v. Pergam. nr. 43–45), wie ja auch Antiochos I. nach seinem Galatersiege denselben Namen erhalten hatte. Mit der Erhebung zum Königtum war zugleich die letzte Spur von der einstigen Abhängigkeit Pergamons vom Seleukidenreiche verwischt, was auch äusserlich darin seinen Ausdruck fand, dass A. statt des Seleukoskopfes den Philetairoskopf auf die Tetradrachmen setzte (Gaebler Erythrae 52). Dieser grosse Galatersieg ist deshalb in das erste [2160] Regierungsjahr des A. zu setzen (241/40), weil Polybios in seinem Epilog auf A. sagt (XVIII 41), dass er von den 72 Jahren seines Lebens 44 Jahre ,König‘ gewesen sei, was nach den vorhergehenden Betrachtungen unmöglich als ein ungenauer Ausdruck für ,Herrscher‘ aufgefasst werden kann. A. ist aber 197 gestorben, also ist er danach 241/40 ,König‘ geworden. Auch Manso (Über die Attalen 321) und Thraemer Pergamos 258 (aus anderen zum Teil nicht stichhaltigen Gründen) setzen den Sieg in das erste Jahr des A., Köpp (Rh. Mus. XL 119) wieder aus anderen Gründen ins J. 240. Andere haben ihn irrig später angesetzt, so Droysen (Hell. III 2, 9) ins J. 238–35, ähnlich Gaebler Erythrae 49 (nicht lange vor ca. 235); ja Niebuhr (Kl. Schr. I 286) sogar ins J. 230 oder 229 (ähnlich Beloch Histor. Ztschr. LX 1888, 510). Auch über die Bedeutung des Kampfes sind die Meinungen unnötigerweise auseinander gegangen, da doch Polybios auch hiefür eine klare Antwort giebt. Seine Worte (XVIII 41, 7) Γαλάτας ὁ βαρύτατον καὶ μαχιμώτατον ἔθνος ἦν τότε κατὰ τὴν Ἀσίαν, zusammengehalten mit Livius XXXVIII 16, 3, lassen darüber keinen Zweifel, dass die Galater als Nation, nicht als Söldner irgend eines Dynasten, von A. in dieser Hauptschlacht geschlagen worden sind. Niebuhrs Hypothese, sie seien als Söldner des Antiochos Hierax hier aufgetreten (Kl. Schr. I 286ff.), ist vergeblich von U. Köhler (Histor. Ztschr. XLVII 1882, 1ff.) neu zu stützen versucht worden, ebenso von Beloch a. O. Die richtige Auffassung von der Niederlage der Nation hat Droysen vertreten (Hell. III 9, 1) und Contzen (Wanderungen d. Kelt. 235), dann namentlich Thraemer (Die Siege der Pergam. über d. Galater, Progr. Livl. Gymn. Fellin 1877, 5ff.; vgl. Pergamos 255ff.), auch Köpp (Rh. Mus. a. O.). Die Richtigkeit dieser Auffassung ist durch die Inschr. v. Pergam. nr. 20 unanfechtbar geworden: [Βασιλεὺς Ἄτταλος νικήσας μά]χηι Τολιστ[οαγίους Γαλάτα]ς π[ερὶ πηγὰς] Καΐκ[ου ποταμοῦ χα]ρι[στ]ή[ριον Ἀθ]η[νᾶι]; vgl. dazu Fränkel. Weniger klar sind die Kämpfe zu erkennen, die A. später mit Antiochos Hierax und seinen galatischen Söldnern geführt hat (vgl. o. Bd. I S. 2457). Mit dem vorliegenden Material ist es aussichtslos, eine feste Chronologie für dieselben zu gewinnen. Sicher ist, dass A. den Bruderzwist im Seleukidenhause als tertius gaudens benutzt hat, um sich zum Herrn von Kleinasien diesseits des Tauros zu machen. Während er an den Kaïkosquellen sich den Galatern gegenüber in der Defensive befunden hatte, war er jetzt der aggressive Teil (Iust. XXVII 3, 1, wo für rex Bithyniae Eumenes vielmehr Attalos von Pergamon einzusetzen ist; die Verwechslung rührt daher, dass Trogus kurz vorher von der Hochzeit des Antiochos mit der bithynischen Prinzessin gesprochen hatte, vgl. Euseb. chron. I 251, sowie den Vorgänger des A. behandelt hatte). Er wählte zum Angriff den Zeitpunkt, da Seleukos Kallinikos bei Ankyra vom Bruder geschlagen sich nach den östlichen Reichsteilen hatte wenden müssen, und Antiochos Hierax mit seinen galatischen Söldnern allein in Kleinasien stand. Dass A. als Verbündeter des Seleukos gefochten habe (wie U. Köhler a. O. meint), ist weder überliefert noch wahrscheinlich. Er konnte kein Interesse an dem [2161] Siege des Seleukos haben, wobei ja Asien seleukidisch geblieben wäre. Er wollte es vielmehr für sich selbst erobern (Iust. a. O.). Aus den Inschriften des grossen Siegesdenkmals, das A. zur Erinnerung an seine Hauptsiege (auch an den ,Galatersieg‘, vgl. Gaebler Erythrae 45) errichtet hat, lassen sich folgende Siege des A. aus diesen Kriegen erweisen: 1) Ein Sieg über Antiochos im hellespontischen Phrygien (Inschr. v. Pergam. nr. 22); 2) ein Sieg über die galatischen Tolistoagier und Tektosagen und den Antiochos beim Aphrodision, wohl dem in der Nähe Pergamons gelegenen (nr. 23). Über die Zeit dieser Siege ist weiter nichts bekannt, als dass sie früher als die beiden nächsten anzusetzen sind (gegen Köpps Zweiteilung des Krieges vgl. Gaebler 39ff.); 3) ein Sieg bei Koloë, in der Nähe von Sardes (so ist auch o. Bd. I S. 2458, 40 statt ,Pergamon‘ zu lesen) über Antiochos (nr. 27); dieser Sieg fällt nach Eusebios chron. I 253 ins J. 229/8); 4) ein Sieg über Antiochos in Karien (nr. 28). Dies war nach Eusebios a. O. die letzte Entscheidungsschlacht, im J. 228/7, durch die Antiochos völlig aus Kleinasien hinausgetrieben wurde (seine weiteren Schicksale s. o. Bd. I S. 2458). Die Schlappen, die A. eventuell erlitten hat, sind aus pergamenischen Quellen natürlich nicht zu erkennen. Durch diese Besiegung des Antiochos war A. Kleinasien diesseits des Tauros, soweit es seleukidisch gewesen war, zugefallen. Polybios sagt zum J. 227/6 (IV 48, 7): Ἄτταλον πᾶσαν ἤδη τὴν ἐπὶ τάδε τοῦ Ταύρου δυναστείαν ὑφ’ αὑτὸν πεποῆσθαι. Vgl. Iust. XXVII 3, 6: victo Antiocho cum Eumenes (lies Attalus) maiorem partem Asiae occupasset. Bald aber erstanden ihm nach den Inschriften neue Widersacher in den ,Strategen des Seleukos‘, die einmal zusammen mit einem gewissen Lysias, ein andermal mit einem Ἐ[.....] ihm entgegentraten. In beiden Schlachten blieb A. Sieger (Inschr. v. Pergam. nr. 35. 36 und 25+26; vgl. Gaebler Erythrae 48, wonach der Kampf gegen die Σελγεῖς oben Bd. I S. 2458 zu streichen ist). Fränkel (im Commentar zu diesen Inschriften), ebenso Gaebler 47ff., sehen in diesem Seleukos den Seleukos II. Kallinikos, der nach der Vertreibung des Antiochos herbeigeeilt sei, um Kleinasien zu retten. Von einem solchen Zuge des Kallinikos ist nichts überliefert. Manches spricht auch gegen diese Annahme. Andererseits spricht nichts dagegen, dass Seleukos III. Keraunos, der 226 nach dem Tode seines Vaters Kallinikos den Thron bestieg, gemeint sei. Von diesem ist bezeugt, dass er von Anfang an seine Blicke nach dem verloren gegangenen Kleinasien gerichtet habe, selbst aber doch erst gegen Ende seiner Herrschaft, 223/2, den Zug über den Tauros unternommen habe (Polyb. IV 48, 7). Nichts liegt näher, als dass er eben in den Jahren vorher seine Feldherrn gegen A. sandte, und dann, nachdem sie mehrmals aufs Haupt geschlagen waren, selbst zum Kampfe aufbrach. Danach würden diese Siege in die Zeit von 226—223 zu setzen sein. Auch die Errichtung des grossen Siegesmonuments würde damit noch weiter, als es schon von Gaebler geschehen ist, herabzurücken sein — ob auch die Einsetzung der Nikephorien diesem parallel zu bestimmen ist, kann zweifelhaft erscheinen. So scheint A. bis zum J. 222 seine Machtstellung in [2162] Kleinasien behauptet zu haben. Im Anfang dieses Jahres (Polyb. IV 48, 6) rückte Seleukos III., von seinem Vetter Achaios begleitet, mit einem grossen Heere über den Tauros, um dem kühnen Pergamener die Beute abzujagen. Bis nach Phrygien hinein ist er vorgedrungen; da fand er durch Mörderhand seinen Tod (Polyb. a. O. und V 40, 6. Euseb. chron. I 253). Dass schon er dem A. Kleinasien abgenommen habe, wie Holm IV 278 und 592 meint, ist unrichtig, vielmehr war dies das Werk des Achaios (s. o. Bd. I S. 206), der durch seines Vaters Schwester Antiochis auch Vetter des A. wie andererseits des Seleukos und Antiochos III. war. Dieser erhielt von dem neuen König Antiochos III. den Auftrag, den Krieg fortzuführen, und er hat sich desselben mit solchem Glücke entledigt, dass er binnen kurzem den A. auf sein angestammtes pergamenisches Gebiet zurückwarf und ihn sogar zeitweise in Pergamon selbst einschloss (Polyb. IV 48, 10—11). So waren die glänzenden Eroberungen völlig verloren, und A. hatte wie im Beginn nur seine πατρῴα ἀρχή (Polyb. IV 48, 2, zum J. 220). Aus Polyb. V 79 geht hervor, dass auch die aiolischen und ionischen Städte, die bis dahin teils in einem Freundschafts- und Bundesverhältnis, teils im Abhängigkeitsverhältnis zu ihm gestanden hatten, wenn auch nicht sämtlich, so doch zum grossen Teil sich aus Furcht dem Achaios angeschlossen hatten. Verbündete Städte, wie Smyrna (Polyb. V 77, 6), auch Lampsakos, Alexandreia (Troas) und Ilion (Polyb. V 78, 6) hatten ihm dagegen die Treue bewahrt (vgl. Meischke Symb. ad Eumen. II hist. 35ff.). Wiewohl also Achaios, der inzwischen den Königstitel in Auflehnung gegen das Seleukidenhaus angenommen hatte (s. o. Bd. I S. 206), der mächtigste Herrscher damals in Kleinasien war, so hat doch A. trotz seiner territorialen Beschränktheit auch damals Ansehen genossen, wohl nicht zum wenigsten wegen seiner grossen Schätze. So bemühten sich im J. 220 die Byzantier für den bevorstehenden Kampf mit Rhodos nicht weniger um ein Bündnis mit A. als mit Achaios (Polyb. IV 48, 1). Auch schickten sie Festgesandte zu dem von A. damals gefeierten Athenafest (Polyb. IV 49, 3). Die Versuche der Byzantier, A. mit Achaios zu versöhnen (Polyb. IV 49, 2), mussten natürlich erfolglos bleiben. So scheint der Kampf zwischen ihnen auch in den nächsten Jahren fortgeführt zu sein. Als im Sommer des J. 218 (nicht 219, wie Meier Pergam. Reich 360 will; vgl. Polyb. V 72, 1) Achaios den Feldzug gegen die Selgenser führte und die Milyas und Pamphylien sich unterwarf, benutzte A. diese Abwesenheit des Feindes, um seine Herrschaft wieder auszudehnen. Mit galatischen Aigosagen, die er aus Europa hatte herüberkommen lassen, zog er zunächst nach Süden, um die Griechenstädte, die zum Achaios übergegangen waren, eventuell mit Gewalt wiederzugewinnen, bezw. die alten Verträge wieder zu erneuern. Es ergaben sich ihm damals (vgl. Polyb. V 77): Kyme, Myrina (so wird statt Σμύρνα zu lesen sein, denn μεταθέμεναι, auf Smyrna bezogen, passt nicht zu § 6; vgl. auch die Karte), Phokaia, ferner Aigai und Temnos. Von Teos und Kolophon, sowie von dem treugebliebenen Smyrna waren ihm die Boten nordwärts entgegengekommen. A. mag etwa bis zum Hermos gezogen sein, dann wandte er sich [2163] nach Nordosten, zog über den Lykos nach Mysien hinein und gewann die Ortschaften, die Achaios unter Themistokles Schutz gestellt hatte. Als dann am Megistosflusse, einem Zufluss des Rhyndakos, die Aigosagen sich widerspenstig zeigten, führte er sie an den Hellespont und siedelte sie hier an, um nicht ihre Unzufriedenheit seinen Feinden zu gute kommen zu lassen. Nachdem er den Abgesandten der ihm treu gebliebenen Städte Lampsakos, Alexandreia (Troas) und Ilion gedankt hatte, kehrte er nach Pergamon zurück (Polyb. V 77–78. 111). Dass A., um seine Macht wiederzugewinnen, sich nicht scheute, einen galatischen Stamm (mit Weibern und Kindern) aus Europa herüberkommen zu lassen, nimmt etwas von dem Nimbus des Vorkämpfers der Hellenen gegen die Barbaren, als welcher er auf Grund seines grossen ,Galliersieges‘ bis auf den heutigen Tag gefeiert zu werden pflegt. Mag das auch die officielle Phrase gewesen sein, die in den Kunstdenkmälern ihren Ausdruck fand, schliesslich hat den klugen Pergamener am Kaïkos wie auf dem Streifzuge des J. 218 doch nur sein dynastisches Interesse geleitet. Einen Tadel betreffs der Aigosagen enthalten auch die Worte des Polybios V 111, 7. Inzwischen war auch Achaios aus dem Süden zurückgekehrt, und sofort eröffnete er wieder die Feindseligkeiten gegen A. (Polyb. V 77, 1). Diese Kämpfe mögen auch noch das nächste J. 217 ausgefüllt haben. Im Sommer 216 überschritt Antiochos III. (vgl. o. Bd. I S. 2461), der endlich Zeit fand, gegen den Rebellen Achaios vorzugehen, den Tauros und verbündete sich zum gemeinsamen Kampfe gegen ihn mit A. (Polyb. V 107, 4). Ob und in welcher Weise A. an dem Kriege, der nach zwei Jahren (214) zur Gefangennahme des Achaios in Sardes (durch Verrat) und zur Hinrichtung desselben führte (s. o. Bd. I S. 207) thätigen Anteil genommen hat, ist nicht überliefert. Ebensowenig steht fest, wie die Grenzen des A. sich hienach gestaltet haben, nachdem Antiochos an die Stelle des Achaios getreten war, ob die Errungenschaften des Streifzuges von 218 ihm damals noch gehörten, und wenn, ob Antiochos sie ihm alle gelassen hat. Nur einzelnes lässt sich vermuten (vgl. Meischke a. O.). Über die Grenzen des pergamenischen Reiches beim Tode des A. s. u. Hier klafft eine grosse Lücke in unserer Tradition. Schon während der Kämpfe mit Achaios hatte A. Zeit gefunden, sich in die Händel des Westens einzumischen, und hatte damit eine neue Periode der pergamenischen Geschichte inauguriert. Die Gefahren, die ihm von dem jugendlichen ländersüchtigen Nachbar, Philippos V. von Makedonien, drohten, hatten ihn von selbst dem aitolischen Bunde genähert, der seit etwa 220 im sog. ,Bundesgenossenkrieg‘ (s. o. Bd. I S. 1124) mannhaft gegen denselben Philippos rang. Nach Polyb. IV 65, 6 hatte A. die Aitolier schon damals finanziell unterstützt, zur Befestigung des Fleckens Ἔλαος (wie er dabei Geld verdient haben soll, wie Holm IV 378 meint, ist schwer abzusehen). Als nun im J. 211 der aitolische Bund sich mit Rom zum ersten makedonischen Kriege verbündete, trat auch A. bei (Liv. XXVI 24, 9. Iust. XXIX 4, 7). Auf dem Festhalten der Attaliden an dem hier begründeten Verhältnis zu Rom beruht der Aufschwung Pergamons [2164] in den nächsten Decennien, wie andererseits die zu starke Übertreibung desselben das plötzliche Erlöschen der Selbständigkeit herbeiführte. A. wandte sich zunächst mit Energie diesen westlichen Angelegenheiten zu. Um einen dauernden Stützpunkt daselbst zu haben, kaufte er etwa im J. 211/10 die Insel Aigina für 30 Talente von den Aitoliern, die sie nach dem Vertrage mit Rom von P. Sulpicius Galba erhalten hatten (Polyb. XXII 11, 9ff.; anders Valerius Antias bei Liv. XXXIII 30, 10ff.; vgl. Meischke a. O. 42f.). Aigina war von nun an eine auswärtige, von einem Statthalter verwaltete Besitzung der pergamenischen Könige, deren Erträge in den pergamenischen Schatz flossen (CIG 2139 b; vgl. Fränkel Inschr. Perg. nr. 47). Über die in Pergamon für Aigina geprägten Münzen vgl. Imhoof-Blumer Münz. d. Dyn. v. Perg. 38f. Wieviel die Aitolier von A. erwarteten, zeigt der Umstand, dass sie ihn auf der Bundesversammlung des J. 209 zum Ehrenpräsidenten für das J. 209/8 erwählten, während die active Strategie dem Pyrrhias übertragen wurde (Liv. XXVII 29, 10. 30, 1). A. landete denn auch im J. 208 mit seiner Flotte in Aigina (Polyb. IX 30, 7. Liv. XXVII 30, 4), aber wie es scheint erst gegen Ende des Jahres. Jedenfalls kam es nicht mehr zum Schlagen; doch der moralische Erfolg war ein grosser (Polyb. Liv. aa. OO.). Den Winter 208/7 verbrachte er auf Aigina, zusammen mit P. Sulpicius Galba (Liv. XXVII 33, 5. XXVIII 5, 1). Im nächsten Jahre, 207, trat A. in Action. Im Anfang des Sommers vereinigte er seine 35 Schiffe mit den 25 der Römer und fuhr zunächst nach Lemnos (Liv. XXVIII 5), von dort nach Peparethos, wo er das Land arg verwüstete (Polyb. X 42. Liv. XXVIII 5, 10), von dort hinüber nach Nikaia am malischen Busen, und endlich nach Oreos auf Euboia. Mehr durch Verrat als durch den Sturm wurde die Stadt nach wenigen Tagen von A. und Sulpicius genommen. Als A. von dort an die lokrische Küste hinübergefahren war und hier seine Soldaten, die bei Oreos zu kurz gekommen waren, durch Preisgebung von Opus entschädigt hatte, wurde er, während er mit Tributerhebungen beschäftigt war, von Philippos derart überrascht, dass er nur mit Mühe das nackte Leben durch die Flucht aufs Schiff retten konnte (Polyb. XI 7, 1. Liv. XXVIII 5–7). Als er dann bei Oreos erfuhr, dass der Bithynier Prusias, der mit Philippos verschwägert war, ins pergamenische Gebiet eingefallen sei, eilte er, ohne gerade viel Ruhm in Hellas errungen zu haben, nach Asien zurück (Liv. XXVIII 7, 10). Über den Kampf des A. mit Prusias ist weiter nichts bekannt, als dass sie bei Βοὸς κεφαλαί eine Schlacht lieferten (Steph. Byz. s. v.; eine Hypothese bei Droysen Hell. III 2, 275). Es scheint, dass die hier in Asien ausgefochtenen Kämpfe als Teil des grossen makedonischen Krieges aufgefasst wurden. Denn als im J. 205 der Friede geschlossen wurde, der ihm ein Ende machte, wurde nicht nur A., sondern auch Prusias in ihn aufgenommen (Liv. XXIX 12, 14). Welche Rolle A. damals schon bei den Römern spielte, spiegelt sich in dem Bericht über die römische Gesandtschaft nach Pessinus wieder (Liv. XXIX 10, 4ff.; vgl. Ovid. fast. IV 265). Der Friede wurde bald wieder gestört, und zwar von [2165] Philippos. Seine Übergriffe, die er sich in den nächsten Jahren, gestützt auf seine Abmachungen mit Antiochos, nach den verschiedensten Seiten hin erlaubte, gaben dann die Veranlassung zum zweiten makedonischen Kriege. Nach Trog. Prol. 29 quo finito (scil. der erste makedonische Krieg) intulit Attalo bellum scheint es, dass Philippos nicht allzu lange nach dem Friedensschlusse die Feindseligkeiten gegen A. eröffnet, und zwar gegen A. in erster Linie. Vgl. auch Trog. Prol. 30 (nach den Abmachungen mit Antiochos): Philippi deinde gesta in Asia, cum movisset Attalo bella (fehlt bei Iust. XXX 3, 4f. vor dem Übergang dum haec aguntur). A. scheint anfangs nur zögernd sich zur Abwehr gerüstet zu haben. Erst durch das Vorgehen der Rhodier, besonders des Theophiliskos, wurde er zu einer energischen Kriegsführung gezwungen (Polyb. XVI 9, 4). Nur Einzelheiten sind aus diesem Kriege bekannt. Im J. 201 verwüstete Philippos das Gebiet der Stadt Pergamos, wobei er selbst die Tempel, im besonderen das Nikephorion, nicht verschonte (Polyb. XVI 1. Diod. XXVIII 5. App. Maked. 4). A. war damals abwesend, wohl bei der Flotte. Sein Versuch, die Aitolier zu einem Einfall in Makedonien zu bewegen, um Philippos auf diese Weise abzuziehen, misslang (Liv. XXXI 46, 4). In demselben J. 201 lieferte A. zusammen mit den Rhodiern und Byzantiern dem Philippos, der vorher schon Samos besetzt hatte (vgl. Polyb. XVI 2, 9. App. Mak. 4) und nun auch Chios gewinnen wollte, bei Chios eine grosse Seeschlacht, in der A. persönlich ins Gedränge kam und unter Verlust seines königlichen Schiffes sich nach Erythrai retten musste. Sowohl die Alliierten, als auch Philippos, trotz seiner grossen Verluste, schrieben sich den Sieg zu (Polyb. XVI 2–9. Liv. XXXI 14, 4). An der Seeschlacht bei Lade hat A. nicht teil genommen (Polyb. XVI 10, 1 und 14–15). Noch in demselben Jahre führte A. und die Rhodier Klage gegen Philippos vor dem römischen Senat (Liv. XXXI 2, 1). Andererseits waren sie eifrig bemüht, die vereinte Flotte noch zu verstärken (Polyb. XVI 24, 1). Den Anfang des Winters zwangen sie den Philippos, in Karien zu bleiben. Dann aber gelang es ihm doch, nach Makedonien zurückzukehren (Polyb. XVI 24). Ihm folgte die Flotte der Alliierten und fuhr dann nach Aigina (Liv. XXXI 14, 4). Von hier aus fuhr A. (etwa Anfang 200), von den Athenern eingeladen, hinüber zum Peiraieus und wurde von der gesamten Bevölkerung aufs feierlichste empfangen und in einer überschwänglichen Weise geehrt, die an die Orgien von 307 erinnerte. Unter anderem wurde ihm zu Ehren die φυλὴ Ἀτταλίς geschaffen (Polyb. XVI 25, 9. Liv. XXXI 15, 6. Paus. I 5, 5. 8, 1. Gilbert Gr. Staatsalt. I² 222f.). Die hier gepflogenen Unterhandlungen, die dadurch an Bedeutung gewannen, dass auch römische Gesandte zugegen waren, führten auf A.s Betreiben zur Kriegserklärung Athens gegen Philippos (Polyb. XVI 26. Liv. XXXI 15). Für A. hatte diese neue Berührung mit Rom zur Folge, dass die römischen Gesandten dem Philippos befahlen, die Sühnung der dem A. angethanen Ungerechtigkeiten einem Schiedsgericht zu überweisen (Polyb. XVI 27, 2). A. begab sich darauf zur Flotte nach Aigina zurück, wo er mit erfolglosen Verhandlungen mit [2166] den Aitoliern, die er gleichfalls zum Kriege gegen Philippos reizen wollte, unnütz viel Zeit vergeudete, so dass dieser inzwischen neue Kräfte sammeln konnte. Polybios tadelt ihn wegen dieser Lässigkeit (Polyb. XVI 28. Liv. XXXI 15). Auch als Abydos von Philippos belagert wurde, begnügte sich A. mit einer Sendung von 300 Mann und fuhr dann nach Tenedos hinüber, ohne den leisesten Versuch zu machen, die Stadt zu retten (Polyb. XVI 34, 1. Liv. XXXI 16). Und doch hätte er das grösste Interesse an der Rettung von Abydos nehmen müssen, da Philippos sich durch Gewinnung dieser Stadt doch nur den Übergang nach Asien sichern wollte (Polyb. XVI 29, 2). Es scheint, dass das Alter sich bei ihm bemerkbar machte (60 Jahre alt). Inzwischen war in Rom der zweite makedonische Krieg beschlossen worden, in dem A. ein treuer Bundesgenosse Roms war. Als Philippos noch Ende des J. 200 einen Handstreich gegen die Athener versuchte, kam ihnen auch ein Hülfscorps des A. aus Aigina zu Hülfe (Liv. XXXI 25). Die Gesandten, die A. an Sulpicius Galba nach Apollonia geschickt hatte (Winter 200/199), brachten die Antwort, A. möge in Aigina die römische Flotte erwarten und mit ihr vereint den Seekrieg gegen Philippos führen (Liv. XXXI 28, 3). Nachdem diese Flottenvereinigung sich im Frühling 199 vollzogen hatte (Liv. XXXI 44, 1), fuhr A. mit dem römischen Admiral L. Apustius nach kurzem Aufenthalt im Peiraieus nach Andros. Diese Insel wurde, nachdem Stadt und Burg von Gaurion erobert war, dem A. zum Eigentum überwiesen, der nun für das Wiederaufblühen des verwüsteten Eilandes Sorge trug (Liv. XXXI 45; vgl. Meischke a. O. 43ff). Nach weiteren Kreuz- und Querfahrten und nach einer Unterredung mit den Aitoliern am malischen Meerbusen begann A. wiederum mit den Römern die Belagerung von Oreos auf Euboia, die diesmal nicht so leicht gelang, wie im J. 207 (Liv. XXXI 45, 9–46). Nachdem A. im Herbst an den Eleusinien teilgenommen hatte, fuhr er nach Asien zurück (Ende 199, Liv. XXXI 47, 2). Seine Truppen und Flotte liess er im Felde, auch er selbst scheint bald wieder Pergamon verlassen zu haben (vgl. Liv. XXXII 8, 11: redire). In diesem Winter 199/8 benutzte Antiochos, der ja mit Philippos im Bunde stand, die völlige Entblössung des pergamenischen Reiches, um es zu überfallen und auszuplündern. Auf die Beschwerden, die A. hierüber Anfang 198 in Rom führte, schickte der Senat Gesandte an Antiochos mit der Aufforderung, das Gebiet zu verlassen (Liv. XXXII 8. 9–16). Dieser Aufforderung folgte Antiochos umsomehr, als inzwischen Skopas in das verlassene Syrien eingefallen war (s. o. Bd. I S. 2463). A. stattete seinen Dank an Rom durch Übersendung eines goldenen Kranzes im Gewicht von 246 Pfund ab (Liv. XXXII 27, 1). So konnte A. wieder ungestört am makedonischen Kriege teilnehmen. Seine Flotte von 24 Fünfruderern vereinigte sich mit der römischen unter L. Quinctius Flamininus, dem Bruder des Consuls, und der rhodischen unter Agesimbrotos bei Andros (Liv. XXXII 16, 6). Nach Eroberung mehrerer euboeischer Städte begab sich dann die Flotte nach Kenchreai, dem korinthischen Hafen (Liv. XXXII 16. 17, 1–3. 19, 3), um von hier aus die Stadt zu erobern. Inzwischen gelang es [2167] den Gesandten der Verbündeten (auch die des A. waren darunter), die Achaier auf der Bundesversammlung zu Sikyon zum Eintritt in die Alliance zu bewegen (Liv. XXXII 19ff.). Damals ward auch ein Bündnis zwischen A. und dem achaeischen Bunde geschlossen (Liv. XXXII 23, 1). Nach dem vergeblichen Versuch, das von den Makedoniern tapfer verteidigte Korinth zu nehmen, kehrte A. nach dem Peiraieus (Liv. XXXII 23) und dann zum Winteraufenthalt nach Aigina zurück (Liv. XXXII 39, 1). So waren die diplomatischen Verhandlungen dieses Jahres (198) für A. erfolgreicher gewesen als die militärischen Operationen. Auf dem Congress zu Nikaia (Winter 198/7) forderte A. durch seinen Gesandten Dionysodoros von Philippos die Zurückgabe der bei Chios gefangenen Schiffe (mit Besatzung), sowie die Wiederherstellung des von Philippos zerstörten Nikephorion und Aphrodision. Auf die erste Forderung versprach Philippos auch einzugehen (Polyb. XVIII 2, 2. 6. 8, 10. Liv. XXXII 33, 5. 34, 8ff.). Bei den in Rom geführten Friedensverhandlungen liess A. sich durch den Alexandros vertreten (Polyb. XVIII 10, 11). Dagegen nahm er an den im Anfang 197 bei Argos mit dem spartanischen Tyrannen Nabis gepflogenen Unterhandlungen persönlich Anteil. Als er sich von dort nach Sikyon begab, schenkte er dieser Stadt, der er schon früher eine grosse Wohlthat erwiesen hatte, wiederum 10 Talente und 10 000 Medimnen Weizen. Die Sikyonier ehrten ihn dafür mit einer goldenen Statue und beschlossen, ihm alljährlich wie einem Gotte ein Opfer darzubringen. Darauf kehrte er nach Kenchreai zurück (Polyb. XVIII 16. Liv. XXXII 39–40). Noch im Frühling 197 wurde A. von Flamininus nach Elatea gerufen, um ihn nach Boiotien zu begleiten, das auch für den Kampf gegen Philippos gewonnen werden sollte. Als der greise A. bei Theben als erster das Wort ergriff, brach er plötzlich zusammen, vom Schlage gerührt (Polyb. XVIII 17, 6. XXI 20, 5. Liv. XXXIII 1. 2. XXXVII 53, 10). A. ist dann von Theben, wo er einige Zeit verblieb, nach Pergamon transportiert worden, und ist hier, in der Stadt, die ihm unvergänglichen Ruhm verdankte, gestorben (Liv. XXXIII 21, 1. Plut. Flamin. 6). Nach Meischke a. O. 12–24 trat der Tod nicht vor dem September 197 ein. Er starb im Alter von 72 Jahren, nach einer 44jährigen Regierung (Polyb. XVIII 41. Liv. XXXIII 21). Das reiche Lob, das Polybios diesem Manne spendet (a. O.), scheint nicht übertrieben. Wenn auch von den einstigen grossen Eroberungen so gut wie nichts übrig geblieben war (s. o.), und die Grenzen des pergamenischen Gebietes bei seinem Tode an der festländischen Küste nicht über den elaitischen und adramyttenischen Meerbusen hinausgingen (Strab. XIII 624, vgl. Polyb. XXIII 11, 7. XXXII 22, 3; s. jedoch Meischke a. O. 30ff.), so hat er doch durch die Zurückdrängung der Galater, durch sein Eintreten für die von Philippos angegriffenen Griechenstaaten, durch sein Festhalten an der römischen Freundschaft, nicht zum wenigsten aber durch die kluge Verwendung seiner unerschöpflichen Schätze sein Reich zu einer hellenischen Grossmacht erhoben, die ein wesentlicher Factor für die Weiterentwicklung der hellenistischen Welt geworden ist. Besonderen Ruhm hat [2168] A. sich als Friedensfürst, als Freund der Wissenschaften und Künste erworben. A. hat selbst geschriftstellert (vgl. die Beschreibung der grossen Pinie in der Troas bei Strabon XIII 603, wohl aus einem geographischen oder naturwissenschaftlichen Werke), stand mit Philosophen, wie den Akademikern Arkesilaos und Lakydes, in engem Verkehr und hat Männer wie Antigonos von Karystos, den jüngeren Neanthes (der seine Geschichte geschrieben hat), den Mathematiker Apollonios u. a. an seinen Hof berufen; vgl. Susemihl Gesch. Gr. Literat. in d. Alexandr. I 5. 124. 126. 147. 469. 618. 634. 671. 736. 749. v. Wilamowitz Antig. v. Karyst. 158ff. Reifferscheid, Bresl. Ind. lect. 1881/2. Über die Bauten und Kunstdenkmäler, die Pergamon dem A. verdankte, vgl. den Artikel ,Pergamon‘ von Fabricius und Trendelenburg in Baumeisters Denkm. d. klass. Altert. II 1206ff. Fränkel Inschriften von Pergamon I. Über seine Münzprägung s. Imhoof-Blumer Die Münzen d. Dynastie v. Perg., Abh. Berl. Akad. phil. h. Kl. 1884 III; vgl. Gaebler Erythrae 51f. Über sein Familienleben sind die Autoren des Lobes voll. Er war mit Apollonis, einer einfachen Bürgerin aus Kyzikos, verheiratet und hat mit ihr und den vier Söhnen, die sie ihm geboren hat, Eumenes, Attalos, Philetairos und Athenaios, das glücklichste Familienleben geführt (Polyb. XXII 20. Strab. XIII 624. Plut. de frat. am. 5). S. o. Apollonis Nr. 4.
[Wilcken.]
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