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19) Priscus Attalos (Eckhel VIII 180). Ἴων τὸ γένος (Philost. XII 3), vielleicht Sohn oder doch Verwandter des Antiochaeers P. Ampelius (s. Bd. I S. 1881), nach welchem er seinen Sohn benannte (Zos. VI 12, 3). Er lebte in Rom und stand dort, selbst ein Heide (Sozom. IX 9. Philost. XII 3), in Verkehr mit den hervorragendsten Vertretern des gebildeten Heidentums, namentlich mit Symmachus, der mehrere Briefe (VII 15–25) an ihn richtete. Schon vor 394 hatte er eine Magistratur bekleidet, mit der der Titel vir spectabilis verknüpft war (Symm. ep. II 82); 398 wurde er als Gesandter zum Kaiser geschickt, um für den römischen Senat Befreiung von der Rekrutenstellung zu erbitten (Symm. ep. VI 58. VII 21. 54. 113. 114). Auch nach der ersten Belagerung Roms (409) übernahm er eine Gesandtschaft, durch welche Honorius zum Friedensschluss mit Alarich veranlasst werden sollte. Sie erreichte ihren Zweck zwar nicht, doch wurde A. zum Comes sacrarum largitionum (Zos. V 44. 45, 2. 3) und bald darauf zum Praefectus urbi ernannt (Zos. V 46, 1). Unterdessen hatte Alarich immer wieder mit Honorius unterhandelt, um sich eine Stellung im römischen Reiche zu verschaffen, welche seinen darbenden Gothen die nötige Kornverpflegung sicherte. Da alle diese Versuche scheiterten, beschloss er, sich einen gefügigeren Kaiser zu schaffen. Er rückte daher vor Rom und zwang durch Abschneiden der Kornzufuhr den Senat, A. mit dem Purpur zu bekleiden (Zos. VI 7. Sozom. IX 8. Philost. XII 3. Olymp. bei Phot. 57 a 9 Bekk. Oros. II 3, 4. Prosp. chron. a. 409. Socr. VII 10. Procop. b. V. I 2). Dieser liess sich durch Sigesarius, den Bischof der Gothen, als Arianer taufen (Sozom. IX 9) und ernannte Alarich, wie dieser es von Honorius gefordert hatte, zum Magister utriusque militiae, Athaulf zum Comes domesticorum equitum (Sozom. IX 8. Philost. a. a. O.). Doch wurden ihnen Römer als Collegen zur Seite gestellt, um ihre Macht nicht zu gross werden zu lassen (Zos. VI 7, 2). Überhaupt wollte er das Reich nicht den Germanen ausliefern, sondern [2178] es mit ihrer Hülfe zu seiner alten Grösse zurückführen, indem er Osten und Westen wieder vereinigte und die Religion der Väter, welche er eben erst den Gothen zu liebe abgeschworen hatte, in ihre Rechte einsetzte (Sozom. IX 8. 9. Zos. VI 7, 3). Die heidnische Partei des Senats begrüsste daher seine Erhebung mit den ausschweifendsten Hoffnungen (Oros. VII 42, 8. Sozom. IX 9), während die christlich gesinnten Anicier zu ihm sogleich in entschiedene Opposition traten (Zos. VI 7, 4). Seine Gesinnung sprach sich darin aus, dass er denselben Lampadius, welcher 408 dem Vertrage mit Alarich am kühnsten widersprochen hatte (Zos. V 29, 9), zum Praefectus praetorio und den Heiden Tertullus zum Consul für 410 ernannte (Oros. VII 42, 8. Zos. VI 7, 4. Hydat. fast. 410). Den Gothen scheint er ein grosses Geldgeschenk gegeben zu haben (zur Verteilung unter sie sind wohl jene riesigen Silbermedaillons von 1/10 Pfund Gewicht geschlagen, Froehner Les Médaillons de l’empire Romain 344); doch weigerte er sich, ihnen die Eroberung Africas zu übertragen, damit nicht diejenige Provinz, von deren Kornproduction die Ernährung Italiens abhängig war, in die Hände der Barbaren gelange. Heidnischen Weissagungen vertrauend, dass Africa ihm ohne Schwertstreich zufallen werde, sandte er dorthin den Constans als Comes mit ganz unbedeutender Macht (Sozom. IX 8. Zos. VI 7, 5. 6. Procop. b. V. I 2). Unterdessen zog er selbst mit Alarich gegen Ravenna und begann dessen Belagerung. Honorius erklärte sich bereit, ihn als Mitregenten anzuerkennen, ja er liess sogar schon Münzen auf den Namen des A. schlagen (Cohen VIII² 206 nr. 9 mit RV, dem Münzzeichen von Ravenna); doch forderte dieser die Abdankung des Kaisers (Sozom. a. a. O. Zos. VI 8, 1. Philost. XII 3. Phot. bibl. 57 b 29). Dieser machte sich schon zur Flucht nach Constantinopel bereit, als die Ankunft einer Hülfstruppe aus dem Orient ihm Mut gab und ihn veranlasste, in Ravenna auszuharren, bis das Schicksal Africas sich entschieden habe (Sozom. a. a. O. Zos. VI 8, 2). Hier hatte sich Heraclianus behauptet und den Abgesandten des A. getötet (Sozom. a. a. O. Zos. VI 9, 1. Oros. VII 42, 10. Procop. b. V. I 2). Er hielt jetzt die Kornzufuhren zurück und erzeugte dadurch in Rom eine furchtbare Hungersnot (Sozom. a. a. O. Zos. VI 11). Der Nahrungsmangel machte sich wahrscheinlich auch im Gothenlager geltend und zwang Alarich, die Belagerung aufzuheben (Zos. VI 9, 3). Im Februar 410 standen die Sachen des A. schon so verzweifelt, dass viele seiner Beamten bei Honorius um Gnade nachsuchten (Cod. Theod. IX 38, 11; vgl. VII 16, 2). Während Alarich nach der Aemilia und dann nach Ligurien zog, um diese Provinzen seinem Kaiser zu unterwerfen (Zos. VI 10), kehrte dieser, durch eine Gesandtschaft berufen, nach Rom zurück. Hier beriet er mit dem Senat, wie der Not abzuhelfen sei; aber gegen die Mehrheit desselben beharrte er dabei, keine Gothen nach Africa zu senden (Sozom. IX 8; bei Zos. VI 9, 1. 12, 1 doppelt erzählt). Dies in Verbindung mit den Einflüsterungen des doppelten Verräters Iovius entschied den Entschluss Alarichs. Im Sommer 410 (Cod. Theod. IX 38, 12) entkleidete er bei Ariminum den von ihm erhobenen [2179] Kaiser des Purpurs und trat wieder in Unterhandlungen mit Honorius. Doch fand A. mit seinem Sohne auch ferner im Lager der Gothen Sicherheit (Sozom. IX 8. Zos. VI 12, 2. Philost. XII 3. Phot. bibl. 58 a 7. Oros. VII 42, 7. Prosp. chron. a. 409. Procop. b. V. I 2). Er begleitete sie nach Gallien und Spanien (Oros. VII 42, 9) und genoss bei Athaulf grossen Einflusses (Phot. bibl. 58 b 22). Bei dessen Vermählung mit Placidia recitierte er ein Epithalamium (Phot. bibl. 59 b 26) und wurde bald darauf (414) in Gallien noch einmal zum Kaiser gemacht (Prosp. chron. Paulin. euchar. 293. Oros. VII 42, 7. Phot. bibl. 58 a 10; dieser Zeit gehören die Münzen mit NB, dem Zeichen von Narbo, Cohen 8, TRPS, dem Zeichen von Trier, Cohen 15, und PST, dem Zeichen von Tarraco, Cohen 7. 10. 12. 16, an). Als seine Beschützer nach Spanien gezogen waren, fiel er 415 in die Hände des Comes Constantius (Prosp. chron. Oros. VII 42, 9; anders Philost. XII 4). Honorius liess ihn bei seinem Triumphe in Rom vor seinem Wagen schreiten (Prosp. 417. Philost. XII 5), was in Constantinopel am 28. Juni 416 durch Spiele gefeiert wurde (Chron. pasch.). Dann wurden ihm zwei Finger abgehauen und er nach Lipara verbannt (Prosp. Philost. Oros. aa. OO. Phot. bibl. 58 a 12). Ein Verwandter von ihm scheint Macedonius gewesen zu sein (Symm. ep. VII 27). Seeck Symmachus p. CLXX. De Rossi Inscr. christ. urb. Romae I p. 250.
[Seeck.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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