ART

Ἀθλοθέτης, (poet. und spät ἀθλοτετήρ), der Ordner des Wettkampfes, der Kampfrichter, ἄθλων ἐπιμελητής (Poll. III 140). Wenn Nikandros bei Hesych. s. ἀγωνοθέτης lehrt: ἀ. ὁ μόνα τὰ γυμνικά, ἀγωνοθέτης δὲ ὁ τὰ μουσικὰ ἀκροάματα διατιθέμενος, so ist diese Begriffsumgrenzung, wie längst erkannt worden ist, vollkommen willkürlich. Platon gebraucht die Bezeichnung ἀ. von den Ordnern sowohl der gymnischen (Leg. VI 765 C) wie der musischen (Leg. VIII 835 A) und scenischen (Leg. XI 935 E) Wettkämpfe, vgl. Leg. XII 955 A. Ebenso nennt Lukian (Pisc. 33) die Ordner scenischer Spiele ἀ.; bei den athenischen Panathenaeen leiten die ἀ. die musischen Spiele so gut wie die gymnischen (s. u.). Wenn auch ἀγωνοθέτης die allgemeiner übliche und bei der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Feste auch die officielle Bezeichnung des Festordners ist, so findet sich doch auch ἀ. in attischer Prosa, insbesondere bei Platon (s. o.), und in poetischer Sprache nicht selten, vgl. Aristot. Eth. I 4. Paus. V 9, 6 (von den olympischen Hellanodiken). Luk. Pisc. 33. Anth. Pal. XI 136 (Lukillios). IGI 1815 u. ö. Der Geschäftskreis der ἀ. ist offenbar hier nicht verschieden gedacht von dem der Agonotheten; es wird das Wort also gefühlt als Compositum von ἆθλα (ἄθλους) τιθέναι im Sinne von ἀγῶνας τιθέναι. Doch scheint gelegentlich auch die andere Bedeutung von ἆθλα τιθέναι (= Preise aussetzen) als Grundlage des Wortes empfunden worden zu sein. In einer spartanischen Inschrift der Kaiserzeit CIG I 1424 ist (im Unterschiede von den jeweiligen Festleitern, den Agonotheten) der Stifter, der Begründer des Agons als ἀ. bezeichnet, und in einer andern spartanischen Inschrift aus der Zeit des Nerva, Le Bas II 194 c, sind neben den Agonotheten noch besondere ἀ. genannt, welche die βραβεῖα verteilen; vgl. auch Plut. Per. 13 (s. u.).

Ἀθλοθέται ist in Athen der offizielle Titel für die Festleiter der Panathenaeen. Sie bilden ein Collegium von zehn Männern, unter denen einer den Vorsitz führt (CIA I 183, 56. 188, 5: ὁ δεῖνα καὶ συνάρχοντες) und haben den Charakter einer Behörde, einer ἀρχή (Aristot. Ἀθην. πολ. 60. Demosth. XXXIX 9); sie sind durch das Los bestimmt, je einer aus jeder Phyle, und bleiben vier Jahre lang, von einem grossen Panathenaeenfest bis zum nächsten, im Amt; während der Festzeit (vom 14. Hekatombaion an) speisen sie im Prytaneion (Aristot. Ἀθην. πολ. 62, 2). Die verkehrte Angabe des Pollux VIII 87, dass die neun Archonten die Athlotheten erlosten, erklärt sich als Missverständnis [2064] des Textes des Aristoteles Ἀθην. πολ. 59, 7 und 60, 1 (vgl. Kaibel Stil u. Text v. Aristoteles Ἀθην. πολ. 248, 1). Die Athlotheten haben alle für das Panathenaeenfest nötigen Vorbereitungen zu treffen, sie bestellen die Liturgen für die chorischen Agone, die Pyrrhiche u. s. w. (Demosth. XXXIX 9), sie überwachen die Herstellung des Peplos, wobei der Bule – in der Zeit des Aristoteles (Ἀθην. πολ. 49, 3) einem Heliastengerichtshof – wesentliche Einflussnahme eingeräumt ist, sie ordnen die Procession – während die Sorge für das Hekatombenopfer, wie es scheint, den jährigen ἱεροποιοί (s. d.) zufällt –, sie leiten die musischen, gymnischen und hippischen Wettkämpfe, sie verteilen die Amphoren mit dem heiligen Öl, ebenso wie die anderen Preise an die Sieger; vgl. Aristot. Ἀθην. πολ. 60. Poll. VIII 93. 87. Nach dem Ausweis der Schatzmeisterurkunden des 5. Jhdts. werden den Athlotheten die nötigen Geldsummen aus den Staatskassen überwiesen; so sind den Athlotheten Ol. 93, 3 = 410 v. Chr. 5 Talente und 1000 Drachmen ἐς Παναθήναια τὰ μεγάλα (CIA I 188. Dittenberger Syll. 44, 5f.), Ol. 91, 2 = 415 v. Chr. 9 Talente ἐς Παναθήναια (die grossen von Ol. 91, 3?) ausgezahlt worden (CIA I 183. Dittenberger Syll. 36, 56); vgl. Boeckh Staatshaushalt II³ 2. 24. 38. Hermann-Thumser Gr. Staatsaltert. I⁶ 612.

Wann die Behörde der ἀ. eingesetzt worden ist, ist nicht überliefert; sie tritt uns zuerst in den Inschriften CIA I 180. 188 entgegen. Es liegt am nächsten anzunehmen, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit den Reformen des Kleisthenes, die sich auch auf die Organisation der Feste erstreckt haben, geschaffen worden ist. Bei der Wichtigkeit, welche dem panathenaeischen Staatsfest zukam, musste es passend erscheinen, eine besondere Behörde von Festspielordnern zu schaffen, welche als Repräsentanten des ganzen Volkes gelten konnten. Die Annahme Lollings (Δελτίον ἀρχ. 1891, 82), dass bis zur Zeit der Perserkriege nicht besondere Athlotheten, sondern die Polemarchen das Panathenaeenfest geleitet hätten, geht von einer irrtümlichen Auslegung des verstümmelten Epigramms CIA IV 3 p. 153 nr. 350 aus, in dem der Ausdruck Ἀθηναίων ἀγών nicht auf die Panathenaeen bezogen werden darf. v. Wilamowitz Hypothese (Aristoteles u. Athen. I 239), dass die Athlotheten ursprünglich erwählte Liturgen gewesen seien, welche aus eigenen Mitteln die Preise auszusetzen hatten, hat in der Ableitung des Wortes ἀ. keine genügende Begründung. Die Nachricht des Plut. Per. 13, wonach Perikles bei der Einsetzung des musischen Agons der Panathenaeen διέταξεν αὐτὸς ἀθλοθέτης αἱρεθεὶς καθότι χρὴ τοὺς ἀγωνιζομένους αὐλεῖν ἢ ᾄδειν ἢ κιθαρίζειν, kann für die Geschichte der offiziellen Athlotetenbehörde kaum verwertet werden. Wie lange die Behörde noch in nacharistotelischer Zeit weiter bestand, ist noch nicht genauer ermittelt. Schon in einer fragmentierten Inschrift aus dem Archontat des Archon (um 160 v. Chr.) Ἐφημ. ἀρχ. 1890, 220 wird von einer ἀγωνοθεσία τῶν Παναθηναίων gesprochen, und CIA II 985 D II Z. 8 u. 37 (um das J. 100 v. Chr.) begegnet ein ἀγωνοθέτης Παναθηναίων. Damals war also die Behörde der Athlotheten [2065] bereits durch Agonotheten ersetzt worden; s. Panathenaeen.
[Reisch.]

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